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620 Kilometer Menschenkette: Protest gegen Frauen-Verbot im Tempel

Entgegen der höchstrichterlichen Entscheidung verweigert der Sabarimala-Tempel Frauen den Zutritt. Dagegen protestierten über 5 Millionen Frauen im indischen Kerala.

Auch Frauen müssen Tempel im ganzen Land betreten dürfen. So urteilte das indische Verfassungsgericht bereits im Sommer 2018. Doch die Betreiber des Sabarimala-Tempels verweigern Menschen weiblichen Geschlechts auch weiterhin den Zutritt. Dagegen formierte sich eine große Protestbewegung. Quer durch den Bundesstaat Kerala bildeten vor allem Hindufrauen eine Menschenkette von 620 Kilometer Länge.

Die unverheiratete Gottheit Ayyappan. Bild: Abhilash Pattathil (CC BY-SA 4.0) https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=48773983

Währenddessen gelang es zwei Frauen, Sabarimala zu betreten — trotz der andauernden Bewachung des Tempels durch hinduistische Hardliner. Im Morgengrauen schlichen sie sich in polizeilicher Begleitung in die heilige Stätte. Ihr Aufenthaltsort und ihre Identität unterliegen seitdem staatlicher Geheimhaltung, zu ihrem eigenen Schutz.

Die jahrhundertealte, inzwischen rechtswidrige, Tradition des Frauenverbots im Sabarimala wurde damit gebrochen. In der Folge wurden Reinigungsrituale durchgeführt, um den vermeintlichen Schaden zu begrenzen. 

Der Tempel gilt als einer der wichtigstens Wallfahrtsorte der Hindus. Er ist Ayyappan gewidmet, einer Gottheit, die als unverheiratet gilt. Frauen im Alter von zehn bis 50 Jahren wird deshalb der Zutritt verweigert. Da sie menstruieren, würden sie den Gott unter Umständen verführen. (Auch in westlichen Zivilisationen werden bis heute Frauen wegen ihrer Periode stigmatisiert und herabgesetzt.)

Die meisten Tempel Indiens dürfen heute auch von Frauen aufgesucht werden. Zumindest, wenn sie nicht menstruieren.

Nicht so im Tempel Sabarimala. Die strenggläubigen Hinduisten nationalistischer Parteien werfen der Regierung nun konspiratives Verhalten vor, weil sie den Frauen geholfen hätte. Sie demonstrierten vor dem Parlament in Keralas Hauptstadt Thiruvananthapuram und widersprechen der Entscheidung des Verfassungsgerichts. 100 Menschen wurden bei den Auseinandersetzungen mit der Polizei verletzt. Eine unbeteiligte Person wurde von Steinen getroffen, die die Demonstranten geworfen hatten. Sie starb.

Als Wallfahrtsort ist der Sabarimala für viele Hindus von großer Bedeutung. Bild: Avsnarayan

Die friedlichen Proteste in Form einer Menschenkette wurden tatsächlich von dem Regierungsbündnis Left Democratic Front (LDF) unterstützt. Die Regierung hat Schulen geschlossen und Beamten freigegeben, um an den Protesten teilnehmen zu können.

Hinduistisch-nationalistische Parteien hatten in der Vergangenheit bei Wahlen in Kerala kaum Chancen. Seit 2016 gibt es aber immer wieder brutale Auseinandersetzungen zwischen Nationalisten und den Marxisten der LDF. So gehen auch die Proteste vor dem Parlament auf Aufrufe der Nationalisten zurück.


Im Kompendium “Multiple Gender” berichtet Qiio-Autorin Jule Müller von Protesten gegen sexuelle Diskriminierung.

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