Das transform Magazin will einen positiven Wandel journalistisch vorantreiben. In der neuesten Ausgabe wird die Bedeutung von Luxus dechiffriert und in ein neues Licht gerückt.
Luxus ist eine Ausrenkung – im wahrsten Sinne des Wortes. Schließlich stammt „Luxus“ von dem lateinischen Verb luxare, ausrenken, ab. Ärzte sprechen deshalb auch von einer Kniegelenksluxation. Auch ohne Mediziner zu sein, ist klar, dass Luxus stets etwas Außergewöhnliches ist, etwas vom Normzustand entrücktes. Das können Luxusschlitten, Uhren zum Preis durchschnittlicher Jahreseinkommen oder Restaurants sein, in denen das Euro-zu-Kalorienverhältnis eins-zu-eins ist.
Ausgerenkt wirkt Luxus hier auch moralisch. Schnell wird der Protzvorwurf laut – gerade in Zeiten, in denen soziale Ungleichheit ebenso sichtbar ist, wie Wohlstand oder Armut der anderen. Schnell wirkt hier der Glitzer- und Schnörkel-Luxus deplatziert, ja geradezu peinlich.
Ganz anders hingegen der neue Luxus: Nicht der Luxusschlitten, sondern das abenteuerlich verbrachte Sabbatical dient als Statussymbol. Statt Extrastunden zu schuften, um einen Inselurlaub zu finanzieren, ist in Zeiten von Billigflieger das scheinbar langsamere Landleben in der Nähe des Wohnortes en vogue.
Ist das der Weg zum Luxus für alle? Können wir den Luxus wieder „einrenken“?
Tatsächlich ist diese Art von immateriellem Luxus nicht neu. Die Oberschichten aller Zeiten frönten der Jagd oder dem Müßiggang auf ihren Lustschlössern. Die Bürger mehrerer Jahrhunderte genossen Spaziergänge, Cafébesuche und abenteuerliche Reiseerfahrungen. Dennoch: Die Beliebtheit von diesem immateriellen Luxus scheint heute größer denn je zu sein.
Man könnte vermuten, dass die Luxusindustrie nun unter diesem Trend ächzt. Das Gegenteil ist der Fall: Die Hersteller von Luxusprodukten können sich nun endlich dem Protzruf entledigen. Die Edeluhr gilt nur als Symbol für den ewigen Bund der Familie, der Luxusschlitten für das angemessene Gefährt, um den Wind zu spüren. Und auch diejenigen, die sich weder solche Uhren, noch Autos leisten können, werden nun mit dem Versprechen nach luxuriösen Momenten umgarnt.
Luxusschlitten lassen sich selbst für eine kurze Spritztour mieten, unerreichbar teure Handtaschen lassen sich über diverse Plattformen teilen. Durch Leasing, Sharing und Wiederverkauf sind Luxusprodukte immer mehr Menschen zugänglich. Den Firmen schlagen nun zwei Herzen in der Brust: Zum einen haben sie neue Kunden gewonnen, die eigentlich arm sind. Zum anderen droht das Image ihrer elitären Marken beschädigt zu werden, wenn auf einmal jeder Mensch mit den Insignien der Reichen und Erfolgreichen das Büro oder die Nachbarschaft beeindrucken will. Um dies zu verhindern, greifen Hersteller zu radikalen Lösungen. Burberry verbrannte etwa die Kleidung aus dem letzten Geschäftsjahr – Kleidung im Wert von 32 Millionen Euro und kassierte dafür einen deftigen Skandal, der sie zum Umdenken zwang.
Immaterieller Luxus, um sich abzugrenzen
Wer echten Luxus sucht und sich abgrenzen möchte von den Teilzeit-Luxus-Fans mit ihren gemieteten Produkten, muss sich heute umorientieren. Wohlhabende Erfahrungshungrige finden heute zahlreiche schicke Retreats, Steinmetz-Workshops oder Manager-Survival-Trainings. Und was ist mit den Nicht-Wohlhabenden? Reicht Ihnen Kaffee und Kuchen im Kreise Ihrer Familie und Freunden oder einen Waldspaziergang?
Die Verteilungsfrage bleibt auch beim immateriellen Luxus bestehen: Zeit und Ressourcen für Erfahrungen sind kaum gerechter verteilt als Geld – und beides hängt stark zusammen. Wer viel Geld besitzt, verfügt oft auch über die Zeit anderer – den Chauffeur, die Reinigungskraft oder auch den Lieferservice. Ihre frei verfügbare Zeit, um Erfahrungen zu sammeln, ist häufig weitaus eingeschränkter, als die der Auftraggeber.
Ob sich immaterieller Luxus dennoch besser verteilen lässt als der alte Ramsch? Ob dieser neue Luxus nachhaltiger ist und wie der Luxus der Zukunft aussehen wird – all diese Fragen will das transform Magazin in der neuen Ausgabe mit dem Titel „Luxus für die oberen 100 Prozent“ beantworten. Das Independent-Magazin beinhaltet keine Werbung und braucht daher die Magazin-Vorbestellungen, um das Heft drucken zu lassen. Noch bis zum fünften Oktober kann es portofrei bestellt werden.
Der Wunsch, Luxus nicht mehr in samtbeschlagenen Regalen zu suchen, verspricht mehr Lebensglück für alle – auch wenn dieser, dem Wortsinn nach, dann kein Luxus mehr wäre.