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Kompendium: Flexicurity

Für viele junge Menschen wird es immer unbedeutender, sich beruflich festzulegen. Während alte Generationen noch mit den Folgen der Digitalisierung von gestern zu kämpfen haben, wollen die modernen Arbeitnehmer*innen unter ihren Bedingungen arbeiten – ohne dabei auf Sicherheit zu verzichten.

Kompendium: Flexicurity

Das bedingungslose Grundeinkommen hat sich durchsetzen können und gestaltet nicht nur den Job-Alltag, sondern auch das gesellschaftliche Leben der fernen Zukunft neu. Flexibilität und Sicherheit sind jetzt untrennbar.

Kompendium

Flexibilität und Sicherheit, ein unpassendes Paar? Nicht unbedingt. Im Laufe der Geschichte hat sich die Beziehung dieser Komponenten konstant weiterentwickelt und deutlich gemacht, wie stark sich die beiden Faktoren auf dem Arbeitsmarkt gegenseitig beeinflussen. Besonders in einer komplexen Welt ist deren Symbiose, Flexicurity genannt, eine treibende Kraft, um die Interessen von Arbeitnehmer*innen und Arbeitgeber*innen zu pushen.

Kompendium: Flexicurity

Lange vor Tarifverträgen, Kündigungsschutz und Arbeitsregulierungen lebte unsere Urgesellschaft flexibel, aktiv und füreinander, um sich und die anderen Mitglieder*innen der Gemeinschaft abzusichern. Der Beginn des Wirtschaftens.

Kompendium: Flexicurity

Nach dem Zweiten Weltkrieg steht Deutschland vor dem Wiederaufbau, der auch den Arbeitsmarkt nicht auslässt. In den nächsten Jahrzehnten soll die Festanstellung der Schlüssel zur Sicherheit für Arbeitnehmer*innen sein, bevor später die Flexibilisierung im Sinne der Arbeitgeber*innen für Einschränkungen bei manchen Beschäftigten sorgt.

Kompendium: Flexicurity

Was Dänemark kann, wollen auch andere europäische Länder ausprobieren. Während in Skandinavien nämlich bereits seit Längerem ein frischer Wind weht, der Flexibilität und Sicherheit gegenübergestellt, heißt es für die EU in Sachen Flexicurity weiter nachzuziehen.

Kompendium: Flexicurity

Jäger*innen und Sammler*innen: Flexibles Kollektiv mit maximaler Sicherheit

Kompendium: Flexicurity

Jäger*innen und Sammler*innen: Flexibles Kollektiv mit maximaler Sicherheit

Bild: Edward S. Curtis

Lange vor Tarifverträgen, Kündigungsschutz und Arbeitsregulierungen lebte unsere Urgesellschaft flexibel, aktiv und füreinander, um sich und die anderen Mitglieder der Community abzusichern. Der Beginn des Wirtschaftens.

Geben und Nehmen bekommt einen anderen Charakter, wenn man in der Zeit rund 12 000 Jahre zurückgeht, als die Menschen sich ihr Überleben durch Sammeln und Jagen sicherten und damit die älteste Ökonomieform schufen.. Für manche war Arbeit ein regelrechter Kampf, für andere ein Geschick, doch für alle ein Miteinander. Reziprozität ist das Kernelement, das im Gegensatz zu modernen Entwicklungen steht, sich aber in der fernen Zukunft wieder durchsetzen könnte.

Überleben, aber bitte nur im Miteinander

Ausgrabungen und Höhlenzeichnungen lassen nur erahnen, wie die menschliche Urgesellschaft gelebt und gearbeitet haben muss. Während sich Jäger*innen und Sammler*innen (gegendert übrigens, weil man vor kurzem festgestellt hat, dass sowohl Männer als auch Frauen vermutlich beides ausgeübt haben) in verschiedenen Teilen der Welt in ihren Techniken, Aufgabenverteilungen rund um ihre Nahrungsbeschaffung und Lebensweisen unterschieden, verband sie ein Gefühl für die Gemeinschaft. Sie lebten üblicherweise in kleinen Communities, bestehend aus ein paar dutzend Mitgliedern, die sich quasi gegenseitig voneinander abhängig machten. Denn hier überlebte man nur im Kollektiv und in enger Kooperation. Man verstand die Effektivität dahinter, auf die unterschiedlichen Fähigkeiten der anderen zu bauen und die eigene Lebensqualität dadurch zu steigern.

Die Jäger*innen und Sammler*innen verband ein Gefühl von Gemeinschaft: Sie lebten üblicherweise in kleinen Communities, bestehend aus ein paar dutzend Mitgliedern, die sich gegenseitig voneinander abhängig machten. Bild: Illustration via Wikimedia Commons

Es war ein Leben im Sinne der Reziprozität, bei der es darum geht, etwas zu geben und im Gegenzug etwas zu bekommen. Mit der Konsequenz, dass sowohl das Eigen- als auch das Gemeinwohl gestärkt werden. Heute würde man dieses Prinzip vielleicht als Absicherung ohne Vertrag bezeichnen. Denn diese Art der Zusammenarbeit, das Vertrauen in das Gegenüber und der Wille, immer für den Gruppenverband bereitzustehen, war die Lebensversicherung unserer Vorfahren. Eine, die zum einen Flexibilität voraussetzte und zum anderen das höchste Maß an Sicherheit bot. Diese beiden Faktoren waren damals keine gegenläufigen Tendenzen, nichts, was das andere automatisch ausschloss, sondern standen miteinander in Wechselwirkung.

Anpassungsfähigkeit in unsicheren Zeiten

Um sich das besser vorstellen zu können, lohnt sich ein Blick in den Alltag der damaligen Jäger*innen und Sammler*innen, welchen es ja eigentlich so nicht gab, weil jeder Tag anders sein konnte und weil man sich immer wieder den Gegebenheiten anpassen musste. Die Communities legten oft lange Strecken zurück und mussten fähig sein, sich je nach Lage neu zu organisieren, also flexibel zu sein. Es gab keine Garantien – man sammelte und erlegte das, was sich unterwegs ergab. Hinzu kam, dass die Menschen der Urgesellschaft auch immer wieder den Launen der Natur trotzen mussten. Denn mit den klimatischen Bedingungen, die Flora und Fauna beeinflussten, änderten sich die Möglichkeiten der Nahrungsbeschaffung und damit auch die Lebensqualität.

Flexibilität war damals dementsprechend nicht unbedingt ein Verlangen, wie sie es heute für viele Verfechter*innen der New-Work-Generation ist. Sie war eher eine Voraussetzung dafür, sicher zu leben. Das bedeutete eben auch, abhängig von Umständen einspringen zu können, wenn man an anderer Stelle gebraucht wurde. Die Aufgabenteilung machte sich auch schon damals bezahlt. Manche waren zum Beispiel für das Ausgraben von Wurzeln und Knollen, das Sammeln von Früchten oder Kräutern verantwortlich, andere spezialisierten sich auf das Jagen oder Erlegen von Tieren, wieder andere kümmerten sich um die Verarbeitung der Nahrung und den Schutz der Säuglinge und Kinder. Die Nahrung wurde geteilt. Eben eine*r für alle, alle für eine*n.

Jäger*innen und Sammler*innen Communities legten oft lange Strecken zurück und mussten fähig sein, sich je nach Lage neu zu organisieren, also flexibel zu sein. Bild: William Cullen Bryant, Sydney Howard Gay

Reziprozität am Ende? Umschwung mit der neolithischen Revolution

Die reziproke Arbeit der Jäger*innen und Sammler*innen beruhte auf ungeschriebenen Regeln, an die man sich allein schon aufgrund des Überlebensinstinkts hielt. Andererseits entwickelten sich dadurch soziale Dynamiken, in denen unsere Vorfahren durch das Füreinander ihre Beständigkeit auch ohne Sesshaftigkeit finden konnten. Es ist besonders interessant, diese Verhältnisse in Relation zu späteren Gesellschaften und Zeiten zu setzen. Denn in den folgenden Jahrtausenden sollten Flexibilität und Sicherheit wieder ganz neue Bedeutungen bekommen, sich gegenseitig ausspielen und voneinander distanzieren, um irgendwann doch wieder zueinander zu finden und das Potenzial in der Vereinigung auszuschöpfen.

Der wohl größte damit verbundene Umschwung ist auf die neolithische Revolution zurückzuführen, die Jäger*innen und Sammler*innen zu sesshaften Bauern machte. Sie schufen durch den Ackerbau und die Viehzucht die Quelle des modernen Wirtschaftens. Plötzlich ging es um Ressourcen, um Vorräte, irgendwann auch um Tausch, Nachfrage und Angebot. Die steigende Produktivität hatte einen großen Einfluss auf die Entwicklung der Menschheit, ließ die einzelnen Communities und somit die gesamte Bevölkerung wachsen.

Die Gesellschaft veränderte sich, Kulturen entwickelten sich weiter, auch weil im Hinblick auf Produktionsmittel nun persönliches Eigentum eine Rolle spielte. Die Reziprozität rückte dadurch erst einmal in den Schatten, jedenfalls das bisherige Verständnis davon. Insgesamt bedeutete das neue Leben Regelungsbedarf zum Schutz der Sicherheit und somit eine Einschränkung der Flexibilität.

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Bild: Alicia Kassebohm
Kompendium: Flexicurity

Der Siegeszug der Festanstellung – Ein Tool aus Krisenzeiten

Kompendium: Flexicurity

Der Siegeszug der Festanstellung – Ein Tool aus Krisenzeiten

Bild: Bundesarchiv, Bild 183-53194-0002 / Wittig

Nach dem Zweiten Weltkrieg steht Deutschland vor dem Wiederaufbau, der auch den Arbeitsmarkt nicht auslässt. In den nächsten Jahrzehnten soll die Festanstellung der Schlüssel zur Sicherheit für Arbeitnehmer*innen werden, bevor später die Flexibilisierung im Sinne der Arbeitgeber*innen für Einschränkungen bei manchen Beschäftigten sorgt.

Eine Festanstellung, das wohl sicherste Modell am Arbeitsmarkt, ist heutzutage so eingefleischt in unser System, dass man sich schwer eine Arbeitswelt ohne vorstellen kann. Seinen Aufstieg erlebte das sogenannte Normalarbeitsverhältnis, ein unbefristetes Lohnarbeitsverhältnis auf Vollzeitbasis mit Einbindung eines Sozialversicherungssystems, mitten in einer der größten Krisen des Landes: in der Nachkriegszeit, in der der Wunsch nach Sicherheit den Arbeitsmarkt prägte.

Krisensicher? Die hoffnungsvolle Wende am Arbeitsmarkt

Deutschland in Trümmern: In den ersten Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg war das Land von Zerstörung, Not, Leid, Chaos und Kummer gekennzeichnet. Der Schmerz, der einen möglichen Aufstieg wie ein dunkler Schleier ummantelte, saß tief. Doch die Menschen nach 1945 wollten wieder nach vorne schauen, sehnten sich nach Stabilität. Aber an eine geordnete Wirtschaft war noch nicht zu denken, denn erst einmal mussten sich die Bürger*innen gezwungenermaßen flexibel zeigen – zwischen Geschäften auf dem Schwarzmarkt, Hamstern und diversen Aktivitäten zur Selbstversorgung, um die Lebensmittelkarten einlösen zu können.

Aber wie war es überhaupt möglich, vom Überleben auf Leben umzuschalten? Nach katastrophalen Verhältnissen und einem Anstieg der Arbeitslosigkeit bahnte sich in den 1950ern und 1960ern ein Wirtschaftswunder an, das die Wende bedeuten sollte. Daran war besonders die Förderung der Industrie beteiligt. Sowohl der Aufbau des Bergbaus als auch der Stahlindustrie, später des Maschinenbaus, der Chemie- und Elektroindustrie führten zu mehr Stabilität im Land. Nach dem wohl dunkelsten Kapitel der deutschen Geschichte blickte die Welt nun wieder wirtschaftlich auf Deutschland, das unter dem Stempel „Made in Germany” im Exportaufblühte.

Am Wirtschaftswunder, das sich in den 1950ern und 1960ern anbahnte, war besonders die Förderung der Industrie beteiligt. Bundesarchiv_Bild_183-12562-0004 / Biscsan

Die Entstehung eines Systems für kollektive Absicherung

Nun machte sich ein neuer Kurs bemerkbar, der mit dem Fokus auf die gesamtwirtschaftliche Stabilität eine Phase der Vollbeschäftigung einleitete. Das Normalarbeitsverhältnis entwickelte sich übrigens aus dem US-amerikanischen fordistischen Wirtschaftsmodell. Hierbei geht es um standardisierte Massenproduktion und Fließbandfertigung, bei der man eine Sozialpartnerschaft zwischen Arbeiter*innen und Unternehmen anstrebt.

Meilensteine im arbeitsrechtlichen Golden Age

Das Golden Age der deutschen Arbeitsmarktpolitik in den 1960ern, die von einem wirtschaftlichen Boom begleitet wurde, rückte die Festanstellung in den Mittelpunkt. Bis heute versteht man darunter eine vom Arbeitgeber abhängige, unbefristete und von langer Dauer gekennzeichnete Beschäftigung. Ihr Fundament bildet sich auf rechtlichen und tariflichen Normen, außerdem ist sie die einzige Einkommensquelle der Arbeitnehmer*innen. Übrigens: Dass Läden in der Regel nicht bis in die Puppen geöffnet haben und Mitarbeiter*innen von Nike, Adidas, Zara, H&M und Co. nicht nachts hinter der Ladentheke stehen, ist auch auf diese Zeit zurückzuführen. 1956 wurde das Ladenschlussgesetz verabschiedet, um Arbeitnehmer*innen vor überlangen Arbeitszeiten zu schützen.

Ein Jahr später, 1957, kam es zur großen Rentenreform, welche Schluss mit dem niedrigen Niveau der Rentenleistung machen sollte. Mehr Lebensstandard für Millionen von Rentner*innen, die im Wirtschaftswunder bisher untergegangen waren. Während das mittlere Einkommen damals bei rund 350 D-Mark lag, hatten sich die Rentner*innen mit nur 60 bis 80 D-Mark monatlich über Wasser halten müssen. Mit der Reform kam es also zu einer grundlegenden Änderung, die uns bis heute betrifft: Die Rente war von nun an kein Zuschuss mehr, sie war eine echte Lohnersatzleistung und Sicherung des Lebensunterhalts. Ein Meilenstein.

Der Aufbau des Bergbaus als auch der Stahlindustrie, später des Maschinenbaus, der Chemie- und Elektroindustrie führten zu mehr Stabilität in Deutschland. Bundesarchiv_Bild_183-F0404-0032-001 / Joachim Spremberg

Ein wichtiges To-Do auf der Agenda zum Schutz der Arbeitnehmer*innen war außerdem die Senkung der Wochenarbeitszeit. Und dieser Vorsatz wurde zwischen Mitte der 1960er bis Mitte der 1980er stückchenweise erreicht. Den Startschuss für den Standard der 40-Stunden-Woche gab die Zigarettenindustrie, später folgten weitere Branchen – der Einzelhandel war zum Beispiel 1971 dran.

Bis in die Mitte der 1970er kamen immer mehr neue Charakteristika hinzu, die die Festanstellung zum Kronjuwel des Arbeitens machten: die Wiederherstellung der Tarifautonomie, ein Kündigungsschutzgesetz, die Versicherungspflicht aller Angestellten sowie ein Aufbau der Renten-, Unfall- und Krankenversicherung. Außerdem eine Ausdehnung des Sozialversicherungsschutzes. Das brachte Unternehmen und Angestellten eine kollektive Absicherung, die Deutschland Richtung Sozialstaat lenkte. Interessant: Bei dem Ausbau dieses Beschäftigungsmodells spielten Geschlechter eine entscheidende Rolle. Das Normalarbeitsverhältnis war nämlich so ausgerichtet, dass es sich am männlichen Ernährungsmodell orientierte. Das bedeutet: Der Mann bringt das Geld nach Hause und kümmert sich mit seinem Lohn als Alleinversorger um die ganze Familie.

Das Golden Age der deutschen Arbeitsmarktpolitik in den 1960ern, die von einem wirtschaftlichen Boom begleitet wurde, rückte die Festanstellung in den Mittelpunkt. Bild: Australian National Library

Flexible Arbeitsmodelle: Zwischen Erfolg und Unsicherheit

Die Sicherheit, die den Beschäftigten mit der Festanstellung geschenkt wurde, war nötig. Aber sie ist eben nur ein Teil der deutschen Geschichte, die im Rahmen der Flexibilisierung des Arbeitsmarkts eine neue Perspektive dazu bekam. Nun hieß es auf einmal: weniger Regeln, weniger Strukturen. Mit dem Ziel, auf die hohe Arbeitslosigkeit wirksam zu reagieren, stieg die Verbreitung von prekärer Arbeit, ein atypisches Arbeitsverhältnis, stetig an. Die Rede ist von flexiblen Modellen wie Zeitarbeit, befristete Arbeitsverträge, Mini- und Teilzeitjobs, deren größtes Charakteristikum für die Arbeitnehmer*innen wohl die Unsicherheit ist. Sie ließ viele von ihnen, die aufgrund des niedrigen Einkommens teilweise nicht einmal den Lebensunterhalt sicherstellen konnten, als Verlierer zurück.

Was im System gut funktioniert und die Zahlen der Arbeitslosigkeit nach unten drückt, ist eben nicht für jedes Individuum die optimale Lösung. Nehmen wir Leiharbeiter*innen als Beispiel, die von speziellen Firmen temporär an Unternehmen vermittelt werden und dort womöglich auf einen Festvertrag hoffen, aber keinen Anspruch darauf haben. Und in Krisenzeiten müssen sie als Erstes gehen. Dabei sind sie es doch, die die Industrie durch den Exportboom tragen. Deswegen heißt es von nun an, auf Unternehmer- und Politikseite Verantwortung zu übernehmen – soziale Verantwortung.

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Flexicurity – Wenn Flexibilität die berufliche Sicherheit nicht mehr ausspielt

Kompendium: Flexicurity

Flexicurity – Wenn Flexibilität die berufliche Sicherheit nicht mehr ausspielt

Bild: Here to Travel

Was Dänemark kann, wollen auch andere europäische Länder ausprobieren. Während in Skandinavien nämlich bereits seit längerem ein frischer Wind weht, der Flexibilität und Sicherheit gegenüberstellt, heißt es für die EU in Sachen Flexicurity weiter nachzuziehen.

Die EU blickt auf Dänemark, denn von dem skandinavischen Land kann man sich noch gut etwas für den Arbeitsmarkt anderer europäischer Länder abschauen. Flexicurity heißt das Konzept, wofür Regierungen, Sozialpartner*innen und die Wissenschaft einige Grundsätze erarbeitet haben, um sowohl Flexibilität als auch Sicherheit auf dem Arbeitsmarkt zu stärken. Aber ist gut gemeint auch gut umgesetzt?

Im 21. Jahrhundert sollen sich Flexibilität und Sicherheit nicht mehr länger ausschließen, sondern sich vielmehr ergänzen. Anders wird es in Zeiten des globalen Wirtschaftens auch nicht funktionieren. Denn Unternehmen müssen immer schneller auf Marktveränderungen reagieren. Sie wollen es durch einen umfassenden Kündigungsschutz nicht schwer haben, sich von jemandem zu trennen, wenn das die aktuelle Situation erfordert. Sie brauchen flexible Arbeitskräfte. Trotzdem will die Politik Arbeitnehmer*innen nicht einfach ihrem Schicksal überlassen, sondern auch ihre Anforderungen an sozialer Sicherheit erfüllen und im Endeffekt lange Phasen der Arbeitslosigkeit verhindern. Dahinter steckt natürlich auch Kalkül: Wenn mehr gearbeitet wird, werden mehr Steuern eingenommen.

Die Symbiose aus den beiden Kerngedanken nennt sich Flexicurity, mit deren Hilfe die EU die Arbeitsmärkte modernisieren will. Zu den festgelegten Maßnahmen zählen flexible und verlässliche vertragliche Vereinbarungen, umfassende Fortbildungsstrategien für lebenslanges Lernen, wirksame aktive arbeitsmarktpolitische Maßnahmen und moderne Sozialversicherungssysteme. Wobei es den einzelnen Nationen selbst überlassen ist, wie sie diesbezüglich handeln.

Die EU blickt auf Dänemark, Vorreiter in Sachen Flexicurity. Bild: Febyian R.

Vorbild Dänemark – wie Flexicurity den Arbeitsmarkt gestaltet

Wie Flexicurity funktionieren kann, zeigt uns Dänemark schon seit der Entwicklung des Konzepts Mitte der 90er Jahre. Da wäre ein im internationalen Vergleich schwacher Kündigungsschutz. Bei einer Entlassung müssen Unternehmen seit 1993 nur die ersten beiden Tage der Arbeitslosigkeit finanzieren. Das funktioniert, weil im Gegensatz dazu relativ hohe öffentliche Lohnersatzleistungen bestehen. Bis zu vier Jahre lang kann man das Arbeitslosengeld in Höhe von 90 Prozent des letzten Einkommens erhalten. Im Vergleich: Deutschland zahlt als Arbeitslosengeld 60 Prozent des ehemaligen Nettogehalts – je nach Alter und der Länge der Versicherungspflicht zwischen sechs Monaten und zwei Jahren.

Im Hinblick auf die Flexibilität des Arbeitsmarktes ist auch die Dauer des Arbeitsverhältnisses interessant, die im in Dänemark im Schnitt 7,9 Jahre beträgt – in Italien sind es zwölf. Das heißt, die Dänen wechseln viel häufiger den Job. Aber weder der niedrige Kündigungsschutz noch der kontinuierliche Arbeitsplatzwechsel machen ihnen Angst. 60 Prozent der dänischen Angestellten fühlen sich in Bezug auf ihre Arbeit sicher. Woher kommt diese positive Einstellung? Die Mischung aus arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen, Programmen für die Wiedereingliederung und dem hohen Niveau der sozialen Sicherungsleistungen macht’s. Allein die Arbeitslosenkassen sind eine enorme Erleichterung für Arbeitnehmer*innen in Krisenzeiten. Sie nehmen sogar Selbstständige auf und erbringen Leistungen bei Arbeitslosigkeit, Teilvorruhestand sowie Frührente.

Die Bedeutung von Sicherheit in einem Niedriglohnland

Ein Blick nach Deutschland: Obwohl schon seit den 1990ern fleißig über Flexicurity diskutiert wird, hinken wir hinterher. Die Förderung von atypischen Beschäftigungen und die Flexibilisierung von Einkommen und Arbeitszeiten zerren an der Sicherheit. Deutschland, ein Land der niedrigen Löhne, die Armut trotz Vollzeitarbeit steigen lassen. Das ist keine gute Grundlage, um langfristig wirtschaftliche Wachstumspotenziale voll auszuschöpfen, was an der Einkommensarmut deutlich wird.

Im EU-Vergleich wechseln Arbeitnehmer in Deutschland relativ häufig den Arbeitgeber. Quelle: Statista

Hiervon sind Menschen betroffen, die zwar arbeiten, aber weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens verdienen. Diese Situation kann sich stark auf die Motivation der Beschäftigten auswirken. Schließlich verrichten sie ihre Arbeit, leben aber trotzdem am Minimum, was wiederum dazu führt, dass das Engagement für Bildung und Weiterbildung verloren geht oder die Zugänge dazu eingeschränkt sind. Was das bedeuten mag? Der Arbeitsmarkt wird womöglich weniger anpassungsfähig, während die Arbeitsproduktivität abnimmt.

Die soziale Sicherheit auf dieselbe Ebene wie Flexibilität zu bringen, würde für Deutschland also einen Umschwung bedeuten. Einer, die sich lohnen, aber auch scheitern kann. Flexicurity kann im Idealfall die Quote der Arbeitslosigkeit verbessern, die Wettbewerbsfähigkeit steigern und die Kluft zwischen Insidern, diejenigen mit unbefristeten Verträgen, und Outsidern, diejenigen mit kurzfristigen Verträgen und geringem Sozialschutz, verringern. Kritiker befürchten allerdings, dass diese Trennung dadurch erst recht größer werden würde und hierzulande duale Arbeitsmärkte zur Folge hätte.

Nur Offenheit wird in unsicheren Zeiten Sicherheit auf beiden Seiten bringen. Bild: Ant Rozetsky

Flexicurity: auch ein Konzept für Unternehmen selbst

Doch wo sich die Politik vielleicht noch nicht ganz durchsetzen kann, können die Arbeitgeber*innen eingreifen. Ganz im Sinne von New Work lässt sich nämlich in den Unternehmen selbst eine Strategie verfolgen, mit der man flexibel und schnell auf Marktbedingungen reagieren, sowohl die Zufriedenheit als auch Sicherheit der Mitarbeiter*innen steigern und im Endeffekt sogar die Wirtschaftlichkeit verbessern kann. Das benötigt zum einen absolute Transparenz bei Verträgen, die im rechtlichen Rahmen gleichzeitig Handlungsspielräume und Schutz vor Benachteiligung geben. Zum anderen steckt in internen Förderungen sowie Programmen zur Fort- und Weiterbildung viel Potenzial. Davon profitiert der Wissenspool der Firma. Die Angestellten haben dadurch aber auch später auf dem Arbeitsmarkt größere Chancen, wenn sie weiterziehen wollen.

Außerdem: Wer in verschiedene Richtungen und nach den eigenen Interessen gefördert wird, kann in mehreren Bereichen eingesetzt werden, wird also selber flexibler und vermutlich glücklicher. Wer zufrieden arbeitet, steigert Motivation und Produktivität, was letztendlich eine Win-Win-Situation für alle ist. Da mit der Generation Y die Sinnhaftigkeit und der erhöhte Drang nach Selbstverwirklichung in die Arbeitswelt gekommen ist, wird es für Arbeitgeber*innen umso wichtiger, sich zu öffnen und die Flexibilität sich und den Mitarbeiter*innen zu erlauben. Auch wenn es darum geht, einen Jobwechsel zu erleichtern. Nur diese Offenheit wird in unsicheren Zeiten Sicherheit auf beiden Seiten bringen.

Weiterlesen Freiheit und Selbstbestimmung pushen die neue Workforce
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Kompendium: Flexicurity

Freiheit und Selbstbestimmung pushen die neue Workforce

Kompendium: Flexicurity

Freiheit und Selbstbestimmung pushen die neue Workforce

Bild: Wesley Tingey

Viele junge Menschen möchten sich beruflich nicht festlegen. Während ältere Generationen noch mit den Folgen der Digitalisierung von gestern zu kämpfen haben, wollen die modernen Arbeitnehmer*innen unter selbst definierten Bedingungen arbeiten, ohne dabei auf Sicherheit zu verzichten. 

Ist das Normalarbeitsverhältnis vom Aussterben bedroht? Und stehen atypische Arbeitsverhältnisse vor einer vielversprechenden Renaissance? Der Richtungswechsel dürfte sich in den nächsten Jahren aus einem Trend entwickeln, der dem Mindset der Millennials und nachfolgenden Generationen zugrunde liegt: Die Workforce von morgen strebt nach Erfüllung im Job, ist selbstbestimmt, facettenreich und sieht die Digitalisierung sowie moderne Technologien nicht als Hindernisse, sondern als Mittel zum Zweck. Während ältere Generationen überfordert sind, geht die junge Generation als Gewinner hervor und nutzt die neu gewonnene Freiheit für den Aufstieg. Aber: Wirklich flexibel sind nur diejenigen, die eine gewisse Sicherheit haben.

Die Workforce von morgen strebt nach Erfüllung und Flexibilität im Job, ist selbstbestimmt, facettenreich. Bild: Standsome Worklifestyle

„Austauschbar” ist die neue Sicherheit

Freiheit braucht Regeln, um sie sorglos ausleben zu können. Regeln, die nicht einschränken, sondern sowohl Verbindlichkeit als auch Freiräume in einer diversen Arbeitswelt schaffen, die neue Ansprüche stellt. Und diese Ansprüche kommen eben nicht von Unternehmerseite, sondern von den Beschäftigten selbst. Was sich schon in der Gig Economy angedeutet hat, zeigt sich vermutlich ab 2030 noch deutlicher. Dann könnte es ganz normal sein, dass sich Arbeiter*innen von einem befristeten Projekt zum nächsten bewegen. Das machen sie nicht aus Not, sondern aus Überzeugung.

So lassen sich das Leben und die Arbeit von morgen individuell gestalten und die Arbeitnehmer*innen haben die Zügel selbst in der Hand, planen nach ihren Regeln. Ein erfolgreiches und sorgloses Leben ist wegen Schwankungen im Beruf nicht bedroht, dafür sorgen gezielte Angebote des Staates zur Unterstützung, Überbrückung und auch Umorientierung. Unabhängig vom Beschäftigungsstatus sind Gesundheitsfürsorge, Wohnung und (Aus-)Bildung garantiert, was besonders viele junge Menschen von einer Altlast des 21. Jahrhunderts befreit hat, nämlich von dem Druck, schon früh wissen zu müssen, wo die Reise beruflich hingeht. Jetzt muss die Karriere nicht mehr auf einem Weg beruhen, sondern kann unterschiedliche Abzweigungen nehmen.

Flexibilität – unverzichtbar für Arbeitnehmer*in und -geber*in

Falsche Entscheidung getroffen? Kein Problem, denn aufgrund der von der Gesellschaft geschaffenen Sicherheit, sind elementare Risiken weitestgehend überschaubar und es können verschiedene Dinge ausprobiert und die Karriere vielseitig gestaltet werden. Das kommt auch den Unternehmen zugute, die nach wie vor flexibel bleiben können und sich die besten Spezialist*innen für unterschiedliche Projekte herauspicken, ohne sich langfristig an sie binden zu müssen.

Die neue Generation sieht die Digitalisierung sowie moderne Technologien nicht als Hindernisse, sondern als Mittel zum Zweck. Bild: Marvin Meyer

Ein Auslaufmodell ist das Normalarbeitsverhältnis trotzdem nicht. Es ist und bleibt ein Klassiker, der künftig all jenen Sicherheit gibt, die das neue Arbeits-Mindset nicht teilen und mit der Schnelligkeit nicht mitkommen. Sicherheit ist für sie auch psychisch von großer Bedeutung. Denn je komplexer die Arbeitswelt wird, desto überforderter sind manche Beschäftigte, die mit dem Fortschritt der Technologie um ihre Jobs bangen, während sie befürchten von der neuen flexiblen Workforce abgehängt zu werden.

Der Service von Banken im Wandel für mehr finanzielle Flexibilität

Wenn es keine Ausnahme, sondern die Regel ist, flexible Standbeine zu haben, muss auch die Finanzwelt reagieren, die der Anker ist, wenn bei einem unregelmäßigen Einkommen das Bedürfnis nach finanzieller Sicherheit steigt. Damit beschäftigt sich auch Mirjam Pütz, Leiterin Customer Experience bei der Deutschen Bank, die es als Kernaufgabe sieht, für die Kundenbedürfnisse von morgen, das bestmögliche Kundenerlebnis zu schaffen. Hier sind Flexibilität und (finanzieller) Freiraum besonders wichtig, um selbstbestimmt auf sich verändernde Bedingungen reagieren zu können.

„Wir sehen den Megatrend auch ganz klar in unseren Kundenbefragungen und -analysen. Es braucht ein differenziertes Leistungsportfolio und Verständnis von Banken. Am Ende ist Flexicurity im Banking das harmonische Zusammenspiel von einfachen, digitalen Services und Produkten sowie gezielt geschaffene Angebote komplexer und auch persönlicher Beratung und Begleitung”, so die Expertin gegenüber Qiio.

Mirjam Pütz arbeitet bei der Deutschen Bank als Head of Customer Experience und sieht Flexibilität und Freiraum als besonders wichtig, um selbstbestimmt auf sich verändernde Bedingungen reagieren zu können.

Konzepte, die das Bedürfnis der Kund*innen nach Flexibilität und Sicherheit in den Mittelpunkt stellen, gibt es schon jetzt, zum Beispiel in Anlehnung an das magische Dreieck der Vermögensanlage, wodurch unter anderem gezielt auf Fragen der Liquidität bzw. Verfügbarkeit eingegangen wird. Ein vielfältiges Gesamtangebot für Investmentprodukte ermöglicht es außerdem, individuell auf unterschiedliche Bedürfnisse und Erwartungen einzugehen. Auch auf solche, die auf den ersten Blick gegensätzlich erscheinen.

Flexicurity begleitet die Kund*innen der nahen Zukunft, aber eben auch die Finanzwelt selbst. Für Banken bedeutet das laut Mirjam Pütz, auch mal unkonventionell zu sein und im Einzelfall kreativ und kundenzentriert Lösungen zu schaffen, sowie heutige Gestaltungsspielräume Morgen noch konsequenter zu nutzen und gezielt auszureizen. Sie erklärt: „Wir müssen unsere Art zu arbeiten ändern, hin zu einer flexiblen Netzwerkorganisation, in der Aufgaben Rollen ersetzen, damit wir schnell und sicher auf neue Gegebenheiten reagieren können. Um Kunden Flexicurity bieten zu können, müssen auch wir intern die Voraussetzungen dafür schaffen.”

Weiterlesen Jobmarkt in 2047: Bedingungslos flexibel, bedingungslos abgesichert
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Jobmarkt in 2047: Bedingungslos flexibel, bedingungslos abgesichert

Kompendium: Flexicurity

Jobmarkt in 2047: Bedingungslos flexibel, bedingungslos abgesichert

Bild: Ameer Basheer

Das bedingungslose Grundeinkommen hat sich durchsetzen können und gestaltet nicht nur den Joballtag, sondern auch das gesellschaftliche Leben der fernen Zukunft neu. Flexibilität und Sicherheit sind jetzt untrennbar.

Sommer 2047: Während es sich Junus auf seiner Liege im Garten gemütlich gemacht hat, knallt ihm die Sonne ins Gesicht. Wie gut, dass seine Smart Glasses nicht nur smart sind, sondern auch UV-Schutz bieten. Er murmelt leise vor sich hin, während er im digitalen Sichtfeld nach rechts und links swiped. Nein, der 33-Jährige sucht nicht nach der großen Liebe, wie man es vor ein paar Jahrzehnten noch bei Dating-Apps machte. Mitten im Sonnenbaden schaut er hingegen auf der Plattform „Finds“, was die Arbeitswelt an diesem Tag wohl zu bieten hat.

Wenn es matcht, kann die Arbeit losgehen

Das Tinder für Jobs ist einfach zu bedienen. Man kann als Arbeitnehmer*in ein Profil erstellen, seine Fähigkeiten, Erfahrungen, Interessen, Präferenzen sowie Honorarvorstellungen eingeben und sich direkt in die Arbeitswelt stürzen. Bei einem Match geht es manchmal sogar schon am selben Tag los, in anderen Fällen hat man noch etwas Zeit, um sich auf den neuen Gig vorzubereiten. Nachdem Finds vor zwei Jahren gelauncht wurde, hat Junus nicht lange gefackelt und sich direkt angemeldet. An so viele unterschiedliche Angebote kommt man nämlich sonst nur durch Empfehlungen.

Das Tinder für Jobs ist einfach zu bedienen. Man kann als Arbeitnehmer*in ein Profil erstellen, seine Fähigkeiten, Erfahrungen, Interessen, Präferenzen sowie Honorarvorstellungen eingeben und sich direkt in die Arbeitswelt stürzen. Bild: Yogas Design

Aber der Facettenreichtum der App ist schon einmalig. Denn neben reinen Money-Jobs aus allen möglichen Branchen hat Finds mit einem Update auch die Kategorien „Care-Arbeit“ (ehrenamtlich oder mit Vergütung) und „Kunst & Kultur” eingeführt. So sind Solidarität und ein kreativer Ausgleich jetzt vermittelbar. Bei Letzterem geht es nämlich nicht primär darum, eine Karriere zu verfolgen, sondern um einen künstlerischen Ausgleich für zwischendurch, darum, regelmäßig etwas Neues auszuprobieren. Und diese Freiheit, die Work-Life-Balance so zu gestalten, muss man erst einmal haben.

Mehr Flexibilität geht nicht und die benötigt der Freelancer auch. Junus war noch nie jemand, der sich gerne festlegen wollte und schon gar nicht, wenn es um die Karriere geht. Da gibt es schließlich so viele Möglichkeiten, so viele Interessen. Außerdem will er sich nicht jeden Tag abrackern, braucht manchmal mehr, manchmal weniger anspruchsvolle Gigs. Gestern ist Junus noch mit fünf Hunden als Sitter durch den Park gelaufen, heute hat er bei Jobs als Graphic Designer, Projektmanager und Kita-Betreuer nach rechts gewischt. Zwischendurch kann es auch vorkommen, dass er bei einem Notfall einspringen muss und etwas ganz fern von seinen Vorlieben macht – dafür gibt es auch eine Extrafunktion bei Finds. Und diese Hilfsbereitschaft, dort präsent zu sein, wo man gebraucht wird, kommt nicht von ungefähr…

Volle Motivation durch das bedingungslose Grundeinkommen

2047 ist Sicherheit ein menschliches Grundbedürfnis, das vollkommene Flexibilität bietet. Was früher heiß diskutiert und kritisiert wurde, ist jetzt nicht mehr wegzudenken: das bedingungslose Grundeinkommen. Wie seine Mitbürger*innen erhält Junus jeden Monat einen festgesetzten Betrag von 1600 Euro-Token, der für alle gleich hoch ist und keine Gegenleistung erfordert. Die persönliche wirtschaftliche Lage oder die individuellen Beschäftigungsverhältnisse sind hierfür also unbedeutend.

Die Angst vor einer neuen Gesellschaft aus Trittbrettfahrer*innen hat sich nicht bewahrheitet, denn mit dem innovativen Modell, das den Sozialstaat mit einem Schlag neu definiert hat, gehen die Menschen mit ihrem Job bzw. ihren Jobs unheimlich mutig um. Arbeit ist noch erfüllender und bereichernder, weswegen ein ganz neuer Unternehmergeist entstanden ist. Niemand muss ums Überleben bangen, dafür stehen allen die Türen zu einer facettenreichen Karriere offen. Natürlich lebt sich diesbezüglich nicht jede*r so aus wie Junus, aber der Grundtenor ist einheitlich: Einfach machen, ausprobieren, auch mal scheitern, weitergehen, wachsen.

Das Flexicurity-Modell der Zukunft hat auch das Zusammenleben geprägt und einen großen Einfluss auf die Mentalität der gesamten Gesellschaft genommen. Bild: Sam Moqadam

Das große Comeback der Reziprozität

Das Flexicurity-Modell der Zukunft hat auch das Zusammenleben geprägt und einen großen Einfluss auf die Mentalität der gesamten Gesellschaft genommen. Der neue Trend geht zurück zu den Wurzeln. Die Menschen sind viel gemeinnütziger geworden, das Hand-in-Hand-Mindset ganz im Sinne der Reziprozität prägt ihren Alltag. Wenn es wortwörtlich brennt, springt jede*r mal in Rotation bei der Feuerwehr ein oder hilft bei einem Krankheitsfall im Supermarkt um die Ecke aus. Und genau an dieser Stelle setzt die Funktion für ehrenamtliche Tätigkeiten bei Finds an. Junus hat dadurch schon viele unterschiedliche Dinge gemacht. Unter anderem Müll gesammelt, wo es nach einer öffentlichen Veranstaltung akut nötig war, im Seniorenheim ausgeholfen, Hausarbeit bei einer siebenköpfigen Familie und Behördengänge für Personen mit Behinderung gemacht.

Weil sich die Menschen durch das bedingungslose Grundeinkommen ganz auf sich konzentrieren können, ist der Blick auf das Gegenüber klarer. Die Bürger*innen von 2047 sind sich ihrer Verantwortung den anderen gegenüber intensiver bewusst geworden. Eben weil sie nun den Kopf dafür haben können. Auch Junus hat mit Finds nicht nur seine Lebensqualität, sondern durch seine Hilfe auch die anderer steigern können. Dieses Verständnis füreinander ist eine Selbstverständlichkeit geworden. Kein Muss, sondern ein Wollen. So haben Sicherheit und Flexibilität nach einer Odyssee durch den Arbeitsmarkt nicht nur zueinander gefunden, sie können gar nicht mehr ohne einander. Sowohl für diese beiden Faktoren als auch für die Gesellschaft ist es das Miteinander, welches den Trend vorgibt.

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