Florenz im 14. Jahrhundert. Gewiefte Kaufmänner gründen erste Banken, es wird ordentlich investiert und riskant Geld verliehen. Mit diesen Veränderungen entsteht auch Wunsch eines bequemen Geldflusses in die Köpfe der Gesellschaft. Mittendrin: die Familie Peruzzi.
Im 14. Jahrhundert war Florenz eine der größten Städte Europas. Der Handel in der Innenstadt rund um den Palazzo Vecchio florierte und umtriebige Kaufmänner begannen, in Investitionen zu denken.
Ein Familienunternehmen wird zur Handelsgesellschaft
Zu jener Zeit entstanden erste Banken, in den Schulen wurde der Umgang mit Zahlen gelehrt und Männer gut gestellter Familien wurden zu Buchhaltern ausgebildet. Plötzlich drehte sich alles um die Kunst des intelligenten Investierens und Kalkulierens – und letztendlich darum, immer höhere Profite zu erzielen.
Die Florentiner Kaufmannsfamilie Peruzzi wurde vor allem durch den Handel mit süditalienischem Weizen und anderen Gütern extrem wohlhabend. Jahrzehntelang hatten die Peruzzis ihr Geschäft durch den klassischen Handel aufgebaut und so große Ersparnisse angehäuft.
Als Nebengeschäft konnten sie schließlich damit beginnen, ihr Geld zu verleihen, womit sie weit über die Stadtmauern hinweg bekannt wurden. Auch vergaben sie Kurzzeitkredite, beispielsweise an Bauern, die jedoch oftmals diese nicht zurückzahlen konnten und die Peruzzi somit nebenbei viel Land erwarben. Ob das genau so geplant war, lässt sich nur vermuten.
Im Jahr 1310 belief sich das Kapital der Handelsgesellschaft auf rund 100.000 Goldflorin, was nach heutigen Maßstäben knapp 40 Millionen entsprach. Durch die Entwicklung zur Handelsgesellschaft machten die Peruzzi es ihren Mitarbeitern nun möglich, sich am Unternehmen zu beteiligen und somit
ihren Anteil am Gewinn ausbezahlt zu bekommen – ein passives Einkommen wurde also auch für sie geschaffen.
Hohe Dividenden und Verbote der Kirche
Nicht nur Mitarbeiter konnten sich an der Firma beteiligen, sondern auch stillen Teilnehmern, zum Beispiel dem Adel, war es möglich, zu einem festgelegten Zinssatz das eigene Privatvermögen zu investieren. Das erhöhte automatisch das Eigenkapital der Handelsgesellschaft Peruzzi. Unter der Leitung von Bonifacio di Tommaso Anfang des 14. Jahrhunderts erhielten Teilhaber in der Blütezeit der Handelsgesellschaft eine Dividende von 100 Prozent. Davon träumen heute Aktienanleger.
Doch die Kirche verbot den Zins, sie berief sich hier vor allem auf das Alte Testament. Im 5. Buch Mose, Kapitel 23, steht: “Du darfst von deinem Bruder keine Zinsen nehmen: weder Zinsen für Geld, noch Zinsen für Getreide, noch Zinsen für sonst etwas, wofür man Zinsen nimmt.”
Doch wer so reich war wie die Peruzzi, ließ sich nicht von der Kirche abhalten, ihr Geschäftsmodell
auszuüben. Einfache Tricks mussten her: Beispielsweise wurde der Zins einfach umbenannt und so handelte es sich nun um eine Provision oder Gebühr. Oder man nahm Geschenke an vom König, dem man zuvor Geld geliehen, um einen Machtausbau zu ermöglichen. Diese vermeintlichen Präsente waren jedoch nicht selten tatsächliche Barzahlungen oder kamen in Form einer Befreiung von Steuern und Zöllen.
Auf den Höhepunkt folgte der Bankrott
1338 reiste Unternehmenschef Bonifacio di Tommaso nach England und lieh König Edward für seinen Krieg gegen Frankreich so viel Geld, dass er von einem exorbitanten Gewinn träumte. Was er nicht ahnte war, dass der König seine Schulden nie bezahlen und seine Verluste auf die Familie Peruzzi abwälzen würde. 1343 musste die Firma ihren Bankrott erklären; laut dem damaligen Geschichtsschreiber Giovanni Villani handelte es sich dabei um 600.000 Florin Schulden.
Das kluge Investieren und Geldverleihen hatte die Familie Peruzzi zu Bankiers gemacht. Auch andere Geschäftsleute dieser Zeit kamen durch passives Einkommen an einen Nebenverdienst, manche sogar an Reichtum. In Zeiten finanziellen Aufschwungs nach höheren Gewinnen zu streben und damit aber auch in einen Schuldenberg zu stürzen, wiederholte sich in der Geschichte immer und immer wieder.