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Foto: Santosh Verma.

Ein Fitness Studio für unsere Emotionen

Psychische Erkrankungen sind kein Tabu mehr, von einem offenen Umgang mit diesem Thema sind wir dennoch weit entfernt. Das soll sich jetzt ändern, finden die Anbieter von Apps die unsere Emotionale Gesundheit stärken wollen. 

Um körperlich fit und gesund zu bleiben, gehen knapp 4.4 Millionen Deutsche mehrmals wöchentlich ins Fitness Studio, zumindest vor der Pandemie. Doch auch in dieser Zeit lässt der Wille nach körperlicher Betätigung und Fitness nicht nach. Das Workout verlagert sich mit Hilfe des Internets ins eigene Wohnzimmer und der gute alte Waldspaziergang liegt voll im Trend. 

Nur unsere mentale Gesundheit scheinen wir weiterhin schleifen zu lassen. Dabei sind psychische Erkrankungen in Deutschland eine Volkskrankheit. Jedes Jahr sind rund 28% der Bevölkerung betroffen. Am häufigsten treten dabei Angststörungen, Depressionen und der Missbrauch von Alkohol und Medikamenten auf. Laut ersten Studien soll sich die Situation während der Pandemie nicht gerade verbessert haben. Daher hat 2020 die Bundesregierung die Initiative “Offensive Psychische Gesundheit” ins Leben gerufen. Es geht um Aufklärungsarbeit in Rahmen derer landesweit Veranstaltungen und Kampagnen stattfinden, die mehr Akzeptanz für psychische Erkrankungen schaffen sollen. 

Psychische Erkrankungen in Deutschland sind eine Volkskrankheit. Jedes Jahr sind rund 28% der Bevölkerung betroffen. Foto: Darius Bashar.

Emotionale Fitness ist der neue Trend im App-Universum

Wenn wir von mentaler Gesundheit sprechen, geht es nicht nur um klinisch nachgewiesene psychische Erkrankungen. Im Umkehrschluss geht es vor allem um einen Teil der immer mehr an Bedeutung gewinnt — unsere emotionale Fitness. Emotionale Fitness bedeutet: Wir sind in der Lage den inneren und äußeren Stressverkehr zu erkennen, unsere Emotionen wahrzunehmen und haben Tools und Techniken diese positiv zu unterstützen. 

Es geht also darum mit Zuversicht an unsere eigenen Fähigkeiten zu glauben und dementsprechend zu handeln. Deutlich wird die Bedeutung dieses Trends besonders im App Universum. In England wurde 2019 die “emotional fitness app” Fika gelauncht. Diese richtet sich hauptsächlich an Studenten und Unternehmen. Die App bietet fünfminütige „emotionale Übungen“, die auf Basis von kognitiver Verhaltenstherapie, Sportpsychologie, Akzeptanz- und Bindungstherapie und Achtsamkeitslehre entwickelt wurden.

Nick Bennett ist CEO und der Gründer von Fika. Foto: Nick Bennett.

Laut Fika gibt es sieben Fähigkeiten der emotionalen Intelligenz auf denen die verschiedenen Kurse beruhen: Vertrauen, Positivität, Bindung mit anderen, Motivation, Fokus, Stressmanagement und Sinnhaftigkeit. Mittlerweile arbeitet Fika mit allen Universitäten Großbritanniens zusammen, so dass jeder Student in UK Zugriff auf die App hat. Das Unternehmen sieht sich als Vorreiter emotionale Fitness Teil des Britischen Lehrplanes werden zu lassen. Und das über die Universitäten hinaus. Nick Bennett CEO und Gründer von Fika beschreibt sein Ziel so: 

“Geistige Fitness wird wichtiger als körperliche Fitness. In Zukunft werden Arbeitgeber aus allen Ländern auf eine Bevölkerung angewiesen sein, die es gelernt hat ihre eigenen mentale Fitness aufrecht zu erhalten. Fika ist stolz darauf eine führende Rollen in diesem Markt einzunehmen und Bildungs-, Unternehmens- und Gesundheitseinrichtungen dabei zu unterstützen diesen wichtigen kulturellen Wandel in die Welt zu bringen. Wir sehen Vertrauen als das neue Sixpack!”

Das deutsche Pendant zu Fika ist Mindance. Ebenfalls eine App die es sich zur Aufgabe gemacht hat “mentale Gesundheit” neu zu definieren. Die Vision von Mindance ist eine Welt in der mentale Gesundheit den gleichen Stellenwert wie die körperliche Gesundheit und in der arbeitsbedingte psychische Erkrankungen der Vergangenheit angehören. Dafür bietet Mindance über die App Mitarbeitern von Unternehmen mit denen sie arbeiten Zugang zu Workshops, Trainingsprogrammen und Intensivkursen.

So sieht das Menü von Mindance aus. Es schlägt verschiedene psychische Baustellen vor und wie man am besten an ihnen arbeiten kann. Foto: Franziska Müller-Degenhardt.

Es gibt Entspannungskurse und Meditationen, aber auch Webinare mit Mindance Coaches für mehr Interaktion und besseres Lernen in der Gruppe. Entwickelt von Experten und im Rahmen einer Studie, die gemeinsam mit der AOK durchgeführt wurde, getestet und als wirksam befunden. Als Privatperson kann man zum Beispiel über die Krankenkasse den zertifizierten SPMR Kurs (Stressbewältigung durch Progressive Muskelentspannung) über Mindance machen. 

Ein digitales Fitness Studio für einen besseren Umgang mit unseren Emotionen also, ist das der Weg in die Zukunft?!

Natürlich sind Fika und Mindance nicht die einzigen digitalen Dienstleistungen in diesem Bereich. Mittlerweile können wir uns online mit einem Therapeuten connecten lassen, bekommen SMS Antworten auf dringende psychologische Fragen, wir können mit Hilfe von Apps meditieren und unsere Schlafstörungen in den Griff bekommen, unsere Emotionen tracken, besser verstehen oder überhaupt erst kennenlernen. 

Sind diese Apps die einzige Lösung, um unsere emotionale Fitness besser in den Griff zu bekommen? Sicher nicht, sie machen uns das Leben ein Stück weit einfacher doch wie bei allem müssen wir am Ende die Balance finden. Denn wie alle diese Apps auch selber sagen “Verbindung zu und mit anderen” ist ein Key-Faktor für unsere mentale Gesundheit; und diese finden wir sicher nicht nur in einer App.