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Short Q

Ein Schloss kommt selten allein

„My Home is my Castle” hat Edward Coke (1552–1634) gesagt. Dass jetzt eine türkische Immobilienfirma im Nordwesten der Türkei ca. 600 Miniatur-Königsschlösser für genau diesen Zweck baute, konnte der englische Jurist und Politiker natürlich nicht ahnen. Investoren für diesen Schlösser-(Alb)Traum gibt es vorerst jedoch nicht genug.

Jetzt steht knapp die Hälfte der Schloss-Häuser in Burj al Babas leer – unverkauft lohnt es sich vorerst nicht, an dem Projekt weiterzubauen, zumal sich die Nachbarstadt Mudurnu dagegen zu wehren versucht. Mittlerweile hat sogar ein Gericht einen Bausstopp verordnet. Die Architektur des inzwischen 200 Mio. Dollar teuren Bauvorhabens passe nicht zu der der denkmalgeschützten Altstadt des Ortes, mit der sich dieser gerade um einen Platz auf der Liste für das UNESCO­–Weltkulturerbe bewirbt.

Das Projekt droht als Geisterstadt zu enden. Wundern würde es wahrscheinlich kaum einen. Denn der Anblick der Schloss-Reihenhäuser wirkt in der Tat alles andere als verlockend. Kann sich die Magie eines Schlosses architektonisch doch erst dann entfalten, wenn es für sich alleine steht und nicht, wie im Fall der Burj al Babas, zum durchschnittlichen Reihenhaus herabgesetzt wird. Es scheint daher nicht verwunderlich, dass Investoren für dieses Bauprojekt bislang ausblieben.

Der Wohntraum wird zur Geisterstadt! Photo: Burj Al Babas Thermal Resort Facebook-Page.

Das Märchenschloss als Sinnbild für die absolute Traumresidenz

Schlösser waren in Märchen das Herzstück einer jeden Stadt, eines jeden Landes: einzigartig, schön und prachtvoll. Auch der »Märchenkönig« Ludwig II. von Bayern (1845–1886) baute sich ein Schloss nach dem anderen – mit dem Zweck, jedes vorher Dagewesene zu übertrumpfen. Individualität war (und bleibt) das Stichwort. Denn trotz klar erkennbarer Stilrichtungen, welche jedes Schloss mit den anderen in Beziehung setzen mag, ist doch jedes für sich einzigartig und wunderschön.

Und die Burj al Babas? Das Schloss als Zuhause ist da, die Individualität jedoch fehlt. Und welcher Schlossherr möchte gerne nach seinem Schloss unter Hunderten von anderen suchen müssen? Das Video eines Drohnenflugs über die zahlreichen gleichen Schlösser ging im Netz viral und wurde innerhalb kurzer Zeit zum veritablen Klickhit. Doch was passiert jetzt nach all dem digitalen Spott mit der modernen Luxus-Märchenstadt Burj al Babas? Zumindest bleibt sie ein Sinnbild für eine Gesellschaft, in der Träume zu industriell produzierten Massenprodukten gemacht und in der Folge zu Wegwerfartikeln degradiert werden – ungeachtet der Konsequenzen: Denn wenn das Bauprojekt wirklich als Geisterstadt endet, wurde die ehemals unberührte Natur unwiderruflich verschandelt – aufgrund der Profitgier ideenloser Investoren.

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