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Crashkurs: Anlegen in Zeiten der Stagflation

In der Ukraine ist Krieg, die Coronapandemie ist immer noch weit entfernt von ihrem Ende und ein neues Schreckensgespenst zeigt sich am Horizont: Die Stagflation. Wie verhält man sich als AnlegerIn in turbulenten Zeiten wie diesen? Bei dem vierten Insta-Live-Talk der Deutschen Bank und Orange by Handelsblatt haben euch ExpertInnen die wichtigsten Fragen beantwortet.

So überraschend es für Außenstehende auch klingen mag, nach dem plötzlichen Ausbruch des Kriegs in der Ukraine und einem kurzzeitigen Einbruch, haben sich die Börsen weltweit langsam wieder stabilisiert – da sind sich die internationalen ExpertInnen, die zu Gast beim vierten Insta-Live-Talk waren, einig.

Trotzdem bestimmt derzeit die sogenannte Stagflation den Markt. Das bedeutet, dass die Inflation höher ist als das aktuelle Wirtschaftswachstum. Die Ursachen für diese Entwicklungen sind sogenannte Angebotsschocks. Also unvorhergesehene Ereignisse, die die Marktteilnehmer schockiert und die Wirtschaft negativ beeinflussen. Zurzeit sind sowohl der Krieg in der Ukraine, der die Energiepreise in die Höhe treibt, als auch die immer noch anhaltenden Lieferengpässe, die durch die Coronapandemie entstanden sind, Ursachen für die derzeitige Stagflation.

Diese Entwicklungen müssen nicht zwangsläufig negative Auswirkungen auf die Börse haben, aber man muss im Vergleich zu Zeiten des konstanten und stabilen Wirtschaftswachstums umso genauer schauen, wie und worein man investiert, um die eigenen Rücklagen und die private Altersvorsorge zu schützen. Zudem sollte eine gute Portfoliostrategie umso mehr an die persönlichen Verhältnisse angepasst sein, da die wirtschaftlichen Entwicklungen nicht so gut vorhersehbar sind. Als konkrete Hilfestellung haben wir die Tipps der ExpertInnen hier für euch zusammengefasst. Am Ende des Artikels findet ihr auch den gesamten Insta-Live-Talk, um euch selbst ein Bild zu machen.

NYSE-Connoisseur und Finanzjournalist Markus Koch

Markus Koch ist seit 30 Jahren Börsenkorrespondent an der New Yorker Börse und kennt die größte Börse der Welt wie seine innere Manteltasche. Seiner Meinung nach ist eine gut angepasste Portfoliostrategie besonders wichtig in Krisenzeiten, da man die besser kontrollieren kann als äußere Umstände. “Als Börsianer muss man sich auf das besinnen, was man kontrollieren kann”, so der Börsenexperte. Aber wie kommt es eigentlich, dass die Börsen so schnell einbrechen und sich dann auch zügig wieder erholen?

“Es ist an der Börse alles eine Frage der Erwartungen. In Momenten der Panik und der Angst sitzen die Emotionen am Steuer. Was bedeuten gestiegene Ölpreise oder ein Mangel an Rohstoffen? Welche Konsequenzen hat die Situation in der Ukraine für das Wachstum in Europa? Die Börse ist ein Mechanismus, der Wahrscheinlichkeiten berechnet und die Risiken einschätzt. Nach einer Zeit [nach dem Einbruch] gewinnt sie emotionalen Abstand und preist die wirtschaftlichen Konsequenzen ein.” Und laut Koch seien diese nicht so schlimm, wie anfangs vermutet.

Das sind Kochs Tipps:

  • Wer ein gewisses finanzielles Polster hat, kann Einbrüche nutzen, um aufzustocken.
  • Langfristig anlegen bedeutet, mindestens zehn Jahre das Geld für sich arbeiten lassen.
  • Wer jünger ist, kann größere Risiken eingehen, da das Portfolio mehr Zeit hat, sich wieder zu erholen.
  • Nicht die (unkontrollierbaren) externen Faktoren sind wichtig, sondern das, was man aus ihnen macht. Wie reagiert die eigene Psyche auf Kursschwankungen? Kann man damit gut zurechtkommen? Diese Faktoren sollten die Anlagestrategie mitbestimmen.
  • ETFs sind zwar breit gestreut und günstiger als Investmentfonds und funktionieren gut, wenn der Markt steigt. In unsicheren Zeiten ist es aber sinnvoller, in eine Mischung aus ETFs und Investmentsfonds zu investieren, um das Portfolio vor Schwankungen zu schützen.
  • Der Rohstoff- und Energiesektor bleiben nach wie vor relevant.

Stefan Große Enking, Senior Berater bei der Deutschen Bank

Steffen Große Enking, dessen Expertise die Investment Beratung ist, kann die Ängste junger AnlegerInnen besonders gut nachvollziehen. Diese sorgen sich um Zinsanhebungen, Inflation, Kursschwankungen und Unsicherheiten am Kapitalmarkt, sowie um politische Turbulenzen wie aktuell in der Ukraine. Angesichts dieser Unsicherheiten argumentiert Große Enking, das Thema Aktien sei unerlässlich – vor allem für junge AnlegerInnen. “Natürlich gibt es in einer guten Portfoliostruktur auch andere Anlageklassen, die berücksichtigt werden müssen. Aber das Thema Aktien bleibt alternativlos”, so Große Enking.

Das sind Große Enkings Tipps:

  • Wer Schwankungen im Depot vorbeugen will, kann verschiedene Strategien anwenden: über Zertifikatsstrukturen eine Barriere im Portfolio schaffen, ratierlich investieren oder langfristig mit einem Sparplan.
  • Neben Aktien kann man Anlageklassen wie Immobilien, Rohstoffe oder Anleihen hinzuziehen.
  • Welche Strategie für einen persönlich die richtige ist, sollte man für sich entscheiden oder im Beratungsgespräch erörtern, denn jeder bewertet Risiko und Sicherheit unterschiedlich.
  • Wie schnell Märkte sich erholen, kann man nicht aus der Vergangenheit schließen, denn jede Krise ist anders: Manche sind fundamental wirtschaftlicher Natur, wie zum Beispiel die Coronakrise, andere sind politisch, wie der Ukraine-Krieg. Sobald die Faktenlage klarer wird, erholen sich die Märkte, denn sie reagieren auf Unsicherheiten und das betrifft nicht immer alle Aktien.

IsiFinance Co-Gründerin Isabell Baruth

Die 23-jährige Gründerin und Finanzcoach Isabell Baruth hat dieses Jahr ganze 20% Rendite an der Börse erzielt. Wie den anderen ExpertInnen, ist auch ihr ein breites Portfolio, das alle Anlageklassen abdeckt, besonders wichtig. Den größten Teil ihres Gesamtportfolios machen Immobilien und Kryptowährungen aus. In ihrem aktiv gemanagten Depot sind vordergründig Rohstoffe, Rohstoff ETFs, Metalle, Edelmetalle und der Agrarsektor vertreten. Baruth, die sich mit Finanzen bestens auskennt, rechnete schon 2021 mit einer steigenden Inflationsrate: “Ich habe deshalb 2022 eher positiv für Rohstoffe und negativ für Technologieaktien und Wachstumsaktien gesehen. Also habe ich mein Portfolio dahingehend angepasst”, so Baruth. “Rohstoffe laufen während einer Inflation meistens besser. Deshalb setze ich auch auf Goldminen und Silber Aktien. Silber wird zum Beispiel auch bei der Digitalisierung benötigt. Ich versuche, langfristige Trends zu erkennen und schaue mir erst die Makro-Lage an, bevor ich mir die einzelnen Aktien oder ETFs anschaue”, sagt Baruth.

Das sind Baruths Tipps:

  • Ein breites Portfolio zusammenstellen, das alle Anlageklassen abdeckt: Aktien, ETFs, Gold, Rohstoffe, Immobilien und Kryptowährungen.
  • Wer Nachhaltigkeit mit Rendite verbinden will, sollte versuchen, sich vor „G“ zu schützen und Sektoren zu erkennen, bei dem der Nachhaltigkeitstrend Rendite einbringt.
  • Cybersecurity könnte ein Markt sein, der in der Zukunft spannend wird: Im Ukraine-Krieg konnte man beobachten, wie die Zahl an Cyberangriffen weiterhin zugenommen hat und der Markt gewachsen ist.

Noch mehr Fragen? Der nächste Moneytalk von Deutsche Bank und Orange by Handelsblatt findet am 1. Juni statt. Stay tuned.