Mit der Gier nach Land und Rohstoffen bildeten sich die europäischen Staaten in der Neuzeit als umtriebiges Machtzentrum der Welt heraus. Gerechtfertigt wurde die wirtschaftliche Expansion durch eine vermeintliche geistige Überlegenheit.
Ursprung des Kolonialismus lag im Handel
Zunächst war es der Handel, der die Schiffe um die Welt schickte und neue Routen für den Fluss von Gütern und Geldern erschloss. Der Handel war es auch, der zu den ersten Territorien außerhalb der eigenen Landesgrenzen führte: Stützpunkte der Handelsmächte sicherten die Seewege; als Außenposten hielten sie in Vertretung des Zentrums Stellung auf dem Weg. Diese Stützpunkte lassen sich als erste Anzeichen eines Bestrebens nach größeren Machtgesten begreifen. Im Geiste eines Imperiums waren viele europäische Länder bestrebt, ihre Macht auszubauen und auch weit entfernte Regionen der Welt und deren Ressourcen zu kontrollieren – waren sie doch die Grundlage für ihren Reichtum. Dabei war die Welt aus eurozentrischer Sicht noch in weiten Teilen unbekannt. Überall gab es Seewege und neue Handelsrouten und damit Reichtümer zu entdecken. Mit den umtriebigen Schiffen des 15. Jahrhunderts machte Portugal sich auf, das sogenannte Zeitalter der „Entdeckungen“ einzuläuten. Auf einer ähnlichen Expedition der spanischen Krone landete auch Kolumbus in Amerika, glaubte dort Indien entdeckt zu haben und startete so einen Prozess der Kolonialisierung, der zwei ganze Kontinente in ihrer Struktur verändern würde: Nord- und Südamerika wurden ihrer indigenen Bevölkerung durch Gewalt und Mord entrissen, die neuen Kolonialherren beanspruchten dank Schusswaffentechnologie ganze Landmassen für sich. Das koloniale Leitmotiv: Die Gier.
Europäische Expansion ergreift die Welt
Angetrieben von dieser Gier, breiteten sich die Europäer nach und nach über die ganze Welt aus. Dabei wechselten sich verschiedene Länder in ihrer Vormachtstellung ab. Waren es zunächst die Portugiesen, die die Welt für sich in Anspruch nahmen und damit ihre Schatztruhen füllten, folgten bald Spanien und später auch England und Frankreich in den Rang der Kolonialmächte. Die Geschichte dieser Kolonien prägt noch heute die Lebensrealität vieler Menschen. Aber wieso wollte Europa sich so sehr profilieren und woher kam das Selbstverständnis? Eine Antwort findet sich in der Rassenideologie, die bereits im Kolonialismus ihren Ursprung hatte. Die Begegnung mit anderen Menschen und Völkern veranlasste die europäischen Eroberer und Missionare dazu, Theorien über die Andersartigkeit und damit die Unterlegenheit der Menschen herzustellen, die ihnen begegneten. Diese Unterschiede rechtfertigten zugleich auch die gewaltvolle Expansion der Europäer, die sich durch dieses ideologische Konstrukt überlegen fühlten und einen „noblen” Grund hatten, die Menschen der anderen Kontinente mit Gewalt in die „Zivilisation“ zu führen. So spielten sich die Ausbeuter als Retter auf, um ihre Regime zu rechtfertigen. Ob es in einer anderen Version der Geschichte zu einem friedlicheren Aufeinanderstoßen gekommen wäre? Kolonialismus hat die Welt derart geprägt, dass eine Welt ohne diese dunkle Periode schwer vorstellbar ist.
Deutschlands später Platz an der Sonne
Auch wenn mehrere Kolonialmächte aus Europa heraus entstanden und diese verschiedenen Strukturen um die Welt bauten, so kann man dennoch von einem europäischen Machtpol sprechen. Kaum ein anderer Kontinent beherrschte für Jahrhunderte so sehr und so aggressiv die Welt. Als Deutschland die Riege der Kolonialmächte im 19. Jahrhundert betreten will, ist ein Großteil der Welt bereits erschlossen und aufgeteilt. Eine Karikatur aus der Regierungszeit Bismarcks vergleicht Kolonien mit einer Mode, die bei den Nationen um sich greift. Doch bei den kolonialen Bestrebungen ging es auch hier vor allem darum, den Handel zu stärken und wirtschaftliche Erträge durch den Besitz von sogenannten „überseeischen“ Gebieten, das heißt Gebieten, die per See zu erreichen waren und als weit weg definiert wurden, zu generieren. Diese überseeischen Gebiete versprachen Reichtum, neuen Lebensraum und waren zugleich auch eine Projektionsfläche. Ein Zentrum kann sich nur durch seine Peripherie definieren und Deutschland kann auf der Weltkarte der Großmächte nicht ohne eine entsprechende Peripherie bestehen.
Doch Kolonien bedeuten immer auch Unterdrückung lokaler Bevölkerungsgruppen: Der Genozid an den Herero und Nama im sogenannten Deutsch-Südwestafrika geht als erster Völkermord des 20. Jahrhunderts in die Geschichte ein. Damit zieht sich ein blutroter Faden durch die Geschichte der Kolonien und ihre menschenverachtende Politik der Unterdrückung für den Profit.
Auch wenn das Deutsche Reich ab den 1880er Jahren großflächige Gebiete in Afrika und Ozeanien erwirbt, kann es sie nicht lange halten: Mit Abschluss des Versailler Vertrags verliert Deutschland 1919 alle Kolonien und soll damit auch als Weltmacht nachhaltig eingeschränkt werden. Diese Demütigung wird die Grundlage für den Aufstieg des Faschismus in Deutschland.