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Die Metropole Ruhr als Startup-Hochburg: Mit entspannter Pottitüde zum Erfolg

Berlin oder Hamburg – wer macht das Rennen um die Startup-Hochburg Deutschlands? Es bleibt spannend, denn nun möchte noch ein weiterer Player mitmischen: Die Metropole Ruhr hat sich in Stellung gebracht und wartet mit einigen erfolgreichen Startups auf.

Dem Deutschen Startup Monitor 2018 ist zu entnehmen, dass rund 11,8 % der Startups in der Rhein-Ruhr-Region gegründet werden. Hierzu zählen neben der Metropolregion Ruhr auch Städte wie Köln und Düsseldorf. Berlin kommt im Vergleich auf 15,8 %. Nicht ohne Grund heißt es daher mancherorts, dass die Metropole Ruhr auf dem besten Weg sei, Berlin als Startup-Hochburg einzuholen. Gerade im Ruhrgebiet bietet sich für Gründerinnen und Gründer ein diverses und innovatives Umfeld. Doch die Reise zum neuen Startup-Hotspot hat gerade erst begonnen.

Das Ruhrgebiet – durch den Strukturwandel geprägt

Seit Jahrhunderten ist das Ruhrgebiet für seine Industrie bekannt, gab es hier doch bereits im Mittelalter den ersten Steinkohlebergbau. Vor der industriellen Revolution des 18. Jahrhunderts war die Region überwiegend in der Viehzucht und Landwirtschaft aktiv. Der strukturelle Wandel führte dann mitunter dazu, dass auch im Ruhrgebiet Kohle und Stahl systematisch verarbeitet werden konnten. Mit der Zeit entwickelten sich diese Industriezweige weiter: Große Firmen wie Thyssenkrupp fanden zu Beginn des 20. Jahrhunderts in der Region um Duisburg und Essen ihre Heimat. Die Zeche wurde auf diesem Wege zum Symbol des Ruhrgebiets.

Mittlerweile befinden sich diese Industrien in der Krise und das Ruhrgebiet muss sich neu erfinden. Rückschläge wie der Wegfall von Opel im Jahr 2014 oder die Schließung der letzten Zeche im Dezember 2018 hinterließen Spuren in der Region.

Ein typischer Blick von der Autobahn im Ruhrgebiet – die großen Kohlekraftwerke sind nach wie vor präsent. Foto: Foto Rabe.

Eine Region erfindet sich neu

Doch die Menschen im Ruhrgebiet lassen sich von derartigen Rückschlägen nicht lange beirren: Dem Wirtschaftsbericht Ruhr 2018 ist zu entnehmen, dass im letzten Jahr so viele Menschen sozialversicherungspflichtig beschäftigt waren wie seit 1981 nicht mehr.

„Maloche“ – dieses Wort hört man immer wieder im Ruhrgebiet. In der Umgangssprache bedeutet es so viel wie „harte Arbeit“. Diese Einstellung motiviert die Menschen trotz der wirtschaftlichen Rückschläge in den letzten Jahrzehnten – und vielleicht trägt auch die Überzeugung, dass es hier die beste Currywurst und das beste Bier der Welt gibt, ein wenig dazu bei.

Genau dieser Lokalpatriotismus treibt auch den Gründer Timo Budzinski an. Er leitet im Ruhrgebiet das Modelabel Pottitüde, unter dem er nachhaltig produzierte Mode mit lokal einschlägigen Motiven führt. „Ich habe mich ganz bewusst dazu entschieden, mein Unternehmen im Ruhrgebiet zu gründen. Diese Region hat so viele verschiedene Facetten, eine tolle Infrastruktur und unglaublich vielfältige Persönlichkeiten. Es ist egal, ob ich nach Essen, Duisburg oder Dortmund will – ich erreiche jede Stadt in weniger als einer Stunde“, schwärmt Budzinski, der mit seinem Label ein Stück der alten Kultur erhalten möchte.

Aber wie äußern sich diese vielen Facetten und was zeichnet die Infrastruktur aus? Ist es das ehemalige Zechengelände in Essen, das heute UNESCO-Weltkulturerbe ist? Der größte Binnenhafen der Welt in Duisburg? Das renommierte Horst-Görtz-Institut für IT-Sicherheit in Bochum? Oder sind es doch die knapp 270.000 Studenten an 22 Hochschulen?

Schaut man genauer hin, haben alle diese Dinge eine Sache gemeinsam: Sie bilden die perfekten Voraussetzungen für Startups. In Duisburg gibt es mit Startport einen speziellen Inkubator nur für Logistik-Startups. In Bochum siedeln sich junge Unternehmen aus der IT-Security-Branche im Cube 5 an. Und auf dem alten Zechengelände in Essen treffen Startups auf große Unternehmen.

Das alte Zechengelände Zollverein in Essen – früher wurde hier Kohle gefördert, heute zieht es Unternehmen und Touristen an. Foto: Markus Spiske.

Startups und große Unternehmen – die Stärke des Ruhrgebiets

„Der größte Vorteil des Ruhrgebiets ist seine wirtschaftliche Heterogenität. Wir beim Cube 5 konzentrieren uns auf die IT-Security-Branche. Sollten Gründerteams Kontakte in einer bestimmten Branche suchen, können wir schnell vermitteln. Heutzutage sind Startups sehr anwenderzentriert. Erfolgsversprechende Geschäftsideen entstehen im Verbund mit spezialisierten Anwenderbranchen. Die wirtschaftliche Vielfalt im Ruhrgebiet hilft bei diesem Prozess enorm weiter“, so Fabian Hoff, Technologie- und Transfermanager beim Inkubator Cube 5.

Früher waren es Entwickler, die in Berlin den Boom des Internets ausgenutzt und die Stadt auf diesem Wege positioniert haben. Heute sieht die Situation anders aus: Gründer benötigen Testumgebungen für ihre Angebote. Die Startups dieser Zeit sind für ihre Dienstleistungen und kundenzentrierten Produkte bekannt, große Unternehmen können dabei als Kunden, Partner oder Kapitalgeber fungieren.

Vor ein paar Monaten etwa konnte das Bochumer Startup Pflegix die strategische Beteiligung einer großen Versicherung bekannt geben. Das Unternehmen betreibt eine Vermittlungsplattform für Pflegedienstleistungen. Masterplan.com hingegen ist ein Startup, das für seine Plattform Online-Kurse zum Thema Digitalisierung produziert und diese über selbige vermittelt. Hier wird die Symbiose von Startups und großen Unternehmen einmal mehr deutlich: Viele Betriebe aus der Region freuen sich, ihren Mitarbeitern diesen Service anbieten zu können. Doch auch junge Unternehmen wie Urlaubsguru.de haben ihre Wurzeln in der Metropolregion Ruhr.

„Wir im Ruhrgebiet haben noch so viel Potenzial. Der ruhr:HUB gilt als zentrale Anlaufstelle für die bestehende Wirtschaft, für Fachkräfte und Startups. Bei unserer täglichen Arbeit merken wir, dass große Firmen ein ausgeprägtes Interesse an den Lösungen unserer jungen Unternehmen haben. Um diesen Austausch zu fördern, haben wir zum Beispiel einen Co-Working-Space geschaffen, in dem sowohl Projektteams von etablierten Unternehmen als auch Startups sitzen. Dabei entstehen tolle Synergien“, schätzt Nelson Ribas, Projektmanager beim ruhr:HUB, die aktuelle Lage ein. Der ruhr:HUB ist einer von sechs digitalen Hubs in NRW.

Der Duisburger Hafen – eine von vielen neuen Anlaufstellen für Startups im Ruhrgebiet. Foto: Pixabay

Das sind natürlich alles äußerst positive Entwicklungen, es besteht jedoch auch Verbesserungspotenzial. Im Ruhrgebiet sind die Wege lang und viele Gründer bemängeln eine fehlende städteübergreifende Community. In den einzelnen Städten passiert bereits einiges: Der ruhr:HUB etwa veranstaltet monatlich „Startup Nights“, in Bochum gibt es einen Gründerstammtisch und in Dortmund findet regelmäßig der Gründungswettbewerb start2grow statt. Jetzt gilt es, die Community über die Stadtgrenzen hinaus zu stärken.

Eine starke Community im Ruhrgebiet kann sich jedoch nicht allein durch die Mentalität der Menschen entwickeln. Es ist vielmehr das Potenzial einer nachhaltig vernetzen Wirtschaft in der Metropole Ruhr, das den Gemeinschaftsgedanken stärken kann und die Region zu einem starken Standort macht. Konzerne, mittelständische Unternehmen und Startups müssen ihre Innovationen gegenseitig ausschöpfen und weiterentwickeln. Wenn dies gelingt, wird das Ruhrgebiet in nicht allzu ferner Zukunft als neue Hochburg für Startups eine wichtige Rolle einnehmen. Man darf gespannt sein, wann dort die ersten Unicorns entstehen.