2007 schloss sich in Berlin ein Team aus Forschern zusammen, um am Google Lunar X-Prize teilzunehmen. Der Wettbewerb war mit einem Preisgeld von insgesamt 30 Millionen Dollar dotiert, Ziel war die erste private Mondlandung im März 2018. Wie so oft in der Raumfahrt, konnten die angestrebten Ziele aufgrund verschiedener Komplikationen nicht eingehalten werden. Google vergab Teilpreise, erklärte den Wettbewerb aber für beendet, als offenbar wurde, dass keines der Forscher- und Entwicklungsteams eine Raumfahrt zum Mond bis Ende März 2018 wahr machen könne.
Das Berliner Forscherteam wollte es damit nicht auf sich beruhen lassen und gründete die Part-Time Scientists GmbH (Eigenschreibweise: PT Scientists). Auf der Suche nach Geldgebern fanden sie im Automobilhersteller Audi einen Hauptsponsor, 2017 kam Vodafone dazu. Die beiden Firmen treten hingegen nicht nur als Sponsor auf, auch ihre “Schlüsseltechnologien” sollen zum Einsatz kommen. Deshalb trägt das Raumfahrzeug zur Erkundung des Mondes auch keinen so hoffnungsvollen Namen wie Curiosity oder Opportunity. Die Marketingstrategen haben sich stattdessen entschieden, die Dinge nüchterner zu betrachten: Der Audi Rover heißt Luna Quattro, was übersetzt Mond Vier bedeutet. Und Vodafone? Die installieren ein LTE-Netz auf dem Mond, damit die Landestation und die zwei Luna Quattro Rover reibungslos kommunizieren können.
Jetzt hat PT Scientists den nächsten Coup gelandet und das Red Bull Media House als exklusiven Medienpartner verpflichtet. Im sogenannten Projekt Stratos hat der Energydrinkhersteller 2012 den Fall des Basejumpers Felix Baumgartner aus 39 Kilometer Höhe initiiert, finanziert und als großes Medienevent inszeniert. Deshalb ist sich der CEO von PT Scientists Robert Boehme auch sicher, dass die Red Bull Media House die erste private Mondlandung zum historischen Moment machen kann. Vorgesehen ist, das Ereignis live auf diversen Plattformen und Geräten zu übertragen, im Anschluss einen Doku-Dreiteiler zu veröffentlichen, Printprojekte zu launchen und Musikevents zu veranstalten. Das lief bei Projekt Stratos bereits ganz ähnlich.
Wie der Medienmagazin Horizont mutmaßt, wird das Audi gar nicht gefallen. Die hatten für ihr Content-Marketing bereits selbst große Geschütze aufgefahren. Der Bestseller schreibende Wissenschaftsthrillerautor Frank Schätzing moderiert hier ein aufwendig produziertes Filmchen, dass als Mischung aus Science-Fiction-Piece, Galileo-Beitrag und Imagevideo daherkommt und mit vollmundigen Versprechungen nicht hinterm Berg hält:
Um den Clip kurz Zusammenzufassen, rettet Audi mit seinen Partnern die Welt und die Zukunft der Menschheit. Bescheiden! Was der jetzige Plan tatsächlich vorsieht, klingt weniger aufsehenerregend: Der sieht vor, 2019 zwei Rover auf der Landestelle der Apollo 17, des letzten bemannten Mondflugs, zu schicken und dort nach dem Rover aus dem Jahre 1972 zu suchen.
Dass Privatunternehmen es sich zur Aufgabe gemacht haben, den Weltraum zu erforschen, ist nach den Space-Projekten von Startup-Star Elon Musk und Amazon.com-Gründer Jeff Bezos nichts Neues mehr. Die Strategie von PT-Scientists, sich von Privatunternehmen sponsorn zu lassen, die dann im Gegenzug dem ganzen Unterfangen ihren Markenstempel aufdrücken können, hat jedoch eine andere Qualität. Sie erinnert an einen Tagtraum des Erzählers in David Finchers Fight Club (1999):
When deep space exploration ramps up, it’ll be the corporations that name everything, the IBM Stellar Sphere, the Microsoft Galaxy, Planet Starbucks.