„In the future, everyone will be world-famous for 15 minutes.“
Dass Andy Warhols Prognose eigentlich die des kanadischen Medien- und Kommunikationsforschers Marshall McLuhan ist, macht die Geschichte ja nicht weniger wahr. McLuhan hat in den 1960er-Jahren aber noch viel mehr kluge Vorlagen geliefert. Er war es, der sich auch Begriffe wie „Global Village“ und das „Surfen“ in Informationen prophezeite. „The Medium is The Message“ stammt ebenso von ihm und sagt nichts anderes, als dass wir stärker von den Medien geprägt werden, mit denen wir kommunizieren, als durch das, was wir kommunizieren.
Durch „New Media“ wie Instagram können wir uns heute unsere 15 Minuten Fame selbst erarbeiten, aber der eigentliche Erfolg liegt nicht in unserer individuellen Reichweite, sondern im System Instagram. Vor allem in der Retrospektive – sagen wir heute in zwanzig Jahren – sind die erfolgreichsten und folgenreichsten User die nahe liegenden Beispiele, um uns an das Phänomen Instagram zu erinnern: An ein Medium, das eine völlig neue Form Reality-Star hervorbrachte, uns zwischen inszenierter und tatsächlicher Privatsphäre unterscheiden und unsere schönsten Momente in Like-Zahlen umrechnen ließ.
Aber aus welcher Position blicken wir in zwanzig Jahren zurück? Eine Zeit, in der wir sie alle erlebt haben, unsere Viertelstunde weltweiter Berühmtheit. Was macht das bisschen Ruhm aus uns, wenn wir ihn alle hatten? Wenn wir aus unserer selbstinszenierten Bedeutsamkeit heraus feststellen, dass wir ein Global Village sind, in dem irgendwie jeder jedem gleich bekannt ist?
Vermutlich werden wir eine Zero-Likes-Attitüde entwickeln und dem globalen Dorf den Rücken kehren, weil uns die Provinzler ankotzen, die einem täglich begegnen wie Menschen im Bus, – vertraute Gesichter, die einem nichts sagen – Transitgestalten, die man auf sich nehmen muss, wenn man weiterkommen möchte. Vermutlich werden wir keinen Bock mehr haben, selbst gesehen zu werden, wenn wir auch die anderen einfach nicht mehr sehen können. Vermutlich werden wir uns wieder um das kümmern, was verborgen liegt, in uns, in einer Selfie-freien Zone. Wir werden uns nicht länger um das nächste Bild kümmern, nicht um die Content-Kontinuität, nicht um Views und auch nicht um Profilaufrufe. Vermutlich werden wir mal wieder ausschlafen, tagelang lesen, keine Frisuren haben, nachdenken ohne Ergebnis, unsere Pilates-Figuren verlieren und ebenso unsere Fingerfertigkeit. Vielleicht werden wir aber einfach nur weitersurfen und in die Ewigkeit scrollen und daran zu Grunde gehen, dass eine Viertelstunde Ruhm doch einfach ziemlich kurz ist.