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Kompendium: Hybrid Life

Die Fähigkeit, hybrid zu denken, hat uns weit gebracht. Jetzt kommt der nächste Schritt in unserer Evolution: Man nehme einen Menschen und ein Brain-Computer-Interface (BCI). Heraus kommt ein Cyborg, der mehr ist als Mensch und Computer: Ein hybrider Mensch, der gleichzeitig in der realen Welt und im Metaverse lebt.

Kompendium

Hybrides Denken unterscheidet uns vom Tier und kann deshalb den nächsten Schritt in eine Zukunft möglich machen, in der wir im Einklang mit unserer eigenen Natur und der um uns herum leben. Der interdisziplinäre Ansatz und das Verflüssigen scheinbar fester Kategorien ist ein wichtiger Bestandteil unserer Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft.

Kompendium: Hybrid Life

Die Geburt unserer Spezies, Homo Sapiens Sapiens, hängt an den archäologischen Funden von Werkzeugen. Soll heißen: Seit Beginn unseres Daseins definieren wir uns über unsere Tools. Und diese Tools waren hybrid.

Kompendium: Hybrid Life

Noch vor wenigen Jahren brauchte man eine Kamera, einen Straßenatlas und ein Festnetztelefon, um Fotos zu machen, eine Route zu finden und zu telefonieren. Längst sind wir es gewohnt, eins für alles zu nutzen: das Smartphone. Ein hybrides Gerät, so vielseitig wie ein Schweizer Taschenmesser. Wie kam es zu dieser Hybridisierung?

Kompendium: Hybrid Life

Martin Brings ist Manager des Ideenlabors der Deutschen Bank, dort arbeitet er gemeinsam mit seinem Team und teilnehmenden Kund*innen daran, Lösungen für die Bank der Zukunft zu finden. Und die sind oft hybrid, auch wenn keiner sie so bezeichnet.

Kompendium: Hybrid Life

2034: der New Bauhaus-Plan in Europa ist in vollem Gange. Ein Netz von Städten, Regionen und Ländern produziert alles, was es verbraucht, selbst. Leer stehende Bürogebäude wurden zu hybriden Quartieren ausgebaut. Diese hybriden Orte verbinden Produktion mit Wohnen, Wissenschaft und Freizeit, um bis 2045 klimaneutral zu werden.

Kompendium: Hybrid Life

Die ersten Werkzeuge sind Beweise für das hybride Denken

Kompendium: Hybrid Life

Die ersten Werkzeuge sind Beweise für das hybride Denken

Bild: squirm

 Die Geburt unserer Spezies, Homo Sapiens Sapiens, hängt an den archäologischen Funden von Werkzeugen. Soll heißen: Seit Beginn unseres Daseins definieren wir uns über unsere Tools. Und diese Tools waren hybrid.

Als 2015 die bisher ältesten Steinwerkzeuge in Lomekwi, Kenia, gefunden wurden, brachte das auch unser Selbstbild ins Wanken. Der Grund: Bisher hatte man gedacht, dass nur die Gattung Homo Werkzeuge benutzte. Nur war der Fund 700.000 Jahre älter als die ältesten bisher bekannten Werkzeuge, was darauf hindeutet, dass unsere Vorfahren bereits mehrere Hunderttausend Jahre vor dem Auftauchen des Menschen Werkzeuge herstellten. Und das würde wiederum bedeuten, dass bereits Australopithecinen wie die berühmte „Lucy” ebenfalls Steinwerkzeuge hergestellt haben könnten.

2015 wurden die bisher ältesten Steinwerkzeuge in Lomekwi, Kenia gefunden. Der Fund ist revolutionär, da er nahelegt, dass unsere Vorfahren bereits Werkzeuge benutzt haben. Foto: Orbes Argentina

Die Werkzeuge – im Grunde einfache Steinmesser – wurden hergestellt, indem rundliche Felsen, sogenannte Hammersteine, gegen kantigere Felsen, sogenannte Kerne, geschlagen wurden, um scharfe Splitter abzuschlagen. „Es scheint klar zu sein, dass die Erfindung von Steinwerkzeugen für unsere Evolution von entscheidender Bedeutung war, da sie den Speiseplan der frühen Mitglieder der menschlichen Abstammungslinie erweiterte und sie mit genügend Kalorien versorgte, um größere Gehirne zu ernähren, in größeren sozialen Gruppen zu leben und eine Sprache zu entwickeln – Dinge, die den Menschen von den Affen unterscheiden. Aber die Innovation scheint nicht auf einmal oder gar bei einer einzigen Art stattgefunden zu haben“, schrieb der New Yorker zu Lomekwi.

Wie klug muss ein Affe sein, bevor er zum Menschen wird?

Auch andere Tiere können Werkzeuge benutzen: Raben, Oktopusse, Affen. Vielleicht sind es aber genau diese hybriden Tools, die uns von ihnen unterscheiden. Denn ‚hybrid‘, das bedeutet, „aus Verschiedenartigem zusammengesetzt“. Es gibt sonst kein anderes Wesen, das aus zwei Dingen eines macht, um daraus ein Werkzeug herzustellen, außer uns. Also beispielsweise einen Pfeil aus Holz und Stein, einen Pflug aus Holz und Metall oder ein Taschenmesser, das zugleich Schere und Korkenzieher ist. Diese gedankliche Agilität, nicht nur ein Tool zu nutzen, um eine konkrete aktuelle Problematik zu lösen, sondern das Werkzeug auch für künftige, ähnliche oder anders geartete Situationen aufzuheben und hybrid einzusetzen, das können nur Menschen.

Der als Gott dargestellte Herrscher Narām-Sîn-Stele hält Pfeil und Bogen in den Händen. Es gibt außer dem Menschen kein anderes Wesen, das aus zwei Dingen eines macht, um daraus ein Werkzeug herzustellen. Mit unseren Werkzeugen verändern wir unsere Umwelt und unsere Umwelt verändert im Gegenzug uns. Bild: Rama

Und jedes Mal, wenn wir einen dieser Entwicklungsschritte machen, bauen wir sedimentartig unsere Kultur weiter darauf auf. Die ersten Tools ermöglichten die erhöhte Kalorienzufuhr, die Gehirne wuchsen, was wiederum bessere Tools ermöglichte. Vom Jäger und Sammler entwickelten wir uns mithilfe von Werkzeugen zu einer agrikulturellen Gesellschaft. Mit unseren Werkzeugen verändern wir also unsere Umwelt und unsere Umwelt verändert im Gegenzug uns. Denn mit jedem Werkzeug, das unseren Wirkungskreis ändert, das uns neue Möglichkeiten eröffnet, verändert sich auch unser Verständnis von der Welt.

Das ist es auch, was der Philosoph und Kommunikationstheoretiker Marshall McLuhan meint, wenn er Medien als „Erweiterung des Menschen“ bezeichnet. So führt jede neue Technologie – damit sind beispielsweise Zeitungen, Fernsehen, Radio, Glühlampen, Autos und auch Sprache gemeint – eine neue Kommunikation herbei. Ihre jeweiligen Formen oder Strukturen verändern die Art und Weise, in der die Welt von uns wahrgenommen und verstanden wird: „Der Hybrid oder das Zusammentreffen zweier Medien ist ein Moment der Wahrheit und der Offenbarung, aus dem eine neue Form geboren wird. Der Moment des Zusammentreffens von Medien ist ein Moment der Freiheit und der Befreiung von der gewöhnlichen Trance und der Betäubung, die [Medien] uns durch unsere Sinne auferlegen“ schreibt er in seinem Buch ‚Das Medium ist die Botschaft‘. Soll heißen: Wir sehen die Welt anders, nachdem wir sie durch ein neues (hybrides) Medium betrachtet haben. Hybride sind auf unserer evolutionären Reise besondere Begleiter und Hilfswerkzeuge, um unsere Welt, und damit uns, zu verändern.

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Edouard Duvernay
Kompendium: Hybrid Life

Hybride Interdisziplinarität und der Bauhaus-Gedanke

Kompendium: Hybrid Life

Hybride Interdisziplinarität und der Bauhaus-Gedanke

Bild: вениамин курочкин

Noch vor wenigen Jahren brauchte man eine Kamera, einen Straßenatlas und ein Festnetztelefon, um Fotos zu machen, eine Route zu finden und zu telefonieren. Längst sind wir es gewohnt, eins für alles zu nutzen: das Smartphone. Ein hybrides Gerät, so vielseitig wie ein Schweizer Taschenmesser. Wie kam es zu dieser Hybridisierung?

Das iPhone hat unsere Welt grundlegend verändert. Wer es schon einmal zu Hause liegen hat lassen, weiß, wie kolossal aufgeschmissen wir ohne Smartphone sind. Es fühlt sich fast an, als wäre ein Körperteil amputiert worden. Die Behauptung, dass wir mit dem Smartphone zusammengewachsen sind, ein hybrides Wesen aus Mensch und Smartphone sind, scheint naheliegend. Und in der Entwicklung des Smartphones hatten nicht nur Programmierer und Ingenieure, sondern auch Designer ein Händchen.

Auch wenn es heute auf der Hand zu liegen scheint, ist das Konzept der Interdisziplinarität noch gar nicht so alt. So wurde die Association of Interdisciplinary Studies erst 1979 gegründet. Das erste Mal wurde das Wort ‘Interdisciplinarity’ 1937 im Oxford Dictionary erwähnt.

Das iPhone hat unsere Welt grundlegend verändert. Bild: Matthew Yohe

Wenn wir uns diesen Aspekt vor Augen führen, ist der Bauhaus-Gedanke, der in den späten 1910er bis frühen 20er-Jahren entstand, umso beeindruckender. Wo bisher die Disziplinen klar getrennt wurden, forderte das Bauhaus, die Kunst solle sich von der Industrialisierung emanzipieren und das Kunsthandwerk wiederbeleben. Oder, anders ausgedrückt, Kunst und Handwerk sollten hybrid werden, Form und Funktion verschmelzen.

Walter Gropius, Architekt und Gründer des Bauhauses, eröffnete damals die Bauhauswoche mit einem Vortrag über Kunst und Technik – er verlangte eine neue Einheit der beiden: „Wollen, erdenken, erschaffen wir gemeinsam den neuen Bau der Zukunft, der alles in einer Gestalt sein wird: Architektur und Plastik und Malerei, der aus Millionen Händen der Handwerker einst gen Himmel steigen wird als kristallenes Sinnbild eines neuen kommenden Glaubens”, heißt es im Bauhaus-Manifest von 1919. Ein gemeinsames Interesse an der Zukunft und der soziale Gedanke verbanden seine Vertreter. Sie glaubten daran, dass die Zukunft in der Verschmelzung der Disziplinen lag. Und genau diese Zukunft manifestiert sich in den hybriden Design-Objekten der Gegenwart wie das Smartphone.

Walter Gropius, Architekt und Gründer des Bauhauses, eröffnete damals die Bauhauswoche mit einem Vortrag über Kunst und Technik – er verlangte eine neue Einheit der beiden: „Wollen, erdenken, erschaffen wir gemeinsam den neuen Bau der Zukunft, der alles in einer Gestalt sein wird.” Bild: René Spitz

New Bauhaus: Interdisziplinarität ist der Weg in die Zukunft

Aber nicht nur unsere Alltagsgegenstände und unsere Wohnräume gilt es, neu zu definieren, auch die Arbeit und das Leben. Besonders in einer Welt, in der der Klimawandel uns zwingt, Dinge neu zu denken. „Die Digitalisierung und die grüne Transformation stellen einige der größten Herausforderungen unserer Zeit dar und können nur interdisziplinär, durch die Zusammenarbeit von Kunst, Design und Wissenschaft, angegangen werden”, schreibt Francesca Bria, Expertin für Digitalpolitik und Präsidentin des nationalen italienischen Innovationsfonds, in ihrem Pitch „A European New Bauhaus For The Green And Digital Age: A Network Of Regional Hubs“.

In ihrer Rede zur Lage der Union erklärte auch die Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen, dass der Klimawandel „eine eigene, unverwechselbare Ästhetik“ brauche und versprach, ein neues europäisches Bauhaus zu gründen. Nach historischem Vorbild ist die „New European Bauhaus”-Bewegung eine kreative und interdisziplinäre Initiative, die an der Schnittstelle zwischen Kunst, Kultur, sozialer Eingliederung, Wissenschaft und Technologie arbeitet. Sie bringt den Green Deal in unsere Lebensräume und ruft zu einer kollektiven Anstrengung auf, um sich eine Zukunft vorzustellen und zu gestalten, die nachhaltig, integrativ und schön für unseren Geist und unsere Seele ist.

In ihrer Rede zur Lage der Union erklärte auch die Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen, dass der Klimawandel „eine eigene, unverwechselbare Ästhetik“ brauche und versprach, ein neues europäisches Bauhaus zu gründen. Bild: European Parliament

Der interdisziplinäre – hybride – Ansatz des Bauhauses, der helfen soll, ein neues „kristallenes Sinnbild eines neuen kommenden Glaubens” zu schaffen, ist auch deshalb so aktuell, weil unsere Gesellschaft im Wandel ist und neue Lösungen für neue Probleme braucht. Ein hybrider Ansatz muss her, der Kreativität mit Fortschritt vereint. Im besten Fall könnte es eine Möglichkeit sein, den Weg der digitalen Innovation zu beschleunigen und disziplinäre Grenzen zu überwinden. Ein Bauhaus für das digitale und grüne Zeitalter.

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Edouard Duvernay
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Ein Ideenlabor für hybride Bankinglösungen

Kompendium: Hybrid Life

Ein Ideenlabor für hybride Bankinglösungen

Bild: Martin Brings

Martin Brings ist Manager des Ideenlabors von Deutschen Bank und Postbank, dort arbeitet er gemeinsam mit seinen Kolleg*innen und teilnehmenden Kund*innen daran, Lösungen für die Bank der Zukunft zu finden. Und diese Lösungen sind oft hybrid.

Martin, was genau ist das Ideenlabor?

Das Ideenlabor der Deutschen Bank ist eine Hybride aus Banking und Marktforschung mit einem Schuss Think-Tank. Wir sind ein kleines Team aus zwei, drei Leuten und unsere Aufträge kommen aus verschiedenen Abteilungen. Wir führen dann Verprobungen, Umfragen und Tests durch und nehmen uns neuer Megatrends an. Der Grundgedanke hinter dem Ideenlabor, als es 2015 aufgebaut wurde, war es, aktiv mit Kund*innen gemeinsam die Bank der Zukunft zu gestalten. Die Mission hat sich über die Jahre kaum geändert. Ich glaube fest daran, dass wenn man etwas machen möchte, was anderen Leuten gefällt und was sie gerne nutzen, man mit ihnen darüber sprechen muss.

Was wünschen sich die Kund*innen von der Bank der Zukunft?

Die Fantasie der Menschen, das haben wir herausgefunden, ist bei Themen und Produkten, an denen sie nicht einmal mehr sekundäres Interesse haben, verdammt endlich. Banking und ein Girokonto sind Dinge, die zwar jeder braucht, aber es möchte sich idealerweise keiner damit beschäftigen. „Ich will überall Bargeld abheben können und es darf nichts kosten“, wünschen sich die Kund*innen. Es soll funktionieren, Punkt.

Wenn wir tiefer gehen wollen, müssen wir mit dem Ideenlabor mehr nach den eigentlichen Bedürfnissen der Menschen graben und unsere Fragen dementsprechend anpassen. Was sind ihre Lebensumstände, was die Einstellungen zu Themen wie Nachhaltigkeit, Digitalisierung, Teilhabe und vielen anderen Dingen, um daraus abzuleiten, was für diese Menschen problemlösend sein könnte und ihre Bedürfnisse erfüllen könnte.

Die Bank der Zukunft geht auf die Bedürfnisse der Kund*innen ein, weiß Martin Brings vom Ideenlabor. Bild: Alicia Minkwitz

Und zwar?

Sinn und Zweck ist nicht, acht Millionen individuelle Girokonten für unsere acht Millionen Kund*innen bereitzustellen, sondern es geht letztlich darum, dass das Produkt in jede Richtung das erzählt, was der Empfänger gerne „hören“ möchte. Ein Beispiel: Alle Smartphones sind recht ähnliche Devices, sie können alle im Grunde das Gleiche und sehen ähnlich aus. Dennoch hat jeder Mensch etwas andere Ansprüche und gestaltet es durch Apps oder eine Hülle letztlich so, dass es ein individuelles Gerät wird.

Wenn wir also herausfinden wollen, was die Menschen wollen, bevor sie es selbst wissen, dann müssen wir kleinteilige und iterative Fragen stellen. Also wenn das Bedürfnis ist, „es soll ein Geldautomat in der Nähe sein“, dann muss ich fragen: Ist es dir wirklich wichtig, einen Geldautomaten in der Nähe zu haben oder geht es um die Möglichkeit, Geld abzuheben? Oftmals ist es Letzteres. Das lässt sich dann zum Beispiel durch die Möglichkeit, im Supermarkt um die Ecke zusätzlich zum Einkauf Geld abzuheben, lösen.

Und was wünschen sich die Mitarbeiter*innen?

Zum Beispiel kam eine Produkt-Initiative auf uns zu und wollte nachhaltige Produkte lancieren, nachhaltige Ratenkredite oder Wertpapiere. Bei unserer Recherche haben wir Antworten bekommen, die schwer einzuordnen waren und sind zurück an das Reißbrett. Woran liegt das? Wir sind also einen Schritt zurückgegangen und haben das Problem mit etwas Abstand betrachtet.

Bevor ich mir Gedanken über Produkte mache, sollte ich mir vielleicht erst einmal Gedanken über mich selbst machen. Bin ich als Deutsche Bank überhaupt der richtige Sender für Nachhaltigkeits-Messages? Gibt es da möglicherweise eine Diskrepanz zwischen meinem Image und meinem Wunsch?

Wir haben uns an die Kund*innen und an die Mitarbeiter*innen gewandt und haben dabei auf dieselben Fragen relativ unterschiedliche Antworten bekommen. Etwa 50 Prozent der Kund*innen fanden, dass ein Unternehmen, welches nachhaltige Produkte anbieten will, auch selbst nachhaltig sein muss. Bei den Mitarbeiter*innen waren mehr als drei Viertel der Ansicht, dass das Unternehmen erst selbst nachhaltig werden muss, bevor es nachhaltige Produkte anbieten kann. Für das Produktteam war das schwer zu verdauen, denn sie kamen ja aus ihrer Sicht mit einer einfachen Frage zu uns und haben darauf eine sehr komplexe Antwort erhalten.

Brings stellt sich die Bankfiliale der Zukunft als eine Begegnungsstätte vor, wo Seminare und Projektplanungen stattfinden. Bild: Alicia Minkwitz

Ein weiterer Megatrend ist hybrides Arbeiten. Wie wirkt sich das auf die Bank der Zukunft aus?

Es gibt unglaublich viele Büroflächen, die jetzt leer stehen und nicht genutzt werden. Wenn man an die unausgelasteten Twin Towers in Frankfurt denkt, dann ist das ein Luxus, den man eigentlich nicht mehr bezahlen muss – leerstehende Büros in einem Prestige-Gebäude in einer der teuersten Städte Deutschlands. Noch dazu, wo die eigene Wertschöpfung durch das Arbeiten von Zuhause nicht negativ beeinflusst worden ist. Im Gegenteil: Viele Kolleginnen und Kollegen haben von Zuhause genauso gut oder sogar besser gearbeitet als im Büro. Wenn ein Unternehmen wirtschaftlich denkt, kommt es unweigerlich zu dem Schluss, dass es seine Fläche verdichten kann.

Die Postbank in Bonn macht das jetzt schon. Da werden die Standorte auf eine kleinere Fläche verdichtet: ein Campus am zentral gelegenen Kanzlerplatz. Weil man davon ausgehen kann, dass wir niemals wieder 100 Prozent der Belegschaft auf einmal im Büro erleben werden.

Und wie dürfen wir uns eine Bankfiliale der Zukunft vorstellen?

Ich stelle sie mir als Begegnungsstätte vor, wo man Aktionsformate wie Seminare oder Schulungen abhält und sich zu Projekten austauscht. Vielleicht auch Kund*innen und Mitarbeiter*innen gemeinsam. Wie ein Reparaturcafé für Bankangelegenheiten – das Ideenlabor quasi in „real life“.

 

Weiterlesen Die hybride Stadt – Emissionsfänger, Schwamm, Wohnort und Lebensraum
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Edouard Duvernay
Kompendium: Hybrid Life

Die hybride Stadt – Emissionsfänger, Schwamm, Wohnort und Lebensraum

Kompendium: Hybrid Life

Die hybride Stadt – Emissionsfänger, Schwamm, Wohnort und Lebensraum

Bild: Simone Hutsch

Wir schreiben das Jahr 2034 – der New Bauhaus-Plan in Europa ist in vollem Gange. Ein Netz von Städten, Regionen und Ländern produziert alles, was es verbraucht, selbst. Leer stehende Bürogebäude wurden zu nutzungsgemischten, hybriden Quartieren ausgebaut. Diese am Gedanken des Bauhaus‘ angelehnten hybriden Orte verbinden Produktion mit Wohnen, Wissenschaft und Freizeit, um dem Klimawandel zu begegnen und bis 2045 klimaneutral zu werden.

Weltweit haben Unternehmen in den vergangenen Jahrhunderten neue Wohnprojekte umgesetzt, um Arbeitskräfte näher an die physische Arbeitsstätte und alle Abteilungen näher zusammen zu bringen. So entstand in den 1930ern die „Großsiedlung Siemensstadt“ für 13.000 Einwohner mit knapp 1.400 Wohnungen, an deren Entwurf unter anderem der Bauhaus-Leiter Walter Gropius beteiligt war. Bis heute ist es der größte Fertigungsstandort von Siemens weltweit.

Die Großsiedlung Siemensstadt wurde im Juli 2008 als eine von sechs Siedlungen der Berliner Moderne in die UNESCO-Liste des Weltkulturerbes aufgenommen Bild: Chris Fessel

Nun, im neuen Jahrtausend, folgt das Update. Mehr als 600 Millionen Euro haben Siemens und die Stadt Berlin ausgegeben, um das zu schaffen, was das Unternehmen „Siemensstadt 2.0″ nennt. Ein „Smart City”-Projekt, mitten in Berlin-Spandau, wo Forschungseinrichtungen, Start-ups, Logistikzentren und eine neue Produktionsstätte auf erneuerbare Energien, digitale Infrastrukturprodukte und kurze Wege treffen. Ein Smart District, der CO2-neutral arbeitet, die Grenzen zwischen traditionell nebeneinander stattfindenden Lebensbereichen überbrückt und Forschung, Technologie, Innovation und das Arbeiten, Produzieren und Wohnen miteinander vereint.

Dabei wurden innovative Mobilitätskonzepte und Lösungen des Klimaschutzes genauso eingebracht wie Möglichkeiten der Digitalisierung, wie z.B. das Internet of Things oder Künstliche Intelligenz. Eine Stadt, die für den Menschen – und nicht für Autos – gemacht und ein Werkzeug gegen den Klimawandel ist und auf dem New Bauhaus-Gedanken aufbaut. Die Stadt wird zum Hybrid.

Die Stadt als Werkzeug gegen den Klimawandel

Jeder Bestandteil dieser hybriden Stadt hat mindestens zwei Funktionen: den Menschen einen lebenswerten Lebensraum zu bieten und die Erde als Lebensraum zu erhalten. Die Häuserfassaden wirken wie eine grüne Lunge und fangen CO2 ein, vertikale Gärten an den Häusern reinigen die Luft, liefern Nahrung und kühlen das gesamte Gebäude. Leerräume in Gebäuden sind so konzipiert, dass ein natürlicher Luftstrom entsteht und die Benutzung von Klimaanlagen und Heizungen reduziert wird.

Das Tageslicht wird umgelenkt und so tief wie möglich in das Gebäude geleitet, um den Bedarf an Kunstlicht und damit Strom zu reduzieren. Die Dächer und Straßen sind mit Solaranlagen ausgestattet, die die Smart Grid-Stadt mit Energie versorgen. Regenwasser wird aufgefangen, genutzt und anschließend durch einen Pflanzenfilter gereinigt. Berlin wird zur Speicherstadt, die gegen Dürreperioden im Sommer Wasser speichert und nach und nach an die Umwelt abgibt. Alle verwendeten Materialien sind recycelbar oder kompostierbar und erhalten am Ende ihrer Nutzung ein neues Leben.

Und: Urbanität beinhaltet längst nicht mehr nur Städte. Auch Dörfer werden urban, denn schnellere Anbindungen durch Hochgeschwindigkeitszüge und Drohnen sowie digitale und immersive Teilhabe an Kultur, Wissen und Information ermöglichen Urbanität auch im ländlichen Raum. Jedes Haus produziert Strom über Photovoltaik-Anlagen und kann diese Energie speichern. Solcherart vernetzte Landstriche, die durch die Linse eines europäischen Bauhauses entwickelt wurden, werden zu einem neuen Spielfeld der digitalen, hybriden Moderne.

Diese Lebenswelt ist so gestaltet, dass alle Technologien zusammenarbeiten, um dem Menschen und dem Planeten optimal zu dienen. Die Erfüllung des Glaubens an einen „Bau der Zukunft, der alles in einer Gestalt sein wird”, von dem das Bauhaus Anfang des vergangenen Jahrhunderts träumte, wird in der Stadt der Zukunft zur Wirklichkeit – hier haben alle Disziplinen zusammengearbeitet, um eine neue, hybride und klimaneutrale Stadt zu schaffen.

Weiterlesen Hybride Menschen springen zwischen Metaverse und der realen Welt hin und her
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Edouard Duvernay
Kompendium: Hybrid Life

Hybride Menschen springen zwischen Metaverse und der realen Welt hin und her

Kompendium: Hybrid Life

Hybride Menschen springen zwischen Metaverse und der realen Welt hin und her

Bild: Dynamic Wang

Die Fähigkeit, hybrid zu denken, hat uns weit gebracht. Jetzt kommt der nächste Schritt in unserer Evolution: Man nehme einen Menschen und ein Brain-Computer-Interface (BCI). Heraus kommt ein Cyborg, der mehr ist als Mensch und Computer: Ein hybrider Mensch, der gleichzeitig in der realen Welt und im Metaverse lebt.

Siemensstadt 3.0. im Jahr 2084, ein Besuch bei Familie XY.

Über Nacht wurde das neueste Sicherheits-Update gegen Hackerangriffe auf das BCI installiert, dann weckt das Haus seine Bewohner, indem es die Jalousien öffnet und sanfte Musik abspielt. Jedes Familienmitglied hört zum Aufwachen seinen aktuellen Lieblingssong in seinem Kopf, den die KI aus seinen Vorlieben errechnet hat.

Morgens weckt das Haus die Bewohner, indem es die Jalousien öffnet und sanfte Musik abspielt. Jedes Familienmitglied hört zum Aufwachen seinen aktuellen Lieblingssong in seinem Kopf, den die KI aus seinen Vorlieben errechnet hat. Bild: Samuel Rios

Die Kinder von Familie XY haben heute keinen Präsenzunterricht, also können sie etwas länger schlafen und ihr BCI, zusammen mit dem Hausroboter, hat ihnen ihre Loungewear für den Online-Unterricht im Metaverse herausgelegt. Präsenzunterricht ist vor allem dann, wenn die Kinder Sport, Kunst oder Musik haben. Sonst können sie frei wählen, ob sie physisch in die Schule wollen oder lieber im Metaverse-Klassenzimmer bleiben, solange sie ihren Schulscore über einem bestimmten Wert halten. Dieser errechnet sich aus der erlernten Materie, der Zeit, die die Kinder investieren, um pädagogische Inhalte zu konsumieren – dazu gehören auch VR-Lernspiele – und dem Social Score, der misst, ob ein Kind eine angemessene soziale Interaktion on- und offline pflegt. Die meisten bevorzugen E-Learning und soziales Zusammensein im Metaverse, aber es gibt auch zahlreiche Lern- und Spielmöglichkeiten in jedem Wohnquartier, wo Kinder, die sich körperlich austoben wollen, willkommen sind und eine sich regelmäßig verändernde Erlebnislandschaft erkunden können.

Während die Kinder sich noch die Zähne putzen – sie müssen mit ihren Putzbewegungen fliegende VR-Angreifer abwehren, die sie auf ihrem BCI sehen – und sich umziehen, verwandelt sich das hybride Kinderzimmer vom Schlafraum in ein Arbeitszimmer. Simone und Hanno sehen jeweils ihre Klassenkameraden vor sich auf ihrem BCI und hören über das BCI ihre Lehrer. Simone hat für ihren Schul-Avatar einen ultracoolen Look ausgewählt, der an eine Schlaghose und ein Band-T-Shirt aus dem 20. Jahrhundert erinnert, Hannos Avatar trägt ein elegantes Abendkleid. Im echten Leben tragen sie beide bequeme Loungewear, die ein bisschen an Jogginghose und Hoodie erinnern, aber gleichzeitig die Gesundheit überwachen, die Versorgung mit Vitaminen und Mineralstoffen messen, Energie speichern und, je nach Außentemperatur, kühlen oder wärmen.

Ihre Mutter ist ebenfalls auf der Arbeit angekommen, ohne körperlich das Haus verlassen zu haben: Johanna ist Happiness Managerin bei einem Lernspiel-Anbieter. Ihr Job besteht darin, mit ihren Kolleg:innen zu sprechen und herauszufinden, was das Unternehmen tun kann, damit sie glücklich und kreativ bleiben. Außerdem plant sie Firmenevents, zu denen sich das Team regelmäßig IRL trifft. Besonders beliebt sind die wöchentlichen Yogakurse. Außerdem kümmert sie sich um die Lunch-Bestellungen, die dann alle zusammen mit ihren Familien Zuhause oder in einem Lunchroom des Metaverse verspeisen. Heute hat sich das Team schon auf Pizza geeinigt, also gibt sie eine Bestellung für alle Kolleg:innen und ihre Kinder auf. Lieferdienste sind automatisiert und haben Lieferdrohnen mit Öfen, die auf dem Weg zur Auslieferung die Pizzen frisch zubereiten, sodass alle gleichzeitig ihre Pizza bekommen.

Während die Kinder sich noch die Zähne putzen verwandelt sich das hybride Kinderzimmer vom Schlafraum in ein Arbeitszimmer. Bild: Mark Chaves

Hybride werden Menschen und Menschen werden hybride

Es ist nur ein kleiner Ausschnitt aus dem Leben dieser Familie, doch zeigt es, welche Möglichkeiten in der Verschmelzung zwischen Technologie und Mensch liegen.

Für die Familie ist das Brain-Computer-Interface ein natürlicher Teil ihres Körpers. Selbst die Mutter Johanna kann sich kaum noch an eine Zeit erinnern, in der sie auf einem Gerät Dinge eintippen oder eine Spracheingabe nutzen musste. Das Metaverse ist ihr natürlicher Lebensraum geworden. Vielleicht klingt es aus unserer heutigen Sicht befremdlich. Wobei doch ein Leben in einer Höhle oder selbst in einem unbeheizten Steinhaus ebenfalls befremdlich klingt, oder? Eins ist sicher: An jede hybride Designlösung, an jede neue Stufe der Hybridisierung passt sich der Mensch schnell an und kann dadurch nicht mehr ohne ein Verlustgefühl zurück.

„Der Hybrid oder das Zusammentreffen zweier Medien ist ein Moment der Wahrheit und der Offenbarung, aus dem eine neue Form geboren wird”, hieß es im ersten Kapitel dieses Kompendiums in den Worten von Marshall McLuhan. Die Spezies Mensch hat durch die Verschmelzung mit dem BCI einen Entwicklungsschritt gemacht, der so unumkehrbar ist, wie die Erfindung des Buchdrucks oder des Smartphones. Wir sehen die Welt anders, nachdem wir sie durch ein BCI betrachtet haben. Hybride sind auf unserer evolutionären Reise nicht mehr nur Begleiter und Hilfswerkzeuge, um unsere Welt und damit auch uns zu verändern – sie sind wir selbst.

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