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Bereits im 19. Jahrhunderte bewahrte man tätowierte Haut für die Nachwelt auf. Foto: Wellcome Library, London. CC BY 4.0

Eingerahmte Haut: Dieses Unternehmen konserviert Tattoos von Verstorbenen für die Ewigkeit

Anders als ein Kunstwerk auf der Leinwand stirbt ein Tattoo mit seinem Träger. Das amerikanische Unternehmen „Save My Ink Forever“ konserviert Tattoos von Verstorbenen für die Nachwelt und verewigt sie auf Leinwänden. Geben postmortem Tattoo-Präservierungen Tätowierer:innen und Verstorbenen ein Nachleben?

Tätowierungen sind Kunstobjekte, die menschliches Kulturgut auf der Haut verewigen. Etwa jede:r fünfte in Deutschland oder den USA ist tätowiert. Doch wenn tätowierte Menschen sterben, nehmen sie normalerweise auch die Kunstwerke auf ihrer Haut für immer mit ins Grab.

Das amerikanische Unternehmen Save My Ink Forever bietet Familienmitgliedern von verstorbenen Verwandten eine etwas andere Art, zu gedenken: Für ein paar tausend Dollar können Angehörige die tätowierte Haut der verstorbenen Person erhalten und für immer konservieren.

In dem Präservierungsprozess, der etwa drei Monate dauert, wird die chemische Struktur der Haut für immer so verändert, dass sie nicht mehr zerfällt. Das einzigartige Sammlerstück wird den Verwandten anschließend als eingerahmtes Tattoo persönlich übergeben.

In dem Präservierungsprozess, der etwa drei Monate dauert, wird die chemische Struktur der Haut für immer so verändert, dass sie nicht mehr zerfällt. Das einzigartige Sammlerstück wird den Verwandten anschließend als eingerahmtes Tattoo persönlich übergeben. Bild: Save My Ink Forever

Tote Haut, lebendige Kunst?

„Für Menschen, die diese Dienstleistung in Anspruch nehmen, ist das quasi wie eine Beerdigungszeremonie. Es bedeutet für sie mehr, als ein Gottesdienst“, sagt Kyle Sherword von Save My Ink Forever im Interview mit Vice

Save My Ink Forever arbeitet mit privaten Bestattungsunternehmen in 21 US-Bundesstaaten zusammen und hat bereits nach Kanada und Großbritannien expandiert. Einige Rechtsexpert:innen sehen die Dienstleistung jedoch skeptisch, denn sie befindet sich in einer rechtlichen Grauzone.

Es gibt zwar keine Bundes- oder Landesgesetze in den USA, die es Bestattungsunternehmen ausdrücklich erlauben oder verbieten, ein Stück Haut von einer Person abzuschneiden und es an ein Unternehmen zu schicken, um es zu konservieren. Doch grundsätzlich verbietet das Gesetz die Leichenschändung – auch in Deutschland. 

Kyle Sherword von Save My Ink Forever ist zuversichtlich, dass die Präservierung von Tattoos in Zukunft Tätowierer:innen ein fortbestehendes künstlerisches Erbe ermöglichen würde. Bild: Save My Ink Forever

Tattoos als künstlerischer Nachlass 

Kyle Sherword von Save My Ink Forever ist zuversichtlich, dass die Präservierung von Tattoos in Zukunft Tätowierer:innen ein fortbestehendes künstlerisches Erbe ermöglichen würde. Wie bei einem Kunstobjekt im Museum wären Tattoos dann in Zukunft Zeugnis des menschlichen Kulturerbes. Im pathologischen Museum der Universität Tokio stellte der japanische Pathologe Dr. Masaichi Fukushi bereits 2020 105 tätowierte Hautstücke von verstorbenen Spender:innen als Kunstwerke aus

„Leute nehmen Asche und machen daraus Diamanten. Im viktorianischen Zeitalter haben sie Haare abgeschnitten und daraus Ketten gemacht. Das ist nichts Anderes“, so Sherword. Ob sich aus der Dienstleistung eine populäre Praxis entwickelt, die künstlerisches Erbe mit Formen des Gedenkens verbindet, ist jedoch aufgrund der aktuellen Gesetzeslage fraglich – bisher ist es allemal ein kostspieliger Nischentrend in einer rechtlichen Grauzone.