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Die Zukunft des Entertainments. © Drew Graham on Unsplash

Pixel & Bits: Video-Entertainment und das Kino der Zukunft

Technologie umgibt unser Leben wie eine zweite Haut. Doch was passiert, wenn wir völlig in ihr aufgehen? Wenn wir hinter dem Screen eintauchen und sich digitale Erweiterungen nahtlos in unsere Realität einbetten?

Vom entlegensten Ort der Welt eine Insta-Story posten, Konzerte lieber virtuell als live erleben und während des Spaziergangs ein paar Pokémon einfangen. Leben wir bald in einer Welt aus Dauer-Entertainment, Hologrammen und künstlicher Intelligenz?

Unser Video-Konsum in den Sozialen Medien und auf Streaming-Plattformen erhöht sich tagtäglich. Virtual und Augmented Realities sind die heißesten Trends der Technikwelt, denn sie bieten viele positive Fortschritte: Kreative und Ingenieure können ihre Arbeit visualisieren und mit Kollegen ihre Ideen teilen. Wir können „verreisen“, ohne den Raum zu verlassen. Schon heute sprechen Redner auf Konferenzen, ohne dorthin zu fliegen, aber dank VR-Brillen haben die Zuschauer trotzdem das Gefühl der Vortragende sitzt auf der Bühne.

Vor allem in Medien und Unterhaltung sind Augmented und Virtual Realities die aufregendsten Entwicklungen. Die Technologien bieten völlig neue Möglichkeiten für die Erstellung von Inhalten. Da sich die Bandbreite ständig verbessert, können Medienunternehmen schon bald immersive Inhalte für mobile Headsets bereitstellen und so immer persönlichere Erlebnisse für die User schaffen. VR-Brillen sind dabei, ein gängiger Bestandteil des Internet of things zu werden. Und es wird wohl nicht mehr lange dauern, bis sie nahtlos mit anderen Bildschirmen und Geräten des Alltags interagieren.

Künstler, Schriftsteller und Filmemacher waren oft schon in der Lage, kühne Werke zu schaffen, die ihrer Zeit lange voraus waren. Von Orwells dystopischer Zukunftsvision, über Cyberpunk-Romane wie Simulacron-3 (1964) bis zu Filmen wie Matrix (1999) – oder ganz aktuell, den Virtual-Reality-Film „Ready Player One“ von Steven Spielberg.

Wir wollen einen Blick auf aktuelle Entwicklungen werfen und Prognosen für eine mögliche Zukunft des Entertainments geben. Dafür haben wir Videos von visionären Künstlern rausgesucht, die mit ihren teilweise utopischen Vorstellungen, teilweise abstrakte Entwicklungen verdeutlichen. Aber auch schon längst bestehende und sich weiter verbreitende Trends der Entertainment-Industrie werden beleuchtet. Schnallt eure Augen an und setzt die VR-Brille auf!

VR im Kino – Film “Carne y Arena“ von Alejandro González Iñárritu

In Cannes präsentierte Alejandro González Iñárritu seinen Virtual-Reality-Film „Carne y Arena“ und wurde dafür 2017 mit dem Special Award Oscar geehrt. Der Zuschauer macht hier eine sehr persönliche Fluchterfahrung an der Grenze Mexikos. Er läuft barfuß über Sand, fühlt den Wind und taucht dank VR völlig in die bedrohliche Szenerie der Wüste ein. Auch andere große und kleinere Filmfestivals präsentieren regelmäßig VR-Projekte und -Filme. Die Zahl der Festival-Vorführungen mit dieser Technologie wächst, es bleiben aber trotzdem sehr persönliche und exklusive Happenings. Doch könnte VR im Kino marktfähig werden? Frank Gabler, Professor für Medientechnologie, geht davon aus, dass sich VR als eigenständiges Medium etablieren wird. Allerdings wird VR den Kinofilm nicht ersetzen. Im Kino geht es darum, dass wir die maximale Immersion haben wollen – das heißt, Filmemacher möchten, dass wir gänzlich in den Film eintauchen. Dabei bleiben wir immer Betrachter, denn wir selbst spielen in der Handlung nicht mit. Bei VR hingegen ist man selbst Teil des Geschehens. Das erfordert ein völlig neues Storytelling, welches momentan noch am Anfang steht. Deshalb funktionieren dokumentarische VR-Filme besser als fiktionale, denn man kann sich leichter auf eine Geschichte einlassen – wie es auch bei „Carne y Arena“ der Fall ist. VR und 360° bedeutet fürs filmische Erzählen, dass Regisseure sehr geschickt die Aufmerksamkeit lenken müssen, da die Zuschauer da hinschauen können, wo sie wollen und nicht durch Kameraeinstellungen gelenkt werden. So müssen Regisseure das Medium VR eigenständig lernen und anders ans Filmemachen herangehen, als bei der klassischen Filmproduktion.

Soziale Netzwerke als Treiber des Video-Konsums und Video-Entertainments

Die großen Social-Media-Unternehmen sehen im Video das wichtigste Mittel, um die  Nutzungszeiten ihrer User zu erhöhen. Dafür bauen sie massiv neue Technologien wie 360°-Grad-Videos aus und pushen diese. Mobile Videos von Freunden, wie Instagram-Stories und Live-Videos erhöhen die Interaktion und erzeugen eine höhere emotionale Bindung. Kein Wunder, dass die Nutzungszahlen enorm gestiegen sind. 2016 hat sich die tägliche Betrachtungszeit für Facebook Live-Videos weltweit vervierfacht und auf Instagram erhöhte sich die Betrachtungsdauer von Videos um 80%. „Laut Prognosen von Cisco wird Video-Content bis zum Jahr 2020 mehr als 75% des mobilen Traffics ausmachen.“ In den Sozialen Medien spielen sich Videos automatisch ab und wir bleiben hängen – so werden wir gesteuert, Content zu konsumieren, den wir eigentlich gar nicht gesucht haben. Besonders die Generation der Millennials haben Interesse an kürzeren Formaten wie serialisierten Web- und YouTube-Videos, die nur fünf bis acht Minuten lang sind. Die Produzenten dieser Videos haben durch Online-Analysesysteme Kenntnisse über ihre User und deren Nutzungsverhalten wie nie zuvor. Ebenso bauen sie über lange Zeit eine Beziehung zu den Zuschauern auf. Zwei Fakten, die für die Werbebranche sehr interessant sind.

VR und 360° für Unternehmen

Mit Augmented Reality und künstlicher Intelligenz wird Werbung immer geschickter. Traditionelle Produktplatzierung war gestern, bald wird es möglich sein, das Outfit der Serienheldin mit einem einfachen Klick auf den Bildschirm zu bestellen, während die Serie läuft. Mithilfe von Big Data werden Produktplatzierungen bald nur für die Zuschauer angezeigt, die die Produkte am wahrscheinlichsten kaufen.

Im Videobereich versuchen Werber gerade alles Mögliche aus: Von kurzen Videos, die nur eine Message haben, über dramatisch erzählte Kurzfilme, in denen das Produkt geschickt in der emotionalen Handlung verwoben ist. Bis hin zu eigenen 360°- oder VR-Projekten, wie beispielsweise einer Champagner-Verkostung, bei der die Verkoster zeitgleich auf eine virtuelle Entdeckungstour gehen. So wird die Technologie auch für die Werbebranche immer wichtiger, denn Werbung kann damit weiter personalisiert werden und der Trend von Produktplatzierungen, Sponsorships und geschickter Verflechtung von authentischem Content mit Kommerz wächst.

eSports – VR als Massensport-Event bald wichtiger als Fußball?

Wenn die „League of Legends“-Weltmeisterschaft ausgetragen wird, schalten sich weltweit knapp 30 Millionen Zuschauer ein. Dabei schauen Sie jungen Nerds zu, wie sie gegeneinander Computer spielen. Anstatt echten Sportlern auf dem Platz, feuern sie animierte Athleten an. Und auch in einem echten Stadion kommen Fans zusammen und verfolgen, was auf den Bildschirmen abläuft. Fünf Millionen Dollar Preisgeld winken bei der Weltmeisterschaft – und so unterscheidet sich der eSport auch in Sachen Geldmaschine nicht mehr vom „echten“ Sport. André Fläckel, der Direktor von eSports bei Lagadère sagt: „Esports ist auf dem Weg, eine der bedeutendsten Sportarten weltweit zu werden.“ Über 365 Millionen Menschen konsumieren eSports-Events und die Tendenz ist steigend. „Keine Sportart entwickelt sich schneller als eSports“, so Fläckel. Vielleicht wird die League of Legends tatsächlich bald wichtiger als die Fußball-Weltmeisterschaften sein.

Hyper-Reality – Entertainment, Informationen und Werbung immer und überall

Überall blinkende Lichter, quiekende Töne, knallbunte Farben und ständig aufpoppende Informationen – durch diese digital völlig überfrachtete Welt begleiten wir die Protagonistin. Das schrille Medienmeer ist für sie Alltag. Ständig wird sie zur Interaktion mit dem Virtuellen gedrängt, zwischenmenschliche Beziehungen gibt es dagegen keine. Augmented Reality ist ihre Realität.

Der Designer und Filmemacher Keiichi Matsuda hat eine dystopische Zukunftsvision erschaffen, welche tatsächlich Wirklichkeit werden könnte. Schon heute sind personalisierte Werbung, ständige Benachrichtigungen auf dem Smartphone und helfende Apps allgegenwärtig. Menschen legen sich eine neue Personalität in virtuellen Welten an, erhalten ihre „Weisheit des Tages“ von einer Guru-App – und wer kann sich denn ohne Google Maps noch orientieren? In dem Film „Hyper-Reality“ sehen wir ein Szenario, das das Leben durch Technik maximal optimiert. Augmented Reality ist hier so etabliert, dass sie nicht mehr als Technologie, sondern als Teil der Realität wahrgenommen wird. Ohne diese Technologie wirkt die Realität nackt und blass.

HYPER-REALITY from Keiichi Matsuda on Vimeo.

„Sight“ – „Optimierung“ und Manipulation aller Lebensbereiche

Genau wie „Hyper-Reality“ spielt auch der Kurzfilm „Sight“ in einer hochtechnisierten Welt. Virtual und Augmented Reality gehören so natürlich zum Leben vom Protagonisten Patrick dazu, wie die Couch, auf der er sitzt. Die Kunstsammlung an seiner eigentlich kahlen Wand, wird digital reinprojiziert und sein Alltag vom „Sight“-System organisiert. Das Programm zeigt ihm, was und wie er kochen muss und was zu tun ist, um beim nächsten Date erfolgreich zu sein. Automatisch berechnet und analysiert das System den effektivsten Weg zum Ziel und projiziert es auf Patricks Iris. Doch was passiert, wenn etwas nicht so läuft wie vorprogrammiert? Ein gruseliger Ausblick auf eine hoffentlich nicht eintretende Zukunft!