Im Alten Ägypten wurde sehr nachhaltig gewirtschaftet. In einer Zeit begrenzter Ressourcen war es die logische Konsequenz, das gesamte System auf Wiederverwendung statt auf Verschwendung auszurichten.
Prunkvolle Paläste und Gräber, majestätische Pyramiden und ein riesiges Reich: Wer an das Alte Ägypten denkt, dem kommt vermutlich ausschweifender Luxus auf den Schultern unzähliger Sklaven in den Sinn. Doch dieses Bild ist falsch.
Die Annahme, dass tausende Sklaven die Pyramiden errichteten, stammt von Herodot. Der griechische Historiker und Forschungsreisende besuchte Ägypten um 450 v. Chr., immerhin 2.000 Jahre nach der Errichtung der großen Pyramiden. Er fiel auf antike Märchen rein: Erbaut wurden die Pyramiden tatsächlich von regulären Arbeitern, die größtenteils direkt bei den Pyramiden lebten.
Auch Prunk und Verschwendungssucht waren kleiner, als es uns Hollywood oder Asterix und Obelix vorspielen. Tatsächlich wurden kaum Ressourcen verschwendet: Was nicht niet- und nagelfest war, wurde recycelt. Metall- und Glassammler zogen durch die Stadtstraßen des Alten Ägyptens und verkauften anschließend die wertvollen Materialien. Schließlich wurden die Rohstoffe eingeschmolzen und verarbeitet.
Kreislaufwirtschaft war selbstverständlich
Neben der hauptsächlichen Verwendung pflanzlicher Materialien lieferten vor allem die horrenden Rohstoffpreise einen Anreiz, Recycling zu betreiben. Wäre Papyrus nicht so teuer gewesen, hätte man keine Tonscherben als Ersatz genutzt. Auch Metalle und Glas waren viel zu wertvoll, um sie nach einmaligem Gebrauch einfach zu entsorgen.
Auch zwischen verschiedenen Völkern und über verschiedene Epochen hinweg wurde deshalb re- und upcycled. Säulen, die zu Beginn der Antike im Römischen Reich oder im Antiken Griechenland errichtet wurden, verwendete man in der Spätantike wieder, ordnete sie etwa zu neuen Formationen. Die Expertin für Kreislaufwirtschaft Phoebe Blackburn meint dazu: „Die Gallier im heutigen Frankreich waren besonders pfiffig: Sie nutzten die alten Amphoren der römischen Besetzer, um Wein oder Olivenöl aufzubewahren. Die Römer selbst waren hingegen oft weniger motiviert zu recyceln.” Daran zeigt sich: Recycling, also das Wiederverwerten bereits verarbeiteter Ressourcen, entstand in der Antike eigentlich aus der Not heraus.
So fand auch der Bau von einfachen Wohnhäusern in der damaligen Zeit ökologisch betrachtet, deutlich nachhaltiger statt: Über lange Zeit wurde ausschließlich mit vergänglichen Materialien gebaut. Einfache Wohnhäuser, aber auch Paläste oder Villen, wurden mit getrockneten Nilschlammziegeln erbaut. Der Schlamm wurde mit Stroh vermengt und von der Sonne getrocknet. Ohne Probleme ließen sich diese ausbessern oder wiederverwenden. Doch ohne Pflege hielt das flexible Baumaterial nicht lange stand. Schnell zerfiel es wieder in seine Bestandteile und wurde damit der Umwelt zurückgeführt.
Tonscherben statt Papyrus
Es ist trügerisch, nur die Gebäude für das Alte Ägypten sprechen zu lassen, die wir heute noch sehen können. Denn sie vermitteln ein Bild des Prunks und Protzes. Tatsächlich waren die meisten Ägypter allerdings arm und lebten in entsprechend einfachen Verhältnissen. Es waren also nicht die steinernen Pyramiden, die das damalige Stadtbild bestimmten, sondern Nilschlammhäuser. Nicht steinerne Hieroglyphen und Papyrusrollen wurden vornehmlich zum Schreiben genutzt, sondern Tonscherben. Auch wenn dies nicht im Sinne der meisten Ägypter war, die Umweltbelastung war dadurch sehr gering.
Der Blick in das Alte Ägypten zeigt: Die Kreislaufwirtschaft war einer der ersten Wirtschaftsformen des Menschen. Über lange Zeiträume hinweg bestand der Großteil dessen, was er baute oder herstellte, aus leicht abbaubaren Materialien. Die wenigen Paläste, Werkzeuge, Waffen, Münzen oder Gefäße waren eher die Ausnahme, als die Regel. Fell wurde mit Harnstoff zu Leder gegerbt. Gefärbt wurde es mit Pflanzensäften. Nicht abbaubare Müllreste konnten sich nicht in großen Mengen ansammeln – die Gefahr, riesige Müllberge anzuhäufen, bestand damals also nicht. Doch das sollte sich noch radikal ändern.