Die Tourismusbranche boomt. Flüge werden immer billiger, die Reiseziele immer exotischer. Das hat ethische und sozial-ökologische Konsequenzen für Mensch und Natur.
Foto: Tainá Guedes
Der Tourismus ist die bedeutendste Branche in Nepal, eine wichtige Einnahmequelle für die meisten Bewohner Kathmandus. Doch er gerät zunehmend außer Kontrolle. Der Himalaya und das reiche kulturelle Erbe des Landes ziehen laufend mehr Touristen an. In den letzten 50 Jahren stieg die Zahl von wenigen Tausenden auf eine halbe Million.
Kathmandu ist das Beispiel schlechthin für diese Entwicklung. Die Stadt lockt mit Luxushotels auch viele wohlhabende Gäste an. Das schlägt sich auch in den Zahlen nieder: Die Wirtschaftsleistung der Metropolregion allein beträgt mehr als ein Drittel des nationalen BIP (rund 6,5 Milliarden Dollar). Und das Pro-Kopf-Einkommen von rund 2.200 Dollar ist dreimal so hoch wie der nationale Durchschnitt.
Doch der Wohlstand verteilt sich ungleich. Trotz guter wirtschaftlicher Lage bleiben die meisten Menschen bitterarm. Wegen einer fehlenden Abfallentsorgung türmen sich Müllberge auf den Wegen und Wasserstraßen. Hinzu kommt die Luftverschmutzung: 2013 war sie fünfmal höher als der von der Weltgesundheitsorganisation bestimmte Grenzwert zulässt.
Damit hatte ich im Vorfeld meiner Anreise nicht gerechnet. Zwar hatte ich von der hohen Plastikverschmutzung im Land gehört. Das wahre Ausmaß ist aber noch viel schockierender. Kathmandu gilt inzwischen als die am schlimmsten verschmutzte Stadt der Welt.
Foto: Tainá Guedes
Tourismus ist Teil dieser bitteren Realität. Touristen reisen, um ihrem Alltag zu entfliehen, sich zu erholen und zu vergnügen. Meist ist ihnen nicht bewusst, was sie mit ihrem Eskapismus anrichten. Einige machen mit 50.000 Dollar den Mount Everest zum Adventure: Hubschrauber, Guides und Personal zum Mitführen von Gepäck inklusive.
Das ließ mich den Tourismus an sich in Frage stellen. Viele Menschen leiden Hunger, können sich keine Kleidung leisten, keine Schuhe. Wie können wir zu Orten mit so viel Armut und Elend reisen und dort Geschenke kaufen, Spaß haben, Essen und Kultur konsumieren, die schöne Landschaft genießen – ohne etwas zurückzugeben? Für die Natur und die Menschen, die Teil dieses Ortes sind?
Foto: Tainá Guedes
Wir müssen den Tourismus dringend neu erfinden. Wir können es uns nicht mehr leisten, an einen Ort zu reisen und zu denken, dass das Geld, das wir dort hinterlassen, genug ist. Der moderne Tourist muss dazu beitragen, den Ort, an den er reist, zu verbessern. Einfach, damit dieser Ort weiterhin erhalten bleibt. Es liegt also auch in seinem Interesse.
Verantwortungsbewusster Tourismus sollte nachhaltig, umweltverträglich, sozial gerecht und von lokalem wirtschaftlichen Nutzen sein. Wir müssen mit offenem Geist und Herzen reisen. Nicht die Unterschiede, sondern die Gemeinsamkeiten zeichnen Menschsein aus. Mein persönlicher Leitfaden besteht aus folgenden Punkten.
In diesem Leitfaden wird ein neues Ideal eines modernen Touristen gezeichnet. Dieses Ideal kann man nicht immer umsetzen. Doch allein, wen wir uns die Implikationen des Tourismus bewusst machen, können wir auch verantwortlicher handeln. Lasst uns, Schritt für Schritt, zu verantwortungsvollen Touristen werden. Touristen, über die sich Einheimische freuen können.
Auf Reisen den Sinn des Lebens zu ergründen? Das ist nicht neumodisch oder hip, das war schon immer so. Warum nur? Reisen als Sinnsuche gibt Antworten.