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Die Geld-Maschine hinter den exotischen Tierbildern auf Instagram

Die Reporterin Natasha Daly reiste um die Welt, um die unwürdigen Lebensverhältnisse von in Gefangenschaft gehaltener Wildtiere in Tourismusgebieten zu entschleiern. Ein reines Produkt des Tourismus oder sind vielleicht auch sozialen Medien daran schuld?

Den Abenteuern von Instagram-Celebrity und Fotograf Jay Alvarrez folgen 6.5 Millionen Menschen. Betont entspannt, als wäre sein Foto-Accessoire nur ein niedlicher Welpe, postet er ein Bild mit einem Löwenbaby auf seinem Schoß. Binnen weniger Stunden erntet er über eine halbe Million Likes und tausende bewundernde Kommentare im Gegenzug. Der Großteil seiner Follower beneiden ihn für diese besondere Erlebnis.

Was viele seiner jungen Fans jedoch nicht wissen oder wahrhaben wollen: er ist dem Löwenkind natürlich nicht in der Wildnis über den Weg gelaufen. Für dieses Foto bezahlte er viel Geld an ein Unternehmen, das das Jungtier seiner Mutter entrissen hat und fortan für Touristen-Selfies ausbeutet. Diese Tiere sind wie die unsichtbaren Sklaven der Tourismus Industrie. Erlebnis-Tourismus hat durch Social-Media an großer Beliebtheit gewonnen. Die Folge sind Auswüchse, wie beispielsweise angekettete Tiger und Affen für ein schnelles Selfie. Du bist was du erlebst. Ganz nach dem Motto: Du hast nichts besonderes erlebt, dann hast du online auch nichts vorzuweisen. Doch die Realität hinter diesen Bildern ist oft viel brutaler, als es viele Touristen und Social-Media-Nutzer wahrhaben wollen.

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Left America, Moved to Москва, Met a cute kisska 🤣💕🇷🇺

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Die Reporterin Natasha Daly ist für NatGeo anderthalb Jahre um die Welt gereist, um auf die unwürdigen Haltungsbedingungen von eingesperrten Wildtieren aufmerksam zu machen. Was sie dabei herausfand, berührte in einem großen Bericht hunderttausende Menschen. In Thailand sah sie Amerikaner, die Tiger umarmten, und chinesische Bräute die für ihr Hochzeitsfoto junge Elefanten ritten. In Russland sah sie wie Eisbären mit Drahtmaulkörben unter einem Zirkuszelt tanzten, und im Amazonas beobachtete sie Teenager, die Selfies mit Babyfaultieren knipsen.

“Die meisten Touristen, die sich an diesen Begegnungen erfreuen, wissen nicht, dass zum Beispiel die Tiger unter Drogen gesetzt wurden und krallenlos sind. Oder das ihnen ihre Jungtiere für Touristenfotos nur wenige Tage nach der Geburt abgenommen werden. Das die Baby-Faultiere nach wenigen Monaten in Gefangenschaft sterben oder sie die Elefanten nur reiten können, weil ihr Wille als Babys von den Betreuern mit Gewalt gebrochen wurde.”

Ein Bär in Bulgarien, der zur Belustigung der Touristen zum Tanzen gezwungen wird. Foto: собственная работа.

Bereits lange vor dem Aufkommen von sozialen Netzwerken machten Tierhalter Geld durch touristische Tiershows – unter extrem schlechten Haltungsbedingungen. Auch analog wollten Touristen bereits gerne mit einer Riesenpython fotografiert werden und staunten wie Elefanten in Tiershows auf einem Bein stehen können oder mit Darts zielgenau Ballons zerplatzen lassen. Alles zur Freude der Veranstalter, denen dieser Tiershow-Tourismus viel Geld in die Kasse spülte. Heute, in einem Zeitalter, in der die digitale Zurschaustellung seiner Erlebnisse wie eine soziale Währung gehandelt wird, wächst es zunehmend zu einem Problem heran. Dabei nehmen Touristen die schlechten Lebensbedingungen der Tiere für ein Foto in Kauf, das online potentiell ihre Beliebtheit steigert. Fotos wie sie die französische Influencerin Mathilde Tantot von sich postet – in Thailand, halbnackt mit einem in gefangenschaft lebenden Elefanten – gibt es leider unzählige. Alle mit dem Ziel, viel Aufmerksamkeit und dadurch mehr Follower zu generieren.

Gewaltsames Elefantentraining beim amerikanischen Zirkus Ringling Bros. Foto: PETA

Wildlife-Organisationen gegen die nachteilige Influencer-Show

Als soziales Netzwerk mit einer Milliarde Nutzern trägt Instagram seinen beliebtesten Fotomotiven gegenüber eine große Verantwortung – ob denen durch den Instagram-Tourismus verdreckten Urlaubsorten gegenüber oder den leidenden Baby-Faultieren. Nach mehreren Jahren der Kritik ist die Plattform dem Aufruf zahlreicher Petitionen namenhafter Wildlife-Organisationen gefolgt, endlich etwas gegen sein bekanntes Tierquälerei-Problem zu unternehmen. Es existieren bereits hunderttausend Fotos unter diversen Hashtags, die mit Tierquälerei im Zusammenhang stehen und für die längste Zeit für die Allgemeinheit abrufbar waren. Ende 2017 wirkte die Plattform dem endlich entgegen. Sobald der Nutzer einen der Hashtags aufrufen möchte, wird er durch diese Warnung gestoppt. So arbeiteten Tierschutz-Organisation wie World Wildlife Fund und World Animal Protection gemeinsam mit Instagram für mehrere Monate an einer langen Liste an Hashtags – wie #tigerselfie, #elephantride, #selfiesafari – die jetzt gesperrt werden. Als zweiten Schritt wurde dieses Jahr ein Filter eingeführt, der betreffende Fotos unkenntlich macht, sobald sie von Instagram als schädlich eingestuft werden. Das sind im Vergleich zur Menge des Fotomaterials kleine Schritte, jedoch liegt es an den Tierhaltern in den Tourismusgebieten, dem Erfolg der Wildlife-Organisationen und letztlich an der fehlenden gesetzlichen Regulation, die diese schamhafte Geldmacherei verhindern könnte.

Wenn man versucht einen der gesperrten Hashtags aufzurufen, erhält der Nutzer diese Warnung.

Tiere in den Medien – brauchen wir Tiershows, um Wildtiere zu erleben?

Neue Medien erlauben uns heutzutage age Wildtiere auf eine Art kennenzulernen, die uns in Zoos oder bei besagten Tiershows verwährt bleibt. Ob über umfassende Dokumentationen bekannter Streamingdienste, durch 360-Grad-Filme in passenden Kinosäälen , als Erlebnis mit VR-Brille, oder durch Fotomaterial von Wildlife-Fotografen. Gilt damit wirklich noch die Ausrede der Zoos, das Einsperren der wilden Tiere als Bildungsmasnahme für Kinder oder gar als Artenschutz zu verkaufen? China denkt weiter und wartet gerade mit einer Virtual Reality Zoo Idee auf, die eine vielversprechende Alternative zur unwürdigen Zoo-Tierhaltung bietet. Wenn diese Idee erfolgreich ist, sind VR-Zoos eine großartige Möglichkeit, in Zukunft Tierausbeutung zu vermeiden

Elefanten im täglich monotonen Trott, Touristen im Kreis zu tragen – getrieben von dem Haken der Betreuer (links im Bild).

Das umfassende Angebot für Touristen in fremden Ländern Tiershows zu besuchen, mit Wildtieren baden zu gehen oder mit den angeketteten Tieren Selfies zu machen, wird der Anblick dressierter Wildtiere für Reisende fast zur Normalität. Es ist dabei nicht immer einfach auf den ersten Blick, unzulängliche von guter Tierhaltung zu unterscheiden. Am besten hält man nach Einrichtungen ausschau, in denen die Tiere offenbar gut gefüttert sind, jederzeit Zugang zu sauberem Wasser haben und nicht von Touristen angefasst werden können. Oft enthalten die Namen der Einrichtungen Schlagwörter wie „Erhaltung“, „Zuflucht“ und „Rettung“, welche die Intention vortäuschen soll, den Schutz der Tiere zu gewährleisten. Gerade wenn eine Einrichtung diese Versprechen macht und dennoch umfassende Interaktion mit einer großen Anzahl von Menschen erlaubt, sollte das Reisende alarmieren. Denn ein sogenannter “Elephant Sanctuary”, (dt. “Zufluchtsort für Elefanten”) bietet Elefanten noch lange keine “Zuflucht”, wenn auf ihnen geritten werden darf. Letztlich sollten die Nutzer lernen Fotos mit Wildtieren auf Instagram bewusst zu konsumieren und zu hinterfragen, wie diese entstanden sind, wie auch fortan ihre eigenen tierischen Begegnungen auf Reisen.

Wildtiere spielen ebenso eine Rolle in der Medizin. Unser Gedankenexperiment dazu findet ihr hier