Der englische König wusste schon damals, dass es mehr als nur einen klugen Kopf brauchen wird, um die Navigations-Krise der Schifffahrt zu bewältigen. Doch eine Lösung kam nicht vom Uhrmacher John Harrison sondern vom anderen Ende der Welt.
„Wie spät ist es?,” war im 18ten Jahrhundert nicht so leicht zu beantworten wie heute. Und im Alltag war das gar nicht so schlimm. Zum Problem wurde die Frage nach der Uhrzeit, wenn man sich gerade in der Mitte des Atlantischen Ozeans befand und nicht wusste, wie spät es gerade in London ist. Die Uhrzeit diente nämlich den Seefahrern damals bei der Navigation. Und zwar indem man die zeitliche Differenz zwischen aktueller Ortszeit und Start-Hafen berechnet. Wenn man also nicht weiß wie spät es im Londoner Start-Hafen ist, weiß man auch nicht wo man sich gerade befindet.
Das hatte damals verheerende Folgen. Bei einem schweren Schiffsunglück kamen 2000 Männer der englischen Marine ums Leben. Laut ihren Berechnungen waren sie auf dem offenen Meer, doch liefen die fünf Schiffe der Flotte kurz darauf auf Grund. Sie befanden sich weit näher an ihrem Ziel, als sie vermutet hatten. Kurz darauf schrieb der englische König einen Preis für die Lösung des sogenannten Längenproblems aus. Die Spanier und Niederländer hatten bereits einen ähnlichen Preis ausgeschrieben. Vielleicht, so hoffte der König, ließe sich das Problem lösen, wenn nicht nur die Wissenschaftler der englischen Krone, sondern Seefahrer, Uhrmacher und Tüftler aus dem ganzen Land daran zusammen arbeiteten.
Eine Taschenuhr geht auf Weltreise
Der Uhrmacher John Harrison folgte dem Aufruf und machten sich daran bisherige Uhren-Systeme zu verbessern. Zwar waren damalige Pendeluhren bereits sehr genau, doch sobald sie dem Wellengang des Atlantiks ausgesetzt waren, wurde die Schwingung des Pendels unterbrochen. Und auch deutsche und italienische Taschenuhren, die es schon seit dem 15ten Jahrhundert gab taugten nichts, da sie viel zu ungenau waren, um zuverlässig damit zu navigieren. Harrison machte sich also daran das Taschenuhren-System zu verbessern. Er entwickelte die H4 Seawatch, welche fast so genau wie eine Pendeluhr ging und dem stürmischen Wellengang auf hoher See gewachsen war.
Um die Genauigkeit der Uhr auf die Probe zu stellen, entsandte das Preiskomitee Harrisons Uhr auf hohe See. Während insgesamt drei Expeditionsfahrten durch den Pazifischen Ozean testete Kapitän Cook die Uhr zur Navigation. In Überlieferungen heißt es, dass die Uhr schnell ein treuer Begleiter Cooks wurde. Doch es ist letztendlich das Zusammenspiel aus Harrisons Seawatch und den Inselbewohnern Polynesiens im Pazifik, dass die Expeditions-Mission von Kapitän Cook so erfolgreich wurde.
Nur durch Kollaboration kam Cook ans Ziel
Die Polynesier brauchten keine Uhr, um die Gewässer eines mehr als 10.000 Quadratkilometer großen Areals zu befahren. Sie orientierten sich an den Sternen, der Strömung und den Winden. Das Wissen wurde über hunderte von Jahren von Generation zu Generation weitergegeben. Einer dieser pazifischen Seefahrer war Tupaia, welcher gegen den Willen Cooks mit an Bord der Englischen Pazifik Mission genommen wurde. Tupaia half den englischen Seefahrern dabei ihre Schiffe sicher bis nach Neuseeland zu navigieren. Er wusste, wie lange es dauerte von einer Insel auf die andere zu kommen, wusste, wo man Anlegen kann, wer welche Insel regierte und vor allem, welchen Sternen man folgen musste, um nicht auf hoher See verloren zu gehen.
Cook musste letztendlich einsehen, dass Tupaias Wissen über die Region seine eigenen Navigations-Künste überstieg. Uhr hin oder her. In Zusammenarbeit erstellten Cook und Tupaia die erste Karte des Pazifiks auf der mehr als hundert kleine Inseln verzeichnet waren. Tupaia erlag kurz danach den Folgen einer Krankheit, Cook selbst segelte zurück nach England und publizierte die Karte unter seinem eigenen Namen. Und auch auf zwei folgenden Missionen kollaborierte Cook mit Inselbewohnern, um seine Flotte heil durch den Pazifik zu navigieren.
Harrison sieht sich als Gewinner
Harrison erfuhr nie, dass Tupaia Kapitän Cook ans Ziel gebracht hatte. Denn er kämpfte zu Hause in England um die Auszahlung des Preisgeldes. Wenn Cook es geschafft haben soll die Gewässer des Pazifiks damit zu erkunden, so musste Harrisons Uhr das Längenproblem doch erfolgreich gelöst haben. Doch das Preiskomitee bestand darauf, dass die Genauigkeit der Uhr nur Zufall sei. Nach jahrelangen Verhandlungen einigte man sich darauf Harrison £5,000 auszuzahlen, was damals circa eine dreiviertel Million Pfund war. Zur gleichen Zeit begannen englische Seefahrer damit die Monddistanz als Mittel der Navigation zu benutzen. Eine Methode die auch die Polynesier verwendeten.
Über die Jahrhunderte hinweg wurden Navigationssystem zunehmend verbessert. Doch das Längenproblem wurde erst endgültig mit der Erfindung von Navigationssatelliten und modernen GPS-Systemen gelöst. Doch egal ob high oder low Tech, es ist stets von Vorteil zusammen zu arbeiten, wie auch die Entstehungsgeschichte des PCs im Silicon Valley zeigt.