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Kompendium: Urbane Mobilität

Im Jahr 2046 leben die Menschen in Gemeinschaften, in denen sie sich lokal versorgen können. Mobilität dient vor allem der Lebensfreude.

Kompendium

Die Zukunft der Bewegung ist auch die Zukunft unserer Städte. Doch grenzenloses Wachstum ist nicht effektiv – grenzenlose Verdichtung nicht möglich. Mobilität in urbanen Räumen braucht Innovation. Bis irgendwann die Stadt nicht mehr als solche zu erkennen sein wird.

Kompendium: Urbane Mobilität

Die einst größte Stadt der Welt war ziemlich klein. Das alte Babylon gilt als Beispiel für ein Phänomen, das alle Stadtzentren prägte: War ein Ort nicht an einem Tag zu Fuß erreichbar, war dieser einfach zu weit weg.

Kompendium: Urbane Mobilität

Mit der Industrialisierung stieg der Bedarf an Arbeitskräften. Damit wuchs aber in den Zentren auch der Innovationsdruck auf den ÖPNV. Vor allem London war auf eine Lösung für sein Verkehrsproblem angewiesen.

Kompendium: Urbane Mobilität

Städte wachsen. Weltweit nimmt das Ausmaß der Urbanisierung zu. Das erhöht die Herausforderungen an die Stadtmobilität. Amsterdam, Kopenhagen, Singapur und San Francisco machen vor, wie gute Verkehrssteuerung funktioniert.

Kompendium: Urbane Mobilität

Mehr Bahnen, viele Fahrradfahrer, nachhaltige Antriebe: Die Stadtmobilität ist in Bewegung. Junge Unternehmer*innen haben schon Ideen, wie es danach weitergehen soll.

Kompendium: Urbane Mobilität

In den Straßen von Babylon: Das größte Labyrinth der Welt

Kompendium: Urbane Mobilität

In den Straßen von Babylon: Das größte Labyrinth der Welt

Was nicht an einem Tag zu Fuß erreichbar war, war zu weit weg. Das Herz der Stadt war deshalb ein dicht besiedeltes Areal von knapp vier Quadratkilometern. Bild: The University Library of Austin, Texas.

Die einst größte Stadt der Welt war ziemlich klein. Das alte Babylon gilt als Beispiel für ein Phänomen, das alle Stadtzentren prägte: War ein Ort nicht an einem Tag zu Fuß erreichbar, war dieser einfach zu weit weg.

2,5 Kilometer lang, 1,5 Kilometer breit, in der Mitte getrennt durch den Fluss Euphrat: In seiner Blütezeit war Babylon die größte Stadt der Welt – und dabei nach heutigen Maßstäben dennoch ziemlich klein. Doch viel mehr Fläche konnten sich die Metropolen der alten Zeit nicht erlauben. Sie wären in jeder Hinsicht unbeherrschbar geworden. Die urbane Mobilität war der limitierende Faktor: Was nicht an einem Tag zu Fuß erreichbar war, war zu weit weg.

Das Herz der Stadt war deshalb ein dicht besiedeltes Areal von knapp vier Quadratkilometern. Es war damit in etwa so groß wie der Englische Garten in München, etwas größer als der Central Park in New York. Mit anderen Worten: nicht groß. Außerhalb der inneren Stadtmauern lag fruchtbares Land mit Gärten für Früchte und Gemüse, Gerstenfelder und, natürlich, Dattelpalmen. Auch im Umland lebten Menschen, jedoch nicht so dicht gedrängt wie in der Stadt.

Der Assyriologe Friedrich Delitzsch beschreibt Babylon als Labyrinth. Bild: US Navy

Konkurrenz in den Straßen

Bevor es Städte gab, folgten die Menschen ihren Nahrungsquellen. Später orientierten sie sich an den Gottheiten und der Möglichkeit, sich ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Der Bewegungsradius wurde kleiner. „Der Mensch der Vorgeschichte war Fußgänger“, schreibt der Historiker Winfried Reinhardt in seiner „Geschichte des öffentlichen Personenverkehrs“. Was sie erreichen müssen, um sich und ihre Familien zu versorgen, müsse sich in einem Radius von etwa zwei Kilometern befinden. Dabei dürfen wir aber nicht die langen, geraden Wege über weite Steppen, Felder oder befestigte Straßen im Kopf haben: Schutt oder Pflasterstraßen, dichtes Gedränge und die Konkurrenz von Menschen und Warentransport prägten die Wege.

Die Menschenmassen und der bisweilen schlechte Untergrund erschwerten es den Priestern, Gottesbilder sicher vor die Mauern des Tempels zu ziehen. Zu groß war die Gefahr, dass ein Wagen kippte und die Kultstatue zerstört wird. Zur Lösung experimentierten die alten Babylonier mit den Vorgängern von Schienen. Sie schlugen Spurrinnen in den Stein, zum Beispiel vor dem Ishtar-Tempel. Ähnliche Vorläufer der Schienen befinden sich auch in alten griechischen Städten, beschreibt Neuburger.

„Der Mensch der Vorgeschichte war Fußgänger“, schreibt der Historiker Winfried Reinhardt in seiner „Geschichte des öffentlichen Personenverkehrs“. Bild: Wikimedia Commons, Autor: Unbekannt.

Die Lösungen der Stadtplaner

Ausgrabungen belegen, dass schon im alten Babylon Stadtplaner am Werk waren. Die Stadt ist also alles andere als zufällig gewachsen: Zielorientierte Planung war auch für die Menschen Mesopotamiens wichtig. Um dem Gewimmel Herr zu werden und die Fortbewegung zu beschleunigen, schufen die Planer ein praktikables Wegenetz.

„Babylons Stadtplanung, soweit sie aus den verschiedenen Epochen bekannt ist, zeigt eine Mischung aus organischem Wachstum und Planung“, schreibt der Assyriologe Olof Pedersén. Ausgrabungen legten Straßenzüge frei, die schachbrettartig geplant sind. Dies ist ein Merkmal, das in vielen Städten Mesopotamiens zu finden ist. Pedersén schränkt jedoch ein, dass dies vor allem für die Gebiete mit mehr öffentlichen Gebäuden gelte. In Gegenden mit Privathäusern finden sich mehr Hinweise auf gewachsene Strukturen.

Der Assyriologe Friedrich Delitzsch beschreibt Babylon als Labyrinth. Nicht weil die Straßen willkürlich angeordnet wären, schließlich verlaufen sie alle gerade, so zitiert ihn Neuburger. Schuld sei vielmehr die Einheitlichkeit, die es erschwere, einen Weg durch die langen Häuserreihen zu finden, falls man nicht aus der Stadt stammte.

Eine frühe Form der Stadtautobahn

Für die Bewohner*innen war es dagegen praktisch: Als effiziente Schnellwege dienen zentrale Straßen, die in gerader Linie zu wichtigen Orten der Stadt führten. Babylons Prozessionsstraße führte vom Ishtar-Tor zum Palast des Königs, dann an Tempeln vorbei und zum Etemenanki, den Bibelfeste als Turm zu Babel kennen. Es gibt auch Hinweise darauf, dass für diese Prozessionsstraße etwa 700 Jahre vor Christus schon Asphalt verwendet wurde. Diese wurde mehrfach angehoben, um sie vor Überflutung zu schützen.

Neuburger geht davon aus, dass die meisten Straßen mit Schutt befestigt waren. Wenn dieser Schutt zu Staub zertreten war, brachte man neuen auf. In Babylon finden sich auch Hinweise darauf, dass die Straßen gewölbt waren, damit sich das Wasser nicht auf ihnen sammelte.

Babylons Stadtplaner waren also schon vor mehr als 3000 Jahren mit vielen der Kniffe vertraut, die auch bei heutigen Stadtplanungen zum Einsatz kommen. Und dennoch konnte die Stadt nicht überdauern. Immer wieder wurde sie von verschiedenen Mächten erobert. Unter Alexander dem Großen blühte Babylon ein letztes Mal auf. Als Alexanders Reich nach dessen Tod unter seinen Generälen aufgeteilt wurde, spalteten die Kämpfe die Stadt, woraufhin die Menschen sie verließen.

Babylons Stadtplaner waren schon vor mehr als 3000 Jahren mit vielen der Kniffe vertraut, die auch bei heutigen Stadtplanungen zum Einsatz kommen. Bild: Wikimedia Commons. Illustrator: William Simpson.

Nadelöhr Flussüberquerung

Auch um die Nutzung der Brücken wurde konkurriert. Städte siedelten sich oft an Flüssen an, weil diese für den Transport von Gütern so entscheidend waren. Das machte die Grundstücke am Rand besonders begehrt. Der Euphrat war mit gigantischen Mauern befestigt, 8 bis 10 Meter breit, etwa 25 Meter hoch. Sie dienten der Verteidigung gegen Feinde und sollten gleichzeitig verhindern, dass der Fluss bei Hochwasser über seine Ufer trat. Wer ihn überqueren wollte, nutzte oft die einzige Brücke, denn der Euphrat war ein unzuverlässiger Wasserweg, wie es die Geografin Ellen Churchill Semple im Jahr 1919 beschrieb. Mal führte er kaum Wasser, mal war die Strömung so stark, dass Boote drohten, abgetrieben zu werden.

Die Brücke gilt laut dem deutschen Technikhistoriker Albert Neuburger als sehr früher Beweis von echter Brückenbaukunst. Getragen wurde sie von Steinpfeilern, die Breite schätzt er auf knapp zehn Meter. Ein Nadelöhr ist sie dennoch: Wer auf die andere Seite und wieder zurückgelangen möchte, teilt sich diesen Weg mit allen anderen Stadtbewohnern.

Ins Reich der bislang unbewiesenen Mythen gehört die Idee, dass die Babylonier einen Tunnel unter dem Euphrat gegraben haben. Vielleicht gab es einen, vielleicht auch nicht, wir wissen es nicht. Der erste Tunnel unter einem Fluss, von dem wir definitiv wissen, ist der Tunnel unter der Themse. Im wachsenden London des 19. Jahrhunderts wurde der Druck auf die Stadtmobilität plötzlich sehr, sehr groß. Menschen antworteten mit Innovation.

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Foto: Frank Schröder
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Die Erfindung der U-Bahn: Große Probleme führen zu großen Lösungen

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Die Erfindung der U-Bahn: Große Probleme führen zu großen Lösungen

Der Bau der Londoner U-Bahn, der ersten unterirdische Bahn der Welt, eröffnet 1863. Bild: Percy William Justyne, The Illustrated London News.

London war voll. Der Aufschwung des Viktorianischen Zeitalters löste einen bis dahin beispiellosen Verkehrsinfarkt in der englischen Hauptstadt aus. Die Menschen wurden in den Städten als Arbeiter*innen gebraucht, gleichzeitig wuchs die Bevölkerung: Von 1801 bis 1851 verdreifachte sich die Zahl der Menschen in England, Wales und Schottland annähernd, von etwa 10 Millionen auf mehr als 27 Millionen Menschen. Jeder Zehnte lebte in London, denn dort gab es Arbeit. Doch anders als antike Städte wie Babylon, konnte die Stadt nicht klein bleiben. Zu viele Menschen waren auf Wohnraum angewiesen, was eine größere Stadtfläche erforderte. Wohnraum in der Stadt wurde sehr teuer und viele Menschen mussten auf engstem Raum leben. Wer ärmer war, für den war das Leben am Rande oder außerhalb der Stadt attraktiver. Die Menschen arbeiteten jedoch in der Innenstadt oder an den Docks. Ihr Weg war also weit. Eine rein fußläufige Stadt war nicht mehr denkbar.

Eine Eisenbahnkarte der Stadt London im Jahr 1899. Bild: J.G. Bartholomew, The Pocket Atlas and Guide to London.

Und zur Arbeit mussten die Menschen erst einmal gelangen. Bahnlinien endeten am Stadtrand, Pendler*innen von außen mussten auf Fuhrwerke umsteigen oder zu Fuß gehen. Das führte dazu, dass die Straßen der Innenstadt bald verstopften. Raum für Schienen gab es in London jedoch kaum – erwünscht waren sie auch nicht. Unter die Erde auszuweichen blieb als letzte Lösung, da die Schienen aus ästhetischen Gründen oberhalb der Erde von den reicheren Gesellschaftsschichten  nicht erwünscht waren und es auch keinen Platz für sie gab.

Schneisen unterbrechen den Verkehr

Doch der Bau von U-Bahn-Tunneln war mühsam und zeitaufwendig. Die Arbeiter gruben offene Schneisen in die Erde und kleideten die Wände dann mit Pflastersteinen. Eine Gewölbedecke machte die Schneise dann zum Tunnel. In der Zwischenzeit war die Straße über der U-Bahn offen – und folglich unbenutzbar. Was dem Stadtverkehr dienen sollte, brachte ihn so also für Jahre zum Erliegen, denn der Bau dauerte lange. Zudem hatten Londoner Bürger Angst, dass die Vibrationen der Züge ihre Häuser zum Einsturz bringen könnten.

Doch der Druck blieb. London war auf eine Lösung für sein Verkehrsproblem angewiesen. Zu beiden Seiten der Themse wuchs die Auslastung der Docks, die Unternehmen waren schon deshalb auf eine effiziente Verbindung angewiesen.

Der Bau von U-Bahn-Tunneln war mühsam und zeitaufwendig. Bild: Wikimedia Commons

Am 10. Januar 1863 eröffnete in London die erste U-Bahn-Strecke der Welt. 38.000 Menschen probierten die U-Bahn von Paddington nach Farringdon aus – und wirklich begeistert waren sie nicht. Der Tunnel war verqualmt und die Luft unerträglich. Die Zeitung „The Times“ bezeichnete die Fahrt als Folter.

Trotzdem wurden schon bald weitere U-Bahn-Tunnel gebaut, zunächst im bekannten „cut-and-cover“-Verfahren, bei dem zunächst von der Oberfläche gegraben wurde. Später, mithilfe von neuen Technologien, konnten die Arbeiter echte Tunnel graben, sodass das Verkehrschaos an der Oberfläche in der Zwischenzeit zumindest nicht schlimmer wurde.

Am 10. Januar 1863 eröffnete in London die erste U-Bahn-Strecke der Welt. Die Zeitung „The Times“ bezeichnete die Fahrt als Folter. Bild: Wikimedia Commons.

Elektrizität ist der Antrieb der Wahl

Mit den modernen Mitteln des Tunnelbaus folgten bald weitere U-Bahn-Tunnel durch die Stadt und in die Außenbezirke. Die ersten Züge waren noch dampfbetrieben und es galt ein Rauchverbot. Die Passagiere  beklagten beides. So wurden Raucherwaggons eingeführt und statt auf Dampflokomotiven auf elektrische Antriebe gesetzt. Walter Siemens hatte sie 1879 vorgestellt, ab 1890 waren sie auch in London unterwegs.

Öffentliche Verkehrswege müssen nicht nur effektiv und komfortabel sein. Auch die Finanzierung entscheidet darüber, ob ein System für eine Stadt funktioniert. Deshalb ist eine effektive Stadtmobilität abhängig von guten Ideen, ebenso wie von Organisation und gutem Management. Einen Tunnel zu graben reicht nicht. Wer den Verkehr in Städten steuern möchte, braucht ein zukunftsfähiges Konzept.

Weiterlesen Diese Städte sind heute Vorbilder für neue Mobilitätskonzepte
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Foto: Frank Schröder
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Diese Städte sind heute Vorbilder für neue Mobilitätskonzepte

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Diese Städte sind heute Vorbilder für neue Mobilitätskonzepte

Singapur ist der absolute Vorreiter bei dem Thema Smart Cities. Foto: Björn Strausmann

Bewegung braucht Platz. Und lange Zeit bedeutete das für die Städte: Straßen müssen breiter werden, alles andere muss weichen. Für Radwege ist vielerorts kein Platz – oder sie teilen sich Raum mit Parkflächen, was oft genug lebensbedrohlich ist. Busse, Autos und LKW verqualmen die Zentren, Menschen sind enger zusammen, als sie es sein wollen. Tramschienen werden zur Falle für Radfahrer, Lastenräder zum Hindernis und wer zu Fuß geht, der gilt als Hindernis. Gleichzeitig werden durch Parkflächen Verkehrsräume blockiert, ohne dass sich überhaupt jemand bewegt.

Konkurrenz prägt die Fortbewegung in der Stadt. Dabei steht die Fläche, die einem Verkehrsmittel zugestanden wird, meist im umgekehrten Verhältnis zur Effizienz: In Autos sitzen wenige Menschen, doch die Straßen sind breit. Fahrräder und der öffentliche Nahverkehr könnten viel mehr Menschen auf viel weniger Raum sicher und ökologisch nachhaltig ans Ziel bringen –doch die Radwege sind schmal. Der motorisierte Individualverkehr nimmt zu viel Platz weg und belastet die Umwelt. Bewegen sich Massen von Menschen ohne kluge Steuerung durch die Städte, droht der Verkehrsinfarkt: Alles steht still oder quillt zähflüssig durch alte Straßen, Stress und Aggression nehmen zu.

Der motorisierte Individualverkehr nimmt zu viel Platz weg und belastet die Umwelt. Foto: Jacek Dylag.

Diese Städte dienen als Vorbilder kluger Verkehrspolitik

Schon jetzt sehen wir, dass Verkehrssteuerung anders geht. Klüger. Ausgerichtet auf Nachhaltigkeit und mit den Menschen im Mittelpunkt. Einige Städte sind zu Vorbildern für eine kluge, vorausschauende und menschenfreundliche Verkehrspolitik geworden. Entscheidend sind dabei nicht die plakativen Bauprojekte: wagemutige Brücken, kurze Abschnitte von Radwegen oder elegant geschwungene Pfade. Sie sehen auf Fotos beeindruckend aus, ändern am Verkehrsgeschehen aber nur wenig. Erfolgreich sind Smart Cities, wenn ihre Konzepte den Verkehr einer Stadt ganzheitlich betrachten, das Verhalten der Menschen beobachten und ihnen dabei helfen, sich flüssig und sicher zu bewegen.

Radverkehr in Amsterdam

Radfahren ist ein Trend und diverse Städte glänzen mit beeindruckenden Radwegkonstruktionen. Diese sehen auf Fotos gut aus – lenken damit aber davon ab, dass vor diesen Städten noch ein langer Weg liegt, um eine sichere Umgebung für Radfahrer*innen zu schaffen. Nicht die spektakuläre Architektur schafft eine sichere Stadt, sondern eine innovative Gestaltung der Verkehrswege.

Radfahren ist ein Trend und diverse Städte glänzen mit beeindruckenden Radwegkonstruktionen. Foto: Marc Kleen.

Ein umfassenderes Konzept hat Amsterdam umgesetzt: verkehrsberuhigte Straßen und Radwege geben Radfahrern Raum. Flankiert werden sie bereits seit 15 Jahren von Kampagnen, um insbesondere Pendler*innen zum Radfahren zu motivieren. In den Niederlanden gibt es außerdem mehr als 400 Kilometer Radschnellwege, die oft aus den Stadtzentren in umliegende Orte führen und so auch weitere Strecken attraktiv und sicher machen. Während andere Städte noch mit Park-and-ride-Systemen werben, wurde in Amsterdam tatsächlich umgebaut.

Der Erfolg ist messbar: In keinem anderen Land gibt es mehr Fahrräder pro Kopf: 1,3 sind es in Holland. 58 Prozent der Amsterdamer fahren täglich Rad, 36 Prozent der Wege werden mit dem Rad zurückgelegt – ein Spitzenwert in Europa. In Deutschland sind es lediglich 12 Prozent.

Rückbau von Straßen in San Francisco

Straßen nehmen zu viel Platz weg. Um das zu ändern, will die Stadt San Francisco die Anreize im Verkehr ändern: Für Car- und Bikesharing und Fahrzeuge des ÖPNV soll es eigene Spuren geben, sodass diese immer die schnellsten sind. Durch eine App soll man einfacher mit den verschiedenen Transportmitteln ans Ziel kommen.

Die Stadt San Francisco setzt auf nachhaltigere Mobilitätskonzepte und den Rückbau von Straßen. Foto: Ragnar Vorel

Die Stadt sucht außerdem nach Wegen, gemeinsame Fahrten einfacher zu machen. Zum Beispiel sollen sich Menschen, die den gleichen Weg zurücklegen müssen, Vans teilen. Elektrische Fahrzeuge sollen die Mobilität nachhaltiger gestalten, intelligente Steuerung soll Unfälle reduzieren. Ziel dieser Maßnahmen ist es, dass der platzraubende Individualverkehr so weit verringert wird, dass die Hauptstraßen auf weniger Fahrspuren angewiesen sind.

Smart City und perfekter öffentlicher Nahverkehr in Singapur

Um das beste öffentliche Transportsystem der Welt streiten sich die Expert*innen. Eine einheitliche Liste gibt es nicht – aber Singapur schneidet immer wieder gut ab. Der wichtigste Faktor: U-Bahnen sind dann gut, wenn die Menschen sie gern nutzen. Dafür sind innovative Ideen erforderlich – aber auch Investitionen in die wahren Bedürfnisse der Menschen:

Singapur hält seine U-Bahnen sauber; schnelle und klug vernetzte Züge machen das System effizient. Außerdem gilt es als besonders nachhaltig, berichtet das Beratungsunternehmen McKinsey. Als Anreiz, sie zu nutzen, gibt es außerdem ein Punktesystem.

Singapur hält seine U-Bahnen sauber und das System gilt als besonders nachhaltig und effizient. Foto: Jia Wei Ng

Singapurs U-Bahn ist im Vergleich mit anderen Städten günstig. Kinder fahren gratis, für Menschen mit geringem Einkommen gibt es Vergünstigungen. Die Preise für Erwachsene bewegen sich zwischen 60 Cent und 1,30 Euro pro Fahrt. Entsprechend sind die Menschen in Singapur überdurchschnittlich zufrieden mit ihrem ÖPNV. Für das Stadtwachstum plant Singapurs Land Transport Authority laut McKinsey nun ein System, das eventuellen Wartungsbedarf vorhersagen kann. Auf diesem Wege sollen Ausfälle verhindert werden.

Smart Cities zeichnen sich insbesondere durch intelligente Verkehrssteuerung aus. Diese funktioniert in Singapur besonders gut. Die Stadt erreichte gerade wieder den ersten Platz im Smart City Index des International Institute for Management Development. Singapur macht aktuelle Verkehrsinformationen zugänglich und kann vorweisen, mittels Car-Sharing tatsächlich die Verstopfung der Verkehrswege gemindert zu haben. Zu diesem Zweck gibt es eine Plattform für die Parkplatzsuche.

Nachhaltigkeit in Kopenhagen

Nachhaltige Stadtmobilität ist immer eng damit verknüpft, den Individualverkehr hinter sich zu lassen. Denn Autos sorgen für unverhältnismäßig viel Dreck. Kopenhagens Ziel lautet: 70 Prozent der Wege, die in der Stadt starten oder hier enden, sollen unmotorisiert oder zumindest im öffentlichen Nahverkehr zurückgelegt werden. Kopenhagen lässt außerdem Parkplätze verschwinden, um dem Leben mehr Raum zu geben – damit sinkt die Attraktivität des Autoverkehrs. Gleichzeitig hat Kopenhagen das Ampelsystem umgestellt: Während vielerorts der reibungslose Autoverkehr die Taktung bestimmt, zählt in Kopenhagen die Fahrradgeschwindigkeit von durchschnittlich 20 Kilometern pro Stunde als Richtwert. Auch elektrisch angetriebene Busse verkehren in Kopenhagen schon seit einigen Jahren. Seit 2021 werden nur noch elektrisch angebtriebene Busse angeschafft. Die Stadt experimentiert auch mit Wasserstoffantrieben. Dies reduziert nicht nur die Umweltverschmutzung, sondern auch die Lärmbelastung.

Kopenhagens Ziel lautet: 70 Prozent der Wege, die in der Stadt starten oder hier enden, sollen unmotorisiert oder im öffentlichen Nahverkehr zurückgelegt werden. Foto: Kate Chenkova.

Bei bisherigen Ansätzen lag der Schwerpunkt auf der Verteilung und Steuerung des Verkehrs. Doch kluge Verkehrspolitik wird in Zukunft auch Gesellschaftspolitik sein: Wer den Druck auf die Verkehrswege reduzieren will, der muss es den Menschen in den Städten ermöglichen, unnötige Bewegung zu reduzieren. Gleichzeitig müssen Verkehrswege schneller, effizienter und angenehmer sein, als veraltete Metro-Systeme es erlauben.

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Foto: Frank Schröder
Kompendium: Urbane Mobilität

Wie Innovationen für eine nachhaltige Stadtmobilität sorgen

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Wie Innovationen für eine nachhaltige Stadtmobilität sorgen

Der ÖPNV wird als Massentransportmittel künftig weiter eine wichtige Rolle spielen. Foto: Danijel Durkovic

Was man nicht mehr reformieren kann, das muss man revolutionieren. Um dieses Vorhaben zu verwirklichen, stehen junge Unternehmer*innen mit guten Ideen in den Startlöchern. Was sie brauchen? Menschen, die ihren Fähigkeiten vertrauen und ihre Ideen unterstützen. Erste Verbesserungsversuche waren Car-Sharing, E-Scooter und E-Bikes. Die gesellschaftliche Notwendigkeit treibt nun den politischen Willen an. Kluge Ideen können nicht mehr nur erdacht werden – ihre zukünftige Umsetzung wird greifbarer denn je.

Mehr Bahnen, viele Fahrradfahrer, nachhaltige Antriebe: Die Stadtmobilität ist in Bewegung. Foto: Markus Spiske

Starke Ideen für eine mobile Zukunft haben Studierende aus aller Welt im Projekt „The Mission 5: Mobility – be urban!“ ausgearbeitet. The Mission ist ein Projekt von Futury und der Deutschen Bank in Kooperation mit dem Umweltdienstleister PreZero, dem Autohersteller Seat und dem Handelsblatt. Es hilft jungen Menschen dabei, innovative Ideen für eine nachhaltige Zukunft auszuarbeiten. Drei Monate lang arbeiten sie in Teams zusammen, um neue Produkte und Services zu erarbeiten. Expert*innen stehen mit Rat und Feedback zur Seite. Den „The Mission 5“-Teams gemein ist die Idee, dass die Stadtmobilität der Zukunft ökologisch nachhaltig sein muss – aber gleichzeitig bequem für Unternehmenskunden und die Menschen, die sich bewegen.

Elektromobilität muss praktischer werden

Das ist das Team Connectra vom Innovationsprojekt “The Mission”.

„Die Pandemie hat mit Sicherheit die Nachfrage nach individueller Mobilität wieder verstärkt“, sagt Georg König vom Team Connectra. „Während die Bahn in den letzten Jahren einen Rekord nach dem anderen eingefahren hat, scheuen die Menschen derzeit den ÖPNV. Das wird sich aber hoffentlich nach dem Ende der Pandemie wieder ändern.“ Denn einen Massen-Individualverkehr vertragen die Städte nicht. König: „Je mehr Menschen gemeinsam transportiert werden, desto ressourcenschonender ist der Einzelne unterwegs. Individualverkehr sollte der Zubringer zum ÖPNV sein und ihn nur dort, wo es wirklich nötig ist, ersetzen.“

Elektromobilität soll in Zukunft die Lücke zwischen dem ÖPNV und Privathaushalten auf dem Land schließen. König: „Klimaschutz ist unser wichtigstes Anliegen und je mehr Menschen gemeinsam transportiert werden, desto Ressourcen schonender ist der Einzelne unterwegs. Individualverkehr sollte der Zubringer zum ÖPNV sein und ihn nur dort, wo es wirklich nötig ist, ersetzen.“

Elektromobilität soll in Zukunft die Lücke zwischen dem ÖPNV und Privathaushalten auf dem Land schließen. Foto: Okai Vehicles

Derzeit mangele es jedoch an Ladesäulen – auch weil viele Menschen in den Stadtzentren  gar nicht den Raum hätten, eine solche aufzustellen – manchmal nicht einmal einen eigenen Parkplatz. Connectras Plan: Haushalte und E-Autobesitzer*innen vernetzen. So wollen sie die bestehenden Ladesäulen besser auslasten und den Fahrer*innen mehr Lademöglichkeiten geben. Die Marktuntersuchungen von Connectra lassen darauf schließen, dass Menschen bereit dazu sind, ihre Ladesäulen zu teilen, um damit etwas Geld zu verdienen. So werden auch die Stationen selbst nachhaltiger, weil sie effizienter ausgelastet sind.

Mission: Nachhaltigkeit

Um den öffentlichen Nahverkehr gegenüber dem Individualverkehr zu stärken, braucht es auch bequeme Systeme. Das Team von Neways will verschiedene Fortbewegungsmittel in einer App zusammenführen und die zentrale Planung und Bezahlung ermöglichen. Dazugehören sollen Rabattgutscheine für lokale Läden, Bezahlung in der Kultur und On-Demand-Entertainment während der Reise. Ziel ist es, den ÖPNV beliebter zu machen.

Attraktiver sollen auch die E-Scooter werden. Was als Hype begann, sorgt für ein großes Problem: Auf E-Scootern kann Gepäck kaum transportiert werden, schon eine Handtasche kann gefährlich werden. Das Team von Pacelo plant deshalb ein Produkt, mit dem sie den Transport erleichtern. Elektrische Roller können dann die Lücke zwischen einer Bahnstation und dem Ziel der Reise schließen.

Gerade in den Stadtzentren sind es oft diese letzten Wege, die Berufspendler*innen dazu verleiten, sich für das Auto zu entscheiden. Wer sich nachhaltig durch die Städte bewegen möchte, der muss die Folgen dieser Bewegung sichtbar machen. Das Team von Green Light will deshalb den Impact der Business Mobility verringern. Diese belastet die Umwelt überdurchschnittlich, denn wer auf Firmenkosten reist, der muss sich in der Regel nicht um Ressourcen sorgen. Die App soll den ökologischen Fußabdruck der Mobilität sichtbar machen, um Mitarbeitende zum Umdenken anzuregen.

Verringerter Berufsverkehr könnte so die Straßen entlasten. Ein weiterer Baustein wäre die Reduzierung der Lieferwagen auf den Straßen zu haben. Derzeit fahren verschiedene Lieferdienste mehrfach täglich alle Haushalte an. Das will das Team von Goldfinch ändern. Ihre Plattform soll es leichter machen, Pakete mit Drohnen auszuliefern. Ziel ist es, Anbieter und Kunden zusammenzubringen, um dann bei der Lieferung von Paketen Zeit zu sparen.

Um den öffentlichen Nahverkehr gegenüber dem Individualverkehr zu stärken, muss der Nahverkehr beliebter werden. Foto: Jan Huber

Klügere Mobilität braucht klügere Städte

Für eine nachhaltige Stadtmobilität treffen Menschen aus drei Welten aufeinander: aus der schnellen Welt der Start-ups und innovativen Gründer*innen. Aus der oftmals noch vorsichtigen Welt der Investor*innen in Deutschland. Und die eher langsame Welt der Stadtplanung. Ihnen ist das Ziel gemeinsam, ein Verkehrssystem zu schaffen, dass den Bewohner*innen dient und der Umwelt nicht schadet. Die Mobilität von morgen braucht heute eine mutige Stadtplanung, gute Ideen und Geld für diese Ideen.

Der ÖPNV wird als Massentransportmittel künftig weiter eine wichtige Rolle spielen. Die Menschen werden an ihre Arbeitsplätze zurückkehren – zumindest zeitweise. Städter*innen werden mobil bleiben.

Es zählt, was Menschen wollen

Gleichzeitig hat sich der Trend für ein Leben außerhalb der Städte verstärkt – und damit teilweise auch außerhalb der ÖPNV-Linien. Andere schaffen große Autos für ihre Wochenendausflüge an. Sichtbar werden diese Gruppen schon heute. Die Einen morgens und abends zur Rushhour, die Anderen morgens und am frühen Nachmittag der Wochenenden – in ihren SUV auf den Ausfallstraßen der Metropolen, angetrieben von Diesel und Benzin. Nachhaltig ist das nicht.

Um wirklich für eine Wende zu sorgen, müssen Stadtplaner integrativer und flexibler denken. Verändert sich zum Beispiel die Pendleraktivität, weil Menschen öfter von zu Hause aus arbeiten oder weil der Individualverkehr attraktiver wird, bekommt der öffentliche Nahverkehr bald ein Finanzierungsproblem. Fehlendes Geld trifft dann auf dringenden Nachrüstungsbedarf. Die Stadt München plant die Modernisierung von 40 Bahnhöfen, die Kölner Verkehrsbetriebe kaufen im Jahr 2021, 51 neue Elektrobusse. In Berlin wurden  unterdessen 291 neue Busse mit Dieselantrieb bestellt. All das kostet Geld, das der ÖPNV künftig nur verdienen wird, wenn er wieder attraktiver wird. Die Menschen müssen ihn gern nutzen. Und vor allem: lieber als ihre Autos.

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Autofreie Stadt: Nach der Bewegung kommen die Communities

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Autofreie Stadt: Nach der Bewegung kommen die Communities

Was passiert mit den Straßen, wenn die Autos wegbleiben? Foto: Tim Gouw

Ein letztes „Ciao!“, dann verstummt das Gemurmel ihres Arbeitstages. Lia legt ihr Headset weg und klappt den Computer zu – endlich kann sie Feierabend machen. Sie steht auf und will gerade aus ihrem Büro den Co-Working-Space  betreten, als es klopft.

„Ja?“

„Sophia Thalis bittet um Eintritt“, sagt die KI mit sanfter Stimme.

„Rein mit ihr“, antwortet Lia und wendet sich dem Holopod zu.

„Soph?“

„Lia, das hier ist kein Überfall, nur ein Danke“, sagt ihre Chefin und strahlt ein holografisch verschwommes Lächeln aus. „Du bist wirklich toll im Team angekommen. Ich darf dir aus der Geschäftsführung ausrichten, dass wir deine Befristung aufheben. Du bist jetzt voll drin. Ich würde mit dir abklatschen, aber, naja… lass uns kommende Woche im Mauerpark einen Tee trinken, in Ordnung?“

Mobilität soll in der Zukunft vor allem der Lebensfreude dienen. Mit der Hochgeschwindigkeits-Metro braucht Lia für den 50km langen Weg  nur fünfzehn Minuten. Foto: Emile Guillemot

Lokale Gemeinschaften bilden das Herz des Zusammenlebens

Zehn Minuten später schwebt Lia über den großen Platz ihres Kiezes. Vorzeitige Entfristung gilt als Ritterschlag in ihrer Firma. Lia fährt nur alle zwei Wochen zu ihrem Unternehmen, mit der Hochgeschwindigkeits-Metro braucht sie für die 50 Kilometer ins Zentrum der Stadt nur fünfzehn Minuten. Von dort aus joggen, skaten, paddeln oder radeln die Menschen zu ihren Zielen. Im Büro trifft sich Lia nur für Abstimmungen – es ist immer ein Tag voller Gespräche und Ideen. Den Rest der Zeit lebt sie in ihrem Kiez am Stadtrand, gemeinsam mit anderen Menschen, von denen sie inzwischen, nach knapp einem Jahr, wirklich jede*n kennt.

Tagsüber arbeitet Lia in einem Einzelbüro im Co-Working-Space am Rande des Kiezes. Dort hat sie Ruhe für sich, ein Holopod für virtuelle Treffen, die Nähe anderer Menschen, wenn sie vor die Tür tritt und wird am Fenster mit einem Ausblick über ein Sonnenblumenfeld belohnt.

Lia wird während der Arbeit mit einem Ausblick auf ein Sonnenblumenfeld belohnt. Foto: Jordan Cormack

Innerhalb der Communities laufen die Menschen oder fahren bei Bedarf mit dem Fahrrad. Im Herzen befindet sich immer eine Station der Metro. Die Communities vor der Stadt sind ohne Zwischenstopp mit dem Zentrum verbunden und so schnell, dass sie sich als effizienter herausgestellt haben, als ein komplexes Liniensystem, weil die Menschen weniger umsteigen müssen und Zwischenhalte entfallen.

Für den Berufsverkehr nutzen sie nur noch wenige, Arbeit findet lokal statt. Viele fahren eher abends in einen Club oder zu einem der In-Restaurants. Das Verkehrsaufkommen ist ziemlich vorhersehbar und deshalb leicht zu steuern. Zeichnet sich doch mal eine Änderung ab, regelt eine KI die Verfügbarkeit. Die Züge können dann noch ein wenig schneller fahren, sodass mehr Verkehr möglich ist. Tatsächlich hatte sich jedoch in den frühen Jahren der Metro gezeigt, dass die Menschen mehr Wert auf Vorhersehbarkeit und Pünktlichkeit legten, als darauf, noch zwei Minuten schneller zu sein.

Bye Bye Berufsverkehr: Arbeiten findet jetzt größtenteils lokal statt. Foto: Alex Vasey

Autostraßen gibt es nur wenige. Nachdem fossile Brennstoffe verboten wurden, wurde Energie zu teuer, um damit noch den lokalen Individualverkehr anzutreiben. In den Metropolen gibt es Fahrzeuge nur noch für medizinische Zwecke, Lieferverkehr ist nur morgens erlaubt, zwischen 6 und 7 Uhr. Zweimal in der Woche gibt es Gemüsemärkte in den Kiezen. Bestellte Produkte kann sich Lia über ein unterirdisches Rohrpostsystem liefern lassen. Ein System bis ins Haus hinein hat ihre Vermieterin nicht einbauen lassen, aber der Weg zur Verteilstation ist nicht weit.

Was gebraucht wird, gibt es vor Ort

„Ich bin da“, ruft Lia, als sie nach Hause kommt. Ihr Freund hebt nur kurz die Hand, er sitzt noch am Esstisch und spricht mit einem Kunden. Lia lebt mit ihrer Familie in einer gemütlichen Erdgeschosswohnung in einer Sub-Community. Hier leben viele junge Familien, die Kinder sprechen eine wilde Mischung aus verschiedenen Sprachen und verwalten sich weitgehend selbst.

„Dein Typ wird verlangt“, sagt Lias Freund und deutet aus dem Fenster.

Überirdischen Schienenverkehr gibt es in den Städten nicht mehr, die Natur setzt sich langsam durch. Foto: Karsten Würth

„Ich dachte, du bist mein Typ“, sagt sie und gibt ihm einen Kuss. Dann schnappt sie sich eine Flasche Wasser und tritt nach draußen. Eine Freundin aus der Nachbarschaft wartet schon auf sie, gemeinsam drehen sie nachmittags eine Runde und sprechen über ihre Ideen. Sie laufen dabei auf alten Schienen, die bei der Säuberung schlicht vergessen worden sind. Überirdischen Schienenverkehr gibt es in den Städten schon seit zehn Jahren nicht mehr. Die Natur setzt sich langsam durch, sodass die alten Gleise nun einen wilden Grünstreifen quer durch die Community ziehen.

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Foto: Frank Schröder