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Kompendium: Visual Language

Die psychologische und linguistische Forschung beweist, dass ein Bild vom menschlichen Gehirn schneller verarbeitet wird als der gleiche Inhalt in Textform. In der Rushhour des alltäglichen Lebens, begründete dies die Entwicklung von universellen Bildbotschaften: Piktogramme.

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Vom Stein über das Papier bis hin zum Bildschirm – klar, dass sich bei diesen technologischen Quantensprüngen nicht nur das Medium, sondern zwangsläufig auch die Art und Weise unserer Kommunikation verändert. Visuelle Zeichen wie Emojis werden zum globalen Phänomen.

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Die menschliche Aufmerksamkeitsspanne hat ihren Tiefpunkt erreicht: Kommunikation muss so schnell und einfach wie möglich erfolgen. Während wir uns von der Schriftsprache verabschieden müssen, erreicht die Bildsprache ein neues Level.

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Materielle Symbole verlieren an Bedeutung. Stattdessen entstehen mit Künstlicher Intelligenz komplett neue Sprachsysteme, die über Gestik, Mimik und die Aktivität der Augen gesteuert werden können.

Kompendium

Das menschliche Streben nach Vereinfachung macht auch vor unserer Sprache nicht Halt: Während im Alten Ägypten aus Bildern irgendwann die Schrift entstanden ist, werden Textinhalte heutzutage zunehmend wieder durch Bilder ersetzt – visuell basierte Sprachsysteme entstehen. Eine Reise von der ersten Hieroglyphe bis zum Emoji.

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Zeichen für Zeichen meißelten die alten Ägypter ihre Hieroglyphen in Stein. Was für uns heute mehr nach Kunst als nach alltäglicher Kommunikation aussieht, war für sie damals der Durchbruch: das geschriebene Wort, gelöst von Raum und Zeit.

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Worte für die Ewigkeit

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Worte für die Ewigkeit

Egyptische monumenten, Egypte 1927.

Zeichen für Zeichen meißelten die alten Ägypter ihre Hieroglyphen in Stein. Was für uns heute mehr nach Kunst als nach alltäglicher Kommunikation aussieht, war für sie damals der Durchbruch: das geschriebene Wort, gelöst von Raum und Zeit.

Magisch und geheimnisvoll sehen die Schriftzeichen der alten Ägypter, die ab 3.200 v. Chr. verwendet wurden, für uns aus. Ein Zeichen reiht sich an das andere, man entdeckt Tiere, Figuren und vereinzelte Symbole. Mit dem Untergang des Alten Ägyptens ging auch das Wissen über diese Schriftzeichen verloren. Nicht weniger als 1.400 Jahre mussten vergehen, bis im Jahr 1822 das Geheimnis um die Bedeutung der einzelnen Hieroglyphen gelüftet werden konnte.

Ihr genialer Entdecker war der französische Sprachforscher Jean-François Champollion, der erstmalig belegen konnte, dass Hieroglyphen aus drei verschiedenen Arten von Zeichen bestehen: Einige stehen nur für einzelne Laute (Phonogramme), manche für Begriffe (Ideogramme) und wieder andere dienen als Deutzeichen (Determinative), die nicht ausgesprochen werden,  für das Verständnis der anderen Zeichen allerdings essentiell sind. Steht hinter dem Zeichen für Wasser bspw. das Deutzeichen für „etwas, das mit dem Kopf gemacht wird“, ergibt das in Kombination das Wort „trinken“. Sprich: Die Zeichen, die wir sehen, müssen nicht automatisch auch diese stilisierte Bedeutung haben.

It’s magic!

Von Léon Cogniet – Musée du Louvre, Gemeinfrei

Die Hieroglyphen sehen übrigens nicht nur magisch aus, sondern galten damals auch als magisch. Sie zierten alle Gegenstände und Gebäude, die eine mystische Funktion erfüllten. Königspaläste, Göttertempel, Gräber, Statuen oder auch Amulette und Schmuck.

Was für uns heute wie eine zufällige Aneinanderreihung von schematischen Zeichnungen aussehen mag, ist im Prinzip eine der wichtigsten Innovationen der Menschheit: Schließlich war die Hieroglyphenschrift eines der ersten bekannten Schriftsysteme der Menschheitsgeschichte, welches es ermöglichte, das gesagte Wort vom Sprecher, Raum und Zeit zu lösen und in materieller Form festzuhalten.

Weniger Kunst, mehr Praktikabilität

„Hieroglyphen wurden zu einer ganz besonderen Art, durch Bilder zu schreiben“ („stille Zeichen“), schreibt der Künstler Simon McKeown in seinem Werk The International Emblem: From Incunabula to the Internet (S. 97-111). Darin lässt er die Historie der Kommunikation vom ersten Wiegendruck bis zum Zeitalter des Internets Revue passieren. Doch allein kunstvolle Bilder konnten der steigenden Nachfrage nach alltagstauglichen Kommunikationsmitteln im Alten Ägypten auf Dauer nicht dienen – die Praktikabilität und Schnelligkeit fehlte.

By Unknown – Creator – tAFJ_SPMRYyDLQ at Google Cultural Institute maximum zoom level, Public Domain

So entwickelten sich die in Stein gemeißelten Hieroglyphen mit der Zeit zur hieratischen Schrift, auch „die Kursive“ genannt, weiter. Diese meisterte die Ablösung als Privileg, welches ausschließlich der Elite vorbehalten war, hin zum alltäglichen Kommunikationsmittel. Für den Alltag waren Steinplatten als Oberfläche allerdings ebenfalls nicht besonders geeignet: Man stelle sich eine alt-ägyptische Hausfrau vor, die mit Hammer und Meißel ihrem Mann eine Einkaufsliste in den Granit klopft. Eine weitere Innovation musste also her: das Papier. Der Stein hatte damit als wichtigster Schriftträger ausgedient und wurde vom Papyrus abgelöst.

Während die älteren Formen der Hieroglyphenschrift „nur“ 700 verschiedene Schriftzeichen kannten, zählen jüngere Schriftsätze bis zu 7.000. Eine Dimension, die weit über das lateinische Alphabet hinausgeht. Zerlegt man diesen Text, den Du hier liest, nämlich in seine Einzelteile zerlegen, zählen wir lediglich 26 verschiedene Buchstaben, zwölf Satzzeichen und neun Zahlen – es ist naheliegend, dass die Schriftzeichen des Alten Ägyptens mit ihrer Komplexität eine ganz besondere Wirkung auf uns haben.

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Frank R. Schröder
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Go Visual – wenn aus Wörtern Piktogramme werden

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Go Visual – wenn aus Wörtern Piktogramme werden

Piktogramme weisen uns den Weg. Auch wenn wir sie oft gar nicht mehr wahrnehmen.

Die psychologische und linguistische Forschung beweist, dass ein Bild vom menschlichen Gehirn schneller verarbeitet wird als der gleiche Inhalt in Textform. In der Rushhour des alltäglichen Lebens, begründete dies die Entwicklung von universellen Bildbotschaften: Piktogramme.

Stell Dir vor, Du bist gerade auf dem Weg zur Arbeit – wie oft begegnen Dir kleine Illustrationen, die Dir die Richtung weisen, Dir das Rauchen verbieten oder Dich dazu auffordern Dein Smartphone auf stumm zu schalten? Keinen Schimmer? Nicht einmal eine grobe Schätzung? Dann geht es Dir wie den meisten Menschen, denn die Wahrnehmung und die Verarbeitung der Bildbotschaften findet oftmals unbewusst statt.

Doch wie und wann haben sich die ersten Bildbotschaften etabliert und wie konnte garantiert werden, dass diese universell sinngemäß gedeutet werden?

Back to the 70’s

Typisch für Möbel? In den 70ern ganz klar: Das Sofa.

Um das zu verstehen, gehen wir zurück in das Jahr 1975 und machen einen Ausflug in die Sprachwissenschaft und kognitive Psychologie. Damals forschte die Linguistin Eleanor Rosch zu dem menschlichen Zuordnungsprozess von Objekten in Kategorien. Sie forderte 200 College-Studenten auf, vorgegebene Gegenstände auf einer Skala von eins bis sieben als Möbel zu kategorisieren.

Stuhl und Sofa erhielten die höchste Punktzahl, die Lampe landete auf Platz 31, das Telefon auf dem letzten Platz. Damit schuf Rosch die Grundlage für die Prototypentheorie, die erklärt, wie unser Gehirn kognitive Kategorien klassifiziert – und garantiert, dass wir bspw. Abbildungen von Handys und Zigaretten auch als solche wahrnehmen.

Je simpler, desto verständlicher

Es gilt: Je simpler und eindeutiger das Symbol, desto schneller können wir es intuitiv zuordnen. Und umgekehrt gilt: Je größer die Abweichung vom Prototyp, d.h. dem idealen, repräsentativen Abbild einer Kategorie, desto mehr Zeit kostet uns die Identifizierung des Symbols.

Piktogramme haben die verschiedensten Funktionen. Häufig werden sie dazu eingesetzt, um Verbote oder Gefahren zu kommunizieren.

Und das könnte uns vor allem in Gefahrensituationen, in denen oftmals Millisekunden entscheidend sind, zum Verhängnis werden. Daher hat es sich die internationale Organisation für Normung ISO zur Aufgabe gemacht, Bildbotschaften zu vereinheitlichen und entsprechende Normsysteme zu entwickeln. Dabei ist zwischen zwei Arten von Bildsymbolen zu differenzieren: Piktogrammen und Ideogrammen.

Während Piktogramme stark auf die Symbolik setzen und konkrete Objekte darstellen (Streichholz bei Waldbrandgefahr), geben Ideogramme abstraktere Ideen wider, deren Bedeutung erst erlernt werden muss und damit auch oftmals vom Kulturkreis abhängig ist.

So wie bspw. das Kreuz mit vier gleich langen Balken, das nicht konkret als Kreuz verstanden, sondern als „Erste Hilfe“ übersetzt wird. Das Notausgang-Zeichen ist hingegen eine Mischung aus beidem: Die Bestandteile „rennender Mensch“ und „Tür“ sind Piktogramme, da sie konkrete Dinge darstellen – das ganze Zeichen an sich ist jedoch ein Ideogramm, da es eine abstrakte Idee verkörpert.

Andere Länder, anderer Kontext

Dass es bei der Identifizierung des Symbols allerdings nicht ausschließlich auf die visuelle Darstellung als Pikto- oder Ideogramm ankommt, sondern ebenso das soziale und kulturelle Umfeld, in dem es gedeutet werden soll, zeigt das folgende Beispiel:

Dieses Piktogram bedeutet: Kein Alkohol in der Schwangerschaft. Oder?

Dieses Piktogramm wurde auf Weinflaschen gedruckt, um Schwangere vor dem Alkoholgenuss während der Schwangerschaft zu warnen. Eigentlich eine klare Sache, sollte man meinen. Doch Gerüchten zufolge soll das Piktogramm in Brasilien missverstanden und als Zeichen für ein Verhütungsmittel gedeutet worden sein.

Die Tatsache, dass wir verstärkt Piktogramme in unsere Alltagssprache integrieren, zeigt: Sprache ist kreativ, wandlungsfähig und verlangt neue, verkürzte Formen der Kommunikation. Doch wie sich durch das Warnsymbol auf den Weinflaschen zeigt, stoßen wir dabei an der einen oder anderen Stelle an unsere Grenzen – und zwar meistens dann, wenn es nicht nur darum geht, Sprach-, sondern auch Kulturbarrieren zu überwinden. Denn manche kulturellen Bezüge lassen so viel Raum für Missdeutungen, dass sie sich nicht einfach mit einem Symbol überbrücken lassen.

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Frank R. Schröder
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Wenn aus echten Emotionen Emojis werden

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Wenn aus echten Emotionen Emojis werden

Ob Smilie oder Äffchen - Emojis gehören heute zur normalen Kommunikation.

Vom Stein über das Papier bis hin zum Bildschirm – klar, dass sich bei diesen technologischen Quantensprüngen nicht nur das Medium, sondern zwangsläufig auch die Art und Weise unserer Kommunikation verändert. Visuelle Zeichen wie Emojis werden zum globalen Phänomen.

Wir leben schneller, vernetzter und sind stets verfügbar – und da unsere zeitlichen Kapazitäten trotz neuer technologischer Entwicklungen nicht größer werden, müssen wir sie automatisch breitgefächerter anlegen. Sprich: Unsere Aufmerksamkeitsspanne, die wir für einzelne Informationen aufbringen können, nimmt ab. Genauer gesagt, liegt sie aktuell bei acht Sekunden, heißt es laut einer Microsoft-Studie aus dem Jahr 2015. Im Jahr 2000 lag sie noch bei zwölf.

Wer die Aufmerksamkeit der sogenannten Digital Natives noch für sich gewinnen will, sollte seine Informationen dementsprechend so kompakt wie möglich halten, ergo: visuell.

Kommunikation ohne Worte

Den ersten Schritt zur Digitalisierung von Piktogrammen machte der Japaner Shigetaka Kurita, als er 1998 für den japanischen Mobilfunkanbieter NTT DoCoMo die ersten 176 Ideogramme entwarf. Anlass war die Entwicklung ihres neuen Portaldienstes i-mode, dessen Nachrichten auf 250 Zeichen begrenzt waren, sodass eine neue Form der Kurzschrift unumgänglich schien. „Wenn ich es nicht getan hätte, hätte es ein anderer getan“, meint der Emoji-Erfinder Kurita.

Die ersten “Emojis”: Ideogramme von 1889, entworfen in Japan für einen Mobilfunkanbieter.

Seitdem waren keine Worte mehr notwendig, um die eigenen Gefühle auszudrücken: Den weinenden, lachenden und wütenden Emojis gelang es auch so, Metabotschaft wie Mimik und Gestik ohne jegliche Textzeichen zu übermitteln. Zum globalen Phänomen wurden die Emojis jedoch erst durch die westlichen Player Apple und Google.

2010 wurden sie in den Unicode 6.0 aufgenommen. Seitdem verwendet jedes Smartphone, das dem Unicode folgt, die gleichen Emojis. Und beim Smartphone ist es nicht geblieben – Emojis haben sich ihren Weg auch in andere Bereiche unseres Lebens gebahnt.

So wurde 2014 mit Xing Bus Buch Book from the ground das erste belletristische Werk veröffentlicht, welches mit Hilfe von Emojis und Piktogrammen eine ganze Geschichte erzählt. 2017 kam mit „Emoji – der Film“ ein Werk in die Kinos, das die digitalisierten Piktogramme virtuell zum Leben erweckte. Dafür hagelte es allerdings primär Kritik (der „überflüssigste Animationsfilm des Sommers“ laut Spiegel Online) und den Spottpreis „Goldene Himbeere“ gleich in vierfacher Ausführung.

Schreibst du noch oder symbolisierst du schon?

Doch wer verdient eigentlich an den Emojis? Vor allem ist es Marco Hüsges, der 2013 Emoji als Wortmarke schützen ließ. Seine Firma Emoji Company vergibt Lizenzen an Firmen, den Namen Emoji nutzen zu dürfen, und entwickelt Emoji-Varianten, die sich leicht von den Originalen unterscheiden und daher auf die Produkte ihrer Kunden gedruckt werden dürfen.

Kurita entwarf damals die ersten 176 Emojis. Heute gibt es offiziell 2.666. Sie sind zu einer universellen visuellen Sprache geworden. Erst kürzlich verkündete das Unicode-Konsortium – eine gemeinnützige Organisation, die den Unicode weiterentwickelt und herausgibt –, die Bandbreite der Emojis in diesem Jahr um 157 Stück zu erweitern, darunter viele neue Varianten des Gesichts mit unterschiedlichen Frisuren und Hautfarben.

Emojis on Phone” (CC BY-SA 2.0) by gfdnova1

Doch so ganz einfach ist die Kommunikation über Emojis nicht. Denn ihre Aufgabe ist es, ganze Unterhaltungen zu übernehmen, allerdings ohne den zusätzlichen Einsatz von Körpersprache, Gesichtsausdruck oder Intonation, wie es zum Beispiel beim Telefonieren der Fall ist. Jedes Leerzeichen, jedes weitere Emoji, jede Pause zwischen den einzelnen Nachrichten gewinnt an Bedeutung und lässt Raum für Interpretationen – und eben auch Missdeutungen. „Wie hat er das jetzt gemeint?“ „Ist sie jetzt sauer auf mich?“ „Ist das Ernst oder nur Spaß?“ Es ist nicht leicht, zwischen den Emojis zu lesen und die Metabotschaft zu verstehen. Ironie muss mit einem lachenden Smiley 😂gekennzeichnet werden, neckische Bemerkungen mit einem Äffchen oder einem Zwinkern 😉

Und dann werden die Emojis in anderen Kulturkreisen auch noch anders aufgefasst: Während bspw. das schnaubende Emoji 😤im Westen als Zeichen von Wut verwendet wird, gilt es im fernen Osten als Ausdruck von Triumph. Und wird das High Five-Emoji 🙏🏼in Japan verwendet, um „Danke“ oder „Bitte“ zu sagen, wird es im Westen genutzt, um zwei einschlagende Hände zu symbolisieren.

Die Folge: Emojis lassen wieder neue Sprachcodes entstehen, die die Nutzer selbst erlernen müssen, da sie über die ursprüngliche Idee des Smileys (z.B. dem lachenden Smiley, der primär zum Ausdruck von Freude gedacht war, nun aber auch zum Kennzeichnen von Ironie verwendet wird) hinausgehen. Dabei sollte die Kommunikation mit Emojis doch eigentlich einfacher werden. 🙈

Weiterlesen Das Ende der Schriftsprache im Jahr 2050
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Das Ende der Schriftsprache im Jahr 2050

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Das Ende der Schriftsprache im Jahr 2050

Statt über Schrift kommunizieren wir in Bildern.

Die menschliche Aufmerksamkeitsspanne hat ihren Tiefpunkt erreicht: Kommunikation muss so schnell und einfach wie möglich erfolgen. Während wir uns von der Schriftsprache verabschieden müssen, erreicht die Bildsprache ein neues Level.

200 bis 300 Wörter kann ein geübter Mensch pro Minute lesen – je einfacher der vorgelegte Text, desto schneller. Zumindest war das mal so im Jahr 2018, da haben wir auch zum Teil noch mit der Hand geschrieben und Textnachrichten verschickt. Doch im Jahr 2050 wird alles anders.

Schnelligkeit! Das wird das Schlüssel-Wort sein, welches unsere bisherigen Konventionen der Kommunikation gehörig aufmischen wird. Buchstaben und Wörter? Zu lang. Verschiedene Sprachen und Kulturen? Zu kompliziert. 200 bis 300 Wörter? Zu wenig. Um all diese Bedürfnisse zu stillen, muss eine neue Form der visuellen, vereinfachten Sprache her.

Weniger ist mehr

„Es findet eine sogenannte Kreolisierung, eine Durchmischung von Sprachen statt“, erklärt Gerhard Jäger, Professor für Linguistik an der Universität Tübingen gegenüber der Online-Redaktion des Magazins Bild der Wissenschaft, wissenschaft.de. „In der Biologie besteht eine Population aus einzelnen Individuen, die unterschiedlich gut an die Umgebung angepasst sind – je besser, desto erfolgreicher pflanzen sie sich fort. Ähnlich ist das auch mit der Sprache“, sagt Jäger. Wenn eine Sprache weiterhin bestehen bleiben will, muss sie in der Lage sein, sich anzupassen, auf die technologischen Neuerungen zu reagieren und visueller, simpler und universeller zu werden.

Go visual!

Nieder mit der Sprachbarriere: Wenn wir nur noch über Zeichen kommunizieren, wird alles einfacher.

Das heißt: Die Anzahl der verschiedenen Sprachen wird sinken, bestehende Sprachen werden sich vermischen und eine neue Sprache bilden. Die Alphabete werden nicht mehr nur aus Buchstaben, sondern aus mindestens genauso vielen visuellen Zeichen bestehen.

„Alle Menschen sind mehr oder weniger geneigt, durch das Auge zu lernen, als durch das Ohr; und was immer in der Tat gesehen wird, macht einen viel tieferen Eindruck als alles, was gelesen oder gehört wird. […]“, Samuel Smiles (1859): Hilf Dir Selbst (Self-help).

Samuel Smiles mag mit diesem Zitat Recht haben. Was bleibt, ist jedoch die Frage: Lohnt sich das? Ist es eine vereinfachte, visuelle Sprache wert, gewohnte Konventionen zu brechen und zu ersetzen? Sollte sich eine universelle visuelle Sprache tatsächlich durchsetzen, sind folgende drei Tendenzen nicht zu verachten:

Individualität wird zu „one fits all“

Kommt eine neue Sprache, müssen alte gehen – und zwar alle, ohne Rücksicht auf Verluste. Alte Kulturkreise zerbrechen und fügen sich zu einem neuen großen Kreis zusammen. Nicht nur die jahrtausendelange Geschichte, die eigene Identität und das Zusammengehörigkeitsgefühl gehen verloren, sondern auch die Vielfalt, das Gefühl der Neugierde und die Möglichkeit, andere Kulturen kennenzulernen.

Neue Untergruppen entstehen

Auch eine einheitliche Grundlage der Sprache wird nichts an unserem Bedürfnis ändern, uns und unser Umfeld linguistisch abzusondern und unsere eigene Identität zu schaffen. Daher werden sich auch dann sprachliche Unterformen, d.h. sogenannte visuelle Dialekte herausbilden, die die Einheit wieder spalten.

Schnelligkeit vs. Komplexität

Unsere Sprache mag einfacher werden – unsere Gedanken, wissenschaftlichen Ansätze oder persönlichen Erfahrungen allerdings nicht. Und an dieser Stelle wird die visuelle Sprache an ihre Grenzen stoßen – es sei denn, die Zeichen sind ausreichend komplex oder können so kombiniert werden, dass sie auch umfangreichere Inhalte übermitteln können.

Wenn die Schriftsprache wie wir sie heute erkennen verschwindet, werden Postkarten zum Relikt.

Kommunikation ist mehr als sich „nur“ zu verständigen. Es geht um den Austausch von Erfahrungen, von Gedanken, um menschliche Interaktion. Sollte das mit der visuellen Sprache allerdings weitaus mehr Zeit beanspruchen, wird sich die menschliche Kommunikation den Gegebenheiten anpassen und sich dem Motto fügen: „The simpler the better.“ Und das wäre keine erfreuliche Entwicklung. Schnelligkeit ist gut, aber bei Weitem nicht alles.

In diesem Sinne: Haltet Eure handschriftlichen Karten gut fest. Denn die werden im Jahr 2050 zu einer noch größeren Rarität als es sie heute ohnehin schon sind.

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Frank R. Schröder
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Wörter sind zu umständlich, ein Zwinkern reicht

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Wörter sind zu umständlich, ein Zwinkern reicht

Ob mit "Zeichensprachen" wie Ferro in Zukunft wirklich kommuniziert wird? Lernen kann man sie jetzt schon.

Materielle Symbole verlieren an Bedeutung. Stattdessen entstehen mit Künstlicher Intelligenz komplett neue Sprachsysteme, die über Gestik, Mimik und die Aktivität der Augen gesteuert werden können.

Vor mir sehe ich ein Meer aus Punkten und Strichen, die in unterschiedlichster Form miteinander kombiniert werden. Manchmal sind es nur Nuancen, die die Zeichen voneinander unterscheiden, aber man sieht sie, die feinen Unterschiede. Ich befinde mich gerade mitten in der Teilnahme an der Studie zum Erlernen der Sprache Ferro, die von der Universität Edinburgh und dem Max-Planck-Institut für Psycholinguistik in Nijmegen 2016 initiiert worden ist. Ich werde dazu aufgefordert, drei Zeichen in einer bestimmten Reihenfolge zu finden und anzuklicken. Was beim ersten Versuch einige Minuten dauert und Unbehagen in mir auslöst – schließlich sind mir die Zeichen bis dato gänzlich fremd – wird bei den weiteren Versuchen immer einfacher, intuitiver und schneller.

Ein wenig fühle ich mich in den Film „Arrival“ versetzt, in dem die Sprachwissenschaftlerin Louise Banks die Zeichensprache der auf der Erde gelandeten Aliens entschlüsseln soll und dafür mit ihnen in Kontakt tritt.

Neue Signale erzeugen

Screenshot aus der Farro-Studie.

Doch die Surrealität, die mir beim ersten Anschauen der Szene so präsent war, verliert in Anbetracht der Ferro-Studie mehr und mehr an Gewicht. In der Beschreibung der Studie heißt es:

„Wenn du die Ferro-Sprache lernst, lernst du nicht nur Wörter, die du zuvor noch nie gesehen hast, sondern ganze Symbole, die du davor noch nicht gesehen hast. In anderen Worten: Du lernst eine komplett neue Art, Signale zu erzeugen.“

Genau diese neue Form der visuellen Signalerzeugung wird in Zukunft immer wichtiger. Denn wir wollen uns so schnell und effizient wie nur möglich mitteilen können. Klar, dass dann Worte irgendwann zu viel Zeit kosten – visuelle Signale werden hingegen in Millisekunden ausgesendet.

Mit Mimik und Gestik ans Ziel

Was dann alles möglich wäre! Stell Dir einmal vor, Du bist unterwegs und bspw. Dein Handy signalisiert Dir, dass Dein Kühlschrank leer ist und fragt nach Deiner Erlaubnis, die Einkaufsliste online einzulösen, sprich einzukaufen. Ein Blick von Dir genügt und das Gerät beginnt zu arbeiten. Wenn du nach Hause kommst, ist Dein Kühlschrank wieder prall gefüllt, denn natürlich hat deine Tür das Gesicht des Lieferanten erkannt und ihm Zutritt gewährt.

Irgendwann sind auch Alexa und Co. überholt. Dann reicht ein Blick um unser technisches Umfeld zu steuern.

Mit Googles Software Kit Rasperry Pi und Amazons Sprachassistentin Alexa gibt es bereits erste Möglichkeiten, künstliche Intelligenz in den eigenen vier Wänden zu nutzen. Allerdings funktioniert die Kommunikation bisher noch über Sprachbefehle. Das wird sich ändern.

Die Sprache wird im Jahr 2200 auf eine neue Ebene gehoben und nicht mehr zwingend an materielle Symbole gebunden sein, sondern primär von visuellen Impulsen leben, die von uns über Mimik, Gestik oder die Aktivität der Augen an KI-Systeme gesendet werden. Die KIs befinden sich dabei in ständiger Entwicklung: Sie werden an uns wachsen und neue Gesichtsausdrücke, Emotionen sowie Blicke kennenlernen. Sie werden lernen und lernen – bis zu dem Punkt, an dem sie nicht mehr mit uns wachsen, sondern über uns hinauswachsen und unsere visuellen Impulse bereits kommen sehen, bevor wir sie gegeben haben. In Anbetracht der Entwicklungen der visuellen Sprache seit dem Alten Ägypten wird vor allem eines deutlich: Die Sprache wird immer unabhängiger – erst von Raum und Zeit, dann vom geschriebenen Wort, und nun auch noch vom Menschen. Dort wo ursprünglich ein Zeichen war, ist 2200 nur noch ein Blick.

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