Wer noch nie im April in Mailand war, denkt beim Namen „Salone del Mobile” entweder an irgendwas mit Salonkultur, Zirkus oder irgendwas mit Möbel – wenn ihm denn überhaupt etwas einfällt. Tatsächlich dreht es sich um Letzteres, jedoch in äußerst kunstvoller und kreativer Form: Seit 1961 werden bei der Mailänder Möbelmesse jährlich die neuesten Interior- und Design-Trends vorgestellt. Interessant ist das allerdings nicht nur für Fachbesucher, sondern für alle Designbegeisterte, die wissen wollen, was etwa ein, zwei Jahre später bei Ikea und Co. zu sehen sein wird.
Auch wir waren dieses Jahr mit Qiio vor Ort und haben beim Schlendern durch die Installationen und Präsentationen des Fuorisalone vor allem den Fokus auf Millennials bemerkt – eine Zielgruppe an Personen, die zwischen 1980 und 2000 geboren wurden und mittlerweile in ihren kauffreudigsten Jahren sind. In Mailand wurde klar: Millennials haben auch was das Wohnen angeht andere Vorlieben als ihre Eltern. Im Folgenden haben wir die größten Trends im Millennial Living zusammengefasst.
Einer Goldman Sachs-Studie zufolge verschieben Millennials allgemein sogenannte Milestones wie das Heiraten und Kinderkriegen in eine spätere Lebensphase. Sei es die Lust auf individuelle Selbstverwirklichung, der geringere gesellschaftliche Druck, eine Familie zu gründen oder die Vielzahl an Online-Apps, die Bedürfnisse wie Sex befriedigen, ohne eine feste Partnerschaft eingehen zu müssen. Fakt ist: Die angestiegene Nachfrage an Single-Wohnungen in Großstädten steigt rasant. Da durch finanzielle Einschränkungen diese Wohnungen allerdings oft nicht die größten sind, ist nach einer Einrichtung gefragt, die sowohl funktional als auch äußerst flexibel ist und sich den verändernden Lebensumständen anpassen kann. Beim Fuorisalone wurde das vor allem durch modulare Wohnsysteme deutlich. Anders als ihre Eltern, entscheiden sich Millennials lieber für kleinere Wohnungen mit guter Lage, anstatt für Wohnungen fernab, aber mit mehr Platz. Die Wahl für einen kleineren Lebensraum wird dabei aber auch aus finanzieller Sicht getroffen – für einige Millennials haben sich die Prioritäten schlichtweg geändert, anderen ist mehr Freizeit und Fortbildung wichtiger als ein geregeltes und hohes Einkommen.
Da in der Millennial Generation berufliche sowie private Flexibilität eine immer größere Rolle spielen, gibt es nicht nur mehr Co-Working Spaces für Selbstständige oder Startups in der Stadt – auch das Zuhause muss sich für viele zum Arbeiten eignen. Deshalb müssen Raumkonzepte in Zukunft flexibel und offen genug sein, um auch einen Arbeitsplatz zur Verfügung zu stellen, der in Freizeitstunden nicht als störend empfunden wird. Schließlich verschwinden die Grenzen zwischen Business and Pleasure, Work and Play immer mehr.
Die Generation der Millennials ist 24 Stunden lang miteinander verbunden und am Handy, Tablet oder Computer. Da Technologie so einen wichtigen Stellenwert in ihrem Leben hat, sollte auch die eigene Wohnung auf dem neuesten Stand sein und künftig mehr Integrationen für Devices aller Art bieten. Sogenannte Smart Homes können sich zudem auch per Mobilgerät steuern lassen, Energiekosten senken und damit den Alltag erleichtern:
Auf dem Heimweg den Backofen vorheizen, auf die Küchenwand die aktuellen Nährwerte des Essens projizieren und gleichzeitig Freunden die neuesten Handy-Snapshots via Decken-Beamer zeigen – bald vielleicht schon Normalität in jedem Haushalt?
Selbstdarstellung und Selbstverwirklichung waren noch nie so wichtig wie in Zeiten von Instagram, YouTube und Co.. Hinzu kommt, dass sich die Millennials derzeit in ihren 20ern befinden – der Phase im Leben wo die eigene Individualität in vollen Zügen genossen werden will.. Lebensräume sollen Platz für die Integration von verschiedensten Interessen bieten, sodass selbst eine Ein-Zimmer-Wohnung eine kleine Gewächshausecke, Tonstudio oder eine Yoga-Ecke beinhalten kann. Schließlich haben viele Millennials nicht nur viele Hobbies, sondern oft auch multiple Karrieren. Wer YouTuber, Grafikdesigner und Yoga-Meister sein möchte, braucht dafür auch entsprechende Wohnräume.
Die gerade erwachsen werdende Generation setzt mehr auf Gesundheit als noch ihre Eltern. Es gibt weniger Raucher, dafür mehr Menschen, die sich vegan ernähren und sich für Sport interessieren. Dabei helfen nicht nur Apps und biometrische Wearables, die in Zukunft vielleicht auch in der Wohnung installiert sind, sondern auch Wohngemeinschaften, die gleichzeitig ein Fitnesscenter beinhalten. Auch die umliegenden Cafés, Sporteinrichtungen und Erholungsstätten sind deshalb durchaus wichtig bei der Entscheidung für eine Wohnung.
Wie bereits erwähnt, spielen Technologien und damit auch die sozialen Medien eine wichtige Rolle im Leben der Generation Selfie. Was nicht fotografisch festgehalten wird, gibt es nicht. Für die eigenen vier Wände bedeutet es eine visuelle Interior-Umsetzung, die möglichst auch instagrammable, also sehr fotogen, ist. Stimmungsvolle Lichtkonzepte und eine gute Beleuchtung von Sitzecken und Arbeitsplätzen sind hierbei genauso essentiell wie farblich abgestimmte Wohnräume.
Eine repräsentable Wohnung zum Wohlfühlen ist mir und meiner Generation wichtiger, als ein Auto zu besitzen. Dieses neue Konzept von Besitz finde ich nicht nur umweltschonender, sondern auch sehr sympathisch. Dennoch und obwohl ich selbst zu den Millennials zähle, finde ich es wichtiger, sich zu Hause von den sozialen Netzwerken auch mal abzumelden und auch ohne Internet Overload auszukommen. In meiner Wohnung soll man sich wohlfühlen und abschalten können – das bedeutet für mich aber nicht zwangsläufig, dass es besonders viele instagrammable Spots geben muss. Dennoch liebe ich neue Technik und hätte beispielsweise nichts gegen eine Smart Kitchen, die mich beim Kochen weiterbildet und unterstützt. Denn egal wie selbständig man als Millennial auch sein möchte, für den täglichen Komfort begibt man sich doch ganz gerne in die digitale Abhängigkeit.