Durch die Schrift werden Versprechen zu Verträgen und erhalten ihren rechtlichen Rahmen.
Am Anfang galt nur das Wort – das Ehrenwort. Wenn zwei sich etwas versprechen, befinden wir uns schon auf dem Weg zum Vertrag. Aus diesem Blickwinkel betrachtet gibt es Verträge vermutlich schon, seit Menschen überhaupt kommunizieren können. Vielleicht gibt es sie sogar unter Tieren, die sich wechselseitig helfen, so wie man es unter anderem bei Elefanten, Delfinen, einigen Affenarten und sogar Elstern beobachtet hat. Sobald nicht mehr nur jeder für sich sorgt und Arbeit geteilt wird, kommt es ganz von alleine zu vertragsähnlichen gegenseitigen Verpflichtungen.
Formalisiert wurden diese Versprechen und Kooperationen erst viel später, nämlich mit dem Medium der Schrift. Bereits in den frühesten Gesetzestafeln finden sich Abschnitte zu Verträgen, etwa in den babylonischen Gesetzessammlungen des Hammurapi, die auf das 18. Jahrhundert vor Christus datiert werden. Verträge zwischen Privatpersonen sind aus der nächsten Nachbarschaft Babylons überliefert, nämlich aus dem Alten Testament, Moses I.22, zwischen Abraham und Abimelech. Historisch lässt sich das nicht belegen, aber in etwa zur selben Zeit, also um die Jahrtausende vor Christus, gründeten die Phönizier ihre Handelsstädte am östlichen Mittelmeer. Reich wurden sie durch den Handel – und ihre Macht sicherten sie nicht etwa mit Armeen und Kriegen, sondern mit wechselseitigen Verträgen.
Der erste bilaterale Vertrag
Einer dieser Verträge führt uns zum Geburtsort des heutigen Vertragsrechts. Im Jahre 508 vor Christus schloss die phönizische Stadt Karthago den ersten bekannten bilateralen Vertrag – und zwar mit der Stadt Rom. Die Karthager zogen die Römer dabei über den Tisch und sicherten sich weitreichende Handelsvorteile im westlichen Mittelmeer.
Doch die Römer lernten bald dazu und entwickelten das Vertragsrecht in vorher nie erreichter juristischer Gründlichkeit. Sie unterschieden zwischen dem einfachen Konsensualvertrag, bei dem zwei Parteien sich einigen; dem Realvertrag, der erst gilt, wenn etwas gegeben wurde; dem auf einem Schriftakt begründeten Litteralvertrag und im Gegensatz dazu dem Verbalvertrag, bei dem nur eine Formel gesprochen wurde. Diese beginnt beispielsweise mit: „Willst du …“.