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Kompendium: Essthetik

Die Geschichte der Nahrungsaufnahme ist die Geschichte der Darstellung von Essen. Von der Steinzeit, zur Antike bis in die Neuzeit: Was wurde gegessen und wie wurde es angerichtet?

Kompendium: Essthetik

Die Industrialisierung brachte ordentlich Bewegung in den Speiseplan. Viele Nahrungsmittel, die im Laden zur Verfügung standen, mussten beworben werden. Je appetitlicher das Essen auf der Packung aussah, desto eher wurde das Produkt gekauft.

Kompendium: Essthetik

Food Porn ist in aller Munde bzw. in aller Auge. Die Sozialen Netzwerke haben es geschafft, einen globalen Trend mit einem hohen Maß an Identifikationspotential zu schaffen.

Kompendium: Essthetik

Wie sieht die Zukunft der Ernährung aus? Eine riesige Industrie macht sich daran, Alternativen für den Fleischkonsum zu finden und wird erfinderisch. Made statt Speckhaufen und Algen statt Lammbraten. Oder doch alle vegan?

Kompendium: Essthetik

Wie sieht die Zukunft aus? Soylent? Astronautennahrung? Totale Kontrolle mit Perks über die Finanzen der Privatpersonen mit Auswirkungen auf das Gesundheitssystem? Und welche Steigerung des heutigen Food Porns soll es noch geben?

Kompendium

Die Darstellung von Essen ist, genau wie die Nahrungsaufnahme an sich, einem stetigen Wandel unterworfen. In der heutigen, zunehmend digitalisierten Welt, erreicht uns jeden Tag eine Fülle von scheinbar perfekten Bildern – allseits bekannt als „Food Porn”. Was bedeutet es für uns, unseren Körper, unsere Wirtschaft und unser Leben, wenn alles was wir essen auch gleichzeitig fotogen sein muss?

Kompendium: Essthetik

Vom Jäger und Sammler zum Landwirt

Kompendium: Essthetik

Vom Jäger und Sammler zum Landwirt

Jan Davidsz de Heem

Meisterwerke der Küche. Jan Davidsz de Heem [Public domain]

Die Geschichte der Nahrungsaufnahme ist die Geschichte der Darstellung von Essen. Von der Steinzeit, zur Antike bis in die Neuzeit: Was wurde gegessen und wie wurde es angerichtet?

Mit zunehmender Verzweigung der Gehirnwindungen wuchs im Frühmenschen der Drang, sich künstlerisch zu betätigen. Der steinzeitliche Höhlenmensch verewigte sich gerne an den Wänden von Höhlen, um den anderen Mitgliedern des Rudels Geschichten von der Jagd zu erzählen. Sozusagen eine Höhlenmensch-Diashow: Die Jagd war ein sehr beliebtes Motiv, denn ihr Erfolg entschied über das Überleben der ganzen Sippe. Auch wurden Weizenähren und andere Pflanzen dargestellt, welche uns einen kleinen Einblick in den täglichen Speiseplan geben können und uns heute noch einen wunderbaren Eindruck über damalige Gewohnheiten vermitteln.

In Europa änderte sich die bildhafte Darstellung von Essen mit der Veränderung der Lebensbedingungen in der Jungsteinzeit. Zunächst wurden Nutztiere domestiziert, später kam dann die Auslagerung der Nahrungsbeschaffung durch den Ackerbau und die damit verbundenen landwirtschaftlichen Berufe hinzu. Es bildeten sich unterschiedliche gesellschaftliche Schichten.

Die köstliche Antike – festgehalten auf Tonvasen

Steinzeitmalerei

Steinzeitmalerei. © David Stanley from Nanaimo, Canada (Prehistoric Rock Paintings) [CC BY 2.0]

Zur Zeit der Antike wurde es dann sehr viel opulenter – zumindest was die Verköstigung der oberen Zehntausend anbelangte. Gerade in den ärmeren Schichten wurde gegessen, was eben da war. Während im römischen Reich das gemeine Volk auf optisch weniger außergewöhnliche Gerichte, wie einen Brei aus Dinkel und Brot aus Gerste und Weizen setzte, waren ausschweifende Festmahle in den oberen Gesellschaftsschichten zu festlichen Anlässen keine Seltenheit. Dazu gab es immer Wein. Fleisch wurde eher zu besonderen Anlässen verspeist, dieMahlzeiten der Römer waren überwiegend vegetarisch. Großzügige Bankette wurden zu besonderen Anlässen und zur Stärkung der Geschäftsbeziehungen ausgerichtet. Hierbei speisten die wichtigen Männer im Liegen auf einem Speisesofa. Gegessen wurde mit den Händen, welche zwischen den einzelnen Gängen gewaschen wurden oder an den Köpfen der Sklavenkinder abgewischt (praktisch!). Diese gesellschaftlich wichtigen Ereignisse wurden auf Tonvasen, Fresken und Tellern festgehalten und zeigten dadurch deutlich den Status der Auftraggeber und dargestellten Persönlichkeiten auf, bzw. wiesen darauf hin, in welchem Haus/bei welcher Familie man gerade speist.

Die Kunst des Mittelalters – Darstellung von Essen in den Klosterschriften

Das Mittelalter brachte durch erhebliche technische Fortschritte einige Innovationen auf die Teller. Mühlen, Dreifelderwirtschaft und der Kulturaustausch mit dem Orient (Kreuzzüge!) ermöglichten eine bis dato nie da gewesene Vielfalt. Auch hier wurden Getreidebreie und Grütze als Hauptnahrungsmittel verspeist. Kochen und Viehzucht wurde effektiver und der Handel erlaubte eine ungeahnt breite Nahrungspalette. Nachdem die Pest gut 30 % der Bevölkerung in Europa dahingerafft hatte, konnte man mehr auf Fleisch als Energielieferant setzen. Es gab genug zu essen.

Pork meat, from Tacuino Sanitatis.

Mittelalterliche Darstellung der Zubereitung von Tieren. © Wikimedia Commons

Diese Vielfalt machte sich auch in der Darstellung von Nahrungsmitteln in Kochbüchern und – ganz wichtig – in den Schriften der Klöster bemerkbar. Die Klöster spielten eine sehr wichtige Rolle, waren sie doch das Hirn des Mittelalters. Kirsten Schlegel-Matthies hat in dem Essay „Zum Wandel der Esskultur in Deutschland” die Bräuche aus der Zeit ausführlich beschrieben. Im frühen Mittelalter spiegelte eher die Menge der konsumierten Lebensmittel den sozialen Stand wider, im Verlauf des Mittelalters änderten sich die Regeln und es wurde wichtiger, welche Lebensmittel für welchen Stand vorgesehen waren. Ein ausführliches Regelwerk legte in vielen Städten fest, welche Nahrungsmittel und Zubereitung beispielsweise für Dienstboten und welche für den Mittelstand vorgesehen waren. Fleischgerichte wurden mit zunehmendem Stand immer raffinierter. Letztendlich war allerdings der Zugang zu Handel und Kapital ausschlaggebend dafür, was eine Person tatsächlich verspeiste. Wohlstand drückte sich hier schon im Speiseplan aus und wohlhabende Menschen zeigten sich auf Gemälden gerne mit neuen exotischen Speisen oder Gewürzen oder bei der Jagd. Damals wurden Regeln für das gesellschaftliche Leben aufgeschrieben. Darunter gab es auch Regeln, die vorgaben auf welche Art und Weise bestimmte Gesellschaftsschichten ihre Nahrung aufnehmen sollten beziehungsweise durften. Auch was und wann sie essen sollten wurde in den Regeln vorgegeben.. Dargestellt wurden Ackerbau und Viehzucht, Dienstboten bei der Arbeit, Bäcker, Köche, Feuerstellen und Öfen.

Im Barock schmeckt man die opulente Eitelkeit

Ganz besonders schön sind die aufwendigen Vanitas-Stillleben des Barock (17. Jahrhundert), welche auch die heutige Bildsprache in der Food-Fotografie maßgeblich prägen. Neben der Jagd, menschlichen Schädeln und Blumen, waren Nahrungsmittel wie Früchte, Fleisch und Fisch heiß begehrte Motive der (meist) holländischen Meister. Auch das eine oder andere Insekt krabbelte über perfekt arrangierte Bildwelten. Vanitas bedeutet Eitelkeit und die Gemälde sollen die Vergänglichkeit der irdischen Existenz verdeutlichen und bei der Meditation über den Tod und das ewige Leben als Gedächtnisstütze dienen. Typisch für das barocke Zeitalter war die kontrastive Gegenüberstellung von Leben und Tod, resultierend aus den damaligen Verhältnissen. Zum einen waren die Menschen lebensfroh, zum anderen bestand eine permanente Bedrohung durch den Tod. Auch ein Aspekt von Vanitas: der Kreislauf des Lebens, an dessen Ende die Würmer uns Menschen auffressen. Nicht ästhetisch aber allemal bildgewaltig.

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Erstellt von Frank Schröder. Photo Assistant: Jacob Schickler.
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Neue Bildwelten durch Werbung

Kompendium: Essthetik

Neue Bildwelten durch Werbung

Buchstabensuppe

Buchstaben- und Fertigsuppen werden zum Renner. © Piotr Miazga on Unsplash

Die Industrialisierung brachte ordentlich Bewegung in den Speiseplan. Viele Nahrungsmittel, die nicht mehr selbst angebaut und hergestellt wurden, sondern im Laden zur Verfügung standen, mussten entsprechend beworben werden. Je appetitlicher das Essen auf der Packung aussah, desto eher wurde das Produkt gekauft.

Industrielle Revolution – Dampf

Während der ersten industriellen Revolution gegen Ende des 18. Jahrhunderts hat die Dampfmaschine nicht nur den Arbeitsalltag verändert: Die neuen mechanischen Produktionsanlagen mit ihren klar getakteten Arbeitszeiten brachten es mit sich, dass schnell und unkompliziert zubereitete, nährstoffreiche Nahrung benötigt wurde. Erste Kantinen entstanden und haltbar gemachte Lebensmittel. Diese Lebensmittel wurden ebenfalls industriell hergestellt. Der Beginn der Industrienahrung wurde damit eingeläutet und Lebensmittel wurden in großen Mengen hergestellt, haltbar gemacht und zunehmend denaturalisiert.
Dennoch war die Nahrungsbeschaffung weitgehend von natürlichen Faktoren wie Saison und Verderblichkeit der Lebensmittel abhängig. Aus diesem Grund betrieben zu Beginn des 19. Jahrhunderts städtische Haushalte eine ausgetüftelte Vorratswirtschaft. 1892 wurde das Einweckglas patentiert und aus Mangel an Äckern oder Gärten wurden Vorräte in großen Mengen eingekauft und im Hause weiterverarbeitet und konserviert.

Maggi Würze

© Theodor Daberkow`s Verlag Wien (Stöckel´s Universal Kochbuch) [Public domain], via Wikimedia Commons

Industrielle Revolution – Elektrizität

Die zweite industrielle Revolution Anfang des 20. Jahrhunderts schenkte uns die elektrifizierte Massenproduktion, sowie Massentierhaltung und elektrifizierte Monokulturen. Der Mensch verlor zunehmend den direkten Bezug zum natürlichen Produkt und kaufte vornehmlich in Supermärkten ein, wodurch in der Stadt der Einkauf der Lebensmittel zur vorherrschenden Methode zur Nahrungsmittelbeschaffung wurde. Der Bezug zu den natürlichen Lebensmitteln ging verloren, gleichzeitig wurde die Nahrungspalette allerdings auch vielfältiger.

Die Moderne – der Siegeszug der Werbung

Die soziale Nahrungsaufnahme wurde immer weiter aus den häuslichen Räumen nach Außen verlagert. Cafés, Restaurants, Kantinen, Imbissbuden, Schnellrestaurants und Snackautomaten hatten maßgeblichen Einfluss darauf, was auf den Tellern landete. Die heimischen Gerichte wurden gerne durch Fertiggerichte ersetzt. All dies führte dazu, dass Bequemlichkeit und Zeitdruck im zunehmend enger getakteten Alltag mit Überhand gewonnen. Mit wachsender Bedeutung der Werbung wurde auch die Darstellung der perfekten Nahrung und der perfekten Familie immer mehr in den Alltag integriert. Der Zweig der Food-Fotografie entwickelte sich um die stetig wachsende Nahrungsmittelindustrie. Als einer der ersten professionellen Food-Fotografen gilt Christian Teubner, der seit den 1950er Jahren die hohe Kunst der Food-Fotografie für sich entdeckt hat. Erst als bloße Dokumentation seiner Werke in der Konditorausbildung, illustrierte er fotografisch bald Artikel in Zeitschriften und auch heute noch gibt es die „Teubner Foodfoto GmbH“, die mittlerweile von seiner Tochter geleitet wird. Noch früher sogar, seit 1920, schrieb Erna Horn Kochbücher und illustrierte diese fotografisch.

Frische wurde durch Bilder vorgegaukelt. Die abgebildeten Produkte hatten wenig mit dem Inhalt der Packungen gemein, geschweige denn mit den im Original fotografierten „Lebensmitteln”: Speiseeis wurde aus Kartoffelbrei und Frischkäse gebastelt, Eiswürfel waren aus Plastik, Fleisch wurde mit Klarlack bepinselt und Burger kamen halbroh mit 40 Zahnstochern gesichert vor die Linse.

Miracel Whip Vintage Ad

Flickr: jbcurio / Creative Commons

Mit der Massenabfertigung ist ein großer Teil der kulturellen Identität verloren gegangen, die vorher über Ernährung und bestimmte Lebensmittel transportiert wurde. Frank Waskow und Matthias Renner schrieben dazu in ihrem Aufsatz „Ernährungskultur im Wandel der Zeiten”:

Die moderne Lebensmittelwirtschaft und der Einsatz von Chemie und moderner Technologie in der Produktion haben allerdings unsere Beziehung zu den Lebensmitteln entfremdet und damit unseren Lebensrhythmus grundlegend verändert.

Es ist also kein Wunder, dass das Thema Massenproduktion auch bald von der Kunst aufgegriffen wurde. Die Pop-Art entstand und eignete sich Dinge des täglichen Gebrauchs sowie der Werbung an und erklärte sie zu Kunst. Andy Warhols Suppendose (Campbell’s Tomato Soup) von 1962 ist wohl eines der bekanntesten Werke aus dieser Zeit. Er selbst sagte dazu:

„Ich male in dieser Art, weil ich eine Maschine sein möchte. Und wenn ich wie eine Maschine arbeite, spüre ich, dass ich genau das, was ich gerade mache, auch tun möchte.”

Weiterlesen Kulturelle Identität durch Food Porn: Du bist, was du isst.
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Kulturelle Identität durch Food Porn: Du bist, was du isst.

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Kulturelle Identität durch Food Porn: Du bist, was du isst.

food-blogging

Unser Essen wird stets geteilt - und muss dementsprechend gut aussehen. © Alejandro Arretureta

Food Porn ist in aller Munde bzw. in aller Auge. Die Sozialen Netzwerke haben es geschafft, einen globalen Trend mit einem hohen Maß an Identifikationspotential zu schaffen. Gleichzeitig bieten sie die Möglichkeit für Künstlerinnen und Künstler, ein breites Publikum zu erreichen, sich mit anderen Kreativen auszutauschen und sich gegenseitig in der Arbeit zu bereichern. Wir leben in einer Essenskultur, in der das Essen unsere Stimmung, unsere Identität und unser Konsumverhalten beeinflusst.
Stichwort
foodporn
foodintheair
@jasoneats always killing the stack game🔥#FITA #foodintheair #faiccos #chickenparm #sandwich #washingtonsquarepark #nyc #cheesepull #cheezus
theartofplating
We’re doing a round up of the best cookbook stores around the world. Any favorites? Salmon, coriander, and beets by @vincent.angebault #TheArtOfPlating
thrillist
You know an egg sandwich is going to be good when it’s wrapped in paper AND foil. 📷: @breakfastbabes /📍: @thebagelemporium #forkyeah

Ich bin süchtig. Süchtig nach „Food Porn”. Das klingt anstößig – ist es auch ein wenig, denn ich kann nicht mehr ohne das perfekte Bild meiner Nahrungsaufnahme leben bzw. der von anderen. Abend für Abend scrolle ich mich mit Instagram und Co. in den Schlaf und träume von saftigen Burgern, fadenziehendem Käse oder leuchtend bunten Bowls. Diese Bilder machen Hunger. Hunger auf mehr Bilder und Hunger auf mehr Futter. Wenn das gewünschte Essen gerade nicht zur Hand ist, werden eben einfach noch mehr Bilder konsumiert. Scroll, scroll.

Let’s talk about Food porn?

1984 taucht der Begriff zum ersten Mal bei der Feministin Rosalind Coward in ihrem Buch ‘Female Desire’ auf. Darin schreibt sie:

Cooking food and presenting it beautifully is an act of servitude. It is a way of expressing affection through a gift… That we should aspire to produce perfectly finished and presented food is a symbol of a willing and enjoyable participation in servicing others. Food pornography exactly sustains these meanings relating to the preparation of food. The kinds of picture used always repress the process of production of a meal. They are always beautifully lit, often touched up. (p. 103)

Der Begriff wurde im Laufe der Zeit zum Teil der Pop-Kultur und immer wieder neu kontextualisiert. Mal wurde er eher mit ungesunden aber dafür verführerischen Gerichten in Verbindung gebracht, mal mit der überästhetisierenden Darstellung von Essen.

Gerade in Kombination mit dem Internet, welches als Sprachrohr der modernen Gesellschaft gilt, wird das Phänomen Food Porn oft mit der sogenannten Exhibitionismus-These in Verbindung gebracht. Food Porn bietet eine gute Gelegenheit, um sich im Internet in einer ganz bestimmten Art und Weise selbst darzustellen: Das bin ich, das esse ich, da gehöre ich hin, das ist meine (gewählte) soziale Gruppe. Slow Food vs. Fast Food. Indem wir unser Mittagessen posten, geben wir nicht nur die Menge unserer aufgenommenen Kalorien preis, wir verraten unseren Followern außerdem, in welchen Kreisen wir uns bewegen, welche Werte wir vertreten und wie hoch unser Einkommen ist. All das sind Faktoren, die in unserer hochindustrialisierten, kapitalistischen Gesellschaft einen äußerst hohen Stellenwert haben. Sowohl die Menge und Art der verzehrten Nahrungsmittel, als auch die Zubereitung, die Essgeräte und Mahlzeitenordnungen tragen zur sozialen Identifikation und Differenzierung bei.

Burger-Food-Porn

Es schmilzt und tropft. © Edward Guk on Unsplash

In einer Gesellschaft, in der wir uns nicht mehr über unseren Glauben, sondern unseren Konsum definieren, stellt die Nahrungsaufnahme wohl eine der intimsten Konsumgüter dar, die wir gewillt sind, mit unseren Mitmenschen zu teilen. Nahrung ist, genau wie Make-up temporär und außerdem universell adaptierbar. Gerade darum erfreut sie sich in den sozialen Netzwerken so großer Beliebtheit und funktioniert dort so gut.

Essen als globales Phänomen

Die Globalisierung ist auch heute zentrales Thema unserer Ernährung. Es können fast alle denkbaren Lebensmittel in westlichen Supermärkten eingekauft werden – saisonal und regional unabhängig. In Verbindung mit den sozialen und den darin kommunizierten sozialen Codes zur Statusbestimmung, hat sich eine globale Esskultur entwickelt, welche auf der ganzen Welt einheitliche Identifikationssymbole erschaffen hat. Sie beeinflussen den Konsum und das, was gegessen wird, maßgeblich. Über die Ernährungspräferenzen lässt sich auch ein globaler Nenner, der sogenannte „Glue of the Society” finden – es wird zwar nicht global an einem Tisch gegessen und sich ausgetauscht, jedoch tauschen wir uns global über Essen aus. Das Essen funktioniert hier als Werkzeug für ein digitales Storytelling, wie im Buch ‘Visual Feast‘ (Gestalten Verlag) zu lesen ist.

 Das Auge isst mit

Das Bild eines üppig gedeckten Tisches oder einer vor Perfektion strotzenden Mahlzeit löst etwas in uns aus. Bei Betrachtung besonders adretter Nahrung, wird in unserem Gehirn das Hormon Ghrelin ausgeschüttet und wir bekommen Hunger oder zumindest Appetit. Dadurch bekommt das Gesehene eine starke Anziehungskraft und der Drang, genau das jetzt haben zu wollen, wird sehr stark. Weil wir nur in den seltensten Fällen die abgebildeten Speisen sofort konsumieren können, muss eine adäquate visuelle Ersatzbefriedigung her. Wir konsumieren also immer mehr Bilder.

Sushi Food Porn

Das Auge isst mit. © IN SEARCH OF

Das jungfräuliche Gericht

Aber sprechen die perfekt inszenierten Bilder auf Instagram und Co. nur unser Hungergefühl an oder steckt dort mehr dahinter? Das Bedürfnis jungfräuliche Perfektion zu zerstören, ist tief in der menschlichen Psyche verwurzelt. Jeder kennt das Gefühl, durch frisch gefallenen Schnee laufen zu müssen, oder einen Stein auf eine spiegelglatte Wasserfläche werfen zu wollen. Wir können gar nicht anders, als durch unsere Handlungen die Perfektion zu beeinflussen. Das stellt eine ganz eigene Art der Bedürfnisbefriedigung dar. Ein perfektes Avocado-Brot in unserem Newsfeed triggert genau dieses Bedürfnis und übt somit eine unglaubliche Faszination auf uns aus.

Erfolgreiche Instagram-Kanäle wie der von Our Food Stories mit fast einer Million Followern machen es vor. Dabei erinnern ihre kunstvoll angerichteten Stillleben an die düsteren Bilder anderer Zeiten. Die zwei jungen Frauen aus Berlin haben es mir ihrem Stil geschafft, ausgehend von ihrem Instagram-Kanal, ein darauf basierendes Geschäft aufzubauen. Sie fotografieren Essen für andere Kanäle, stylen Gerichte, entwickeln Rezepte für ihren Blog und beraten Unternehmen. Wer heutzutage weiß wie Essen inszeniert wird, kann damit Geld verdienen und international erfolgreich werden.

Via: @Our Food Stories

Weiterlesen Natürlich denaturalisiert
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Natürlich denaturalisiert

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Natürlich denaturalisiert

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Gewohntes Essen in neuer Form. © Cody Davis on Unsplash

Wie sieht die Zukunft der Ernährung aus? Eine riesige Industrie macht sich daran, Alternativen für den Fleischkonsum zu finden und wird erfinderisch. Made statt Speckhaufen und Algen statt Lammbraten. Oder doch alle vegan?

Massentierhaltung, Welthunger, Leid – das Industriezeitalter war eine goldene Zeit für die Lebensmittelindustrie, allerdings eine echt schwere Zeit für Nutztiere und den Planeten.

Der ökologische Fingerabdruck muss verringert werden, gleichzeitig steigt der Drang zur Selbstoptimierung. Sogenanntes Functional Food wird immer bedeutsamer. Was muss gegessen werden, um bestimmte körperliche, mentale oder gesundheitliche Ziele zu erreichen?

Nach der starken Industrialisierung der Nahrungsmittelindustrie mit all ihren unschönen Nebenwirkungen wie Nährstoffmangel für den Menschen oder auch die komplette Zerstörung des Planeten, wird den Menschen nun klar, dass sie etwas ändern müssen. Der bewusste Verzicht auf Fleisch, meist in Form der Flexitarier, wird zur bevorzugten Ernährungsform. Da viele Menschen jedoch nicht auf alte Gewohnheiten verzichten möchten, wird derzeit an vielen Alternativen für die Produkte der klassischen Fleischindustrie gearbeitet. Daraus hat sich erneut eine millionenschwere Industrie entwickelt. Beispiele hierfür sind:

cultured-beef

Ein Burger aus Laborfleisch: Photo: David Parry/PA Wire

In-Vitro-Hühnchen

Der Forscher Bernard Roelen von der Universität Utrecht arbeitet derzeit an einem Verfahren, mithilfe dessen echtes Hähnchenfleisch erzeugt werden soll, ohne dafür echtes Huhn zu züchten. Sozusagen eine im Reagenzglas gezüchtete Hühnerbrust.

Impossible Foods

Bereits seit 2015 arbeitet das High-Tech-Food-Start-up Impossible Foods an pflanzlichen Fleischalternativen, die aber wie Fleisch aussehen und auch so schmecken. Dass dahinter ein riesiges Geschäft steht, zeigt allein schon die Tatsache, dass sich Bill Gates mit umgerechnet 68 Millionen Euro an dem Projekt beteiligt hat.

Nahrung aus dem 3-D-Drucker

Oben kommt eine Food-Paste rein und unten kommt ein Kunstwerk raus. 3D gedrucktes Essen wird gerade im Bereich High Cuisine und Food Styling eine größere Rolle spielen.

Algen

Algen haben viel Eiweiß und könnten in der Zukunft öfter auf dem Speiseplan stehen.

Insekten und Algen als Fleischalternative

Insekten und Algen enthalten viel Eiweiß. Sie sind einfach zu halten, relativ anspruchslos und sehr günstig im Unterhalt. Sie können außerdem nicht blinzeln und nur die wenigsten sind niedlich und flauschig. Daher sind die moralischen Bedenken, sie zu schmackhaften Gerichten zu verarbeiten, relativ gering. Das heißt jetzt nicht, dass wir uns alle Honigbienen über das Frühstücksbrot streuen, statt den Honig zu verzehren. Vielmehr geht es den Forscherinnen und Forschern in der Nahrungsmittelindustrie um das Mehl, welches aus den flinken Krabbeltierchen gewonnen wird. In die gewünschte Form gepresst, soll die Schabe sozusagen zum Retter des Welthungers werden. Danke!

In der nahen Zukunft werden die sozialen Medien und ihre Weiterentwicklung unser Essverhalten weiterhin maßgeblich prägen. Nicht nur was wir essen, sondern auch wie wir essen! Dinner, Kochkurse und andere Erlebnisse werden in der Virtuellen Realität zu neuen optischen Erlebnissen heranwachsen.

Weiterlesen Höher, besser, weiter. Auch leckerer?
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Höher, besser, weiter. Auch leckerer?

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Höher, besser, weiter. Auch leckerer?

Das Essen der Zukunft wird von künstlicher Intelligenz beeinflusst.

Wie sieht die Zukunft aus? Soylent? Astronautennahrung? Totale Kontrolle mit Perks über die Finanzen der Privatpersonen mit Auswirkungen auf das Gesundheitssystem? Und welche Steigerung des heutigen Food Porns soll es noch geben?

Es ist nicht zu leugnen, dass wir immer vernetzter sind. Nicht nur die Menschen miteinander, sondern auch mit den Geräten, die unseren Alltag begleiten. Smart Living, Smart Eating, Smart Everything.

Selbstoptimierung 3.0

In dieser smarten Welt, wird die Selbstkontrolle von sogenannten Smart Devices übernommen, welche genau ausrechnen können, welche Nährstoffe benötigt werden, um bestimmte Ziele zu erreichen: schneller, schöner, jünger, langlebiger, gesünder und klüger durch Functional Food wird immer bedeutsamer und findet noch mehr Verwendung in der Gesundheitsindustrie.

Smartwatch

Smartwatches können Vitalwerte überprüfen und so unser Nahrungsaufnahme beeinflussen.

Das permanente Tracking durch Self-Monitoring Devices (System zur Selbstüberwachung) ermöglicht es, die körperliche Fitness und Gesundheit optimal anzupassen. Davon werden über kurz oder lang auch Institutionen wie Krankenkassen profitieren und beispielsweise die Beiträge entsprechend der gelebten Realitäten angleichen können. Dies wird zunächst auf freiwilliger Basis geschehen, könnte sich aber auch als Pflichtprogramm manifestieren.

Science-Fiction oder bald schon gelebte Wirklichkeit: Werden Küchen irgendwann überflüssig und wir bekommen die nach einem Algorithmus individuell für uns zusammengestellte Nahrung direkt in unsere Wohnungen geliefert? Möglich scheint es.

Und wenn es die Küche doch noch gibt – wie sieht sie in der Zukunft aus? Die smarte Küche kauft ein, bereitet das Essen zu und fotografiert das Ganze dann auch noch direkt für die Internetwelt?

Astronautennahrung gegen den Welthunger

Space Food

Astronautennahrung gegen Welthunger. © NASA [Public domain], via Wikimedia Commons

Wie sieht die Nahrung der Zukunft aus? Start-ups wie Soylent basteln schon an der ultimativen Flüssignahrung, mit der sie den Welthunger einfach abschaffen möchten. Die Drinks, die Spitze der Industrienahrung, gibt es in verschiedenen Geschmacksrichtungen und bieten alle Nährstoffe, die ein ausgewachsener Mensch braucht. Das sind derzeit noch Durchschnittswerte, später allerdings könnten sich die Inhalte auch individualisieren lassen. Das Erlebnis des Essens, des Kauens und des dazugehörigen Genießens fällt weg. Im Silicon Valley, wo ohnehin nur gearbeitet wird und die Ressource Zeit nur sehr knapp bemessen ist, ist das Zeug allerdings schon der Renner.

Virtuelles Essen

Während das Essen in der realen Welt so durchgestylt ist und stets eine gewisse Funktion erfüllen soll, wird man sich online in der virtuellen Realität richtig austoben können. Durch die Weiterentwicklung der Technik wird es möglich sein, „Spiele” (= Essens-Erlebnisse) aktiv zu beeinflussen und dabei mit anderen Spielern zu interagieren. Oder man „isst” mit einem längst verstorbenen Idol vergangener Tage. Es werden fantastische, komplett digitale Gerichte in digitalen Küchen online gekocht werden können, die man dann auch online mit seinen Followern teilen kann, bzw. einfach in virtuellen Kochshows vorführen kann.

Food Porn im Wandel der Zeit

Das Verhältnis zur Nahrungsaufnahme war schon immer einem Wandel unterworfen. Zu Urzeiten des bloßen Überlebenskampfes, entwickelte sich die Nahrungsaufnahme zu einem Statussymbol.

Exotische Früchte

Exotische Früchte gelten als Beleg dafür, wie weltgewandt die speisende Person ist. © Brooke Lark on Unsplash

Mit Nahrung wurde Status und Reichtum symbolhaft dargestellt, sie diente zur Abgrenzung von anderen Schichten, Kulturen oder Familien. Unterstrich die Nahrung früher noch das religiöse Weltbild des Speisenden, so hat die Ernährungsweise die Religion heute in manchen Kreisen gar ersetzt. Exotische Lebensmittel galten schon immer als Beleg dafür, wie weltgewandt die speisende Person ist.

Daran hat sich bis heute nichts geändert. Allerdings wird unser Speiseplan immer internationaler: Dank der sozialen Medien erfahren wir mit nur einer Handbewegung, was die Menschen am anderen Ende der Welt essen. Rezepte und Esskulturen überwinden so spielerisch leicht (Landes-)Grenzen und finden ein neues Zuhause in einem völlig neuen kulturellen Kontext. In der Zukunft werden wir wohl versuchen, uns neue Nahrungsmittel zu erschließen. Das kann man zwar nicht mehr riechen und schmecken, dafür aber angucken. Und darum geht es ja beim Food Porn. Ein Trend bei dem uns auch in Zukunft das Wasser noch im Munde zusammenlaufen wird.

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