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Kompendium: Purpose Economy

Die fortschreitende Automatisierung und KI werden Bullshit-Jobs langfristig wegrationalisieren. Wenn Roboter für uns arbeiten, erhalten wir das zurück, was uns fehlt: Zeit und Muße, um Tätigkeiten nachzugehen, welche die Welt und unsere Gesellschaft besser machen.

Kompendium

Im Jahr 2014 prägte Aaron Hurst durch sein gleichnamiges Buch den Begriff „Purpose Economy“. Mit dieser Bezeichnung ist der Wandel hin zu einer Wirtschaft mit sinnvollen Zielen gemeint. Sie reflektiert den Wunsch vieler Millennials, mehr Bedeutung im Beruf zu erfahren und damit die Gesellschaft positiv beeinflussen zu können. Auch wenn es seit jeher Menschen gibt, für die ein übergeordneter Nutzen bei der Arbeit essenziell ist, stellt sich heute die Frage: Inwiefern wird die Purpose Economy unser Verständnis von Arbeit auf globaler Ebene neu definieren?

Kompendium: Purpose Economy

Als der griechische Philosoph Platon um 387 v. Chr. im Nordwesten Athens ein Grundstück erwarb, dachte wohl niemand, dass dort die bis heute langlebigste Institution ihrer Art in Griechenland entstehen würde.

Kompendium: Purpose Economy

Hilfsorganisationen gibt es bereits seit dem 19. Jahrhundert oder sogar noch länger. Der Begriff „NGO“ (non-governmental organisation) wurde allerdings erst 1950 durch die UN geprägt.

Kompendium: Purpose Economy

Ein Interview mit der Autorin Isabell Prophet über Bullshit-Jobs und die Gründe dafür, dass die Suche nach sinnstiftender Arbeit nur mit Eigenverantwortung funktioniert.

Kompendium: Purpose Economy

Aaron Hurst schreibt in seinem Buch „The Purpose Economy“, dass die heutige Generation die Changemaker von morgen sind. Gleichzeitig sprießen Unternehmen aus dem Boden, die sich gesellschaftlich sowie nachhaltig relevanten Themen annehmen.

Kompendium: Purpose Economy

Die Philosophie als Grundstein einer sinnhaften Arbeit

Kompendium: Purpose Economy

Die Philosophie als Grundstein einer sinnhaften Arbeit

Der entscheidende Punkt für Platon war, das Gelehrte nicht nur zu verstehen, sondern im Austausch untereinander wirklich zu verinnerlichen. Foto: Platons Gastmahl von Anselm Feuerbach, via Wikimedia Commons, gemeinfrei.

Als der griechische Philosoph Platon um 387 v. Chr. im Nordwesten Athens ein Grundstück erwarb, dachte wohl niemand, dass dort die bis heute langlebigste Institution ihrer Art in Griechenland entstehen würde – die Platonische Akademie, eine Philosophenschule. Absolvent*innen ließen ihr Wissen in zukünftige Berufe fließen, wodurch der Grundstein dafür gelegt wurde, dass die Philosophie bis heute ein Teil der Wirtschaft ist.

In vielerlei Hinsicht war Platons Philosophenschule ihrer Zeit voraus. Es ist überliefert, dass der Unterricht kostenlos war und die fortgeschrittenen Student*innen die jüngeren unterrichteten. Außerdem herrschte eine Gleichberechtigung unter allen, ganz unabhängig von Herkunft oder Abstammung. Auch Frauen wie die Philosophin Axiothea von Phleius waren zum Studium zugelassen, um zentrale Sinnfragen des Lebens in der Gemeinschaft zu diskutieren.

Die Lehren der Akadēmeikós

Neben dem Unterricht von philosophischen Fächern wie Erkenntnistheorie, Ontologie oder Metaphysik wurden auch Mathematik, Astronomie und Geometrie gelehrt. Als übergeordneter Zweck der Akademie galt die Erziehung zum wirklichen Menschsein. Gemeint war damit die Loslösung von kurzweiligen Errungenschaften wie Geld oder Macht und das gleichzeitige Erkennen der eigenen, unsterblichen Seele. Das Streben nach übergeordneten Tugenden und Werten wie Gerechtigkeit stand im Mittelpunkt.

Der entscheidende Punkt für Platon war, das Gelehrte nicht nur zu verstehen, sondern im Austausch untereinander wirklich zu verinnerlichen. Es weiterzudenken und dann vor allem umzusetzen, damit die Gesellschaft außerhalb der Schule positiv beeinflusst werden konnte. Die Philosoph*innen sollten also ihr Wissen hinaus in die Welt tragen – doch wie genau funktionierte das?

Womit Philosoph*innen in der Antike ihr Geld verdienten

Wenn die Absolvent*innen der eigenen Erfüllung des Menschseins folgten, musste für sie das Streben nach finanziellem Reichtum zweitrangig gewesen sein. Praktisch, dass einige aus vermögendem Elternhaus stammten und wiederum andere bei ihrem Schaffen von Bewunderern und Gönnern unterstützt wurden. Teilweise gab es auch Zuschüsse von ihren eigenen Student*innen.

Viele fanden jedoch auch in der Medizin, Politik oder Kunst ihre Berufung, wo sie für ihre Arbeit entlohnt wurden. Andere waren als Lehrer*innen tätig, so auch Aristoteles, einer der bekanntesten Schüler Platons. Er wurde vom makedonischen König Philipp II. an den Hof gerufen, um dessen Sohn zu unterrichten, der später als Alexander der Große in die Geschichtsbücher einging.

Wo Philosophie auf Ökonomie trifft

Aristoteles, einer der berühmtesten Schüler Platons, wurde vom makedonischen König Philipp II. an den Hof gerufen, um dessen Sohn zu unterrichten, der später als Alexander der Große in die Geschichtsbücher eingehen sollte. Foto: Aristoteles und Alexander von Charles Laplante, via Wikimedia Commons, gemeinfrei.

Viele männliche Philosophen fungierten außerdem als Berater von Herrschern und gaben diesen nicht nur theoretische Ratschläge, sondern standen ihnen auch in puncto Auftreten und Selbsteinschätzung zur Seite. Diese Form des Coachings ist zeitlos: Heute buchen Manager*innen Seminare, in denen die Schriften genau jener Philosophen besprochen werden. Angestrebt wird mitunter, die eigene Selbstreflexion zu fördern und das Denken als philosophischen Akt wiederzuentdecken. Es soll aufgezeigt werden, wie oft in Meetings sinnfrei aneinander vorbeigeredet wird und festgefahrene Unternehmensstrukturen gar nicht erst hinterfragt werden.

Die Universität Bayreuth bietet das Studienfach „Philosophy and Economics“ an, das mittlerweile einer Zugangsbeschränkung unterliegt. Wer seinen Abschluss hier macht, geht als Ökonom*in mit philosophischer Bildung aus dem Studium hervor. Anders ausgedrückt: Wer in der Wirtschaft Großes bewirken will, darf sich nicht vor großen (Sinnes-)Fragen scheuen. Und das wussten bereits die alten Griech*innen.

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Kompendium: Purpose Economy

Geschichte der NGOs: Wie Helfen zum Business wurde!

Kompendium: Purpose Economy

Geschichte der NGOs: Wie Helfen zum Business wurde!

1839 wurde die „British and Foreign Anti-Slavery Society“ gegründet, die sich als Gesellschaft zur Abschaffung des Sklavenhandels (Abolitionismus) verstand. Foto: The Anti-Slavery Society Convention von Benjamin Haydon, via Wikimedia Commons, gemeinfrei.

Hilfsorganisationen gibt es bereits seit dem 19. Jahrhundert oder sogar noch länger. Der Begriff „NGO“ (non-governmental organisation) wurde allerdings erst 1950 durch die UN geprägt. Viele dieser Einrichtungen finanzieren sich bis heute ausschließlich durch Spenden, doch die größte NGO der Welt wuchs zu einem lukrativen Social Business heran. Sie zeigte damit, dass sich das Streben nach Gemeinnützigkeit und Kapitalertrag nicht ausschließen.

1839 wurde die „British and Foreign Anti-Slavery Society“ gegründet, die sich als Gesellschaft zur Abschaffung des Sklavenhandels (Abolitionismus) verstand. Sie gilt bis heute als die älteste NGO der Welt, wurde in „Anti Slavery International“ umbenannt und setzt sich nach wie vor für die Beseitigung von (moderner) Sklaverei ein. Finanziert wird sie – wie viele andere NGOs auch – durch private Spenden, zwischenstaatliche Organisationen und Stiftungen.

Wirtschaftliche Erträge spielten anfangs keine Rolle

Bei den ersten Hilfsorganisationen, die sich dem Abolitionismus verschrieben hatten, ging es ausschließlich um die Verminderung von menschlichem Leid und die Bekämpfung sozialer Ungerechtigkeiten; später traten auch Umwelt- und Tierschutz hinzu. Foto: The Official Medallion of the British Anti-Slavery Society, via Wikimedia Commons, gemeinfrei.

Bei den ersten Hilfsorganisationen, die sich dem Abolitionismus verschrieben hatten, ging es ausschließlich um die Verminderung von menschlichem Leid und die Bekämpfung sozialer Ungerechtigkeiten; später traten auch Umwelt- und Tierschutz hinzu. Der nun geläufige Begriff „NGO“ wurde erst 1950 in einer Charta der UN definiert. Ziel war es, diese zivilgesellschaftlichen Organisationen an politischen Prozessen teilnehmen lassen zu können, sie jedoch gleichzeitig von staatlichen Vertreter*innen abzugrenzen.

Auch wenn sich die meisten Hilfsorganisationen heute noch durch Spenden und Stiftungen finanzieren, haben es einige geschafft, sich in ein profitables Sozialunternehmen zu entwickeln. Das weltweit größte Business dieser Art ist das aus Bangladesch stammende BRAC.

Die größte NGO der Welt

BRAC wurde 1972 gegründet. Das damals kleine Hilfsprojekt in Bangladesch kümmerte sich um die Heimkehrer*innen des Unabhängigkeitskrieges mit Pakistan – Häuser wurden renoviert, medizinische Zentren errichtet. Das klappte so gut, dass BRAC schnell größer denken konnte und sich einer langfristigen Unterstützung der Bedürftigen des Landes zuwandte.

BRAC Gründer Sir Fazle Hasan Abed erhält Thomas Francis, Jr. Medaille. Foto: BRAC, via Wikimedia Commons, CC BY 2.5

Heute beschäftigt die international aufgestellte NGO mehr als 120.000 Menschen, davon sollen rund 70 Prozent weibliche Angestellte sein. Gemessen daran gilt sie als die größte NGO der Welt. Außerdem erzielt sie einen Umsatz von rund 657 Millionen Euro. BRAC ist an einer Universität, einem Unternehmen für künstliche Befruchtung und einer Kette von Modeunternehmen beteiligt – um nur drei Investitionsbereiche zu nennen. Doch wie gelang der NGO das?

Eine Grassroot-Kampagne

BRAC packte zuerst eines der größten Probleme des Landes an der Wurzel: die extrem hohe Sterberate von Kleinkindern unter fünf Jahren, welche vor allem auf Durchfallerkrankungen zurückzuführen war.

4.000 Menschen wurden darin ausgebildet, Eltern beizubringen, wie sie eine elektrolytreiche Flüssigkeit ansetzen können, um den Durchfall der Kinder in den Griff zu bekommen. Nachdem die Mortalität mithilfe dieser Kampagne um die Hälfte reduziert werden konnte, wandte sich BRAC der Sicherstellung der Gesundheit und Bildung zu: In den abgelegenen Dörfern des Landes wurden jeweils eine weibliche Krankenschwester und eine Lehrerin stationiert.

Der Erfolg des Konzepts „Hilfe zur Selbsthilfe“

BRAC entschied sich für die Hilfe zur Selbsthilfe, um langfristige Erfolge etablieren und Erträge zurück in die Organisation fließen lassen zu können: Das Social Business „Aarong Craft Shops“ wurde aufgebaut. Es unterstützt (Kunst-)Handwerker*innen dabei, ihre Produkte zu vermarkten und zu verkaufen. Mithilfe dieser Einnahmen konnten bereits 1974 die ersten Mikrokredite für Bedürftige angeboten werden – heute gilt Aarong Craft Shops als das beliebteste Einzelhandelsunternehmen von Bangladesch.

Ein extrem erfolgreiches, weil logisch aufgebautes Gesamtsystem: Erst wurde das Überleben der Kinder in ländlichen Regionen sichergestellt, dann für ihre Bildung und Erziehung gesorgt und zu guter Letzt konnten neue Jobperspektiven geschaffen werden.

Innerhalb der Organisation liegt der Schlüssel des Erfolgs mitunter in der kommunikativen Unternehmenskultur. Die unterschiedlichen Programme werden konstant dem Feedback lokaler Mitarbeiter*innen unterzogen, um so aus erster Hand an die Bedürfnisse angepasst und sogar von anderen NGOs übernommen werden zu können.

Warum der soziale Sektor in der Wirtschaft nicht mehr wegzudenken ist

Community health worker Parvin ist 26 Jahre alt und lebt im Korail-Slum in Dhaka. Foto: DFID – UK Department for International Development, via Wikimedia Commons, CC BY-SA 2.0.

Wo der Staat versagt, werden gemeinnützige Organisationen stark. Auch, weil die Arbeit von NGOs einen höheren Stellenwert in Regionen hat, die unter korrupten Regierungen leiden und von Großkonzernen ausgebeutet werden. NGOs haben durch langjährige Zusammenarbeit mit lokalen Mitarbeiter*innen ein Netzwerk in Ländern aufgebaut, die für internationale Konzerne wichtig sind. So wachsen die Wirtschaft und der soziale Sektor immer näher zusammen – und Hilfsorganisationen sowie Sozialunternehmen haben sich längst ihren Platz beim Weltwirtschaftsforum in Davos oder anderen Veranstaltungen gesichert.

Ein weiterer Vorteil dieser Entwicklung ist auch, dass aus einstigen freiwilligen Unterstützer*innen von Hilfsorganisationen professionelle Mitarbeiter*innen werden. Das ist den stetig komplexer werdenden Anforderungsprofilen geschuldet, denn: Immer mehr Menschen wechseln die Seiten, indem sie ihr Wissen in Wirtschaftsunternehmen einbringen – und umgekehrt.

Weiterlesen Was ist das Erfolgsrezept gegen Bullshit Jobs?
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Kompendium: Purpose Economy

Was ist das Erfolgsrezept gegen Bullshit Jobs?

Kompendium: Purpose Economy

Was ist das Erfolgsrezept gegen Bullshit Jobs?

"Was ist, wenn wir damit beginnen, das Leben als Mischkalkulation zu sehen, die aus verschiedenen Faktoren wie Freizeit, Liebe, Geld, Genuss, Pflege, Ehrenamt und so weiter besteht?" Foto: Danica Tanjutco.

Ein Interview mit der Autorin Isabell Prophet über Bullshit-Jobs und die Gründe dafür, dass die Suche nach sinnstiftender Arbeit nur mit Eigenverantwortung funktioniert.

Der Autor David Graeber prägte den Begriff „Bullshit Jobs“: Beschäftigungsformen, die keinen Nutzen haben und sogar schädlich sein können. In Zeiten der Automatisierung und einer jungen Generation, für die vermehrt die Selbstverwirklichung im Zentrum des Berufes steht, verwundert es, wie viele überflüssige Jobs nach wie vor ausgeführt werden.

In unserem Gespräch mit der Autorin und Journalistin Isabell Prophet sprechen wir über vermeintliche Bullshit-Jobs sowie darüber, wie die heutige Wirtschaft funktioniert und welche Weichen für eine Purpose Economy gestellt werden müssen.

Prophet studierte Wirtschaftswissenschaften und beschäftigt sich in ihrem Buch „Happy Monday! Von der Kunst, seinen Job zu lieben“ damit, dass es Selbstverantwortung braucht, um beruflich glücklich zu sein.

In unserem Gespräch mit der Autorin und Journalistin Isabell Prophet sprechen wir über vermeintliche Bullshit-Jobs sowie darüber, wie die heutige Wirtschaft funktioniert und welche Weichen für eine Purpose Economy gestellt werden müssen. Foto: Isabell Prophet.

Isabell, was ist für dich ein Bullshit-Job?

Ein Job, der aus keinem Blickwinkel Sinn ergibt. Natürlich gibt es Berufe, die im ersten Moment überflüssig wirken. Das ist aber eben nur von einer Seite betrachtet.

Und was sind die anderen Seiten, die beleuchtet werden müssen?

Nehmen wir als Beispiel eine Rezeptionistin, die nichts zu tun hat. Sie braucht Geld, etwa für ihre Miete, vielleicht hat sie auch ein Kind. Der Job erfüllt also diesen Zweck. Wenn die Frau nicht Rezeptionistin bleiben will, sondern eine Ausbildung zur Sekretärin machen möchte, dann könnte sie das dem Chef mitteilen. Nehmen wir an, er ist ihr wohlgesonnen, und sagt, dass sie für die Ausbildung lernen darf, sobald es am Empfang nichts zu tun gibt. Sie kann also wachsen. Vielleicht studiert die Rezeptionistin auch Entwicklungshilfe. Wenn der Job es ihr ermöglicht, dass sie später einmal einen großen Dienst an der Gesellschaft leisten kann, handelt es sich nicht mehr um einen Bullshit-Job. Wir müssen immer das große Ganze betrachten.

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 „Das Gefühl, Eigenverantwortung zu übernehmen, ist super.“

Den Schritt vom vermeintlichen Bullshit-Job in eine Richtung, die mehr Sinn für einen selbst ergibt, muss jeder selbst tun. Foto: Retha Ferguson.

Wenn jemand im Job versauert, liegt das Problem dann darin, dass er/sie die Verantwortung für die eigene Situation abgibt?

Ja! Wir sollten Menschen nicht als Opfer sehen, weil sie sich immer weiterentwickeln können. Der vermeintliche Bullshit-Job ist eine Plattform, von der ausgehend man so viel erreichen kann. Die Rezeptionistin, die nichts zu tun hat, kann ihn als bezahlte Zeit betrachten und in dieser etwas anderes machen. Wichtig ist nur, dass sie nicht die Verantwortung abgibt oder erwartet, dass ihr etwas von außen gegeben wird. Mein Rat: Nimm es dir bitte selbst. Finde heraus, was deinem Leben einen Sinn verleihen würde, und dann bewege dich in diese Richtung. Das Gefühl, Eigenverantwortung zu übernehmen, ist super.

„Bei einer 40-Stunden-Woche blicken Menschen nicht mehr über den Tellerrand. Wann auch?“

David Graeber spricht in seinem Buch am Ende an, dass das (passive) Grundeinkommen ein Weg heraus aus den Bullshit-Jobs ist. Was sagst du dazu?

Ich stimme ihm zu, dass ein Grundeinkommen helfen kann, sich aus Bullshit-Jobs zu befreien. Das gelingt aber nur, wenn die gesellschaftliche Wahrnehmung sich ebenfalls ändert – wir müssen durch das Grundeinkommen frei werden. Wenn wir weiterhin 40 Stunden arbeiten müssen, haben am Ende alle einfach nur mehr Geld. Schlimmer noch: Traditionell ausbeutende Branchen wie Pflege, Kunst oder Logistik hätten eine Grundlage, die Arbeit noch geringer zu entlohnen. Wir müssen die angenommene Normalität eines „Vollzeit“-Jobs abschaffen. Zwar haben wir heute alle technischen Möglichkeiten dazu, trotzdem halten wir an unserem alten Konstrukt fest. So fehlen den Menschen Zeit und Energie, Erfüllung zu finden. Sie blicken nicht mehr über den Tellerrand. Wann auch?

Und was können wir nun konkret tun?

“Wir müssen lernen, unsere Ziele zu bestimmen.” Foto: Smart Photo Courses.

Wir müssen lernen, unsere Ziele zu bestimmen. Vielleicht sollten mehr Menschen einen Gründerkurs besuchen. Die wichtigsten Fragen im Rahmen eines solchen: Was will ich erreichen? Wie komme ich da hin? Dafür braucht es die Offenheit dazu, dass das „Was“ nicht immer ein Karriereziel sein muss. Es heißt oft, Familie und Karriere seien schwer unter einen Hut zu bringen. Und natürlich ist es hart. Aber so richtig klug stellen wir uns auch nicht an, wenn wir erwarten, dass wir in allen Lebensbereichen 100 Prozent geben können.

„Wenn jemand heute etwas verkaufen will, muss er den Menschen ein Problem einreden – und da sind wir bei der Selbstoptimierungsökonomie.“

Das klingt sehr logisch – stehen wir uns etwa selbst im Weg?

Was ich oft erlebe, ist, dass Menschen auf eine große Sache hinarbeiten und diese für das eine Lebensziel halten. Das gibt es aber nicht, außer vielleicht, möglichst lange und gesund zu leben. Für ein sinnstiftendes Leben muss man seine verschiedenen Ziele kennen und sie als veränderlich akzeptieren. Wenn man 27 ist und frisch von der Uni kommt, hat man eventuell das Ziel, erst einmal Geld zu verdienen, also legt man den Fokus auf Karriere. Später, mit Anfang 40, stellt man womöglich fest, dass man zusätzlich etwas Künstlerisches oder Handwerkliches ausprobieren möchte. Es hilft, immer wieder aktiv zu überprüfen, welches Ziel oder Bedürfnis gerade aktuell ist.

Die Zeichnerin Emma Ahlqvist alias „fromthepine“ hat einen Comic veröffentlicht, in dem sie sich wünscht, sie wäre weniger interessiert an allem. Der Grund: Sie fühlt sich so zerrissen. Dahinter steckt der Wunsch, sich auf etwas festzulegen. Also bitte: Legt euch fest! Legt los!

Unterstützt uns die heutige Wirtschaft dabei, so zu leben?

Nicht wirklich. Früher war das anders, schauen wir uns die Jobs an: Die Konsument*innen hatten ein Problem und es wurde gelöst, beispielsweise durch Technologien. Kochen über offenem Feuer war blöd, heute haben wir Cerankochfelder. Mittlerweile sind unsere Bedürfnisse gestillt; das heißt, wenn jemand heute etwas verkaufen will, muss er den Menschen ein Problem einreden – und da sind wir bei der Selbstoptimierungsökonomie. Die steht jedoch der Art, wie wir leben möchten, diametral entgegen. Wir Menschen bewegen uns hin zum Minimalismus, zum „einfachen Leben“. Gleichzeitig haben viele von uns Jobs, die zwar dem Unternehmen viel bringen, allerdings nicht den Arbeitern selbst. Das führt dazu, dass jetzt und in Zukunft viele hoch qualifizierte Menschen so nicht mehr arbeiten möchten.

„Wer mehr vom Leben und von der Welt sieht, kann und will besser arbeiten.“

Was sind demnach wichtige Schritte hin zu einer Purpose Economy?

Hier spielt erneut die gesellschaftliche Norm der 40-Stunden-Woche eine Rolle. Sie gilt als 100 Prozent. Wer es wagt, auf 80 Prozent oder weniger herunterzuschrauben, hat dadurch die Möglichkeit, sich umzusehen – Kurse belegen, reisen oder sich der Familie widmen. Wir probieren das zu Hause gerade aus und der Effekt ist großartig! Übrigens nicht nur für unsere Familie, sondern auch für uns Eltern als Berufstätige: Wer mehr vom Leben und von der Welt sieht, kann und will besser arbeiten. Warum? Weil wir beruflich fast immer etwas für andere machen – zumindest theoretisch. Wer also mehr Zeit hat, sieht mehr, was andere tun, wollen, brauchen.

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Würdest du gerne deine Arbeitsstunden herunterschrauben?

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Das heißt, die Arbeitszeit steht nicht mehr im Vordergrund?

Grundsätzlich wird davon ausgegangen, dass die Lohnarbeit das Zentrum der Existenz ist. Drumherum baut man alles andere auf. Aber was ist, wenn wir damit beginnen, das Leben als Mischkalkulation zu sehen, die aus verschiedenen Faktoren wie Freizeit, Liebe, Geld, Genuss, Pflege, Ehrenamt und so weiter besteht? Dann könnte es möglich sein, dass der eine Job eine andere Beschäftigung finanziert, bei der ich meiner Berufung nachgehen kann. Wenn wir die Gewohnheit wegdenken, sind wir frei.

„Bildung, Kunst, Kultur und Natur werden an Bedeutung gewinnen.“

“Bildung, Kunst, Kultur und Natur werden an Bedeutung gewinnen.” Foto: Paige Muller

Kommt die Karriere also aus der Mode? Schließlich kostet sie Lebenszeit und davon wollen wir doch gerade am allermeisten.

Ich denke schon, dass es für kommende Generationen anders aussieht. Vielleicht wird in 30 Jahren das Wirtschaftssystem, das uns Lücken einredet, die wir füllen sollen, überwunden sein. Im Moment müssen sich die meisten ihre Rente finanzieren und um die eigene Altersvorsorge kümmern. Deshalb mag es erforderlich sein, dass man sich zeitweise auf einen Bullshit-Job einlässt – das kann sich aber ändern.

Gibst du uns einen persönlichen Ausblick?

Momentan wird viel über Angst verkauft. Produkte dienen der Absicherung, vom Superfood bis zur Shaping-Jeans. Wenn wir heute Geld verdienen wollen, dann müssen wir den Menschen einreden, dass ihnen etwas fehlt oder dass ihnen etwas droht. Und zur Beseitigung dieser Angst zahlen sie dann. Die heutige Wirtschaft ist in großen Teilen nur eine Umverteilung von Geld gegen gefühlte Sicherheit vor einer erfundenen Bedrohung. Aber wer will denn so leben? Klären wir also auf und reden wir über eine neue Lebensordnung. Ich spekuliere mal: Bildung, Kunst, Kultur und Natur werden an Bedeutung gewinnen.

Weiterlesen Wie die Purpose Economy den Finanzmarkt verändern wird
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Kompendium: Purpose Economy

Wie die Purpose Economy den Finanzmarkt verändern wird

Kompendium: Purpose Economy

Wie die Purpose Economy den Finanzmarkt verändern wird

Der Unternehmer und Gründer Aaron Hurst schrieb bereits 2014 das Buch „The Purpose Economy“, in dem er aufzeigt, dass die aktuelle Wirtschaft im Wandel ist, weil der Wunsch nach einem bedeutungsvollen Leben, einem Purpose, sich stark auf diese auswirken wird. Foto: AbsolutVision.

Aaron Hurst schreibt in seinem Buch „The Purpose Economy“, dass die heutige Generation die Changemaker von morgen sind. Gleichzeitig sprießen Unternehmen aus dem Boden, die sich gesellschaftlich sowie nachhaltig relevanten Themen annehmen. Um sie zu unterstützen, zeichnet sich eine neue Nische am Finanzmarkt ab: das Impact Investment.

Sind die Millennials die Changemaker von morgen? In einem Artikel von Medium werden sie wie folgt charakterisiert: „Sie glauben nicht an (…) traditionelle Wirtschaftstheorien, die das Wachstum verherrlichen, ohne die Externalitäten und die sozialen sowie ökologischen Langzeitkosten zu berücksichtigen.“

Der Unternehmer und Gründer Aaron Hurst sieht das ähnlich. Er schrieb bereits 2014 das Buch „The Purpose Economy“, in dem er aufzeigt, dass die aktuelle Wirtschaft im Wandel ist, weil der Wunsch nach einem bedeutungsvollen Leben, einem Purpose, sich stark auf diese auswirken wird. Drei wachsende Bedürfnisse zeichnen sich dabei ab: Wir möchten uns Herausforderungen stellen, als Individuen wachsen und gleichzeitig starke Beziehungen zu den Menschen um uns herum aufbauen.

Warum Unternehmen von heute in Unternehmen von morgen investieren

Sind die Millennials die Changemaker von morgen? Foto: Kat Yukawa.

Diesen Bedürfnissen gehen viele in der Sozialwirtschaft nach, was sich im Wachstum des Sektors zeigt. Am Finanzmarkt zeichnet sich währenddessen eine Nische ab, um die Projekte eben dieser Changemaker zu unterstützen: das Impact Investment.

Wirkungsorientiertes Investieren bedeutet, Unternehmen zu unterstützen, die „neben einer positiven finanziellen Rendite messbare, positive Auswirkungen auf die Umwelt oder die Gesellschaft erzielen.“ Weltweit fördern Social Impact Funds wie jener von Deutsche Bank Gründer*innen finanziell, doch sie stehen ihnen auch beratend zur Seite, beispielsweise im Bereich der Unternehmensführung. Auf dem Prüfstand für Impact Investment steht geografisch betrachtet vor allem der Subkontinent Indien, wo bereits 2016 rund 1,1 Milliarden US-Dollar überwiegend in Solar- und Windenergie investiert wurden. Auch in Deutschland werden Unternehmen aus dem sozialen Sektor immer stärker unterstützt.

Drei vielversprechende Beispiele vor der Haustür

Welche Projekte und Unternehmen profitieren konkret von Impact Investment? Dafür muss man nicht nach Indien reisen – mitunter wird etwa die deutsche „Initiative 500“ durch Impact Investment ermöglicht. Das Unternehmen geht zwei sehr unterschiedliche Herausforderungen an. Nur 20 Prozent des Elektroschrotts in Deutschland werden fachgerecht entsorgt. Über die Gründung einer Tochtergesellschaft wurden 500 Arbeitsplätze für Menschen mit Behinderungen geschaffen, die ausrangierte Firmen-IT aufbereiten und in der eigenen Ladenkette weiterverkaufen. So entstand nicht nur ein geschlossener Hardwarekreislauf, sondern es war auch möglich, Arbeitsplätze zu schaffen und Menschen mit Behinderung in ein wirkungsvolles Unternehmen zu integrieren.

Blinde Frauen als Untersucherinnen bei Brustkrebs

70.000 Frauen erkranken jährlich in Deutschland an Brustkrebs. Das Projekt “Discovering Hands” bildet blinde und sehbehinderte Frauen zu „medizinisch-taktilen Untersucherinnen“ aus, da ihre Tastfähigkeiten besser sind als jene sehender Menschen. Foto: Victoria Strukovskaya.

Auch im Gesundheitswesen können sinnvolle Projekte durch Impact Investment wachsen: Ein schönes Beispiel hierfür ist das Unternehmen „discovering hands“. 70.000 Frauen erkranken jährlich in Deutschland an Brustkrebs. Das Projekt bildet blinde und sehbehinderte Frauen zu „medizinisch-taktilen Untersucherinnen“ aus, da ihre Tastfähigkeiten besser sind als jene sehender Menschen – tatsächlich ertasten sie 30 Prozent mehr Gewebeveränderungen als Ärzt*innen. Mittlerweile übernehmen 26 gesetzliche Krankenkassen die Untersuchung, unterstützt wird das Unternehmen beispielsweise von der SKala Initiative.

Des Problems der Lebensmittelverschwendung hat sich ein Start-up aus Finnland angenommen, das vom deutschen Social Impact Fund Ananda mitfinanziert wird. Hinter dem „ResQ Club“ steht eine App, die abgelaufene Mahlzeiten und Lebensmittel zum halben Preis weiterverkauft. Zum einen setzt das Unternehmen damit ein Zeichen gegen die Lebensmittelverschwendung, zum anderen stellt es günstige Gerichte bereit, die sich auch Student*innen oder Bedürftige leisten können. Shops, Restaurants und Cafés werden von ResQ zum Mitmachen bewegt, indem durch den Verkauf von Produkten, die normalerweise in den Müll wandern würden, eine zweite Einnahmequelle geschaffen wird. Und auch das Image der Firmen in puncto Umweltschutz wird verbessert.

Die Zukunft ist schon da

Während der Zusammenhalt in Europa schwächelt, fordern Millennials noch vehementer mehr Integration und Offenheit sowie die Möglichkeit, sich selbst und die Gesellschaft durch ein neues Verständnis von Arbeit verbessern zu können. Foto: Canva Studio.

Aaron Hurst interviewte im Rahmen der Arbeit an seinem Buch Tausende CEOs weltweit und wertete deren Antworten aus: „Alle erwarten, dass die Nachfrage nach einem übergeordneten Sinn und Zweck der Arbeit auf dem Verbrauchermarkt bis 2020 um fast 300 % steigen wird.“

Nun schreiben wir das Jahr 2020 und der Wandel wurde in den letzten Jahren immer spürbarer. Bereits 2016 ergab die globale Studie „Purpose at Work“ mitunter, dass 58 Prozent der Unternehmen mit einem klar formulierten Zweck in den letzten drei Jahren ein Wachstum von 10 Prozent erzielt hatten. Im Rahmen einer Umfrage von LinkedIn-Mitgliedern wurde außerdem festgestellt, dass 73 Prozent der zweckorientierten Menschen glücklich mit ihrem Job waren.

Während der Zusammenhalt in Europa schwächelt, fordern Millennials noch vehementer mehr Integration und Offenheit sowie die Möglichkeit, sich selbst und die Gesellschaft durch ein neues Verständnis von Arbeit verbessern zu können. Dass in diese Changemaker immer stärker investiert wird, ist nicht nur ein logischer, sondern auch wichtiger Schritt, um unsere Zukunft in vertrauenswürdige Hände zu legen.

Mehr nachhaltige Anlagetipps im Bereich Impact Investment findet ihr bei Deutsche Bank.

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Keine sinnlosen Jobs mehr Dank KI

Kompendium: Purpose Economy

Keine sinnlosen Jobs mehr Dank KI

Der Gedanke daran, dass die KI uns die Jobs wegnimmt, macht weniger Angst, wenn man bedenkt, dass Roboter dann auch folgerichtig Steuern zahlen müssen und uns das bedingungslose Grundeinkommen finanzieren könnten. Foto: Ali Pazani.

Die fortschreitende Automatisierung und KI werden Bullshit-Jobs langfristig wegrationalisieren. Wenn Roboter für uns arbeiten, erhalten wir das zurück, was uns fehlt: Zeit und Muße, um Tätigkeiten nachzugehen, welche die Welt und unsere Gesellschaft besser machen. Doch den Weg zu neuen Sinnkonzepten müssen wir bereits heute ebnen – über das Wissen und die Mittel dazu verfügen wir. 

Die sich extrem schnell entwickelnde Digitalisierung und Automatisierung werden Bullshit-Jobs und einfache Arbeit langfristig betrachtet abschaffen. Das kann uns in einigen Jahrzehnten stärker dabei unterstützen, mehr Sinnerfahrung bei der Arbeit zu erleben, denn diese Entwicklung wird unser aktuelles Arbeitsverständnis umgestalten – und Raum schaffen für die eigene Berufung.

„Wir sind schöpferische und soziale Wesen. Beides Eigenschaften, die Maschinen nicht haben. Es werden also all jene Tätigkeiten an Bedeutung gewinnen, bei denen Kreativität, Innovation und Empathie im Vordergrund stehen. Das sind Berufsbilder, die wir überwiegend als gute Arbeit bezeichnen“, sagt Franz Kühmayer. Er zählt zu den einflussreichsten Vordenkern der Zukunft der Arbeit und ist nach jahrelanger Tätigkeit als Topmanager heute mitunter als Trendforscher am Zukunftsinstitut tätig. Der Gedanke daran, dass die KI uns die Jobs wegnimmt, macht weniger Angst, wenn man bedenkt, dass Roboter dann auch folgerichtig Steuern zahlen müssen und uns das bedingungslose Grundeinkommen finanzieren könnten. Das wird uns mehr Freizeit verschaffen und den Fokus von reiner Erwerbstätigkeit lösen.

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Natürlich ist das keine Entwicklung, die den Menschen in den Schoß fallen wird – wir müssen sie schon heute nicht nur wollen, sondern uns bewusst zu neuen Sinnkonzepten hinbewegen. In einem ersten Schritt ist es wichtig zu sehen, dass zahlreiche Menschen das bereits umsetzen. „Viele arbeiten bereits heute ohne ans Geld zu denken: In Deutschland sind mehr als 1,3 Millionen Menschen in der Freiwilligen Feuerwehr tätig. Wir müssen also gar keine Utopie bemühen, sie ist bereits Gegenwart“, so der Trendforscher. Um dieses Engagement zu verstärken, stellt er ein Modell vor, dessen drei Säulen wichtige Voraussetzungen für eine sinnstiftende Wirtschaft darstellen.

Das PEP-Prinzip als Anleitung für mehr Sinnhaftigkeit

Franz Kühmayer spricht hier vom PEP-Prinzip, das sich aus Purpose, Education (Bildung) und Participation (Beteiligung) zusammensetzt. Mit Bildung ist bewusst keine berufliche Qualifikation gemeint, sondern die humanistische Bildung im klassischen Sinn. Wenn wir das humanistische Menschenbild betrachten, nach dem jeder Mensch das Recht auf Freiheit sowie Selbstbestimmtheit hat und von Grund auf einzigartig und gut ist, befinden wir uns gerade im Prozess, dieses gesellschaftlich zu verankern. Die Geschichte zeigt, dass das einfacher gesagt als getan ist, allen voran, wenn wir uns aktuelle Strömungen wie den Anstieg des Nationalismus und die Unterdrückung von Minderheiten vor Augen führen.

Franz Kühmayer zählt zu den einflussreichsten Vordenkern der Zukunft der Arbeit und ist nach jahrelanger Tätigkeit als Topmanager heute mitunter als Trendforscher am Zukunftsinstitut tätig. Foto: Franz Kühmayer.

Doch sich genau diesen Herausforderungen zu stellen, wird nicht nur den Weg hin zu einem sinnvollen Leben, sondern eben auch zu einer sinnvollen Wirtschaft ebnen. Damit das gelingt, benötigt es den dritten Baustein des PEP-Prinzips: „die Beteiligung möglichst aller Menschen. Das Schaffen von Freiheiten und das Übertragen von Verantwortung, aber auch das Einfordern, dass diese wirklich genutzt werden“, so Kühmayer. „All das können und sollten wir zwar lokal beginnen, wir müssen es aber von Anfang an europäisch, international und global denken. Keines der großen Themen unserer Zeit können wir auf nationaler Ebene lösen.“

Eine mögliche Überlegung ist, dass zukünftig jedes neu gegründete Unternehmen mindestens zwei der Säulen des Prinzips nachweisen und umsetzen muss. Gleichzeitig muss der Staat den sozialen Sektor stärken, damit die Grundbedürfnisse der Menschen unterstützt und die Dienstleistungen am gesellschaftlichen Wohl besser bezahlt werden. Durch Beseitigung der Ausbeutung von Jobs in diesen Branchen – etwa in Pflegeberufen – wird auch das Umdenken der Gesellschaft unterstützt: weg vom Kapitalismus, hin zum Gemeinwohl.

Von der Purpose Economy zur wirtschaftsfreien Gesellschaft?

Wer sich heute traut, zu erkennen, dass der Sinn des eigenen Lebens über der reinen Erwerbstätigkeit steht, wird keine spirituelle Auszeit benötigen, um sich selbst mehr wert sein zu wollen. Foto: Duncan Shaffer.

Wer wie Franz Kühmayer optimistisch in die ferne Zukunft blickt, wird sich auf den Gedanken einlassen können, dass auch die Purpose Economy innerhalb einiger Generationen überholt sein wird. Langfristig wird der Wohlstand einer Gesellschaft nicht mehr mit Beschäftigungszahlen gleichzusetzen sein, sondern damit, inwiefern sich ihre Mitglieder sinnvoll einbringen. Auch Geld wird dann keine Rolle mehr spielen, was die Menschen erneut vor eine spannende Herausforderung stellen könnte – die Finanzierung des Gemeinwesens. Purpose ohne Economy? Klingt nach einem utopischen Ziel. Doch wenn wir heute die Weichen dafür stellen, folgen Generationen, die wesentlich bessere Voraussetzungen dafür haben werden und dieses Ziel als vollkommen logische Entwicklung betrachten können.

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Eine Sache haben wir den Robotern nämlich voraus: das Menschsein. Wer sich heute traut, zu erkennen, dass der Sinn des eigenen Lebens über der reinen Erwerbstätigkeit steht, wird keine spirituelle Auszeit benötigen, um sich selbst mehr wert sein zu wollen. Den Sinn und Zweck des Daseins zu entdecken gehört zum fundamentalen Antrieb der Menschen.

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