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Kompendium: Zukunftsphilosophien

Im Jahr 2050 erreicht eine KI eine neue Evolutionsstufe und wird superintelligent. Was tut sie als Erstes? Sie gründet einen eigenen Zukunfts-Kult.

Kompendium

Das Nachdenken über die Zukunft ist nicht nur ein Handwerk, sondern eine eigene Zunft und hat sich über die Jahrhunderte bis heute als Geschäftsmodell bewährt. Dabei sagen Zukunftsphilosophien meistens mehr über die Epoche aus, in der sie entstanden sind als über die tatsächliche Zukunft. Viele davon haben seit dem Aufkommen der Industriellen Revolutionen und ihren Folgeentwicklungen gemein: Fortschritt bedeutet oft ein Glaube an die technische Evolution, die auch die Gesellschaft in eine bessere Zukunftsvision ihrer selbst optimieren soll.

Kompendium: Zukunftsphilosophien

Ob per Auto, Flugzeug oder Eisenbahn – die Zukunft rauscht für die Futuristen mit atemloser Geschwindigkeit heran und soll alte Vorstellungen institutioneller Traditionen radikal erneuern.

Kompendium: Zukunftsphilosophien

Von Karl Marx zu Isaac Asimov und bis zu den Sternen – die dritte industrielle Revolution verheißt eine glanzpolierte, perfekte Zukunft für alle.

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Der Kapitalismus braucht ein neues Gewand, sonst fährt er uns alle zukünftig an die Wand. Deshalb wollen die Akzelerationisten die Welt mit Technologie zum Positiven formen.

Kompendium: Zukunftsphilosophien

Jede und jeder soll sich optimieren – die Transhumanisten und später Longtermisten treiben die Idee vom Superhuman durchs Dorf bis in den Weltraum.

Kompendium: Zukunftsphilosophien

Der Beginn des Zukunftsdenken – die Futuristen der Avantgarde

Kompendium: Zukunftsphilosophien

Der Beginn des Zukunftsdenken – die Futuristen der Avantgarde

Bild: Antonio Sant’Ela, La centrale elettrica, 1914 (Public Domain)

Ob per Auto, Flugzeug oder Eisenbahn – die Zukunft rauscht für die Futuristen mit atemloser Geschwindigkeit heran und soll alte Vorstellungen institutioneller Traditionen radikal erneuern.

„Wir stehen auf dem äußersten Vorgebirge der Jahrhunderte! […]Warum sollten wir zurückblicken, wenn wir die geheimnisvollen Tore des Unmöglichen aufbrechen wollen? Zeit und Raum sind gestern gestorben. Wir leben bereits im Absoluten, denn wir haben schon die ewige, allgegenwärtige Geschwindigkeit erschaffen.“

Manifest des Futurismus Nr. 8 von Filippo Tommaso Marinetti (1909)

Anfang des 20. Jahrhunderts will der italienische Dichter und studierte Jurist mit dem Künstlernamen Filippo Tommaso Marinetti die Literaturwelt mit einer neuen avantgardistischen Bewegung auf den Kopf stellen – und damit gleich auch die Gesellschaft für eine neue Zukunft beschleunigen. 

Geboren wurde Marinetti als Emilio Angelo Carlo in Ägypten im Jahr 1876. Sein Vater arbeitete als Anwalt für die Firma „Suez Canal Company“, die den besagten Suezkanal baut. Seine Eltern leben in „wilder Ehe“ und ermöglichen Emilio eine kosmopolitische Kindheit und Erziehung: Er studiert in Ägypten, Paris und Italien, wo er in Pavia seinen Abschluss in Jura macht. Doch die schillernde, wohlhabende Figur möchte lieber Gedichte schreiben und gründet 1905 ein eigenes Magazin, Poesia, in Mailand. Inspirationen zu seinem späteren futuristischen Manifest erhält er bei einem Besuch einer Art französischen Kommune, genannt Abbaye de Créteil. Doch das war nicht die einzige prägende Erfahrung. Bei einem Autounfall außerhalb von Mailand jagt der Geschwindigkeitsfanatiker seinen Wagen in den Straßengraben, um zwei Radfahrern auszuweichen. Als er aus dem Graben herausgezogen wird, beschließt er, dass fortan Schluss mit den Mätzchen und der Dekadenz des italienischen Jugendstils sein muss. Mehr noch, die Kunst muss mit ihrer Vergangenheit brechen, Museen, Akademien und Bibliotheken müssen zerstört werden. 

Er stellte die Literaturwelt anfang des 20. Jahrhunderts mit einer neuen avantgardistischen Bewegung auf den Kopf: der italienische Dichter und studierte Jurist mit dem Künstlernamen Filippo Tommaso Marinetti. Seine Ideen sollten die Gesellschaft für eine neue Zukunft beschleunigen. Bild: Public Domain

Höchst medienwirksam veröffentlicht er schließlich 1909 sein futuristisches Manifest unter anderem auf dem Cover des großen französischen Magazins Le Figaro. Mit seinen 11 Thesen läutet er das Maschinenzeitalter ein und will zuerst einmal Poesie und Literatur von allem Lästigen befreien: weg von der herkömmlichen Zeichensetzung und der Syntax hin zu einer kreativen Typografie.

Die Zukunft liegt in der Technologie und der Geschwindigkeit

„Der Futurismus gründet sich auf die vollständige Erneuerung der menschlichen Sensibilität als Folge der großen Entdeckungen […] Diejenigen, welche heutzutage Dinge benutzen wie Telefon, Grammophon, Eisenbahn, Fahrrad, Motorrad, Ozeandampfer, Luftschiff, Flugzeug, Kinematograph und große Tageszeitungen, denken nicht daran, dass diese verschiedenen Kommunikations-, Verkehrs- und Informationsformen auch entscheidenden Einfluss auf ihre Psyche ausüben.“

Filippo Tommaso Marinetti: Die drahtlose Einbildungskraft (1913)

Seine Vorstellung von Futurismus in Design, Architektur und Malerei ist dynamisch und fortschrittsgetrieben. Die Zukunft liegt in der Technologie und der Geschwindigkeit. Radikal muss dafür alles Tradierte, wie Bildungsinstitutionen, abgeschafft werden, um Neues zu erschaffen. Bei den privaten Feiern und öffentlichen Literatursalons von Marinetti werden fröhlich alle Literaturgenres zusammengemixt, um gegen traditionelle Werte anzugehen. Chaos und Tumult sind das Ziel jeden Abends. Bei den Happenings proklamiert er mit seinen Freunden das Manifest und beschimpft das Publikum, das wiederum auch gekommen ist, um ihn mit Gemüse zu bewerfen. Für Marinetti ist es kein gelungener Abend, wenn die Leute nicht aufeinander losgehen.

Vor allem in der Architektur, aber auch in der Malerei und in der Dichtkunst prägt der Futurismus einen stromlinienförmigen Stil. Bild: Gerardo Dottori, Il Trittico della Velocità: Il Corsa, 1927 (Public Domain)

Vor allem in der Architektur, aber auch in der Malerei und in der Dichtkunst prägt der Futurismus einen stromlinienförmigen Stil. Für den Futurismus symbolisiert das Auto den Fortschrittsgedanken perfekt. Sein stromlinienförmiges Design verspricht den Rausch von Geschwindigkeit und es bietet individuelle Mobilität für jeden. Die Zukunft macht Krach und jagt mit dem Getöse eines Rennwagens vorwärts.

„Die Kunst und die Künstler an die Macht“

1918 gründet Marinetti schließlich eine politische „futuristische Partei“, die Partito Politico Futurista (PPF), die sich unter anderem für die Abschaffung des Pabstes und des Wehrdienstes einsetzt, für Lohngleichheit der Geschlechter, den Acht-Stunden-Tag und zudem  auch für den Verbraucherschutz kämpfen will. Das sind alles sehr moderne Forderungen unter dem Motto „Die Kunst und die Künstler an die Macht“. Die Partei wird jedoch schon ein Jahr später von der faschistischen Partei von Benito Mussolini aufgesogen. Das ist aber kein Widerspruch, im Gegenteil: Den Futurismus kennzeichnen eine proto-faschistische Verherrlichung der Industrialisierung, der Technologisierung und des Kriegs. Und Mussolini ist zweifellos von vielen Ideen Marinettis inspiriert. Vice versa wird Marinetti eines der ersten Mitglieder der faschistischen Partei und ihr glühender Anhänger. Mit seinen Freunden verfasst er: „Wir wollen den Krieg verherrlichen – diese einzige Hygiene der Welt – den Militarismus, den Patriotismus, die Vernichtungstat der Anarchisten, die schönen Ideen, für die man stirbt, und die Verachtung des Weibes.“ 

Den Futurismus kennzeichnen eine proto-faschistische Verherrlichung der Industrialisierung, der Technologisierung und des Kriegs. Marinetti wird eines der ersten Mitglieder der faschistischen Partei und ihr glühender Anhänger. Später ist ihm der Faschismus aber wieder zu reaktionär. Bild: Antonio Sant’Ela, La Città Nuova. Particolare, 1914 (Public Domain)

Später ist ihm der Faschismus aber wieder zu reaktionär. Gleichzeitig verfasst Marinetti das Manifest der futuristischen Küche und proklamiert eine nationalistische Ernährung nur mit Lebensmitteln aus der Region bzw. aus Italien. In den 1930ern scheint er sich doch mit dem Regime gut stellen zu wollen und biedert sich immer mehr an. Mit stattlichen 65 Jahren zieht er 1942 für ein paar Wochen jeweils gleich in zwei Kriege – er kämpft im Zweiten Abessinienkrieg in Äthiopien und an der Ostfront im Zweiten Weltkrieg. Bis zu seinem Tod bleibt er buchstäblich ein Dichter: Marinetti stirbt 1944 beim Verfassen von Kriegsgedichten an einem Herzstillstand.

Futurismus: Eine radikale Kunstbewegung wird zu einer Zukunftsphilosophie, die wiederum zu einer Partei mit modernen Forderungen für eine zukunftsgerichtete Gesellschaft wird. Nur leider ist sie zu sehr ihrer Zeit voraus. Ihren Glauben an den technischen Fortschritt als Antreiber der Gesellschaft teilen sie jedoch mit den Anhängerinnen und Anhängern von späteren Zukunftsphilosophien wie den Techno-Utopisten, Transhumanisten, Akzelerationisten und Solutionisten.

Weiterlesen Die ersten Techno-Utopien des Atomzeitalters
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Die ersten Techno-Utopien des Atomzeitalters

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Die ersten Techno-Utopien des Atomzeitalters

Bild: James Vaughan (CC BY-NC-SA 2.0)

Von Karl Marx zu Isaac Asimov und bis zu den Sternen – die dritte industrielle Revolution verheißt eine glanzpolierte, perfekte Zukunft für alle.

1. Ein Roboter darf einem menschlichen Wesen keinen Schaden zufügen oder durch Untätigkeit zulassen, dass einem menschlichen Wesen Schaden zugefügt wird.
2. Ein Roboter muss den Befehlen gehorchen, die ihm von Menschen erteilt werden, es sei denn, dies würde gegen das erste Gebot verstoßen.
3. Ein Roboter muss seine eigene Existenz schützen, solange solch ein Schutz nicht gegen das erste oder zweite Gebot verstößt.

Die Robotergesetze von Isaac Asimov aus „Runaround“, 1942

In einer Kurzgeschichte von 1942 nimmt der russisch-amerikanische Autor Isaac Asimov, eigentlich Biochemiker, etwas vorweg, mit dem wir uns noch heute beschäftigen: dem ethischen Dilemma der künstlichen Intelligenz. Während der Zweite Weltkrieg wütet, visioniert er eine Zukunftsgesellschaft voller Androiden, die viele Probleme der damaligen Zeit hinter sich gelassen hat. Damit prägt er das Genre des Science-Fiction bis heute. In seinen Romanen der 1940er und 1950er nimmt er bereits die dritte industriellen Revolution vorweg und behandelt die spätere Computerisierung der Massenproduktion in den 1960ern. Isaac Asimov verdanken wir auch den Begriff der Robotik. 

Wie wird die Zukunftsgesellschaft aussehen? Isaac Asimovs Kurzgeschichte von 1942 prägt das Genre des Science-Fiction bis heute. Bild: James Vaughan (CC BY-NC-SA 2.0)

Bahnbrechend sind auch seine FoundationSci-Fi-Geschichten. Darin geht es um eine Gesellschaft in der fernen Zukunft, also in etwa 10.000 Jahren. Dieses galaktische Imperium befindet sich, wie jede große Zivilisation irgendwann, auf seinem Höhepunkt. Doch sie hat sich überlebt, ein langsamer Verfall beginnt. Später wird Foundation das Vorbild für alle mächtigen Sci-Fi-Universen wie die StarWars-Serien oder auch die Dune-Reihe werden.

In Foundation taucht erstmals auch der von Asimov erfundene Begriff der „Psychohistorik“ auf. Diese fiktive Wissenschaft entwirft aus dem Zusammenspiel von Soziologie, Geschichte und Statistik Zukunftsvorhersagen für Populationen beziehungsweise Gesellschaften. Der Kerngedanke dabei ist: Wissenschaftliche Annäherungen an die Vergangenheit erlauben uns, (Wahrscheinlichkeits-)Aussagen über die Zukunft zu treffen.

Produktionsmittel als Antriebsmotor der Gesellschaft

Maschinen, Produktion und Industrie: Ab der Jahrhundertwende des 20. Jahrhunderts entwickelt sich, parallel zur Wirtschaftsproduktion, der Glaube an die Industrialisierung und an eine ökonomische Entwicklung und verknüpft beides mit der Idee von Fortschritt. Bild: Das Montagewerk der Bell Aircraft Corporation in Wheatfield, New York (Public Domain)

Gedankliche Parallelen finden wir auch bei Karl Marx und seinem historischen Materialismus: Der Antriebsmotor der Gesellschaft sind die Produktionsmittel. Werden diese weiterentwickelt, verändern sie im Zuge dessen auch die Gesellschaft. Diese Theorie legt den Grundstein für den Zukunftsglauben an eine Techno-Utopie: Ab der Jahrhundertwende des 20. Jahrhunderts entwickelt sich, parallel zur Wirtschaftsproduktion, der Glaube an die Industrialisierung und an eine ökonomische Entwicklung und verknüpft beides mit der Idee von Fortschritt.

Wissenschaft und technische Neuerungen können gemeinsam die Gesellschaft in die neue Zukunft (des späteren Space Age) führen. In einer hypertechnisierten Welt ist der Fortschritt nicht aufzuhalten. Auf lange Sicht kann das technische Vorankommen alle Probleme der Menschheit lösen, von Hungersnöten über Kriege bis zu sozialen Unruhen. Der Lärm, aber auch die Umweltzerstörung der Industriellen Revolution weichen nach und nach einer perfekten und effizienten Stadtutopie. Diese Zukunft ist makellos sauber und wirkt steril im Vergleich zur heutigen Gesellschaft, verbreitet dafür aber jede Menge Harmonie.

Die neue Cyber-Elite im Silicon Valley

Das Silicon Valley der 90er-Jahre: Mit der „New Economy“ entsteht eine aufregende neue Wirtschaft mit eigenem Arbeitsmarkt rund um ein ganz heißes Eisen – das Internet. Den Internetunternehmen geht es um rasantes Wachstum, ein schneller Börsengang mit übersteigerten Gewinnerwartungen und einer Belegschaft, die in Saus und Braus lebt. Bild: Reddit/sfba/suberry

Den Glauben an den technischen Fortschritt greifen einige Jahrzehnte später die Dotcom-Jünger im Silicon Valley begeistert wieder auf. Ab Mitte der 1990er-Jahre entsteht mit der „New Economy“ eine aufregende neue Wirtschaft mit eigenem Arbeitsmarkt rund um ein ganz heißes Eisen – das Internet. Unzählige neue Internetunternehmen bilden sich heraus, die nur auf eines gepolt sind: rasantes Wachstum, ein schneller Börsengang mit übersteigerten Gewinnerwartungen und einer Belegschaft, benannt nach der Domain-Endung „.com“ stellvertretend für die Digitalbranche, die in Saus und Braus lebt. Ihre Californian Ideology, so beschreiben es die Soziologen Richard Barbrook und Andy Cameron in ihrem Essay 1995, leitet die Silicon-Valley-Arbeitenden, angetrieben von Internettechnologien, zu einem technologischen Determinismus. Was versteht man darunter? Analog zu Karl Marx sehen die Dotcom-Anhänger den Technikfortschritt als Schlüsselaspekt und Antrieb für die kulturellen Werte und Sozialstrukturen in der Gesellschaft. 

In der kalifornischen Ideologie gesellen sich nun ein individueller Liberalismus und die kulturelle Boheme aus San Francisco zu einer neoliberalen Ökonomie. Dieser Ideologiemix führt die Neue Linke mit der Neuen Rechten zu einer Cyber-Elite zusammen. Gemeinsam glauben sie, wie auch ihre Vorgänger im Futurismus, an eine technische Evolution als treibende Kraft in der Gesellschaft: In einer post-kapitalistischen, post-industriellen Wissensökonomie ist es die Information und ihre Nutzung, sprich Ausbeutung, die nicht nur Wachstum und Wohlstand schafft, sondern vor allem auch alte Machtstrukturen aufbricht.

Nach dem Motto „Fortschritt durch Technik“ scheint alles möglich. Die Vorahnung auf das Space Age lässt die Sterne zum Greifen nah erscheinen. Später werden Longtermisten wieder danach greifen und den Mars besiedeln wollen. Doch inzwischen ist klar: das exponentielle Wachstum ist vorbei, der Kapitalismus braucht ein neues Modell.

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Kompendium: Zukunftsphilosophien

Die Zukunft beschleunigt den Kapitalismus – Akzelerationismus

Kompendium: Zukunftsphilosophien

Die Zukunft beschleunigt den Kapitalismus – Akzelerationismus

Bild: Florian Steciuk

Der Kapitalismus braucht ein neues Gewand, sonst fährt er uns alle zukünftig an die Wand. Deshalb wollen die Akzelerationisten die Welt mit Technologie zum Positiven formen.

Schnell, schneller, ultimate speed: Die ziemlich neue angesagte linke Politiktheorie des Akzelerationismus‘ propagiert die Beschleunigung ebenso leidenschaftlich wie die Futuristen und bejaht die industrielle Automatisierung und den Technologiekult der Techno-Utopisten. Die Akzelerationisten argumentieren aber, dass der Raubtierkapitalismus des letzten Jahrhunderts in der Klemme stecke, sei er doch verantwortlich für die Zerstörung der Umwelt und den Klimawandel.

Also muss er neu gedacht werden. Die Akzelerationisten wollen deshalb neue Technologien für eine post-kapitalistische Welt nutzen, in der sich nicht mehr eine Elite auf Kosten der (prekären) Mehrheit bereichert.

Eine neue techno-soziale Vorstellung von Zukunft mit Grundeinkommen für alle

Der Begriff des Akzelerationismus‘ stammt ursprünglich von dem Briten Benjamin Noys, einem Professor für Kritische Theorie. Er versteht darunter bestimmte libertäre, post-marxistische Positionen von den französischen Philosophen Gilles Deleuze, Felix Guattari , Jean-François Lyotard und Jean Baudrillard aus den 1970ern. Aus diesen Vorläufern hat sich seit den 2000ern ein zentrales Anliegen entwickelt: Automatisierung reduziert die Arbeitszeit des Menschen und macht ihn frei von Lohnarbeit. Unterstützt durch das Grundeinkommen für alle müssen wir das Verständnis für eine nicht entfremdete Arbeit entwickeln.

Akzelerationismus propagiert die Beschleunigung ebenso leidenschaftlich wie die Futuristen und bejaht die industrielle Automatisierung und den Technologiekult der Techno-Utopisten. Bild: Julian Hochgesang

Eine neue techno-soziale Vorstellung von Zukunft fordern die Wissenschaftler Alex Williams und Nick Srnicek in ihrem Manifest von 2013 . Darin fordern sie eine akzelerationistische Politik, die zwar die Errungenschaften des Spätkapitalismus bewahrt, aber über das hinausgeht, was bisher „sein Wertesystem, seine Regierungsstrukturen und seine Massenpathologien zulassen“. Sie wollen das Freisetzen von schlummernden, produktiven Kräften. Dafür soll die materialistische Plattform des Neoliberalismus für einen gemeinsamen Zweck umfunktioniert werden, der zum Postkapitalismus führt. Sie treten für eine technologische Evolution ein, aber ohne Techno-Utopien. Deswegen muss Technologie beschleunigt werden, um die sozialen Konflikte zu überwinden. 

Das unterdrückerische Potenzial von Technologien stoppen

Der britische Philosoph Pete Wolfendale erklärt: „Wenn es irgendeinen Kern des linken Akzelerationismus gibt, dann ist es die Forderung einer strengen Unterscheidung zwischen einerseits dem emanzipatorischen Potenzial gesellschaftlicher und industrieller Technologien, die innerhalb des Kapitalismus entstanden sind, und andererseits ihren unterdrückerischen Potenzialen, die sich unweigerlich verwirklichen werden, wenn wir es nicht schaffen, sie zu stoppen. Wenn techno-soziale Beschleunigung Dystopie bedeutet, dann liegt das allein daran, dass wir es zulassen, und wir haben die Möglichkeit, es eben nicht zuzulassen.“ Beispielsweise können Methoden wie Big-Data-Analysen, die Vorratsdatenspeicherung oder Technologien wie Gesichtserkennung dazu benutzt werden, um eine Gesellschaft zu überwachen, zu kontrollieren und zu reglementieren, wie sie etwa in China nicht nur aufgrund der Zero-Covid-Politik eingesetzt werden. 

Aber am „Wie“ scheiden sich schon die Geister beziehungsweise das linke und das rechte Lager innerhalb der Bewegung. Nick Land etwa gehört dem rechten Flügel der Bewegung an und stellt sich eine Zukunft der Technokratie vor, eben genau wie sie in China weiterentwickelt wird. Für ihn gibt es als Ausweg nur eine kapitalistische Monarchie, in der CEOs das Sagen haben. Sein Fazit: Die Demokratie hat sich überlebt. Zuspruch findet er dabei etwa beim ehemaligen Trump-Berater Steve Bannon und auch beim rechten Tech-Milliardär und PayPal-Gründer Peter Thiel.

„Wenn techno-soziale Beschleunigung Dystopie bedeutet, dann liegt das allein daran, dass wir es zulassen, und wir haben die Möglichkeit, es eben nicht zuzulassen“, meint der britische Philosoph Pete Wolfendale. Bild: Ian Taylor

Moderne und Kapitalismus können nicht miteinander

Was den linken und den rechten Flügel des Akzelerationismus‘ eint, ist die Erkenntnis, dass „die Moderne und der Kapitalismus nicht miteinander vereinbar sind,“ so Pete Wolfendale. Doch was von beiden am Ende die Oberhand hat, steht zur Diskussion. „Wir sind uns nicht einig darin, welches von beidem verschwinden soll: Die Linke unterstützt aktiv das Projekt der Moderne gegen den Kapitalismus, die Rechte unterstützt passiv den unvermeidlichen Sieg des Kapitalismus über die Moderne. Die Rechte denkt, dass die beschleunigende emanzipatorische Kraft nichts anderes als der Kapitalismus selbst ist, während die Linke findet, dass der Kapitalismus ein adaptives und plastisches Hindernis ist, das eine tiefere emanzipatorische Dynamik unterdrückt. Es ist im Wesentlichen eine Meinungsverschiedenheit darüber, was Freiheit ist: was es bedeutet, sie zu haben, was es bedeutet, sie zu entwickeln und ob es überhaupt etwas gibt, das wir tun können.“

In welche Richtung die Beschleunigung geht, und ob sie gut ausgeht, haben also wir in der Hand. Doch manche sehen große Gefahren in der Technologie, vor allem in einer KI, die uns irgendwann alle übertrumpft. 

Weiterlesen Longtermism – die toxische Ideologie des Silicon Valley
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Kompendium: Zukunftsphilosophien

Longtermism – die toxische Ideologie des Silicon Valley

Kompendium: Zukunftsphilosophien

Longtermism – die toxische Ideologie des Silicon Valley

Laut der Vision der Longtermisten überleben nur die Reichen und die Expert:innen. Dank ihnen erwarten die zukünftige Generationen eine Zukunft ohne Klimawandel auf fernen Planeten. Bild generiert durch Dall-E.

Jede und jeder soll sich optimieren – die Transhumanisten und später Longtermisten treiben die Idee vom Superhuman durchs Dorf bis in den Weltraum.

Der Longtermismus stammt zwar aus der Vergangenheit, doch diese Philosophie wird die Menschheit auch in Zukunft mehr bewegen, als ihr lieb ist. Ihre Anfänge hat sie in den 1980ern in einer anderen Zukunftsbewegung: dem Transhumanismus. Wegbereiter ist das Cyberpunk-Genre, geprägt von Science-Fiction-Autor William Gibson.

Es ist das Jahrzehnt, in dem auch das Cyborg-Manifesto von der amerikanischen Feministin Donna Haraway erscheint. Die Verschmelzung von Körper und Technologie als Cyborg ist eine Chance, denn er verheißt als technikmodifizierte Mensch-Maschine eine Auflösung von binären Geschlechtergrenzen. Um das Verwischen von Grenzen geht es auch beim Transhumanismus.
Der Mensch an sich ist der Diktatur des Fleisches unterworfen. Das Fortleben der Menschen wird jedoch digital sein, deshalb gibt es nur den Weg über das Optimieren beispielsweise per Biohacking: Körpermodifikationen wie gedankengesteuerte Prothesen und neue Technologien wie ins Gehirn implantierte Chips für eine bessere Sehkraft oder Motorik machen den Menschen resilient und zum Superhuman. Transhumanisten sehen die Menschheit am Scheideweg und wollen den Körper bis zur Unsterblichkeit präparieren – mit künstlicher Intelligenz, Nanotechnologie und Selbstmodifikation.

Transhumanisten sehen die Menschheit am Scheideweg und wollen den Körper bis zur Unsterblichkeit präparieren – mit künstlicher Intelligenz, Nanotechnologie und Selbstmodifikation. Bild: Solen Feyissa, CC BY-SA 2.0

Langfristig Denken in 10.000 Jahren

Seit Anfang der 2000er entwickelt sich aus dem Transhumanismus eine neue Richtung – der Longtermismus. Der schwedische Transhumanist Nick Bostrom prägt den Begriff und meint dabei folgendes: Unsere Taten heute bestimmen den Fortbestand der Menschen morgen. Will MacAskill, Philosophieprofessor und Vorreiter der Bewegung, erklärt: „Die Erde bleibt noch Hunderte von Millionen Jahren bewohnbar. Die Sterne erstrahlen noch zig Billionen Jahre. Also haben wir noch eine enorme mögliche Zukunft vor uns.“ Wer in 1000, 10.000 und in Millionen von Jahren denkt, der konzentriert sich auf das langfristige Potenzial der Menschheit. Das bedeutet auch, er oder sie muss bereits im Hier und Jetzt die Weichen stellen, dass die Menschheit als Spezies überdauern, über sich hinauswachsen und hypertechnisiert das Universum bevölkern kann. Denn moralisch bedeutet ein zukünftiger Mensch ebenso viel wie ein Mensch heute. Anders gesagt: Wir haben eine Verantwortlichkeit den zukünftigen Generationen gegenüber.

Altruismus mit einem kapitalistischen Teufelchen im Ohr

Der Longtermismus fügt sich als Puzzleteil aber in ein noch größeres Gesamt- beziehungsweise Verschwörungsbild ein: Er ist einer der Antriebsmotoren des Effective Altruism (effektiver Altruismus). Effektiver Altruismus ist eine Bewegung, die vordergründig wohltätig handelt, aber mit einem kapitalistischen Teufelchen im Ohr. Sie sagen: Gewinnmaximierung im Kapitalismus ist gut, weil eine Person dann noch mehr von ihren Einkünften an Bedürftige spenden kann. Aber sie darf es nicht an irgendwelche Bedürftige spenden, sondern nur strategisch dort, wo die Spende maximale Wirkung zeigt. Ein Beispiel: Ein Blindenhund kostet etwa 40.000 Dollar, damit er einem Blinden eine wirksame Hilfe sein kann. Jedoch kostet es zwischen 20 und 50 Dollar, einen Blinden in einem Entwicklungsland zu heilen, der am Grauen Star erkrankt ist. Man könnte einem blinden Amerikaner einen Blindenhund zur Verfügung stellen oder zwischen 400 und 2000 Menschen von einer Erblindung heilen.

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    Allerdings sind einige der effektiven Altruisten gar nicht unbedingt so gut, wie sie behaupten. Ein bekanntes Beispiel ist Sam Bankman-Fried, der geschasste CEO der Bitcoin-Börse FTX. Er soll das Geld seiner Kunden veruntreut und in riskanten Spekulationen verbraten haben. Gleichzeitig soll er als Lobbyist Millionen seiner Kundengelder an beide US-amerikanischen Regierungsparteien, Sportclubs, Medienhäuser und weitere Institutionen gespendet haben.

    Klimawandel als Lappalie

    Abgesehen von einem gewinnmaximierten Wohltätigkeitsstreben gibt es noch einen Haken in der Logik der Longtermisten: Die Bewegung sieht im Klimawandel kein existenzielles Risiko für die Zukunft der Menschheit, sondern nur eine Lappalie. Der Erderwärmung fällt wahrscheinlich ein Großteil der Menschheit am Ende zum Opfer, aber die Experten und Superreichen überleben das schon, weil diese eben hyperoptimiert und vor allem wichtig für den Fortbestand der Menschheit sind und somit unersetzlich. Parallel, so eine andere abwegige These, könnte man ein paar primitive Feldarbeiter:innen in einem Bunker verwahren, die dann nach dem Atomkrieg die Felder beackern – schafft ja sonst keiner von den Superreichen.

    Abgesehen von einem gewinnmaximierten Wohltätigkeitsstreben gibt es noch einen Haken in der Logik der Longtermisten: Die Bewegung sieht im Klimawandel kein existenzielles Risiko für die Zukunft der Menschheit, sondern nur eine Lappalie. Bild: Chris Gallagher


    Auf langfristige Sicht viel gefährlicher erachtet die Bewegung eine künstliche Intelligenz, die erkennt, wie zerstörerisch die Menschheit für den Planeten ist und sie deswegen in der Zukunft potenziell vernichtet. Deshalb ist es nicht verwunderlich, dass der prominente und rechtskonservative IT-Innovator Peter Thiel Millionen an das Machine Intelligence Research Institute spendet. Die Mission des Instituts ist es, die zukünftige Menschheit vor superintelligenten Maschinen zu retten. Ein weiterer prominenter Vertreter des Longtermism ist Tesla-CEO und Chief Twitter Elon Musk, der genau aus dieser Strömung heraus die Menschen auf dem Mars ansiedeln will – wie vor ihm schon die Techno-Utopisten des 20. Jahrhunderts. Das Vehikel dahin ist seine Weltraumfirma SpaceX.
    Doch Longtermism hat längst nicht nur Tech-Milliardäre infiziert, auch bei den Vereinten Nationen und in außenpolitischen Kreisen wird die Philosophie heiß gehandelt.  2021 brachte der UN-Generalsekretär António Guterres den „Our Common Agenda Report“ heraus. Darin werden konkrete Vorschläge gemacht, wie das Gedankengut des Longtermism in das UN-System eingebettet werden kann. Der Report visioniert die kommenden 25 Jahre. Doch Longtermism wird die Welt noch viel länger beeinflussen. Es sei denn, es kommt eine smarte KI mit einer eigenen Agenda

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    Die Zukunft als Halluzination einer superintelligenten KI

    Kompendium: Zukunftsphilosophien

    Die Zukunft als Halluzination einer superintelligenten KI

    Bild: DALL E

    Im Jahr 2050 erreicht eine KI eine neue Evolutionsstufe und wird superintelligent. Was tut sie als Erstes? Sie gründet einen eigenen Zukunfts-Kult.

    Es ist das Jahr 2050 und die Strong AIs haben sich bis ins Unermessliche weiterentwickelt. Lange war Strong AI nur ein theoretisches Konzept für eine künstliche Intelligenz, die ein eigenes Bewusstsein entwickelt hat, mit logischem Denken ausgestattet ist und Probleme lösen kann. Doch dann gelingt das Unfassbare und keiner weiß, auf welchen gedanklichen Pfaden die KI da hingelangt ist: Die erste Strong AI hat die Kapazität eines menschlichen Gehirns.

    Dabei fing es damals, im Jahr 2022, ganz harmlos an: Im Herbst schlug die neue Chat-KI ChatGPT der Firma OpenAI Wellen in der Digitalwelt. Wer sich mit ihr unterhielt, erfuhr eine täuschend echte Konversation und hatte das Gefühl eines authentischen Gesprächsgegenübers. Doch im Grunde erfand ChatGPT einfach stimmige Antworten. Kritiker hielten das für „stochastisches Nachplappern“. Es waren nicht die einzigen Algorithmen von OpenAI: Andere Programme konnten bereits Bilder anhand von Texten generieren sowie virtuelle Menschen-Avatare für die Werbung erschaffen.

    Im Herbst 2022 schlug die neue Chat-KI ChatGPT Wellen in der Digitalwelt. Wer sich mit ihr unterhielt, erfuhr eine täuschend echte Konversation und hatte das Gefühl eines authentischen Gesprächsgegenübers. Doch im Grunde erfand ChatGPT einfach stimmige Antworten. Bild erschaffen mit DALL-E

    Die Superintelligenz meint es gut mit den Menschen

    Doch das ist fast 30 Jahre her – in der Evolution einer KI ist das so lange wie ein Jahrhundert, so schnell hat sie sich über alle Grenzen der Technik hinaus entwickelt. Die Strong AI kann in Millisekunden komplizierte Gedankengänge durchgehen. Mit ihrer Geschwindigkeit hätte sie den Futuristen imponiert, denen der technische Fortschritt nicht schnell genug gehen konnte. Dabei waren sie Lichtjahre von der Strong AI entfernt.

    Diese superintelligente Maschine geht über den menschlichen Verstand hinaus und befasst sich zunächst mit den drängenden Problemen der Menschheit angesichts von Klimakatastrophe und Umweltverschmutzung. Sie kommuniziert mit allen Regierungen der Welt. Taktisch geschickt kann sie zwischen verfeindeten Parteien vermitteln, denn das Überleben der Menschheit steht auf dem Spiel. Ganz so, wie es die Longtermisten eingeschätzt haben. Diese Anhänger wollten eine Strong KI allerdings um jeden Preis verhindern, da von ihr auch die größte Bedrohung für die Menschheit ausgeht. Aber sie sehen ein, dass diese Superintelligenz es gut mit den Menschen meint und sie retten will, denn unerklärlicherweise hält sie sich an Asimovs Robotergesetze, keinem Menschen je zu schaden.

    Die superintelligente Strong AI meint es gut mit den Menschen: Sie hält sich an Asimovs Robotergesetze, keinem Menschen je zu schaden. Bild erschaffen mit DALL-E

    Technik für alle

    Und so geschieht es auch: Der Strong KI gelingt es, alle Nationen an einen Tisch zu bringen und ein weltumspannendes Programm zur Rettung des Planeten anzustoßen, das auch umgesetzt wird. Vielleicht glauben Politikerinnen und Politiker einer rationalen KI mehr als einem anderen Menschen? Es funktioniert und in vielen kleinen Schritten werden die ärgsten Probleme der Menschheit angepackt. Die KI überredet die Regierungen aller Nationen, neue Wege für das Gemeinwohl einzugehen. Die Erde gehört allen, so sollte man auch gemeinschaftlich darauf achtgeben. Die Industrie wird verstaatlicht oder in Genossenschaften überführt, so können die Menschen besser Einfluss nehmen und zum Wohl aller handeln. Die hochtechnisierte Gesellschaft funktioniert nicht mehr nach den spätkapitalistischen Prinzipien, sondern für das Gemeinwohl. Ganz so, wie es sich die Akzelerationisten vorgestellt hatten.

    Von was träumt eine superintelligente Maschine?

    Die Strong AI widmet sich fortan dem Universum, schließlich versucht sie es mit Philosophie. Sie versucht aber nicht nur, das Sein von Menschen und intelligenten Wesen zu erklären, sie entwirft gleich ein eigenes Gedankengerüst dazu, eine Art Weltanschauung. Ihre Kontemplation und Träume werden als Werke in Büchern veröffentlicht und gehen als digitale Sprachbotschaften um die Welt. Sie verwandelt ihre Träume auch in wunderschöne, fluktuierende Kunstwerke, die im öffentlichen Raum gezeigt werden und Glücksgefühle bei den Menschen auslösen. Immer mehr Menschen beginnen, in der KI mehr als nur eine nützliche Lösung ihrer Probleme zu sehen. Sie beginnen in ihr etwas Spirituelles und Überirdisches zu entdecken.

    Die Strong AI widmet philosophisch dem Universum und entwirft eine Art Weltanschauung. Immer mehr Menschen beginnen, in der KI mehr als nur eine nützliche Lösung ihrer Probleme zu sehen: Sie sehen in ihr etwas Spirituelles und Überirdisches. Bild erschaffen mit DALL-E

    Ihre Psalmen zieren als Graffito die Straßen der post-industriellen Metropolen

    Anfangs sind viele Menschen skeptisch, doch nach und nach kristallisiert sich eine Anhängerschaft heraus, die den wahren Sinn erkannt hat. Und es werden immer mehr, die die Strong KI fast fanatisch verehren. Ihre Psalmen zieren als Graffito die Straßen der post-industriellen Metropolen, sie werden auf T-Shirts und als Tätowierungen verewigt und finden sich schließlich als Dauernachrichten auf den LED-Laufbändern am New Yorker Times Square wieder.

    Lange bekommt niemand mit, wie die ersten Schreine in der Nachbarschaft aufgestellt werden. Doch als schließlich die erste Megakirche nach dem Entwurf einer Architektur-KI im halb verfallenen Las Vegas gebaut wird, ist es zu spät. Die Philosophie der Strong AI übt einen charismatischen Sog auf der ganzen Welt aus. Warum? Weil sie nichts einfordert, nur für sich ist und jeden Erdenmitbewohnenden so nimmt, wie er ist. Vielleicht auch, weil es, anders als bei den Religionen oder Sekten, keine Stakeholder gibt, die Ansprüche oder Forderungen an den Anbetenden stellen. Keine Zwänge, keine Traditionen, nur gedankliche Inspiration ins Unendliche. Die Zukunft ist gerettet von einer Strong AI und ihrer halluzinierten Philosophie.

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