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Bild: Christiaan Colen

Was sind Hybride Kriege und warum sollten wir sie verstehen?

Im Zeitalter von Digitalisierung und Globalisierung ändern sich auch Kriege – und werden zum Abbild einer globalisierten, digitalisierten Gesellschaft, die technologisch verwundbar ist. 

“Den Feind zu unterwerfen, ohne zu kämpfen, ist der Höhepunkt des Könnens”, schrieb der chinesische Militärführer, Philosoph und Stratege Sun Tzu in “Die Kunst des Krieges” bereits um ca. 500 vor Christus. Bis heute gehört sein Buch zur Pflichtlektüre der militärischen Strategie, besonders im asiatischen und ostasiatischen Raum. Auch wenn Putins Atombomben-Drohungen in diesen Tagen an Taktiken des Kalten Krieg erinnern mögen: Kalter Krieg war gestern. Hybrider Krieg ist heute.

“Den Feind zu unterwerfen, ohne zu kämpfen, ist der Höhepunkt des Könnens”, schrieb der chinesische Militärführer, Philosoph und Stratege Sun Tzu in “Die Kunst des Krieges”. Bild: 清宫殿藏画本. 北京: 故宫博物馆出版社. 1994.

Was sind hybride Kriegsformen?

Kleine grüne Männer, die in Russland als “höfliche Menschen” bezeichnet werden und 2014 aus dem Nichts auf der Krim auftauchten, Cyberattacken, Sabotage, Korruption, Auftragsmorde und gezielte Propaganda- und Desinformationskampagnen, die zum Beispiel versuchen, Wahlen zu beeinflussen, sind einige der typischen Charakteristika der sogenannten Hybridkriege. 

Hybridkriege sind eine Mischung aus diplomatischen, wirtschaftlichen, technologischen und kommunikativen Bedrohungen, die vor allem von Russland, China und nichtstaatlichen Akteuren wie paramilitärischen Organisationen oder Terrororganisationen praktiziert werden. Deren Ziel ist es, demokratische Institutionen zu schwächen.

“divide, demoralise, distract”

…lautete bis dato Putins Strategie gegen den Westen. So argumentiert zumindest Historiker und Russland-Experte Mark Galeotti in seinem Buch Russian Political War: Moving beyond the Hybrid. Und da kann Galeotti nicht ganz Unrecht haben, denn das Ziel des russischen Hybridkriegs ist die Destabilisierung des Westens und eine Machtdemonstration seitens Russlands mittels der drei D’s. Nur hört Putin bei den drei D’s nicht auf, wie der russische Einmarsch in die Ukraine deutlich macht. 

Putins Strategie bisher: divide, demoralise, distract. Bild: Valery Tenevoy

Was bedeuten hybride Kriege für moderne Kriegsführung?

Das Tückische an der hybriden Kriegsform ist, dass sie bisher völkerrechtlich nicht definiert wurde. Das bedeutet, dass hybride Kriege zum Teil in einem rechtsfreien Raum stattfinden und vom Völkerrecht nicht abgedeckt sind: Cyberattacken und Desinformationskampagnen sind Formen der Aggression, die ohne militärischen Konflikt auskommen und sich in einer rechtlichen Grauzone befinden. Das Verbot von Propaganda-Medien wie Russia Today und Sputnik in Europa ist ein Versuch sich vor Desinformation und hybriden Kriegen schützen, der aber in einer digitalen, globalisierten Welt absurd wirkt. Einige Experten ziehen deshalb die Grenze bei bewaffnetem Konflikt. 

Doch Putin hat diese Grenze in der Ukraine bereits überschritten, trotzdem ist sein Krieg von hybriden Taktiken gekennzeichnet. Experten wie CEPA-Präsidentin Alina Polykova argumentieren deshalb, dass das Konzept der hybriden Kriege sich heute grundsätzlich auf alle Kriege bezieht. “Die Idee ist, dass wir es nicht mehr mit konventionellen, direkten, militärische Konfrontationen zutun haben, sondern dass Krieg heutzutage Cyberattacken, Informationsoperationen und alle möglichen, nicht-kinetischen Bedrohungen beinhaltet”, so die Expertin. In der hybriden Kriegsform spiegelt sich somit der Status-Quo einer digitalisierten, multipolaren Welt, die bei Konfrontationen erst die Gedanken und dann den Körper angreift, um existierende gesellschaftliche Spaltungen weiter zu vergrößern und so Macht beansprucht. In Anbetracht dessen sollte jeder verstehen, was einen hybriden Krieg ausmacht – denn er könnte jeden von uns zur gezielten Manipulation ins Visier nehmen.