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Kompendium

Früher mussten wir uns fit halten, um spielen zu dürfen. Heute spielen wir, um fit zu bleiben und unsere Gesundheit zu erhalten. Morgen spielen wir dann nur noch – für das körperliche Wohlergehen sorgt Künstliche Intelligenz. Fit for Fun durch die Jahrtausende und ein spielerischer Blick in die Zukunft.

Kompendium: Health Gamification

Die alten Griechen hatten die Gamification-Methode raus. Auf die Spitze trieben sie den antiken Körperkult bei den Olympischen Spielen: Dem Sieger winkte viel Ruhm und noch mehr Ehre.

Kompendium: Health Gamification

Wie man Kinder mit Edutainment früher motiviert hat ihre mentale Fitness zu steigern, vermitteln wunderschöne Brettspiele aus dem Georgianischen und Viktorianischen Zeitalter. Sie erinnern an eine Zeit, in der Spiele noch ein Privileg waren. Denn Kinderarbeit war im 18. Jahrhundert das Normalste der Welt.

Kompendium: Health Gamification

Wir spielen, um uns selbst besser kennen zu lernen. Manchmal besser als uns eigentlich lieb ist. Das gilt natürlich auch für mögliche Krankheiten. Beim Virtual Reality-Game Sea Hero Quest VR tracken Wissenschaftler den Spielverlauf der User und gewinnen dadurch wertvolle Erkenntnisse für die Demenzforschung.

Kompendium: Health Gamification

Heute spielen wir, um fit und gesund zu bleiben. 2025 dreht sich in erster Linie alles um die Prävention: Wir spielen uns vorbeugend durch unseren Alltag. Gamification-Experte Manouchehr Shamsrizi erklärt, wie dies unsere Gesellschaft verändert.

Kompendium: Health Gamification

Der Slogan „Fit for fun“ hat endgültig ausgesorgt: In der Zukunft kümmert sich die KI um das Wohlergehen unserer Körper während wir als Cyborgs in virtuellen Welten spielen. So die Vision des schwedisch-amerikanischen Physikers Max Tegmark.

Kompendium: Health Gamification

Sportwettkampf als edles Spiel – die Olympiade im alten Athen

Kompendium: Health Gamification

Sportwettkampf als edles Spiel – die Olympiade im alten Athen

Sport war im alten Griechenland fester Bestandteil der (Spiel-)Kultur. Foto: Lopez Robin

Die alten Griechen hatten die Gamification-Methode raus. Auf die Spitze trieben sie den antiken Körperkult bei den Olympischen Spielen: Dem Sieger winkte viel Ruhm und noch mehr Ehre.

Sportliche Ertüchtigung und Fitness waren ein wesentlicher Bestandteil der griechischen Ausbildung in den neu entstandenen griechischen Stadtstaaten, den Poleis, ab etwa 700 v. Chr. Staatsmann und Lyriker Solon und Politiker Kleisthenes von Athen führten die staatliche Erziehung ein: Ein vollwertiger Bürger benötigte eine ausgiebige gymnastische, musische und literarische Ausbildung. Die Gymnastik stand dabei lange Zeit an erster Stelle. „Kalokagathie“ nannte sich jenes hohe Bildungsideal des Schönen und Guten, einer Harmonie zwischen äußerer Erscheinung und innerer, geistiger Vortrefflichkeit.

Nackte Muskelspiele

Bei den Spielen waren die Sportler alle nackt. Was davor als unmoralisch galt, war im alten Gricheland ein Zeichen von Tugend. Bild von Ricky Bennison – Own work, CC0

„Man soll seine Lebenszeit hinbringen, indem man Spiele spielt, Opfer darbringt, singt und tanzt, so dass man imstande ist, einerseits die Götter sich gnädig zu stimmen, andererseits sich gegen den Feind zu verteidigen und im Kampfe Sieger zu bleiben.“

Platon (Die Gesetze, 803c-d)

Teil davon und charakteristisch für die griechische Kultur waren die panhellenischen Spiele als religiöse Riten, die überregional an den vier Kultstätten Olympia, Delphi, Korinth und Nemea alle vier Jahre zwischen ca. 776 v. Chr. bis etwa 393 n. Chr. ausgetragen wurden. Wir kennen sie als die Olympische Spiele. Ursprünglich zu Ehren des Gottes Zeus ausgetragen, reisten Zuschauer aus ganz Mesopotamien an, um Athleten bei Sportarten wie Sprint, Weitsprung, Diskuswurf, Wrestling oder Boxen anzufeuern. Alle Sportler – zugelassen waren nur Männer – waren nackt mit von Olivenöl glänzenden Körpern. Später galt diese Kleiderordnung sogar für die Trainer. Nacktheit war bis zu den antiken Griechen ein Tabu gewesen: Bis dahin war es ein Zeichen von Schwäche, denn im Krieg zwischen zwei Völkern wurden die Verlierer mitunter geköpft und nackt aufgespießt. Ein Initiationsritual bei griechischen Heranwachsenden war es jedoch, nackt herumzulaufen. Erst recht galt unter der sozialen Elite in der Polis, den männlichen Bürgern, Nacktheit als ein Ausdruck von moralischer Tugend. Die Nacktheit des Athleten vor Tausenden von Zuschauern im Stadion könnte man als eine Art Uniform der Gerechtigkeit verstehen. Sport treiben und damit seinen Körper zur Schau stellen konnte allerdings nur jener, der sich das Privileg auch leisten konnte. Frauen, Sklaven und Ausländer waren als Teilnehmer von den Olympischen Spielen ausgeschlossen.

Im Training der antiken Olympischen Spielen kamen bereits Gewichte zum Einsatz. Bild von Matthias Kabel – Eigenes Werk, CC BY 2.5

Gesellschaftliches Großereignis – bedeutsamer als Krieg

Durch die religiöse Motivation der Spiele ging es bei den alten Griechen nie um den Sport um des Sports Willen. Dem Gewinner winkten Ruhm und Ehre und eine Parade. Er wurde in Gedichten verewigt, man stellte in seiner Heimatstadt ein Standbild für ihn auf und er erhielt ein Stipendium auf Lebenszeit. Als Training für den nächsten Krieg taugten die Spiele allerdings wenig. Der General Philopoimen hielt die Athleten sogar für zu verweichlicht, um die Entbehrungen eines echten Krieges durchzustehen. Vielmehr waren die Spiele ein gesellschaftliches Großereignis für jeden Bürger und von solch einer Reichweite, ihretwegen sogar einmal ein Krieg „verschoben“ wurde. Als die Perser im Sommer 480 v. Chr. in Griechenland einfielen, befand sich die gesamte militärische Streitkraft im Stadion. So musste man die Zusammenstellung des Heeres auf das Ende der Spiele vertagen. Der Krieg begann dann erst nach Beendigung dieser.

Berufssportlertum statt Breitensport

Der Franzose Baron Pierre de Coubertin ließ die Olympischen Spiele im 19. Jahrhundert wiederaufleben. Diese sollten zunächst in Paris stattfinden, wurden aber dann der antiken griechischen Kultur zu Ehren in Athen ausgeführt. By Photograph from Bain News Service © Library of Congress Prints and Photographs Division Washington, D.C. 20540 USA

Später sollte sich der Bildungsschwerpunkt der Griechen immer mehr ausschließlich auf einen gesunden Geist verlagern. Das Konzept des Dualismus, sprich der Trennung von Körper und Geist, setzte sich etwa durch die Schriften des Philosophen Platon durch. Der Sport blieb im Vergleich zu den wissenschaftlichen und kulturellen Entwicklungen auf der Strecke. Als Folge daraus entstand eine immer größere Spezialisierung. Schließlich entwickelte sich im Hellenismus (ab 336 v. Chr.) das Berufssportlertum. Das antike Konzept der Olympischen Spiele wie wir sie heute kennen, wurde erst ab 1896 wiederbelebt. Der Franzose Baron Pierre de Coubertin wollte die Spiele der Antike 1894 in Paris wieder auferstehen lassen. Die Vertreterinnen und Vertreter aus 34 Ländern waren allerdings von seiner Idee eines universellen Sportereignisses so begeistert, dass sie ihn davon überzeugten, die ersten Spiele in Athen durchzuführen. Seitdem hat sich diese Art der Gamification bei den Spielen gehalten: Den Siegern winken Ruhm und Ehre für ihr Land – und lukrative Werbeaufträge.

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Frank R. Schröder
Kompendium: Health Gamification

Mental Fitness durch Edutainment mit Brettspielen

Kompendium: Health Gamification

Mental Fitness durch Edutainment mit Brettspielen

"Die Brettspiele kennzeichneten eine aufsteigende Mittelschicht in England. Ihr Auftrag lautete bereits Kinder und nicht etwa Erwachsene zu bilden und zu unterhalten" © Victorian Board Games

Wie man Kinder mit Edutainment früher motiviert hat ihre mentale Fitness zu steigern, vermitteln wunderschöne Brettspiele aus dem Georgianischen und Viktorianischen Zeitalter. Sie erinnern an eine Zeit, in der Spiele noch ein Privileg waren. Denn Kinderarbeit war im 18. Jahrhundert das Normalste der Welt.

Spielerisch lernen und sich so Wissen anzueignen und die geistige Gesundheit zu trainieren  – jenes Prinzip gab es natürlich schon lange vor den heutigen Gamification-Apps: Der Britische Philosoph John Locke dozierte bereits Ende des 17. Jahrhunderts in seinen Gedanken über die Erziehung, wie Heranwachsende zu mündigen Bürgern erzogen werden sollten – und zwar spielerisch.

„Die größte Kunst ist, den Kleinen alles, was sie tun oder lernen sollen, zum Spiel und Zeitvertreib zu machen.“

John Locke (Gedanken über Erziehung IV, § 63)

Der Britische Philosoph John Locke von Godfrey Kneller – State Hermitage Museum, St. Petersburg, Russia. Wikimedia Commons, Gemeinfrei

Hundert Jahre später beschäftigte sich auch der Dichter Friedrich Schiller mit der Bedeutung des Spiels für die menschliche Entwicklung. In seinen Briefen Über die ästhetische Erziehung des Menschen beschreibt er das Spiel als Mittel, um die Ganzheitlichkeit der Fähigkeiten der Menschen zur Geltung zu bringen. Zur gleichen Zeit, ab Ende des 18. Jahrhunderts, begann auch Lockes Lern-Konzept bei den britischen Eltern Anklang zu finden. Brettspiele sollten den Kleinen Inhalte vermitteln und Sie dazu motivieren ihren Geist zu trainieren. Oft auf Tafeln oder Leinen statt auf leicht zerstörbarem Papier gedruckt und per Hand graviert sind einige wenige dieser Spiele bis heute erhalten.

Mit Lehr-Spielen die Welt bereisen

Der Bildband Georgian and Victorian Board Games: The Liman Collection zeigt dazu nicht nur anschaulich an Brettspielen des 18. und 19. Jahrhunderts, was in der Viktorianischen und Georgianischen Zeit en vogue war. Er verdeutlicht auch, wie etwa Geschichte, Geografie oder Arithmetik vermittelt wurden. Die Brettspiele kennzeichneten eine aufsteigende Mittelschicht in England. Ihr Auftrag lautete bereits Kinder und nicht etwa Erwachsene zu bilden und zu unterhalten; ein neues Zeitalter brach an:  Die Kindheit wurde anerkannt und man schenkte ihr eine besondere Aufmerksamkeit mittels einer Kombination aus Erziehung und Spiel.

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Privilegierte und Ausgebeutete – Kinderarbeit für Spielsachen

Kinderspiele waren im 18. und 19. Jahrhundert darauf ausgelegt, die gesellschaftlichen Umgangsformen zu erlernen. Bild von lempertz-online.de / Kunsthaus Lempertz via arcadja.com, Gemeinfrei

Die Grundzüge des Brettspiels in England wurden allerdings schon vor der Industriellen Revolution im späten 17. Jahrhundert entwickelt. Doch diese ermöglichte erst die Produktion von Verbrauchsgütern – wie Spielsachen – im großen Stil. Das Tragische dabei ist: Ein treibender, auch ökonomischer Faktor der Industriellen Revolution selbst war die Kinderarbeit. Studien gehen von über einer Million Kindersklaven in England Anfang des 19. Jahrhunderts aus, die 15 Prozent der gesamten Arbeiterschaft ausmachten. Hier schufteten arme Arbeiterkinder aus urbanen Regionen in den Textilfabriken auf dem Land.

Eine Spielfigur im Klassensystem

Dieser Entwicklung gegenüber standen die Kinder aus begüterten Haushalten. Dort leisteten sich die Eltern für ihre Kinder eine Ausbildung, damit sie später einmal auf der sozialen Leiter aufsteigen würden. Auch Mädchen durften sich spielerisch Wissen aneignen – um gutes „Heiratsmaterial“ darzustellen. Sie sollten in erster Linie lernen, die Spielregeln ihrer Gesellschaftsschicht zu beherrschen. Dazu gehörten gute Fähigkeiten in der Kommunikation, das Beherrschen eines Musikinstruments und auch die Werke des Dichters Shakespeare gelesen zu haben. Schließlich sollten sie für den zukünftigen Gatten eine repräsentative Figur abgeben. Lernen war für sie ein Mittel zum Zweck für eine strategisch arrangierte Ehe. Zumindest in dieser Hinsicht konnten ihnen Spielstrategien weiterhelfen.

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Frank R. Schröder
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Diagnose in der Virtual Reality

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Diagnose in der Virtual Reality

Menschen entwickeln ihre Fähigkeiten am besten im Spiel. Durch VR steigen die Möglichkeiten, verschiedene Praktiken spielerisch zu übersetzen. Foto: Martin Sanchez

Wir spielen, um uns selbst besser kennen zu lernen. Manchmal besser als uns eigentlich lieb ist. Das gilt natürlich auch für mögliche Krankheiten. Beim Virtual Reality-Game Sea Hero Quest VR tracken Wissenschaftler den Spielverlauf der User und gewinnen dadurch wertvolle Erkenntnisse für die Demenzforschung.

Homo Ludens  – der „spielende Mensch“. Geprägt hat den Begriff der niederländische Kulturgeschichtler Johan Huizinga mit seinem gleichnamigen Buch 1938. Er meint damit, dass ein Mensch seine Fähigkeiten besonders im Spiel entwickelt, denn er sei ein Kulturschaffender. Dazu sei das Spiel an sich ein kulturbildender Faktor, denn aus den Strukturen und Regeln kann Kultur erst entstehen.

Wer rastet, der rostet

„Um wirklich zu spielen, muss der Mensch solange er spielt wieder Kind sein.“

Johan Huizinga (Vom Ursprung der Kultur im Spiel, S. 215.)

Um seine im Spiel angeeigneten Fähigkeiten nun aber auch zu erhalten, muss der Homo Ludens dranbleiben, denn sonst verlernt er sie irgendwann auch wieder. Gerade im Alter ist das Spielen ein wichtiger Faktor. Geistige Fähigkeiten verlernen wir nämlich nur aufgrund eines mangelnden Trainings. Es stimmt nämlich nicht, dass die Lernfähigkeit im Alter nachlässt – wir lernen dann nur langsamer. Wer im Alltag geistig und körperlich nicht mehr gefordert wird, der baut langsam aber sicher ab. Dies hat fatale Folgen: Die Deutsche Alzheimer Gesellschaft e.V. zählte 2014 in Deutschland 1,6 Millionen Menschen, die an Demenz erkrankt waren. Durch die demografischen Veränderungen sprich, die Überalterung in den nächsten Jahren, schätzt die Gesellschaft, dass die Zahl der Erkrankten bis 2050 auf drei Millionen ansteigen wird. Denksport und Bewegung können eine Demenzerkrankung nicht verhindern, dafür aber verlangsamen. Entscheidend dabei ist die Früherkennung, um bei ersten Anzeichen reagieren zu können.

“Denksport und Bewegung können eine Demenzerkrankung nicht verhindern, dafür aber verlangsamen. Entscheidend dabei ist die Früherkennung, um bei ersten Anzeichen reagieren zu können.” Foto: Vlad Sargu

Demenzforschung in der VR

Doch wie soll das geschehen, wenn die Krankheit sich langsam in einem schleichenden Prozess jahrzehntelang entwickelt? Ein erstes Symptom ist der Verlust der Orientierung. Und genau das testet das Virtual Reality-Game Sea Hero Quest VR, mit dem buchstäblich spielerisch Demenzforschung betrieben wird. Entwickelt als Studie von der Deutschen Telekom mit Alzheimer’s Research UK, dem University College London, der University of East Anglia und der Game-Produktion Glitchers haben bislang drei Millionen User weltweit die mobile Version des Games heruntergeladen, seit es vor zwei Jahren erschienen ist. Damit haben sie anonym ihre Nutzerdaten zur Auswertung für die Wissenschaftler zur Verfügung gestellt.

Letztes Jahr erschien nun die VR-Version des Games. In diesem navigiert sich der User als Kapitän in einem Schiff übers Meer und durch Eiskanäle und muss unter anderem ein Meeresungeheuer finden, füttern und später wiederfinden. Hier können die räumliche Orientierung und das Lernverhalten des Users im Vergleich zu einer mobilen App viel genauer erfasst und von den Wissenschaftlern ausgewertet werden; z. B. ob ein User anhält, sich unsicher ist und sich umsieht. Kleinste Bewegungen werden so getrackt.

In Sea Hero Quest VR werden kleinste Orientierungslosigkeiten getrackt. So können frühzeitig Rückschlüsse auf eine Demenzerkrankung gezogen werden. Foto: Screenshot Sea Hero Quest VR

Mit dem Game auf Trab

Drei Millionen Spieler haben die mobile Version bislang ausprobiert. Das macht das Game zu einer der umfassendsten Demenzstudien weltweit. Mit der VR-Auswertung lassen sich die Ergebnisse zum Orientierungsverhalten noch genauer präzisieren: Aus zwei Minuten Spieldauer entsprechen für die Forscher fünf Stunden Arbeit an Studien im Labor.

Werden die Krankenkassen wohl VR-Spiele wie dieses als Mittel zur Früherkennung von Demenz beim jährlichen Gesundheitscheck einführen? Das ist doch recht wahrscheinlich. Bereits heute gibt es eine Vielzahl an Games, die die User fit halten sollen: Von der Zahnputz-App für Kinder zur Prophylaxe bis zu Zombies, Run!, in dem User vor Zombies wegrennen – in der Realität joggen sie. Vor dem Altern und damit potentiell einhergehenden Nachteilen können wir leider nicht wie vor Zombies davonlaufen; gut gemachte Gesundheitsspiele sind  allerdings ein wichtiger Schritt in Richtung einer präventiven gesamtheitlichen medizinischen Versorgung, die uns anregt als Patient an unserer Gesundheit aktiv zu arbeiten. Etwas, dasin Zukunft selbstverständlich sein wird.

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Frank R. Schröder
Kompendium: Health Gamification

Gaming zur Prävention

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Gaming zur Prävention

"Im Spiel MemoreBox spielen Senioren mittels Gestensteuerung auf dem Flatscreen und trainieren dabei Stand- und Gangsicherheit sowie kognitive Fähigkeiten. Auch soll das Spielen die soziale Inklusion fördern." © MemoreBox

Heute spielen wir, um fit und gesund zu bleiben. 2025 dreht sich in erster Linie alles um die Prävention: Wir spielen uns vorbeugend durch unseren Alltag. Gamification-Experte Manouchehr Shamsrizi erklärt, wie dies unsere Gesellschaft verändert.

„Der Mensch spielt nur, wo er in voller Bedeutung des Wortes Mensch ist, und er ist nur da ganz Mensch, wo er spielt.“

Friedrich Schiller (Über die ästhetische Erziehung des Menschen [2. Teil; 10. bis 16. Brief]

Was das Thema Gamification im Gesundheitsbereich angeht, ist Manouchehr Shamsrizi mit verschiedenen Projekten ganz vorn dabei. Der Mit-Gründer des gamelab.berlin und Mit-Gründer und langjährige CEO des Hamburger Startups RetroBrain lehrt unter anderem auch Gamification an der Leuphana Universität Lüneburg. Das gamelab.berlin besteht seit 2013 als Forschungsgruppe im Exzellenzcluster Bild Wissen Gestaltung der Humboldt-Universität zu Berlin und beschäftigte sich damals als erste Forschungsgruppe im deutschsprachigen Raum mit der Kulturtechnik des Spielens. Das Startup RetroBrain, entstanden durch Förderung des Bundeswirtschaftsministeriums und der Stiftung Charité, wurde als eigene Firma 2014 aus dem gamelab ausgegründet. Mit dessen Entwicklung, der MemoreBox, spielen Senioren mittels Gestensteuerung auf dem Flatscreen und trainieren dabei Stand- und Gangsicherheit sowie kognitive Fähigkeiten. Auch soll das Spielen die soziale Inklusion fördern. Ein Modellvorhaben, bei dem RetroBrains MemoreBox von der Barmer Krankenkasse, der Humboldt-Universität Berlin und der Diakonie zwei Jahre lang erprobt wurde, war zugleich die allererste Umsetzung des neuen Präventionsgesetzes von 2015. Mit Erfolg: Nachdem im Rahmen dieser Pilotphase positive Erfahrungen gemacht wurden, wird die Kooperation nun bundesweit ausgerollt.

Im gamelab in Berlin werden die Spiele von Morgen entwickelt und getestet. © gamelab

Strategisch Spielen zur Vermeidung

Shamsrizi ist sich sicher, dass 2025 Spiele dieser Art in jedem Altenheim zum Einsatz kommen: „Es wird Senioren-Ligen geben, in den die Bewohner gegeneinander antreten.“ Nicht nur unser Gesundheitswesen wird sich von der Behandlung hin noch mehr auf die Prävention konzentrieren, sagt Manouchehr: „Wenn das Prinzip des Spielens sich in seiner digitalen Form noch viel weiter verbreitet hat, dann wird die Prävention eines der Phänomene sein, die auf dem Rücken des Spielerischen in die Gesamtgesellschaft getragen werden. Jeder, der spielt, ob analog oder digital, setzt immer auch auf eine präventive Strategie, nur dadurch kann ich ein Spiel gewinnen.“ 2025 spielen wir beispielsweise auch noch mehr in der VR. „Wir werden viele Möglichkeiten durch Wearables, den Vernetzungskapazitäten von 5G, größerer Rechenleistung und besserer Simulationen bekommen. Gemeinsam eröffnet das viele neue Felder für das gesundheitsorientierte Spielen, insbesondere solches, das gar nicht mehr zwingend mit diesem Nutzen erkennbar ist.

Pokémon Go als Gesundheitsexperiment

Auch die jüngeren Generationen von heute werden unsere Haltung zum Gaming verändern. Manouchehr Shamsrizi erklärt: „2025 und auf dem Weg dahin werden wir erleben, dass die Generation, die mit digitalen Games und eSports aufgewachsen ist, kein Verständnis mehr dafür hat, dass die Dinge jemals nicht datengetrieben funktioniert haben. Die kennen es nicht anders und es wäre klug, darin ein Potential zu sehen. Die App Pokémon Go war ein toller Hinweis, wo wir 2025 stehen könnten. Es gibt dazu Erkenntnisse der Duke University: Aus Sicht der öffentlichen Gesundheit war die App ein großartiges Experiment, weil sich dabei diejenigen Spieler draußen bewegen, die sich besser öfter an der frischen Luft bewegen sollten. Sie hatten Erfolgserlebnisse und sind miteinander in Austausch gekommen.

Der Hype um Pokémon Go hat gezeigt, wie hoch die Bereitschaft der Nutzer ist, sich neuen Spielformen anzunehmen. Foto: David Grandmougin

Gaming wird zur Pflicht: Spiel oder stirb

Die Generation, die mit digitalen Techniken aufwächst, wird ihre eigenen Antworten auf die Risiken finden, die damit einhergehen.“ Wie, das werden wir sehen – aber fit werden sie sein: „Irgendwann wird die Immersion durch VR-Games so ausgeprägt sein, dass ein Spieler garin einem Laufrad spielt, um im Game voranzukommen. Ich garantiere, dass Gamer wie diese die fittesten Mitglieder der Gesellschaft sein werden“, so Shamsrizi.

Das Gaming wird zu präventiven Pflicht für alle? Und nicht nur das: Zur Vorbeugung werden unsere Gesundheitsdaten ständig ausgewertet und wir nach einem Bonussystem für Bürger beurteilt. So ähnlich stellt sich das die chinesische Regierung vor, die bis 2020 ihr „Social Credit System“ im Land flächendeckend einsetzen will. Das gigantische Gamification-Projekt erfasst mittels Big Data jeden Bürger und wertet ihn aus: Das System verteilt Bonuspunkte für vorbildliches Verhalten. In Pilotprojekten werden bereits heute Millionen von Bürgern bestraft, wenn sie etwa zu viele Videospiele online erwerben oder in Nichtraucherzonen zur Zigarette greifen. Um diese Millionen Daten auszuwerten, benötigt man natürlich ein Hilfsinstrument wie künstliche Intelligenz (KI). Und die wird in nächster Zeit immer mehr mitspielen wollen.

Weiterlesen Spielen in der Simulation
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Spielen in der Simulation

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Spielen in der Simulation

Der Fokus wird sich vom Sport immer mehr aufs Spiel verschieben. Bald geht es nicht mehr um körperliche Ertüchtigung, sondern nur noch um Spaß. Foto: Alex Iby

Der Slogan „Fit for fun“ hat endgültig ausgesorgt: In der Zukunft kümmert sich die KI um das Wohlergehen unserer Körper während wir als Cyborgs in virtuellen Welten spielen. So die Vision des schwedisch-amerikanischen Physikers Max Tegmark.

1985 stellte sich die Biologin und Feministin Donna Haraway in ihrem „Cyborg Manifesto“ den Cyborg als eine Metapher vor: Er sollte für die Verschmelzungen von Mensch und Maschine, von Mensch und Tier und von Physischem und Nicht-Physischem im Diskurs des 20. Jahrhunderts stehen. Das war weder technikfeindlich, noch zu technologieaffirmativ gemeint – sondern es ging ihr lediglich um die Auflösung von herrschaftslegitimierenden Dichotomien. Haraways Ansatz wird auch in Zukunft aktuell bleiben, vor allem mit Blick auf unser Spielverhalten und unser Selbstverständnis als Spielende.

Virtuelle Rennen mit Gedankensteuerung

„2016 wurden von der ETH Zürich die ersten sogenannten Bionischen Spiele ausgetragen, in denen sich technologisch erweiterte Athleten-Cyborgs messen.” Foto: Kloten, 08.10.2016 ETH Zürich / Nicola Pitaro

Wie die Zukunft aussieht, das sehen wir heute an den ersten Anzeichen: 2016 wurden von der ETH Zürich die ersten sogenannten Bionischen Spiele ausgetragen, in denen sich technologisch erweiterte Athleten-Cyborgs messen. Der erste Cybathlon in Zürich war ein „Wettkampf für Athleten mit Behinderungen – unterstützt durch robotische Assistenzsysteme“. Sechs Disziplinen gab es, darunter Virtuelles Rennen mit Gedankensteuerung, Parcours mit robotischen Exoskeletten oder Fahrradrennen mit elektrischer Muskelstimulation.

Matrix-Hedonismus

Gehen wir weiter in die Zukunft, kommt eine alternative Variante des Spielens auf: Durch die Weiterentwicklung der KI müssen wir uns nicht mehr zum Spielen motivieren lassen, um etwas für unsere Gesundheit zu tun. Die KI übernimmt nämlich unseren schweißtreibenden Part. Dafür können wir uns ohne Konsequenzen dem Hedonismus in der Simulation hingeben. Max Tegmark beschreibt so ein Szenario in seinem Buch Leben 3.0: Mensch sein im Zeitalter Künstlicher Intelligenz für die nächsten 10.000 Jahre:

„If you want a vacation from your physical body, the AI will keep it hydrated, fed, exercised and clean while you explore virtual worlds through neural implants.“

Max Tegmark (Life 3.0: Being Human in the Age of Artificial Intelligence, S. 170)

VR als Vergnügungspark

Das Zukunfts-Szenario von Tegmark: Das ganze Leben als andauernder Vergnügungspark. Foto: Jason Chen

Tegmark ist Professor für Physik am MIT und gleichzeitig Mitgründer des Future of Life Institute in Boston, das sich mit den Risiken der KI in der Zukunft auseinandersetzt. Im Szenario kümmert sich die KI um das anstrengende Training von Geist und Körper und wir können uns als User in einer vollkommen immersiven Virtual Reality z. B. einen Film anschauen. Das setzt allerdings voraus, so Tegmark, das eine superintelligente, den Menschen wohlgesonnene KI die Weltherrschaft übernommen hat. Ihr Ziel ist allein die Maximierung der menschlichen Glückseligkeit. „Low-tech Probleme“ wie Krankheiten gibt es nicht mehr. Für unsere Grundbedürfnisse sorgt die KI, während alle Gebrauchsartikel und Produkte von KI-gesteuerten Maschinen hergestellt werden. In dieser freundlich-strengen Diktatur der KI wird jeder Mensch mittels Wearables überwacht, bestraft und sediert – denn auch hier gibt es Regeln zur Verbrechensvermeidung. Die meisten würden diese Art der Kontrolle allerdings als eine gute Sache empfinden, schreibt Tegmark. Denn die KI habe eine Virtual Reality-Utopie anhand unserer Gene entwickelt, die einer Mischung aus Zoo und Vergnügungspark gleicht.

The Sci-Fi-Thriller The Matrix hat es uns Ende der 1990er als Dystopie gezeigt. Max Tegmark erkennt darin eher die Vorteile: Um die Erhaltung unserer Körper kümmert sich irgendwann nur noch die KI, während wir uns in der Simulation glücklich spielen.

Zum Anfang Sportwettkampf als edles Spiel – die Olympiade im alten Athen
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