Das Pilgern ist die wahrscheinlich älteste Form der Sinnsuche mittels Reisen. Nicht nur im Christentum haben sich bereits früh die Menschen auf den Weg zu heiligen Stätten gemacht, sondern auch Anhänger anderer Glaubensrichtungen.
Siddhartha Gautama hatte alles. Er wurde 563 v. Chr. in ein nordindisches Adelsgeschlecht geboren und lebte mit seiner Frau in einem Palast, der keine Wünsche offen ließ. So zumindest die Überlieferung. Sein Name bedeutet übersetzt „der, der sein Ziel schon erreicht hat“. Doch von Geburt an alles erreicht zu haben, lässt wenig Spielraum, um sich auszuprobieren und sich selbst zu hinterfragen.
Von der Befreiung des Leidens
Auf seinen Ausflügen sah Siddhartha etwas, das sein Leben veränderte: menschliches Leid. Er entsagte daraufhin dem Überfluss seines Lebens. Stattdessen ging er auf Wanderschaft, genauer gesagt lebte er als Asket, er lernte Yoga und Meditation. Während er sechs Jahre durchs Tal des Ganges pilgerte, wurde ihm klar, dass menschliches Leid mit den eigenen Denk- und Verhaltensmustern zusammenhing. Seine Überzeugung: Wo kein Begehren, da kein Leiden.
Glaubt man der Überlieferung, dann fand Siddhartha, tief verneigt unter einer Pappelfeige in einer Vollmondnacht sitzend, Erleuchtung. Dieser Zustand, Nirwana, bedeutet tiefe Ruhe und vollkommene Gelassenheit. Aus der Sinnsuche wurde somit Sinnstiftung – denn der Pilger war nun Buddha, ein erwachter Mensch, der den Grundstein des Buddhismus legte.
Doch nicht nur im fernen Asien wurde gepilgert. Es ist anzunehmen, dass das Pilgern als die älteste Form des Reisens betrachtet werden kann, denn bereits die alten Ägypter pilgerten zu heiligen Tempeln.
Viele Wege führen zu Abraham
Einer der bekanntesten in der Geschichte des Pilgerns war Abraham, der Vater des Judentums, Islams und Christentums. Das Pilgern ist demnach auch in diesen drei monotheistischen Religionen fest verankert. Die Bibelstelle zu seinem Aufbruch lautet: Der Herr sprach zu Abram: Zieh weg aus deinem Land, von deiner Verwandtschaft und aus deinem Vaterhaus in das Land, das ich dir zeigen werde.
Daraus geht hervor, dass das Pilgern eine Reise ins Unbekannte war, ein Verlassen der vertrauten Umgebung, ein Vertrauen in Gott.
Oft machten sich die Anhänger dieser drei Weltreligionen auf den Weg nach Jerusalem, ihr heiliges Zentrum. Unterwegs konnte Buße getan oder spirituelle Weisheit erlangt werden. Es war jedoch schon Abraham, dem es während des Reisens vielmehr um den Weg als das Ziel ging, das ihm in Form eines konkreten Ortes gar nicht bekannt gewesen war.
Das Ritual des Pilgerns tauchte früh in vielen Religionen auf, damit war das Streben nach einem höheren Sinn beim Reisen automatisch mit einem religiösen Glauben verknüpft. Doch das sollte sich im Laufe der Geschichte ändern.