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Geld macht glücklich – aber nicht lange: Wer sich öfter mit Shopping belohnt, hat bald keine Freude mehr am Konsum. Foto: Bianca Lucas.

Geldlos – sorglos? Vom Geld und seinem Einfluss

Es richtet Schaden an – und gibt Freiheit zugleich. Es spaltet Massen und weckt Gier und Lust in uns. Im Netz schwebt es in unzähligen Währungen und manchmal ist es nur Papier: das Geld. Ist ein Leben ohne Geld die Lösung?

Jeder möchte Spaß haben, ohne an die Konsequenzen von morgen zu denken. Berlin? Der perfekte Spielplatz dafür. Hier wird anders gedacht und gehandelt. Gegen den Raubtierkapitalismus wird demonstriert und protestiert. Aber schadet uns Geld und ist ein Leben ohne Geld wirklich die Lösung?

Geld regiert die Welt (zumindest im Gehirn)

Geld macht glücklich. Das zumindest fanden Forscher der Harvard University im Rahmen ihrer „Grant Study“ und „Glueck Study“ heraus. Hierfür wurden 724 Probanden über mehrere Jahrzehnte befragt, was deren größter Glücksfaktor sei. Tatsächlich versetzte Geld die Probanden in ein intensives Hochgefühl. Die Krux dabei: Es war nicht von langanhaltender Dauer. Nach welchen Motiven handeln wir also, wenn wir Geld ausgeben?

Anders als erwartet, treffen wir 70–80 % unserer Kaufentscheidungen unbewusst. Verantwortlich hierfür ist das limbische System im Gehirn. Der Teil, der für die emotionale Verarbeitung zuständig ist. Durch unsere Emotionssysteme werden bestimmte Produkte mit bestimmten Gefühlen assoziiert.Jedes Kaufverhalten wird zu einem intrinsischen Motiv nach Belohnung und dies zu einem emotionalen Nutzen. Zusätzlich steigern Dopamin und Testosteron die rege Kauflust. Doch nach einer Weile verblasst der emotionale Nutzen und Gewohnheit kehrt ein. Nun steht die Erwartungshaltung vor dem Kauf und die eingetretene Realität im Konflikt. Und übrig bleibt die Leere, die sich langfristig zu Cortisol, dem Stresshormon entwickelt. 

Geld stinkt (nicht)

Wenn Geld so viel Schaden in uns anrichten kann, warum nutzen wir es dann? Es ist nicht das Geld, das uns schadet. Es ist die Bedeutung, die wir ihm beimessen. Unsere Einstellung, die sich in Bezug auf das Geld verändert. Wir tauschen Geld gegen Ware, Ware gegen Geld und Status. Dominiert vom Status neigen wir zu Wertungen und bilden Klassen. Der Buddhismus beschreibt es ähnlich. Nicht das Geld ist schlecht, sondern die Liebe dazu. So gesehen ist es neutral und dient als reines Zweckmittel. Es kommt einzig und allein auf unsere Geisteshaltung an, wie wir es verwenden und es „emotional aufladen“. Der Buddhismus geht davon aus, dass unsere Identifikation nicht vom Gelderwerb abhängen kann, denn damit stärken wir die „Ich-Illusion“, die unsere spirituelle Entwicklung schädigt. 

Kleine Gemeinschaften ohne Geld

Es gibt Kommunen in Deutschland, wo man sich um ein sorgloses weil geldloses Leben bemüht. Foto: Ökodorf Sieben Linden / Haus Windrose , Herbst77regen, (CC BY-SA 3.0)

Nach diesen Prinzipien leben auch einige Ökodörfer, Kommunen und Co-Housing-Projekte in Deutschland. Es handelt sich bei ihnen meist um Aussteiger, die sich ein Leben fernab dieser Gesellschaft wünschen. Es war die Sehnsucht nach einer Utopie, nach Freiheit, nach Veränderung, die sie dorthin lockte. Einige davon sind die Kommunität Friedenshof oder das Ökodorf Sieben Linden. Es sind sozial-ökologische Modellsiedlungen, die eine zukunftsorientierte Lebensweise, einen gemeinsamen Alltag, Freizeit und Arbeit miteinander teilen. Ein Leben nach den simpelsten Bedingungen, zurück zum Ursprung, dem der Gemeinschaft.

Beide Gemeinschaften, wenn auch in unterschiedlichen Größen (Friedenshof: 10 Mitglieder, Ökodorf Sieben Linden: 300 Mitglieder), wirtschaften gemeinsam. Das Geld dient nur dem  Wohl der Gemeinschaft und jeglicher Besitz wird zum Gemeinschaftseigentum. Auch die Selbstversorgung ist ganzheitlich und nachhaltig angelegt. Die Werte unterscheiden sich jedoch. Während der Friedenshof spiritueller angesetzt ist und nach buddhistischen Weisen lebt, ist das Ökodorf Sieben Linden ein System mit Hierarchien, Gesetzen und Regeln. Eine Regel unter anderem: Um in das Dorf ziehen zu dürfen, müssen 12.300 € gezahlt werden. Schwierig, denn dadurch bilden sie wieder ein Klassensystem und ermöglichen nicht allen Bewohnern die Möglichkeit, dort zu leben.

Ein Geldstreik als Lösung?

Es ist nicht das Geld an sich, dass wir verurteilen müssen, sondern unser Umgang damit. Photo: Eluoec

Doch es gibt radikalere Vorgehensweisen: den Geldstreik. Weder Einkommen noch Bankkonto. Der gänzliche Verzicht auf Geld, Leben vom reinen Handel. Und auch, wenn es in Deutschland fast unmöglich klingen mag – es funktioniert. So lebte bis vor einigen Jahren noch Raphael Fellmer ganze fünf Jahre ohne Geld und Besitz. Für die Übernachtung hütete er Häuser, für das Mittagessen ging er containern. Für ihn kein Verzicht, sondern eine Befreiung. Er wollte Aufmerksamkeit erregen, ein Zeichen gegen die Konsumgesellschaft setzen. 2015 beendete er dann den Geldstreik und gründete Sirplus, ein Geschäft, das überschüssige Lebensmittel rettet und weiterverkauft, um die Verschwendung und Überproduktion nachhaltig zu reduzieren. 

Fraglich jedoch ist, ob diese Systeme oder ein Geldstreik in der breiten Masse umgesetzt werden können. Denn trotz der Isolation wird Geld in den autarken Gemeinschaften weiterhin genutzt. Sie bleiben Teil der Gesellschaft, ob gewollt oder nicht. Das Beispiel von Raphael Fellmer beweist jedoch, dass ein Unternehmen wie Sirplus Geld sinnvoll nutzen und damit die Welt ein Stück verbessern kann.