“Das deutsche Wunderkind des Finanzmarktes” ist nur eine der vielen Titel für Markus Koch. Schon mit 16 fing er an im Finanzmarkt aktiv zu traden mit dem Ziel, Broker zu werden. Seit über 26 Jahren ist der deutsche Wirtschaftsjournalist mittlerweile in New York und berichtet von der amerikanischen Börse. Aber, dass Markus Koch kein Finanz-Nerd ist, merkt man sofort. Neugier, Humor und ein sympathisches Auftreten machen ihn zu einem der vielseitigsten Charaktere der Finanzwelt. Beim Finanzmarktforum der Deutschen Bank in Köln durften wir ihn kennenlernen und ihm die alles entscheidende Frage stellen: Geld oder Liebe?
Ich habe gelesen, dass du sehr gerne Jazz-Piano spielst. Bei Musik und Trading geht es ganz viel um Timing: Wie entwickelt man denn ein richtiges Zeitgefühl?
Als Jazz-Musiker ist für mich das Timing natürlich extrem wichtig. Aber noch viel wichtiger ist, die Bereitschaft zu improvisieren. Also nicht an einem eingeschlagenen Pfad festzuhalten, sondern, wenn die Note nicht ganz stimmt, sehr schnell neu zu reagieren. In meinem Job an der New Yorker Aktienbörse ist es genau das Gleiche. Man hat an der Börse nicht immer recht und dann muss man bereit sein, loszulassen, etwas Neues zu machen, zu improvisieren. Und da passen Jazz und Börse wunderbar zusammen.
Und gibt es noch mehr Analogien zwischen Musik und Finanzen?
Wenn du in einer Band spielst, musst du leiten können. Du musst aber auch zuhören können. Man muss auch mal die anderen in den Mittelpunkt stellen. Es ist ein Schlagabtausch, ein Verstehen untereinander und ein Miteinander. Und das ist an der Börse letztendlich genau das Gleiche.
Wenn man sich in deine Biographie einliest, erfährt man, dass du schon sehr früh damit angefangen hast, dich mit der Finanzwelt und mit Trading zu beschäftigen. Was hat dich in deinen jungen Jahren so daran fasziniert?
Die Finanzwelt war damals schon für mich wie ein fesselndes Theaterstück. Das hat für mich mit Drama zu tun, mit Erlebnissen. Man kann Chancen nutzen, Chancen, die neu entstehen: Robotics, Blockchain – wie geht man damit um? Und das hat sich nie geändert: Nach 26 Jahren auf dem Parkett der New Yorker Aktienbörse ist für mich das Thema heute genauso spannend wie damals, als ich 16 war.
Robotics und Blockchain sind auch zurzeit in aller Munde. Hast du das Gefühl, dass es Trends gibt, die in der Finanzwelt präsent sind, aber in der Öffentlichkeit weniger Beachtung finden?
Wenn sich eine neue Technologie entwickelt und neue Trends entstehen, dann sehen wir das natürlich oft zuerst auch an der Börse: Kryptowährung – das ist jetzt kein Thema für das Parkett der New Yorker Aktienbörse, aber entwickelt sich hier eine neue Anlageklasse? Was passiert da? Das ist eine Art Geburtsprozess, den wir hier sehen. Wir wissen noch nicht, wohin die Reise geht, aber wir wissen, dass wir dem Thema Beachtung schenken müssen. Und das sieht man natürlich an der Börse. Es geht ums Geldverdienen und jeder möchte dabei sein. Dementsprechend sieht man hier neue Trends oftmals zuerst.
Obwohl viele sich für Trends interessieren, ist es doch erstaunlich, dass viele junge, ausgebildete Menschen für die Finanzwelt zum Beispiel keine Neugier aufbringen. Woran, glaubst du, liegt das?
Dass sich so viele junge Menschen mit dem Thema nicht auseinandersetzen, liegt wahrscheinlich daran, dass es falsch transportiert wird. Geld interessiert alle Menschen. Geld ist auch ein hoch emotionales Thema. Geld und Liebe sind mit die emotionalsten Themen dieser Welt. Das hat viel mit Erlebnissen zu tun. Das hat auch viel mit Spannungen zu tun. Und ich glaube, dass wenn man das Thema Geld anders transportiert, als etwas Erlebbares transportiert, das uns alle betrifft – man betrachte Geld als Energie – dann kann Geld auch spannend sein. Ich glaube viele junge Menschen interessieren sich nicht für das Thema, weil es zu sehr nach Zahlen und Bilanzen, ja langweilig, klingt. Aber das ist ein hoch spannendes Thema. Geld wird immer ein hoch spannendes Thema sein.
Das finde ich interessant: Geld und Liebe. Was sind die Dinge, die du wirklich liebst?
Was mich am meisten interessiert ist natürlich meine Familie, mein Freundeskreis. Verdiene ich genug Geld, um meine Miete zu zahlen? Kann ich Geld ausgeben, um das zu tun, was ich machen möchte? Und erst viel später kommt für mich der Aspekt der Geldanlage hinzu. Ja, Geld ist wichtig, keine Frage, aber Geld ist nicht das A und O. Ich glaube, Geld kann man auch nicht erzwingen. Man muss seiner Leidenschaft nachgehen und wenn man seiner Leidenschaft nachgeht, dann kommt auch das Geld.
Bleiben wir kurz bei deiner Familie. Es gibt jetzt immer mehr Robo-Berater, die eine neue Rolle in der Finanzwelt einnehmen. Wenn es jetzt um größere Investitionen geht, wie der Hauskauf für die Familie oder andere Dinge, die lebensentscheidend sind: Wie geht man damit um? Will man wirklich eine Maschine für sich entscheiden lassen?
Maschinen haben in vielen Bereichen unseres Lebens Einzug gehalten. Wenn wir bei Google in die Suchmaschine gehen, sind Algorithmen am Werk. Wenn wir bei Amazon ein Buch kaufen, sind Algorithmen am Werk. Wenn ich bei Expedia eine Flugreise buche, sind Algorithmen am Werk. Und damit haben wir kein Problem. Wir genießen das ein Stück weit auch. Algorithmen ziehen ein und Maschinen – in vielerlei Hinsicht – sind in einem normalen Umfeld besser als Menschen. Menschen haben Emotionen. Menschen bekommen Angst: „Um Gottes Willen, jetzt kannst du doch nicht kaufen!“ Menschen werden auch gierig nach Euphorie-Phasen. Eine Maschine im Handel ist nicht gierig und hat schlichtweg keine Emotionen. Und in einem normalen Umfeld ist das genau das Richtige: Man muss langfristig denken, man muss seine Emotionen ausschalten und von daher haben Maschinen und Robo-Advisor durchaus Zukunft.
Und wie siehst du die Zukunft des Themas Geldanlage?
Das große Problem bei dem Thema Geldanlage ist, wie das Thema transportiert wird. Es fängt immer von oben nach unten an: „Hier ist die Geldanlage und das musst du tun!“ Der große Mann erklärt dem kleinen Mann, wie die Welt funktioniert. Und ich glaube, so darf man an das Thema Geldanlage nicht rangehen. Mich interessiert eigentlich viel mehr von unten nach oben: Wo berührt mich Geld? Wie verdiene ich mein Geld? Wie verliere ich es nicht? Welche Emotionen löst es in mir aus? Es geht an der Börse ja auch um Zukunft. Niemand kennt die Zukunft, aber ich kann mich selber kennenlernen. Wenn ich weiß, wer ich bin, wenn ich meine eigenen Ziele kenne, ist es ganz egal, ob der DAX morgen 100 Punkte steigt oder sinkt. Das Entscheidende ist: „Know yourself“. Lern dich selber kennen und dann fängt das Thema Geldanlage eigentlich richtig an: Vom richtigen Ausgangspunkt, von Dir nach oben und nicht von der Geldanlage nach unten.
Vielen Dank für das Gespräch!