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Wenn sich das ganze Leben – inklusive Arbeit und Outdoor Hobbies – zuhause abspielt; wie privat ist dann die eigene Wohnung noch? Foto: Theodora Melnik

Die eigenen vier Wände als Zentrum der Welt

Arbeit, Fitness, Clubbing  anlässlich der Coronakrise verlagern wir aktuell viele Aktivitäten, die normalerweise außerhalb unserer vier Wände stattfinden, in die eigene Wohnung. Was passiert mit uns, wenn das Zuhause zum Dreh-& Angelpunkt unseres Lebens wird? 

Klar, Home-Office ist für viele von uns nichts Neues, aber auch DJ-Sets aus den Berliner Clubs und Yoga Sessions müssen in Zeiten von #socialdistancing ins heimische Wohnzimmer verlagert werden. Streaming macht es möglich und die Coronakrise macht erfinderisch. Anlass genug, um mit Theodora Melnik und Jules Villbrandt, zwei Berliner Interior-Influencerinnen, über das Wohnen heute und in Zukunft zu sprechen.

Was bedeutet es eigentlich zu wohnen?

“Zuhause ist für viele nicht nur ein Rückzugsort geworden, sondern auch ein Ort, den man gerne zeigt.” Foto: Jules Villbrandt / herz.und.blut

Vom Althochdeutschen wonēn abgeleitet, liegt die ursprüngliche Bedeutung des heutigen Wohnens in gernhaben und wünschen. „In Bedeutung und Gebrauch kommen darüber hinaus noch die Elemente des Behaglichen und Geruhsamen hinzu.” So formuliert es die Bundeszentrale für politische Bildung. Die Dimension des Rückzugsorts ist im Wohnen also fest verankert.

Auf ihren Instagramkanälen folgen ihnen zusammengenommen rund 260.000 Profile (Stand: 19.03.2020). Sie teilen Einblicke in ihre Wohnungen, Design-Inspiration, Rezepte, Reisen. Die Unternehmerinnen und Influencerinnen Jules und Theo haben ihren Kanal in ihren eigenen vier Wänden aufgebaut. Wie privat ist der eigene Wohnraum für die beiden eigentlich noch?

Ich denke, dass das Wohnen durch die Digitalisierung an Privatsphäre verloren hat.”

„Die Zeige mir deine Wohnung und ich sage dir, wer du bist-Attitude ist vielleicht nicht ganz mein Ding, aber es ist tatsächlich spannend, wie sich in den letzten Jahren das Thema Einrichten und Wohnen verändert hat. Zuhause ist für viele nicht nur ein Rückzugsort geworden, sondern auch ein Ort, den man gerne zeigt. Das kann, von der Lichterkettenflut bis hin zum Design-Möbelstück, alles sein“, so Jules.

Welche neuen Wohnformen könnten entstehen, wenn man die Verschmelzung von Arbeit mit den eigenen vier Wänden weiterdenkt? Und ist das überhaupt gut? Foto: Jules Villbrandt / herz.und.blut

Ich denke, dass das Wohnen durch die Digitalisierung an Privatsphäre verloren hat. Natürlich muss man diese sehr pauschale Aussage dann im Detail noch kalibrieren. Es kommt ganz darauf an, was man mit seiner Wohnung bezwecken möchte. Soll sie ein ganz privater Rückzugsraum sein? Oder soll die eigene Wohnung neu gedacht und genutzt werden? Wenn man will, werden die eigenen vier Wände zum Office, zum Hotel oder zum Showroom“, ergänzt Theo.

Nicht nur für Jules und Theo, auch für viele andere Menschen fallen Wohnen und Arbeiten immer häufiger zusammen. Rund ein Viertel der Beschäftigten arbeitet in Deutschland laut einer aktuellen Studie zumindest teilweise im Home-Office. Welche neuen Wohnformen könnten entstehen, wenn man die Verschmelzung von Arbeit mit den eigenen vier Wänden weiterdenkt? Und ist das überhaupt gut?

Das gute alte Arbeitszimmer könnte in Zeiten der Coronakrise ein Revival erleben, meint Jules. „Allein schon, weil es steuerrechtlich von Vorteil ist. Ich hoffe allerdings, dass dies in Zukunft entfällt, und schöne Arbeitsplätze überall eingerichtet werden können.”

Trotz aller Bestrebungen verschiedener Arbeitgeber*innen, den Arbeitsplatz als angenehm und wohnlich zu gestalten, sei für Theo eine Trennung zwischen Arbeits- und Wohnraum sehr wichtig. Foto:Theodora Melnik

„Hoffentlich geht es nicht auch in die andere Richtung und die Leute fangen an, bei der Arbeit zu schlafen. Wenn man die häufig angespannten Wohnungsmärkte beobachtet und das Bestreben vieler Arbeitgeber*innen, ein Umfeld zu gestalten, der Arbeitnehmer*innen zum Verweilen einladen soll, kann man das schon so weiterspinnen. Für mich wäre das nichts,“ so Theo.

Der einstige Rückzugsort vor dem Aussterben?

Flexibilität und Multifunktionalität bestimmen das Wohnen von morgen. Arbeiten, Wohnen und Gemeinschaftsaktivitäten fallen immer stärker zusammen und formen unseren Wohnraum grundlegend neu. Aus Zimmern werden sogenannte Zonen. Das sind fluide Wohnflächen ohne Wände, eingerichtet mit flexiblen Möbelsystemen, die das starre Wohnen nach Grundriss ersetzen.

Gut, dass auch Architekt*innen und Designer*innen wie Van Bo Le-Mentzel auf die gesellschaftlichen Veränderungen reagieren und Wohnkonzepte immer flexibler werden. Müssen wir aber bei so viel Fluidität wiederum aufpassen, dass die Privatheit nicht flöten geht?

Wohnformen fernab der Stadtwohnung versprechen neue Möglichkeiten des Rückzugs

„Das Tiny House Movement oder Van Life haben den Anfang gemacht. Ich denke, wir werden noch mehr solcher Konzepte sehen, die sich den individuellen Umständen und Wünschen des Einzelnen anpassen,“ meint Theo. „Auch das Zusammenleben in Kooperativen oder Mehrgenerationenhäusern wird an Bedeutung gewinnen. Wohnen auf dem Land wird für viele attraktiver. Happy Gardening ist das Zauberwort. Ich liebe den Garten meiner Eltern vor den Toren Berlins und bin, sobald die Saison losgeht, nahezu jedes Wochenende dort,” fügt Jules an.

Wenn das Wohnzimmer nicht nur Wohnzimmer, sondern auch Garten ist. Foto: Theodora Melnik

Selbst das Gartenerlebnis lässt sich in unsere vier Wände verpflanzen. Urban Jungle Blogger*innen zeigen zur Genüge wie. Bei Frühlingssonnenstrahlen und dem Geruch von frischen Gräsern wird es allerdings schwierig. Personen, die mit Garten, Balkon oder Terrasse ausgestattet sind, können sich in Zeiten von COVID-19 glücklich schätzen. Für alle anderen ist die aktuelle Situation umso schwieriger.

Trotz etlicher digitaler Möglichkeiten und vielerlei Freiheiten, seine eigenen vier Wände nach Belieben zu gestalten vom Yogastudio bis zum Konzertsaal ich freue mich schon riesig auf die guten, alten, analogen Begegnungen nach #socialdistancing. Bis dahin, lasst uns analog Abstand halten und digital zusammenrücken.

Für mehr Wohn-, Interior, Rezept- und Design-Inspiration, schaut euch auf den Kanälen von Theo und Jules um. Jules findet ihr auf ihrem Blog Herz&Blut und unter dem Instagram Handle @herz.und.blut. Theo findet ihr unter dem Handle @______theo.