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Bild: Kwame Acheampong

Stolz, Exzellent & Schwarz: Die Fotokunst von Kwame Acheampong

Der ghanaische Fotograf Kwame Acheampong ist stolz, Schwarz zu sein. Er ist stolz auf seine Afrikanität, seine Ethnie, Geschichte und Kultur. In einem Videocall von seinem Zimmer in Jamestown, Accra aus erklärt Kwame, warum er Künstler geworden ist, welche Bedeutung Farben für ihn haben und warum überdurchschnittlich viele Profi-Boxer aus seinem Heimatort Jamestown kommen. 

Kwame, wie bist du zur Fotografie gekommen?

Ich hatte nie eine besondere Kamera. Alle meine Fotos sind mit dem iPhone geschossen. Aber eigentlich kam vor der Fotografie die Poesie. Als ich dann mein erstes iPhone hatte – ein iPhone 4 – habe ich Fotos gemacht, um meine Gedichte zu visualisieren. 2014 habe ich dann damit angefangen, meine Gedichte mit dazu passenden Bildern auf Instagram zu posten. Meinen Freund:innen gefiel, was sie sahen und sie ermutigten mich, weiterzumachen. Heute habe ich immer noch eine Schwäche für Poesie, aber seitdem ich Fotos mache, schreibe ich weniger Gedichte. 

Kwame Acheampong kam über die Poesie und sein iPhone zur Fotografie. Bild: Kwame Acheampong

Woher kommt dein Interesse an Literatur?

Ich habe eigentlich Agrarwissenschaften studiert. Aber Literatur war für mich immer ein Medium, über das ich mich und meine Gefühle ausdrücken konnte. Über die Poesie konnte ich auch all die Enttäuschungen ausdrücken, die ich in meiner Erziehung erfahren habe. Ich bin streng christlich erzogen worden und in dem Glauben aufgewachsen, dass es da oben einen Gott gibt, der über Gut und Böse entscheidet. Mit den Jahren verlor ich den Glauben an Gott. Heute bezeichne ich mich als Agnostiker. Im Gegensatz zur Religion habe ich in der Literatur und Poesie immer Halt gefunden.

“Im Gegensatz zur Religion habe ich in der Literatur und Poesie immer Halt gefunden.” Bild: Kwame Acheampong

Du bist in Accra, Ghana, aufgewachsen. Welche Rolle spielt Ghanas Geschichte und Kultur in deiner Arbeit?

Ghana hat eine vielseitige Kultur, Traditionen und starke Literatur, die mich in meiner Arbeit beeinflussen. Ich möchte vor allem „meine“ Seite von Ghana zeigen, und das ist die Küste von Jamestown, wo ich aufgewachsen bin. Ich möchte das einfache, alltägliche Leben festhalten. Dass die meisten meiner Bilder am Strand sind, ist kein Zufall: Das ist meine Welt. Mein Vater ist immer mit mir an den Strand gegangen, und als Kind verbrachte ich meine Zeit nach der Schule immer dort, um die Fischer zu beobachten. Noch heute gehe ich, wann immer ich ein Problem habe, an den Strand, um nachzudenken. Der Strand gehört zu „meinem“ Ghana und deshalb ist es ein immer wiederkehrendes Motiv in meinen Fotos. 

“Ich möchte vor allem ‘meine’ Seite von Ghana zeigen, und das ist die Küste von Jamestown, wo ich aufgewachsen bin. Dass die meisten meiner Bilder am Strand sind, ist kein Zufall: Das ist meine Welt.” Bild: Kwame Acheampong

Warum sind auf deinen Fotos nur Männer oder Jungs abgebildet?

Das liegt an der Verfügbarkeit und Bereitschaft der Models. Die meisten Frauen hier in meinem Viertel sind nicht bereit, sich fotografieren zu lassen. Ich versuche, das zu ändern und mehr weibliche Personen in meine Arbeit mit einzubeziehen. Ich wünsche mir auf jeden Fall mehr Vielfalt für meine Bilder. 

Besonders auffällig ist das Spiel mit Farben und Kontrasten in deiner Arbeit. Was hat es damit auf sich?

Ich nutze Farben aus mehreren Gründen: Erstens stehen sie für Emotionen. Aber ich nutze Farben auch, um auf meine Arbeit aufmerksam zu machen – denn Farben erregen Aufmerksamkeit. Zudem komme ich aus einer sehr farbigen Umwelt und Kultur. Unsere Stoffe sind bunt, die Kanus haben knallige Farben, die Wände und Gebäude sind farbig. Afrika ist generell sehr farbenfroh. Farben gehören zu meiner Welt und zu jedem Aspekt meiner Existenz.

“Ich komme aus einer sehr farbigen Umwelt und Kultur. Unsere Stoffe sind bunt, die Kanus haben knallige Farben, die Wände und Gebäude sind farbig. Afrika ist generell sehr farbenfroh. Farben gehören zu meiner Welt und zu jedem Aspekt meiner Existenz.” Bild: Kwame Acheampong

Ein Foto hat besonders meine Aufmerksamkeit erregt: Es zeigt einen Mann, dessen Gesicht mit den Schnüren eines Boxhandschuhs umwickelt ist. Die Unterschrift lautet „Bound to Struggle“. 

Um dieses Foto zu erklären, muss ich ein bisschen weiter ausholen. Ghana ist in und über Afrika hinaus für seine Box-Tradition bekannt. Unzählige Box-Champions kommen aus Ghana. Und Jamestown ist die Wiege des Boxens, von hier kommen alle bekannten Boxer: Ike Quartey, Azumah Nelson, Joshua Clottey, Richard Commey. Die meisten meiner Freunde in Jamestown sind Boxer, ich bin mit der Box-Tradition aufgewachsen. Boxen ist die meistverbreitete Aktivität von jungen Männern hier in Jamestown. Boxen ist deshalb auch eine Inspiration für meine Arbeit. Ich sehe die Boxhandschuhe als ein Symbol für Kampf, Streben und Überleben. So wie in anderen Orten junge Menschen Influencer oder Fußballer werden wollen, wollen die meisten Jungs hier Boxer werden, weil es eine Form des Überlebens ist. Viele Menschen in Jamestown sind weniger privilegiert als ich, sie können nicht lesen und schreiben. Boxen ist für viele auch ein Weg des wirtschaftlichen Aufstiegs, ein Ausweg aus der Armut. Wenn ich „bound to struggle“ sage, dann meine ich damit, dass es im Leben grundsätzlich um kämpfen geht. Wir müssen unser Bestes geben, morgens aufstehen, Nahrung und Wasser finden und nach etwas streben, um etwas zu erreichen. Nichts ist umsonst. Boxen ist für mich eine Metapher für diesen Überlebenskampf. 

“Wenn ich ‘bound to struggle’ sage, dann meine ich damit, dass es im Leben grundsätzlich um kämpfen geht. Wir müssen unser Bestes geben, morgens aufstehen, Nahrung und Wasser finden und nach etwas streben, um etwas zu erreichen. Boxen ist für mich eine Metapher für diesen Überlebenskampf.” Bild: Kwame Acheampong

Warum kommen so viele Profi-Boxer ausgerechnet aus Jamestown?

Ich glaube, das hängt mit dem Mut und der Furchtlosigkeit der Ga-Ethnie zusammen, die hier in Jamestown ansässig ist. Die Angehörigen der Ga-Ethnie sind sehr tapfere Menschen, und das Kämpfen gehört zu ihrer Tradition. Ich denke, das ist der Grund, warum so viele Weltklasse Boxer aus Jamestown kommen. 

Deine Fotografie ist sehr körperbetont. Auf fast allen Bildern sieht man starke, Schwarze Körper. Was bedeutet es für dich, Schwarz zu sein? 

Meine Fotos zelebrieren das Schwarzsein, sie sind ein Ausdruck von Stolz. Stolz auf unsere Geschichte, unsere Ethnie und Kultur. Ich feiere Schwarze Körper in meiner Arbeit so sehr, dass ich das Schwarzsein sogar übertreibe. Die Hautfarben, die man auf meinen Fotos sieht, sind nicht die eigentlichen Hautfarben der Models. Ich verdunkle die Farbe in der Nachbearbeitung noch mehr, um meinen übertriebenen Blick, meinen übertriebenen Stolz auf das Schwarzsein zum Ausdruck zu bringen. Mit meinen Fotos möchte ich sagen: Ich bin stolz auf Schwarze Geschichte, ich bin stolz auf meine Afrikanität. Das bedeutet für mich Black Excellence. 

Mehr von Kwames Arbeit findet ihr übrigens auch auf seinem Instagram Account.