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Party-Schuldenfalle – Geburtstag, Abiball und Hochzeiten werden immer teurer

Abiball für 30.000 €, Geburtstagsparty für 10.000 €, Hochzeiten für 50.000 €. Festlichkeiten sind in Krisenzeiten teurer denn je. Solche Summen können so manch einen in die Schuldenfalle treiben. Doch gerade weniger privilegierte Familien könnten von einer Investition in die Zukunft mehr profitieren, als von einer teuren Geburtstagsparty.

Sechs Monatsgehälter für einmal Prinzessin sein – so viel gibt Natalies Mutter Daniela für die Abiturfeier ihrer Tochter aus. Dafür nimmt sie einen Kredit auf, denn das Monatsgehalt der bulgarischen Buchhalterin von 500 € reicht nicht ansatzweise aus, um die Kosten der Feier zu decken. Stolze 3000 € gibt Mutter Daniela für Kleid, Feier, Restaurant, Make-Up, Maniküre, Friseur und weitere Kleinigkeiten aus. Für Natalie ist es ein ganz besonderer Tag; sie möchte sich fühlen, wie eine Hollywood-Prinzessin.

Mehr als die Hälfte der bulgarischen Bevölkerung kann derzeit ihre Ausgaben nicht decken, wie ARD berichtet. Trotzdem ist der Traum, einen Tag lang Prinzessin zu sein, keine bulgarische Einzelerscheinung, sondern ein weltweites Phänomen: Ob Abiball, Geburtstag, Hochzeit, oder der in Lateinamerika groß gefeierte 15. Geburtstag – überall auf der Welt verschulden sich Familien und Einzelpersonen für den eintägigen Disney-Traum. 

Sich einen Tag lang wie eine Disney Prinzessin fühlen – davon träumen viele junge Mädchen. Diese Mexikanerin hat sich diesen Traum zu ihrem 15. Geburtstag erfüllt. iBild: Isaacvp/Wikimedia Commons, Attribution-Share Alike 4.0 International

Ein Statussymbol, das in Zeiten von Pandemie, Krieg und Inflation so manche Existenz gefährden kann. In Deutschland verschuldeten sich in den letzten zwei Jahren 8% der Bevölkerung, um für die Kosten von Festen wie Abibällen, Hochzeiten oder Geburtstagen aufzukommen. In den USA nehmen etwa 13% einen Kredit für Feste auf. 

Der 15. Geburtstag in Lateinamerika 

Knappes Geld und steigende Preise sorgen nicht nur in Bulgarien für überteuerte Festlichkeiten und Verschuldungen. Ein Blick nach Lateinamerika zeigt: Hier sind die sogenannten quinceañeras bzw. festas de quinze anos eine alte Tradition, die ihren Ursprung in indigenen Bräuchen hat. Durch die Vermischung mit dem Christentum hat sich dieser Brauch zu einem sozialen Event weiterentwickelt, bei dem Familien ihre Töchter der Gesellschaft präsentieren und ankündigen, dass sie im heiratsfähigen Alter sind.

Vor der Pandemie hätte eine solche Geburtstagsparty in Brasilien Schätzungen zufolge zwischen R$ 15.000 und R$ 90.000 gekostet – das entspricht heute etwa 2.700 € bis 16.000 €. Diese ohnehin schon hohen Kosten sind seit der Pandemie um mindestens 30% gestiegen. In lateinamerikanischen Communities in den USA kann eine quinceañera schnell mal 10.000$ kosten, also fast ein Viertel des Jahreseinkommens von 42.000 $ einer durchschnittlichen Latino-Familie in den USA.

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Abibälle werden immer teurer

Auch in Deutschland kann ein Abiball schnell etwas teuerer werden: Der Abiturjahrgang 2019 des Berliner Schiller Gymnasiums feierte mit rotem Teppich, Buffet, DJ, Sicherheitspersonal und Fotografen im Schloss Charlottenburg für insgesamt rund 30.000 €. Die Eintrittskarte, die 65 € kostete, ist mehr als doppelt so teuer, als die 30 €, die ich 2013 für meinen Abiball gezahlt habe.

Doch es gibt noch Luft nach oben: Die Eltern der Abiturient:innen eines Münsteraner Gymnasiums zahlten pro Kopf 160 € für den Eintritt zum Abiball – bei vier Familienmitgliedern, Kleidern, Make-Up, etc., kommt da schnell eine größere Summe zusammen. Dass sich das nicht jede:r leisten kann, ist auch der Politik bewusst. Die sieht jedoch keinen Grund, einzugreifen: 2018 entschied ein Düsseldorfer Gericht, dass das Jobcenter Hartz-IV-Empfänger:innen bei Abiball Kosten nicht unter die Arme greifen muss. 

Hochzeiten – Die teure Amerikanisierung

Neben Abibällen sind Hochzeiten ein weiteres soziales Highlight – und auch die werden immer teurer. In Deutschland gibt jedes vierte Paar zwischen 10.000 € und 15.000 € aus – das ergab eine Studie des Portals Kartenmacherei. In den USA gaben Paare 2021 durchschnittlich sogar 28.000 € für ihre Hochzeit aus, während es 2019 noch 19.000 € waren. Dass solche Feste weltweit zunehmend zu kostspieligen Großveranstaltungen geworden sind, bei denen der ein oder andere sich auch mal verschuldet, hat auch mit der zunehmenden Amerikanisierung der Festekultur zutun. 

Ob MTV Reality Shows wie Quiero Mis Quinces oder das Pendant My Sweet Sixteen – durch die Popkultur der USA sind Feste zu einem Statussymbol geworden, durch das man zeigt, was man hat. Wer es sich leisten kann, kann zum 15. Geburtstag gleich ganz Disneyland für 20.000 $ aufwärts buchen – die ultimative Quinceañera Experience,

Die Wendung des 15. Geburtstages von einem traditionellen Brauch, der Mädchen ins Erwachsenenalter willkommen heißen soll, zu einem glamourösen Hollywood Event setzt vor allem weniger privilegierte Familien unter Druck. Denn oft wollen diese den Brauch weiterhin ehren, können sich eine Verschuldung aber nicht leisten. Gerade solche Familien würden von der Investition in Bildung und Zukunft mehr profitieren, als von einer einmaligen, glamourösen Party, bei der die heranwachsende Tochter der Gesellschaft und den Männern präsentiert wird. 

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Ähnlich wie die quinceañeras beruhen auch Hochzeiten heute noch weitestgehend auf einer romantisierten, christlichen Vorstellung von Partnerschaft und Monogamie als Lebensziele einer Frau – Vorstellungen, die heute nicht mehr viel mit der Realität zutun haben. Ob Geburtstagsparty oder Hochzeit – an dieser Stelle wären die abertausenden Euros sicherlich anders besser investiert.

Investition in Bildung ist auch das Thema unseres Kompendiums Bildung als Wertanlage.