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Finanzbloggerin Margarethe Honisch – von der Kontochaotin zur Aktienexpertin

Geld anlegen ist das Einfachste der Welt – zumindest, wenn man das Buch „Easy Money“ von Margarethe Honisch gelesen hat. Ein Interview über einen radikalen Sinneswandel.

Anlegen, investieren, Geld vermehren? Die Finanzbloggerin Margarethe Honisch war einst selbst nicht besonders finanz- und investmentaffin. Sie war einfach der Ansicht, dass dies überhaupt nicht notwendig wäre: Für ihre Rente würde schließlich der deutsche Staat sorgen. Als ihr klar wurde, wie dramatisch die Lage um ihre Altersvorsorge bestellt war, warf sie ihre Hemmungen über Bord – und fing mit dem Anlegen an. Ihr Wissen stellt sie anderen Frauen seit mehreren Jahren auf ihrem Blog „Fortunalista“ zur Verfügung.

Nun hat sie ihr erstes Buch geschrieben: Mit „Easy Money“ führt sie Anfänger in die Themen Finanzen, Anlagen und Altersvorsorge ein. Nächsten Montag, am 4. November 2019, erscheint das Buch im deutschen Buchhandel. Am selben Tag tritt sie in Hamburg bei Pay Attention, dem Orange Money Talk in Zusammenarbeit mit Deutsche Bank, auf. Wir sprachen im Vorfeld über ihren Sinneswandel und über die Zukunftstrends, in die sie persönlich investieren würde.

Du sagst über dich selbst, dass du einmal eine richtige Kontochaotin warst. Wie würdest du deine damalige Einstellung zu Finanzen beschreiben?

Ja, das stimmt. Bis ich Ende 20 war, habe ich mir über meine Finanzen kaum Gedanken gemacht. Zwar hatte ich schon während des Studiums verschiedene Jobs und habe immer dafür gesorgt, dass ich genügend Geld in der Haushaltskasse hatte – daran, etwas zu sparen, geschweige denn anzulegen, habe ich aber nie gedacht. Der Moment des Umdenkens kam erst, als einige meiner Freunde sich Häuser angeschafft haben. Vorher dachte ich immer, dass das Thema Finanzen trocken und kompliziert sei und dass ich das als Geisteswissenschaftlerin ja sowieso nicht verstehen würde – außerdem war ich der Ansicht, dass ich bis zur Rente noch ganz viel Zeit hätte. 

„Ich hatte auch ein bestimmtes Bild von der Finanzwelt: Männer in Anzügen, die mein Geld hin und her schieben. Das war mir alles fremd.“

Jetzt bist du eine der bekanntesten Finanzbloggerinnen Deutschlands. Was hast du an deiner Einstellung geändert, um an diesen Punkt zu gelangen?

 Ich habe erkannt, dass es leider keine Option ist, sich nicht mit dem Thema auseinanderzusetzen. Ich bin immer davon ausgegangen, dass ich später von meiner Rente leben könnte, wenn ich nur stets brav arbeiten und in meine gesetzliche Rentenversicherung einzahlen würde. Aber dann ist mir klar geworden, dass meine Einzahlungen alleine nicht reichen werden – schließlich wird die Rente ja auch besteuert. Es geht nicht darum, Reichtümer anzuhäufen, sondern darum, sich abzusichern. Und das ist keine Option, sondern eine Notwendigkeit. Außerdem hatte ich auch ein bestimmtes Bild von der Finanzwelt: Männer in Anzügen, die mein Geld hin und her schieben. Das war mir alles fremd. Während meiner Auseinandersetzung mit dem Thema als Bloggerin hat sich dieses Bild jedoch verändert.

 Man spricht bekanntlich von der „German Angst“: Der Deutsche sei ein Sparer, kein Investor. Ist Sparen die größte Finanzsünde der Deutschen?

Das würde ich aktuell schon behaupten, ja. Gerade bei der älteren Generation ist das ein Problem: In der Nachkriegszeit war Sparen eine sinnvolle Art, Vorsorge für das Alter zu betreiben. Das sieht heute anders aus, denn das Geld auf dem Konto verliert stetig an Wert. Die deutschen Sparer haben alleine im letzten Jahr 40 Milliarden Euro dadurch verloren, dass sie das Geld einfach auf ihren Konten haben liegen lassen. Und Studien zeigen, dass gerade Frauen ein Milliardenvermögen auf ihren Sparbüchern haben und es nicht investieren. Viele Menschen tun sich auch schwer, wenn sie einmal bei einer als sicher prognostizierten Investition Geld verloren haben. Ein gutes Beispiel ist da die Telekom-Aktie, bei der man sich vielleicht sicher gefühlt, aber letztendlich Geld verloren hat.

In der Einleitung deines Buches sagst du, dass wenn du 2009 für 1.000 Euro Netflix-Aktien gekauft hättest dir heute 82.000 Euro im Depot zur Verfügung stehen würden. Jeder, der das liest, ärgert sich natürlich über sich selbst. Gleichzeitig frage ich mich, wer denn 2009 bereits wissen konnte, dass genau Netflix von all den Streaming-Anbietern so erfolgreich sein würde? Wie siehst du das? 

Ich denke, so genau konnte das natürlich niemand wissen. Es ist generell schwierig und nur etwas für absolute Experten, gezielt auf eine Aktie zu setzen. Dafür braucht man ein besonderes Fingerspitzengefühl. Das sogenannte „Stockpicking“ ist eine Wissenschaft für sich, in die man viel Zeit investieren muss. Die Netflix-Aktie dient in meinem Buch mehr als Beispiel dafür, wie ein Aktienkurs verlaufen und sich entwickeln kann. Die enorme Wertsteigerung speziell in diesem Fall zeigt, dass man selbst mit 1.000 Euro und der richtigen Aktie einiges erreichen kann. Für Einsteiger lohnt es sich allerdings eher, auf Fonds und ETFs zu setzen, besonders wenn man nicht jeden Tag den Stand des Marktes verfolgen kann oder möchte. 

Das Buch “Easy Money” von Margarethe Honisch bietet wertvolle Tipps für Menschen, die sich über Anlage und Finanzen informieren möchten.

Gibt es Trends und Entwicklungen, bei denen du denkst, dass man unbedingt investieren sollte? Quasi das Netflix des Jahres 2019?

Ich persönlich finde die Themen Ernährung, Mobilität und KI sehr interessant. CO2- Neutralität ist ein längst überfälliges Thema in vielen Bereichen. So wird etwa CO2-neutrale Mobilität immer wichtiger – regional wie international. Und in der Ernährungsbranche sind in diesem Zusammenhang natürlich die Fleischalternativen sehr interessant. Die „Beyond Meat“-Aktie zum Beispiel hat eine gute Entwicklung hingelegt, ist nun allerdings wieder im Fall. Es gibt aktuell einfach viele neue Trends – was letztendlich das neue Netflix wird, kann ich nicht vorhersagen.

Du gehst sehr kritisch mit dem deutschen Rentensystem um. Hast du eine konkrete Forderung an die aktuelle Politik?

Einen konkreten Lösungsweg habe ich leider noch nicht gefunden. Wir steuern unmittelbar auf ein Rentenloch zu und es wäre in jedem Fall sinnvoll, gerade junge Menschen diesbezüglich noch stärker zu informieren. Ich verstehe, dass Vorsorge ein schwieriges Thema ist, selbst die großen Parteien trauen sich nicht so richtig daran. Fakt ist aber, dass ein Sparbuch keine gute Lösung mehr ist; um sich im Alter abzusichern, muss man zwangsläufig investieren. Aufklärung und Finanzbildung sind daher wichtige Punkte – auch der Staat selbst muss stärker investieren. Denn wie soll der durchschnittliche Arbeitnehmer sich richtig mit Finanzen auskennen, wenn selbst der Staat einen Finanzminister hat, der nicht investiert?

Gibt es andernorts auf der Welt eine Rentenregelung, die du für sinnvoller hältst? Wo könnte Deutschland noch etwas lernen?

 Norwegen investiert sehr viel in Aktien. Und in Holland gibt es die Regelung, dass jeder Mensch neben der gesetzlichen Rentenkasse auch noch in eine Art Betriebsrente einzahlen muss, für die das Geld direkt vom Bruttolohn abgezogen wird. Diese Art der allgemeinen Verpflichtung nennt man „Nudging“. Das scheint zu funktionieren, denn die Mindestrente liegt dort bei etwa 900 Euro. Das heißt, dass das Phänomen der Altersarmut nicht so ein großes Problem wie bei uns darstellt. Wir in Deutschland sollten außerdem überlegen, ob unser Umlagesystem noch zeitgemäß und sinnvoll ist.

Deine Investmentstrategie ist darauf ausgelegt, dass sich die Wirtschaft so weiterentwickelt wie bisher. Glaubst du, dass das Konzept der Wertpapiere und Aktien auch in Zukunft so weiterexistieren wird? Kannst du dir einen radikalen Umbruch unserer Finanzwelt vorstellen?

 Ja, aber die Frage dabei ist, in welchem Zeitraum dieser Umbruch stattfinden wird. Ich arbeite im digitalen Sektor, bekomme daher viel mit, was Digitalisierung und dergleichen betrifft. Ich könnte mir vorstellen, dass sich unser Finanzsystem etwas dezentraler gestalten wird. Das bedeutet, dass in Zukunft nicht mehr wenige große Banken das Geld verwalten, sondern viel mehr kleinere Unternehmen. Das wird aber vermutlich ein sehr langsamer Prozess sein, sodass die Menschen genügend Zeit haben, ihre Anlagestrategien anzupassen.

Bei der Pay Attention am 4. November in Hamburg wirst du den Besuchern deine Investmenttipps präsentieren und dein Finanzwissen zur Verfügung stellen. Möchtest du vielleicht hier schon vorab einen Tipp als kleinen Teaser verraten?

 Das kommt darauf an, in welcher Phase man sich aktuell befindet. Für Anfänger wird es spannend, da sie eine Chance erhalten, sich einen Überblick über das Thema Finanzen zu verschaffen: Welche Investitionsmöglichkeiten gibt es und welche passen zu meinem individuellen Typ? Insbesondere Frauen möchte ich außerdem gerne ans Herz legen, ihre Ängste und Hemmungen bezüglich Finanzen und Investitionen zu überwinden.

 Vielen Dank für das Gespräch!