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Mode als idealistischer Ort – Interview mit Designer William Fan

Am 15. Januar findet in Berlin die Fashion Week statt. Im Sommer wie im Winter werden hier Entwürfe von deutschen und internationalen Mode-Design-Talenten gezeigt. Lieblings-Nachwuchs am Modehimmel ist seit mehreren Saisons William Fan mit seinem gleichnamigen Label.

William Fans Entwürfe erkennt man an den extravaganten, aber lässigen Schnitten und raffinierten Details. Bei Farben und Silhouetten erkennt man Inspirationen und Einflüsse aus dem chinesischen Kulturkreis – allerdings, ohne sich dabei auf eine vorhersehbare Standardformel festzulegen. Seit dem Launch seines Labels 2015, hat William Fan in jeder Saison sein Talent für Design bewiesen. Nicht zu Unrecht wird das Label hierzulande schon mit Old Céline verglichen und William von einigen Medien als “Hoffnungsträger der deutschen Mode” bezeichnet. Wir konnten uns vor der Fashion Week mit ihm über Mut und Kreativität in Zeiten von Social Media und Digitalisierung unterhalten.

William, du warst gerade viel in Asien unterwegs – welche Stopps fandest du besonders spannend und was hast du von deiner Reise mitgenommen?

Im Oktober bin ich in Hong Kong und in Canton gewesen. Beide Orte sind mein zweites Zuhause. Ich kenne mich gut aus und bewege mich sehr vertraut durch die vielen Straßen. Ich habe mein kleines Studio in Hong Kong und von hier aus wird meine Kollektion entwickelt und finalisiert. Der direkte und persönliche Austausch mit der Manufaktur und den Lieferanten ist mir dabei sehr wichtig.

Zusätzlich habe ich das erste Mal einen Halt in Tokio gemacht. Die Hochkultur dort zu erleben, hat mich sehr geprägt, da ich vorher keine andere so wie diese erfahren habe. Die eigene Anschauungsweise und das Verständnis für Design und Architektur haben mir dabei sehr wertvolle Eindrücke für meine Arbeit gegeben.

Foto: Alicia Kassebohm

Mittlerweile gibt es extrem viele Social Media Stars, die durch ihre modischen Looks bekannt geworden sind. Neben den oft makellos dargestellten Bloggern wird es andererseits aber auch immer normaler, die eigenen Makel anzuerkennen und das Anderssein zu feiern. Wie stehst du zu Instagram? Wie nutzt ihr mit deinem Label dieses Medium?

Ich schätze Instagram als Plattform, durch die man eine Vielzahl an Wahrnehmungen und Bildern aus der Welt sehen kann. Unser Unternehmen nutzt Instagram als Marketing-Plattform, um in Kontakt mit unseren Kunden zu sein und darüber hinaus Menschen zu unseren Veranstaltungen bzw. Shows einzuladen und über den Store zu informieren.
Meiner Meinung nach kann jeder seinen Feed so in Szene setzen, wie er es für richtig hält. Daher ist Instagram sehr vielschichtig und individuell aufgebaut. Unterschiedlichste Ästhetiken kommen hier zusammen und können nebeneinander existieren.

Was bedeutet es heute, mutig mit Mode zu sein?

Ich glaube, die Kür liegt darin, sich selbst gut zu kennen und sich so gut wie möglich treu zu bleiben. Als ich mein Label offiziell gegründete, wollte ich einen idealistischen Ort schaffen: Eine perfekte Balance zwischen unterschiedlichen Elementen. Ich empfinde Mut und Eigensinn als unverzichtbare Essenz für jeden Künstler. Ohne Mut bleibt man stehen und die Mode lebt vom Wandel und der Veränderung. Wir erzählen jede Saison ein neues Kapitel und möchten dabei überraschen. Immer die gleiche Geschichte zu erzählen, wäre für mich ermüdend.

Du bist in der kleinen Gemeinde Garbsen, Niedersachsen, aufgewachsen. Aus Berliner Perspektive kann es dort nicht allzu viel Fashion um dich herum gegeben haben. War jemand aus deiner Familie besonders modisch interessiert oder wie kamst du zu deiner Leidenschaft? Was ist deine früheste Fashion Erinnerung?

Mit Garbsen verbinde ich eine wunderbare Kindheit und Jugend. In Bezug auf Mode hatte ich, neben Shopping-Malls und der nächstgrößeren Stadt Hannover wenig Zugang vor Ort. So hat mich das Dorfleben sehr geprägt. Lediglich in Magazinen und im Fernsehen hatte ich Zugang zu Stil und Design. Durch die Einseitigkeit wuchs auch meine Sehnsucht und ungestillte Neugier nach Mode.
Meine Mutter war schon immer sehr an Mode und an Musik interessiert. Sie hat mir das Nähen beigebracht und das Fundament für mein Designhandwerk gelegt.

Ursprünglich kommt deine Familie ja aus Hong Kong. Inwiefern siehst du deine Designs mit deiner Herkunft verbunden?

Hong Kong ist wie mein zweites Zuhause. Mit 18 Jahren bin ich relativ spät zum ersten Mal dort gewesen. Seitdem ich die Stadt besucht habe, habe ich verstanden, dass es ein bedeutender Teil von mir ist und mich in kultureller Hinsicht ausmacht. Da ich vor Ort meine Kollektionen produziere und betreue, prägt die Umgebung meine Designs in ihren Schnitten, Farben und Details.

Foto: Alicia Kassebohm

Bei vielen Teilen aus deiner Kollektion könnte man meinen, sie seien Unisex. Inwiefern spielen Frauen- und Männerbilder für dich eine Rolle? Was macht für dich einen Menschen attraktiv??

Ich würde meine Entwürfe als geschlechtsneutral bezeichnen. Ich entwerfe Kleidungsstücke ohne an spezielle Geschlechterrollen zu denken. Ich konzentriere mich darauf, dass das Design beispielsweise in seinen Schnitten ausgeglichen ist. Wichtig ist mir, meinen Kunden maßgeschneiderte Mode anzubieten. Meine Designs beginnen bei den Größen XS und gehen bis XL, weswegen die Passform der einzelnen Person im Vordergrund steht.

Ebenso spiele ich mit den Seiten der Knopfleiste, egal ob ein Kleidungsstück von einem Mann oder einer Frau getragen wird. Das gilt auch für hohe Schuhe und Taschen. Mir ist es wichtig, dass es kein Schubladendenken gibt. Der Kunde soll unsere Kollektionen unbestimmt erleben und das für sich Richtige wählen können. Darum vereinen sich bei WILLIAM FAN „Herren- und Damenabteilungen”.

Meiner Meinung nach entsteht Anziehungskraft, wenn sich Humor mit Reife und Weisheit vereint.

Foto: Alicia Kassebohm

Letztendlich ist Mode auch Business. Wer sich von dir schon mal beraten lassen hat und auf einmal – und anders als geplant – den Laden mit einer vollen Tüte verlässt, weiß, dass du das Verkaufsgeschick im Blut hast. Konntest du schon immer gut Menschen lesen oder wie hast du es dir angeeignet, neben einem guten Designer auch noch so ein charmanter Verkäufer zu werden?

In der Tat konnte ich eine Person schon immer gut lesen und verfüge über Menschenkenntnis. Das hat mir immer dabei geholfen, mich in meinen Kunden hineinzuversetzen, um herauszufinden welche Sehnsüchte erfüllt werden müssen. Ich habe einen sehr trainierten Blick für unsere Kollektion und kann schnell sehen, was Menschen steht (selbst wenn sie am Anfang zweifeln). So kann ich den Kunden zielbewusst, die mit ihnen übereinstimmende Produkte, zeigen. Und genau das macht mir sehr viel Spaß. Ebenso helfe ich meinen Kunden in seiner Entscheidung und die Tatsache, sie dabei glücklich zu machen, motiviert mich, weiterzumachen.

Modisch gesehen können die Deutschen leider immer noch nicht den Mailändern oder Parisern das Wasser reichen. Welchen modischen Tipp kannst du uns Deutschen geben?

Aus Sicht meines Labels sind die Deutschen tatsächlich experimentierfreudig.Wir können aus unserer Erfahrung sagen, dass über 90% unserer Kunden aus Deutschland sind und diese wissbegierig nach Wegen suchen, ihren Stil neu zu erfinden und dabei Freude haben, mit Farben und ungewöhnlichen Materialien ihre Garderobe zu erweitern. Unsere Stammkunden haben zusätzlich ein sehr gutes Stilbewusstsein. In unserem Umkreis empfinde ich die Deutschen als sehr treue und loyale Kunden, aber auch als emotionale Käufer*innen, wenn sie etwas bei WILLIAM FAN entdecken und für sich gewinnen möchten.

Mehr Einblicke in die kreativen Arbeiten von William Fan findet man auf seiner Webseite.