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Collage: Viktoria Spokojna/ Qiio Redaktion

17 Minuten Privatjetflüge – Sind Superreiche Klimakriminelle?

Die Superreichen dieser Welt sind die größten Klimasünder:innen – und agieren dabei schamlos, oft sogar stolz. In Zeiten von Klimakrise drängt sich beim Anblick von Promis, die 17 Minuten in Privatjets fliegen, die Frage auf: Kann Reichtum überhaupt ethisch sein?

Während ich diese Zeilen schreibe, landet Steven Spielberg nach einem 56-minütigen Flug mit seinem Privatjet in London. Sein Flug hat 5 Tonnen CO2 produziert, die Tankfüllung hat ihn $3.242 gekostet. In 56 Minuten hat Spielberg ungefähr den ökologischen Fußabdruck hinterlassen, den eine durchschnittliche Person in einem Jahr produziert. Aber er ist damit nicht allein. 

Kylie Jenner macht es, Boris Johnson macht es, Leonardo DiCaprio macht es, Friedrich Merz macht es: Minuten-Flüge in Privatjets scheinen heutzutage die Ubers der Reichen zu sein. Schnell einsteigen, ein paar Minuten fliegen und – schwups! – trotz Rushhour pünktlich eintreffen.

“Wenn es darum geht, den Klimawandel zu bekämpfen, sind Worte ohne Taten absolut sinnlos”, sagte Boris Johnson beim COP26 in Glasgow. Wenig später ließ er sich mit einem gecharterten Airbus zurück nach London fliegen, statt viereinhalb Stunden mit dem Zug zu fahren. Ähnlich verhielt sich Johnson beim G20-Gipfel in Rom 2021, als er sich genauso wie Prinz Charles, mit einem Privatjet einfliegen ließ. Zusammen fliegen kam für die Prominenz nicht infrage.

Shitstorms vorprogrammiert

Letzte Woche postete Kylie Jenner ein pseudoromantisches Foto mit ihrem Partner Travis Scott, wo sie zwischen ihren beiden Privatjets knutschen. Die übersetzte Caption: “Nehmen wir deinen oder meinen?”. Die Flugdauer betrug gerade mal  17 Minuten. Der Shitstorm ließ nicht lange auf sich warten. Kommentare wie: “Und wozu recycle ich eigentlich?”, haben bisher bereits über 80.000 Likes. Aber auch die internationale Presse rügte Jenners Verhalten.  

Quelle: Screenshot Instagram Kyle Jenner

Kein Wunder, denn während die Politiker:innen der Welt die Bevölkerung zu ökologischem Bewusstsein mahnen, gönnen sich die Promis ganz selbstverständlich ein bisschen Luxus.

Denn Privatjets sind Klimasünder, weniger sicher als kommerzielle Flieger (remember Aaliyah) und extrem teuer. Laut einem t-online Bericht werden bei einem etwa dreistündigen Flug in einem Privatjet wie dem Cessna Citation XLS etwa 13,5 Tonnen CO2 erzeugt. Bei einem kommerziellen Flug sind es auf so einer Strecke hingegen etwa nur 0.25 Tonnen CO2 pro Kopf. 

Dass Privatjets wohl die zerstörerischste Art zu reisen sind, dürfte mittlerweile auch den Promis und Superreichen bekannt sein. Doch es scheint sie schlichtweg nicht zu kümmern. Laut Daten von Emissions Inequality sind die reichsten 10 % der Weltbevölkerung für fast die Hälfte der weltweiten CO2-Emissionen verantwortlich. Wenn Studien belegen, dass die Einschränkung des CO2-Ausstoßes der Reichen der schnellste Weg zur Klimaneutralität wäre, sind Promis in Privatjets weit mehr als eine Respektlosigkeit.  

Aber warum geht gerade jetzt die Empörung über die Klimakriminellen viral? 

Privatjets sind wahrlich kein neues Phänomen. Und Kylie Jenner war nicht die erste, die sich erdreiste, so eine kurze Strecke zu fliegen. Zurzeit schmerzt dank weltweiter Inflation, die Diskrepanz zwischen dem eingeschränkten Konsum der Durchschnittsverdiener und der ekelerregenden Verschwendung der Superreichen. Aber auch die rasanten Temperaturanstiege der Sommermonate und immer noch wütenden Waldbrände über die halbe Welt werden ihren Beitrag dazu geleistet haben, dass dieses Verhalten nicht mehr akzeptabel ist. Der Twitter-Shitstorm, der Kyle Jenner und Travis Scott als Vollzeit-Klimakriminelle bezeichnete, wurde schliesslich von vielen Medien aufgegriffen. Und manchmal ist es genau eine Provokation zum richtigen Zeitpunkt, wie die Bezeichnung Klima-Verbrecherin für die beliebteste Frau auf Instagram, die den Menschen hilft, ihren Frust über ihre eigene Flugscham in Zeiten von Klimawandel loszuwerden.

Die Privatjet-Apokalypse der Superreichen

Wenn Kylie Jenner also ihren Privatjet für 17 Minuten nimmt, kann sie zurecht eine “Klimakriminelle” genannt werden. Jenner ist aber längst nicht die einzige Klimakriminelle im Privatjet. Die Liste der Prominenten, die am meisten Geld für Flüge in Privatjets ausgeben, wird vor allem von Politiker:innen angeführt. Auf Platz 1 landet Donald Trump, gefolgt von Putin und Merkel. Im Fall von Politiker:innen tragen obendrein die Steuerzahler:innen häufig die Kosten gleich mit.

Die Twitter Seite @CelebJets veröffentlicht täglich die Strecken, die Promis mit ihren Privatjets zurücklegen. Vor ein paar Tagen flog Kim Kardashian für ganze zehn Minuten von Van Nuys, Kalifornien, nach Camarillo, Kalifornien. Wer sich durch den Twitter Account scrollt, merkt schnell, dass solche Kurzflüge keineswegs eine Einzelerscheinung sind, sondern ein flächendeckendes Phänomen unter Reichen, die teilweise mehrmals täglich fliegen.

So hat beispielsweise São Paulo, die reichsten Stadt Südamerikas, die größte Helikopterflotte der Welt. Wer in den Genuss kommt, die Stadt von oben zu betrachten, sieht, wie sich die Helikopterlandeplätze auf den Wolkenkratzern tummeln. In der von Stau geplagten Stadt landet alle 45 Sekunden ein Helikopter – eine bequeme Lösung für reiche Menschen, die nicht im Stau stehen wollen und wohl ungern die U-Bahn nehmen. 

Können superreiche Menschen ethisch sein?

Bei dem so selbstverständlichen unsozialen Verhalten der prominenten Klimakriminellen drängt sich die Frage auf: Können Superreiche überhaupt ethisch korrekt sein? Wissen sie überhaupt, wie man ethisch handelt, konsumiert und arbeitet? Offenbar nicht – denn ein solcher Reichtum kann kaum von “harter Arbeit” kommen, wie so oft durch den “American Dream” suggeriert wird. Ein Durchschnittsverdiener in den USA müsste etwa 2,8 Millionen Jahre arbeiten, um den Reichtum zu erlangen, den zum Beispiel ein Jeff Bezos hat.

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Vielmehr beruht solcher Reichtum auf der Ausbeutung anderer Menschen sowie der Umwelt. Denn während sich die meisten Menschen mit Maske in die überfüllte U-Bahn zwängt, lieber nach Bayern statt nach Mallorca reisen und auf Plastikstrohhalme verzichten, hinterlassen Superreiche täglich einen CO2-Fußabdruck, den wir alle niemals ausgleichen können. 

Der Reichtum einiger wenigen Menschen bringt also massive soziale, ökologische und wirtschaftliche Kosten mit sich. Und wie andere Verbrecher:innen sollten auch Klimakriminelle ihrer Taten entsprechend moralisch und juristisch verantwortlich gemacht werden.