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Das amerikanische Startup Recompose und das Architekturbüro OlsonKundig erfinden das Sterben neu. Foto: OlsonKundig.

Der kompostierte Mensch: Recompose macht Kompostieren als Bestattungsmethode möglich

Wir werden alle sterben. Das ist bis zur Entdeckung des Schlüssels für Unsterblichkeit sicher. Aber möchte man überhaupt noch ewig leben? Oder besteht angesichts der desolaten Umwelt nun eher der Wunsch, seinen Körper nach dem Tod einem natürlichen Kreislauf zu übergeben, anstatt ihn zu konservieren?

Wir schreiben das Jahr 2020, die Welt “brennt” und es gibt anscheinend kein Entkommen mehr: Früher oder später wird die Erde unter der enormen Last, die wir Menschen darstellen, kollabieren. Wir sind zu viele, werden immer älter und die Belastung dadurch immer drastischer. Ist der Gedanke an ewiges Leben durch z. B. Kryonik noch vertretbar? Wird es eine Welt geben, in der wir aus dem Eisschlaf wieder erwachen können – oder wollen? 

Doch solange wir noch sterben, verpesten wir selbst nach unserem Tod die Umwelt: durch Abholzung für Särge und chemische Einbalsamierung bei der Erdbestattung oder massive Co2-Ausstöße bei der Verbrennung im Krematorium. Da jedoch immer mehr Menschen sich die Frage stellen, wie sie besonders nachhaltig leben können, liegt der Wunsch auch nachhaltig zu sterben nicht fern.

Ein Startup erfindet das Sterben neu

Im Kreise ihrer Hinterbliebenen werden die Verstorbenen würdig verabschiedet. Foto: OlsonKundig.

Das amerikanische Startup Recompose hat ein Projekt ins Leben gerufen, das dieser Idee eine ganz neue Bedeutung gibt: Verstorbene Menschen sollen ab 2021 ganz einfach kompostiert werden können. In Zusammenarbeit mit dem Architektenbüro Olson Kundig hat Recompose eine Einrichtung in Seattle, Washington geplant, die es Menschen ermöglicht, ihre verstorbenen Angehörigen bei diesem Prozess zu begleiten: dem vollständigen Verschwinden von dieser Erde. 

Die Idee, die dahinter steckt, ist die eines geschlossenen, umweltfreundlichen Kreislaufs: Der Mensch gibt der Erde einen Teil dessen zurück, was ihn während seines Lebens versorgt hat und ermöglicht durch fruchtbare Erde neues Leben, so Recompose-Gründerin Katrina Spade. 

Nach drei bis sechs Wochen ist ein Mensch bereits kompostiert

Die Verstorbenen werden mit Stroh und Holz bedeckt – es kommt kein Sarg zum Einsatz. Foto: OlsonKundig.

Praktisch geht das folgendermaßen: Die Verstorbenen werden ein einer offenen Stahlwanne zusammen mit Holzspänen und Stroh gebettet und bedeckt. Anschließend werden sie in Einzelzellen untergebracht, in denen durch die ungehinderte Sauerstoffzufuhr beim Zersetzungsprozess Temperaturen von ca. 50-70 Grad entstehen. So können die Mikroben optimal arbeiten: Die Körper beginnen zu zerfallen.

Verschwendung von Holz als Ressource für Särge und die Emissionen bei der Verbrennung von Leichnamen fallen weg. Was nach drei bis sechs Wochen bleibt, sind etwa zwei Schubkarren voll Komposterde, die die Angehörigen mitnehmen können. Danach wird die Zelle für den nächsten Leichnam geräumt. 

Nach der Zeremonie werden die Verstorbenen in eine der Einzelzellen gebracht. Was nach 6 Wochen von ihnen übrig bleibt, sind zwei Schubkarren mit Komposterde. Foto: OlsonKundig.

Etwa 75 solcher Einzelzellen werden in der Einrichtung für die Kompostierung zur Verfügung stehen. Darüber hinaus wird es einen großen Bereich für Abschiedszeremonien und öffentliche Versammlungen geben, aber auch kleinere Räume für private Trauerarbeit. Insgesamt umfasst das helle und freundlich konzipierte Gebäude eine Größe von 18.500 Quadratmeter, auf denen es (nicht nur) um einen natürlichen Umgang mit den Themen Sterben und Tod gehen soll. 

Zunächst wird diese Art der Bestattung ab 2020 nur im US-Staat Washington legal sein. Hier in Deutschland ist Kompostieren von Menschen (noch) nicht möglich, da selbst bei der Verbrennung Sargpflicht herrscht. Aber was wäre, wenn? Sollten wir nicht, bis es sich wieder lohnt, ewig zu leben, wenigstens umweltfreundlich sterben?