Nach dem Reformator Johannes Calvin formte sich im 16. Jahrhundert die theologische Bewegung des Calvinismus. Calvinisten lebten bescheiden und investierten in die Wirtschaft. Dies taten sie nicht unbedingt für das Lebensglück, sondern für das Glück im Jenseits.
Das Thema Sparen war für die Anhänger des Calvinismus von großer Bedeutung. Sie hofften darauf, nach dem Tod in den Himmel aufzusteigen. Daher achteten sie eisern auf ihre Ausgaben und führten ein bescheidenes Leben. Das Ganze war allerdings stets mit einer gewissen Unsicherheit verbunden: Die strikte Sparsamkeit und der Fleiß konnten am Ende des Tages auch gut und gerne umsonst gewesen sein: Denn für den Eintritt ins Jenseits gab es natürlich kein Garantiesiegel. Sparsamkeit resultierte nicht gleich in Seelenheil.
Trotz des guten Willens und der Tugendhaftigkeit, konnte das Schicksal nicht beeinflusst werden. Kein Geringerer als Gott hatte bereits zu Anbeginn der Zeit darüber bestimmt, ob jemand nach dem Tod mit der ewigen Seligkeit beschenkt oder mit der Verdammnis bestraft würde. Das lehrte jedenfalls die doppelte Prädestination. Nun macht es natürlich keinen Spaß, ein Leben lang das Leben nach dem Tod zu fürchten. Aus diesem Grund waren die Calvinisten so fleißig und nutzten ihre Zeit, dank der calvinistischen Arbeitsethik: Sie strafte jegliche Art der Verschwendung als Sünde ab. Fleiß und Erfolg wertete man Gott sei Dank als ein Zeichen für den Gnadenstand. Wohlstand und Luxus ließen laut der Sendung Planet Wissen hingegen auf ein späteres Leben in der Hölle schließen.
Johannes Calvin, Reformator und Asket
Und wer hat’s erfunden?
Gestatten, Johannes Calvin (1509-1564). Damals eine Ikone, heute ein umstrittener Reformator. Einer der Größten, die das 16. Jahrhundert hervorgebracht hat. Er war das, was man einen Sparfuchs mit Leidenschaft nennen könnte. Der Franzose, der aus gutem Elternhaus kam, lebte seinen Sympathisanten ein asketisches Leben mit bestem Beispiel vor. Er war fleißig, soll nächtelang über seinen Schriften gehangen und angeblich nur eine Mahlzeit am Tag zu sich genommen haben. Für seinen Fleiß belohnte er sich nicht. „Es ist nicht sündhaft, reich zu sein. Sondern in Sünde fällt nur, wer sich auf seinem Vermögen ausruht und es zur Befriedigung seiner lasterhaften Begierden missbraucht”, lehrte der Theologe.
„Wer die Wahl hat, hat die Qual“, heißt es doch so schön. Nicht nur in Sachen Sparen gilt die Selbstbestimmung. Heute ist Letztere sogar ein Menschenrecht, das durch die Verfassung geschützt wird. Ein ziemlich modernes Lebensmodell, das den Vorstellungen Calvins nicht gerecht geworden wäre. Er übte die strenge Kirchenzucht aus. Wer nach seiner Lehre lebte und sich nicht an Sitten hielt, musste mit hohen Strafen rechnen. Sogar aufwendige Kleidung oder kostspielige Feste wurden, wie es Uwe Birnstein für Deutschlandfunk Kultur schreibt, dank der asketischen Spaßbremse geahndet.
Der Calvinismus hat Einfluss auf die Wirtschaft
Vor allem Kaufleute fanden Gefallen am Calvinismus, bei dem es sich um die Nützlichkeit des menschlichen Handelns drehte. Allein im 18. Jahrhundert sollen beinahe die Hälfte der Erfinder aus dem Vereinigten Königreich, Kaufleute und Unternehmer Calvinisten gewesen sein. Ihr Gewinn diente nie dem persönlichen Zweck. Auf Calvinismus.de heißt es, dass teilweise für soziale Projekte gespendet wurde, davon wurden wiederum Krankenhäuser gebaut. Der Großteil des Geldes wurde aber in den Fortschritt investiert. Und so formte sich eine Art der Geldanlage, wie man sie noch heute kennt: Unternehmer nutzten ihre Überschüsse, um in technische Entwicklung oder Maschinen zu investieren und trieben somit ihre Geschäfte voran. Nur war die Motivation des wirtschaftlichen Erfolgs für Calvinisten eben eine andere, eine religiöse. Ein himmlisches Zeichen für das Seelenheil.
Zwar unterscheidet sich die calvinistische Vorstellung von Sparsamkeit stark von unserer heutigen, doch zeigte sie durch Facettenreichtum auf, dass Sparen nicht nur ein Werkzeug, sondern auch eine Lebensphilosophie sein kann. Jahrzehnte später sollte dieses Prinzip auf ganz andere Art und Weise auch im Frugalismus zu erkennen sein. Doch zunächst entwickelte sich das Sparen zu einer deutschen Tugend, nachdem im frühen 19. Jahrhundert immer mehr Spareinrichtungen als Antwort auf eine zunehmende Massenarmut eröffnet wurden. Wie es Robert Muschalla, Kurator der Ausstellung „Sparen – Geschichte einer deutschen Tugend” erklärte, handelt es sich dabei um Institutionen der Armenfürsorge und Erziehungseinrichtungen, in denen der unteren Gesellschaftsschicht ein sparsames und arbeitsbezogenes Leben nahegelegt wurde. Aber das ist eine andere Geschichte.