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Foto: i yunmai.

Zunehmen in der Pandemie – Ein globales Begleitsymptom

Die Corona-Pandemie hat deutliche Konsequenzen für unsere mentale und körperliche Gesundheit geschaffen. Wir fühlen uns müde, verstimmt und obendrein beklagen sich viele Menschen über ungewohnte Pfunde. Wie geht es Deutschland und der Welt aktuell?

Man quetscht sich nur noch mühevoll in seine viel zu eng gewordenen Jeans, der Reißverschluss seines Lieblingsrocks klüftet Handbreit auseinander und auch die Shorts tut seiner Figur dieses Jahr mehr schlecht als recht. Viele werden es kennen, die schreckliche Einsicht über das eigene neue “Corona-Gewicht”. Auch das sich Beklagen nimmt zu, die Aggression im Alltag und die Lethargie zu Hause. Es wäre aber auch verwunderlich gewesen, wäre so eine extreme Lebensumstellung nach einem Jahr pausenlos an unseren Körpern und Psyche vorbeigegangen. Der täglichen Wege zur Schule, zur Uni oder zur Arbeit fallen weg, das Sozialleben verlagert sich über das Handy auf die Couch, die Fitnessstudios sind geschlossen und der einzige Trost ist häufig der verlässlich gefüllte Kühlschrank. Wenn man dann abends frustriert zu Hause sitzt, fragt man sich: Ist das nur ein Gefühl, oder geht es anderen auch so? 

Man hört es überall, das “Corona-Weight” ist eine reale Folge von zu viel zu Hause sitzen und zu weniger Bewegung. Foto: Artem Labunsky.

“Corona-Weight”: Deutschland hat zugenommen

Laut einer Studie des Robert Koch-Instituts wiegen die Menschen in Deutschland nach dem Lockdown deutlich mehr, als noch im Frühjahr zuvor. Die Ergebnisse kommen aus einer bundesweiten telefonischen Befragung der Bevölkerung ab 15 Jahren zwischen April 2019 und September 2020. Dabei sollten die rund 23.000 Teilnehmer auch ihre Größe und ihr Gewicht nennen. Das durchschnittliche Körpergewicht habe im Zeitraum April bis August 2019 bei 77,1 Kilo gelegen, im gleichen Zeitraum dieses Jahres bei 78,2 Kilo. Der mittlere BMI stieg laut Studie von 25,9 im April bis August 2019 auf 26,4 im Vergleichszeitraum 2020. Es ist also nicht nur ein Gefühl, dass wir zugenommen haben, das haben wir demnach wirklich. Das beruhigende daran: Man ist damit nicht alleine, es geht einem Großteil der deutschen Bevölkerung so!

Wegfallende Arbeitswege, wenige soziale Kontakte: Unser Bewegungsradius verkürzt sich um einige Meter um unsere eigene Couch herum. Das Ergebnis: Viel sitzen und wenig laufen. Foto: Nataliya Vaitkevich.

In den USA, die schon vorher mit krankhaftem Übergewicht in der Bevölkerung zu kämpfen hatte, verschlimmert sich das Problem dagegen dramatisch. Vor kurzem veröffentlichte die American Psychological Association ihre neuesten Ergebnisse zum Thema “Stress in America”, eine fortlaufende Momentaufnahme der Psyche und des Körpers der Amerikaner. 

Ganze 42% der erwachsenen Befragten haben im letzten Jahr an Gewicht zugenommen. Im Durchschnitt waren es 13kg und bei 10% der Befragten sogar mehr als 25kg. Sie geben an weniger zu schlafen und ein Viertel der Befragten trinkt dafür deutlich mehr Alkohol. Eltern haben dabei besonders mit den Konsequenzen zu kämpfen. 66% der Mütter beklagen sich über neue Gewichtsprobleme und 47% von ihnen zusätzlich über psychische Probleme, wofür 37% einen Therapeuten aufsuchen. Dabei spielte auch die ethnische Herkunft der Befragten eine Rolle. People of Color berichteten von mehr Schlaf- und Gewichtsproblemen und schwarze Amerikaner äußerten dabei die meisten Sorgen und Unbehagen über die Zukunft.

Wenig das Haus verlassen, führt zu einem schwachen Kreislauf und einer andauernden Lethargie. Eine globale Müdigkeit macht sich breit, die für unsere körperliche Gesundheit nicht von Vorteil ist. Foto: Maude Frédérique Lavoie.

Die Welt leidet, allen voran Italien

Um einen weltweiten Eindruck zu bekommen, wie sich die Corona-Krise auf die Psyche der Menschen auswirkt, hat die Uni Basel 10.000 Menschen online über ihre psychische Gesundheit sowie ihre allgemeine Situation während des Covid-19-bedingten Lockdowns befragt. In den USA berichteten die Teilnehmer im Vergleich zu anderen Nationalitäten am meisten über depressive Symptome.

 “Diese Umfrage offenbart eine sekundäre Krise, die wahrscheinlich anhaltende, schwerwiegende psychische und physische Gesundheitsfolgen für die kommenden Jahre haben wird”, sagt Arthur Evans, CEO der American Psychological Association.

Das Wohlbefinden in Italien war zudem am niedrigsten. Auch Menschen in der Türkei und Hongkong berichten über stark vermehrte Stressgefühle. Die Welt leidet und es hat etwas seltsam tröstliches zu wissen, das der Einzelne mit seinen psychischen Problemen und der Gewichtszunahme nicht alleine ist. 

Diese körperlichen und psychischen Probleme sind die Konsequenz einer Krise, welche die Menschen unvorbereitet traf und ihnen regelrecht aufzwang, mit ihr umzugehen. Es fordert daher Flexibilität und Umdenkungsvermögen, die fehlende Bewegung auszugleichen und sein soziales Leben anzupassen. Mehr Bewegung in den Alltag zu integrieren hilft nicht nur dabei, die natürliche Endorphinproduktion zu fördern und die Stimmung zu erhellen, es verhindert auch das anhäufen weiterer Kilos. Eine neue Bewältigungsstrategie muss also her, die uns aktiv dazu veranlasst auf ausreichende tägliche Bewegung zu achten, ohne dabei auf die tröstende Pasta verzichten zu müssen.