Der Tee war zunächst ein chinesisches Arznei- und Aufputschmittel, frühe „Botaniker” erforschten seine Wirkung. Seefahrer brachten ihn nach Europa und die Briten machten ihn zum Geschäftsmodell.
Die Legende des Tees beginnt mit einem Zufall. Der chinesische Kaiser Shen Nung hatte seinen Untertanen befohlen, Wasser vor dem Trinken abzukochen, um so Krankheiten vorzubeugen. Das war etwa 2700 Jahre vor unserer Zeitrechnung. Wie ungünstig sich manche Keime auf die Verdauung auswirken, war damals zwar noch nicht erforscht, wohl aber, dass Wasser bekömmlicher ist, wenn man es abkocht. Einmal sollen zufällig ein paar Blätter eines Krauts in das heiße Wasser geweht sein, Shen Nung trank davon und war von dem Geschmack sehr angetan, berichtete der Historiker Professor Dietmar Rothermund für das Deutsche Tee-Institut.
Die chinesische Teezeremonie wird als Gong fu bezeichnet. Gong fu cha bedeutet „besonders sorgfältig zubereiteter Tee“. Die sprachliche Nähe zum Kampfsport Kung fu ist kein Zufall: Kung fu bedeutet, dass etwas durch harte, geduldige Arbeit erreicht wurde.
Erst der Zufall, dann die Sorgfalt
Wie der Siegeszug des Tees wirklich begann, ist historisch noch nicht genau rekonstruiert. Doch der Begriff „Siegeszug” ist tatsächlich prägend, wenn es um die Geschichte des Tees geht: Die Chinesen gossen vor mehreren tausend Jahren Wasser auf die Blätter der Teepflanze Camellia sinensis. Es entstand der Grüne Tee, ein Getränk, das wach macht, sogar aufputscht. Aus diesen Gründen trinken Kenner*innen ihn bis heute. Die frühen Methoden der Forschung werden heute mit modernsten Mitteln fortgesetzt. Das macht den Tee zum ersten Kronzeugen für wissenschaftliche Ideen, aus denen ein Weltmarkt entstand.
Damals wie heute gilt: Aus den richtigen Kräutern bereitet, soll der Tee heilen oder beruhigen, Schmerz und Entzündungen lindern, den Schlaf herbeiführen oder Menschen wach halten.
Die frühe Wissenschaft rund um den Tee fand zwar nicht in Laboren statt, aber die Methoden unterschieden sich damals nicht sehr von den heutigen. Die Menschen experimentierten und strebten dabei nach Perfektion im Geschmack und im Herstellungsprozess.
Blätter sollen Leiden heilen
Zu einer wahren Wissenschaft, so berichtet es der Historiker Rothermund, wurde für die Chinesen übrigens auch die Wahl des richtigen Wassers für den Tee. Und der chinesische Autor Lu Yu berichtet von den botanischen Voraussetzungen für eine gute Teequalität: „In den meisten Fällen sind Pflanzen, die in natürlicher Umgebung wachsen, von besserer Qualität als jene, die in Gärten kultiviert werden”, schrieb er im Jahr 780 in seinem Werk „The classic of tea”. Tee heile „fiebrigen Durst, Angst, Zappeligkeit, Kopfschmerzen, getrübte Sicht, weiche Glieder und steife Gelenke”. Allerdings könne der Tee auch krank machen, wenn die Blätter zum falschen Zeitpunkt gepflückt oder nicht korrekt verarbeitet würden. Die Heilkraft der Blätter hing laut Lu Yu von deren Herkunft ab. Entscheidend für die Teekunst war auch, dass im südlichen China schon etwa 5000 Jahre vor unserer Zeitrechnung die Methode der Fermentierung entdeckt worden war. So entstand zum Beispiel der bis heute bekannte Pu-Erh Tee.
Händler legen die Grundlage für einen modernen Massenmarkt
Im Jahr 1610 brachte ein Schiff der niederländischen Ostindien-Kompanie eine Ladung Tee nach Europa. Im 18. Jahrhundert machten die Briten den Tee zum wichtigsten Exportprodukt Chinas. Nur mit der seltsamen Angewohnheit der Briten, Milch in den Tee zu geben, konnten die Chinesen wenig anfangen. Die Milch überdeckte indes die Aromen minderwertiger Teeblätter. Die Produzenten beklagten sich allerdings nicht, schreibt Rothermund in seiner Analyse. Nach Deutschland, genauer gesagt Ostfriesland, das bis heute für seine eigene Teekultur bekannt ist, gelangte das Getränk schließlich im 17. Jahrhundert. Heute ist Tee ein schnell wachsender Massenmarkt. Für 2021 erwarten Experten, dass mit Tee etwa 205 Milliarden Euro Umsatz erwirtschaftet werden, 2025 könnten es bei einem jährlichen Wachstum von derzeit mehr als acht Prozent schon mehr als 280 Milliarden sein.
Auf dem deutschen Markt etablieren sich gerade Lifestyle-Teemarken in moderner Verpackung und mit Bio-Zertifikat. Auch heute arbeiten Forscher wie Tojiro Tsushida am Produkt Tee im Labor. Ziel ist es, die Wirkung der Blätter stärker zu entfalten. Tsushida behandelte die Blätter des Grünen Tees mit Stickstoff und erhöhte so die Konzentration des Stoffes GABA, der gegen Unruhe und Angstzustände helfen kann. Der in Laborexperimenten weiterentwickelte Tee ist inzwischen ein neues Produkt geworden: GABA-Tee oder auch Gabalong kann online bestellt werden.
Im Internet können Experten und die, die sich dafür halten, ihre eigenen Tees mischen – ein Algorithmus prüft, ob die Zutaten kompatibel sind. Was im alten China als Forschung von Medizin, Botanik und Genuss begann, springt gerade ins Informationszeitalter.