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Kompendium: Virtueller Luxus

Die Fashionindustrie profitiert aus verschiedenen Gründen davon, ihre Kleidung virtuell in einer 3-D-Simulation zu produzieren und Avatare einzukleiden. Worin liegt der Reiz virtueller Kleidung für Konsument*innen? Und was bedeutet sie für unser Verständnis von Luxus und Besitz?

Kompendium: Virtueller Luxus

Die ersten Künstler*innen machen’s vor. Mithilfe von Social Token können Fans nun in ihre Reichweite und Reputation investieren. Das öffnet neue Türen, um sich unabhängig zu finanzieren, und schafft ein exklusives Band zwischen ihnen und den Investor*innen. Gleichzeitig wirft der Trend wichtige Kritikpunkte auf.

Kompendium: Virtueller Luxus

2090 spielt sich das Leben hauptsächlich in der virtuellen Parallelwelt One ab. Mittendrin Ayla, die als Investment-Beraterin immer auf der Suche nach vielversprechenden Token-Ideen ist. Dann erhält sie den Pitch, körperliche Erfahrungen im realen Leben als Luxusgut zu tokenisieren. Ayla fragt sich, was Luxus für sie überhaupt bedeutet und ob die Technologie, mit der sie aufgewachsen ist, ihn abbilden kann.

Kompendium

Kann man Luxus wirklich besitzen? Oder ist Luxus (nur) ein Gefühl? Seit ein paar Jahren ist der virtuelle Luxus auf dem Vormarsch. Er verändert das Verständnis von Eigentum und ist (noch) nicht für jede:n zugänglich. Außerdem stellt er die Finanzwelt auf den Kopf, denn in diesem Trend investieren immer mehr Menschen.

Kompendium: Virtueller Luxus

Im alten Ägypten herrschte der Drang nach dem vielleicht größten immateriellen Luxus: dem ewigen Leben im Reich der Götter. Monumentale Bauten sollten für Pharaonen den Weg ins Paradies sicherstellen. Und auch das Volk hatte etwas davon, die eigenen Kräfte in den Bau der Pyramiden zu investieren – zumindest glaubte es das.

Kompendium: Virtueller Luxus

Vorreiter der heutigen Form von virtuellem Luxus waren PC-Spiele und Online-Plattformen der frühen 2000er. Mit „Die Sims“ konnte man sich eine Parallelwelt aufbauen, bei „Second Life“ sogar Geld verdienen. Online-Möglichkeiten, die das Verständnis von Besitz veränderten.

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Altes Ägypten: Wie Materialismus ein ewiges Leben garantieren sollte

Kompendium: Virtueller Luxus

Altes Ägypten: Wie Materialismus ein ewiges Leben garantieren sollte

Bild: Lawrence Alma-Tadema/Wikimedia Commons

Im alten Ägypten herrschte der Drang nach dem vielleicht größten immateriellen Luxus: dem ewigen Leben im Reich der Götter. Monumentale Bauten, Pyramidentexte und Opfergaben sollten für Pharaonen den Weg ins Paradies sicherstellen. Und auch das Volk hatte etwas davon, die eigenen Kräfte in den Bau der Pyramiden zu investieren – zumindest glaubte es das.

Es ist die höchste Pyramide der Welt. Die monumentale Begräbnisstätte von Gizeh, die nach dem ägyptischen König Cheops benannt ist und in der 4. Dynastie (2620 bis 2500 v. Chr.) errichtet wurde. Auf den ersten Blick hat sie natürlich gar nichts mit virtuellem Luxus zu tun, schließlich ist sie sehr haptisch und unübersehbar. Doch sie steht für so viel mehr – für immaterielle Wünsche und den Drang, die Erfüllung dieser zu kontrollieren. Denn mit dem Tod des Pharaos begann eine neue Daseinsform, in die er bereits auf Erden dringend investieren musste. Besser: investieren ließ. Denn welcher Pharao machte sich selbst die Hände schmutzig?

Warum tausende Körper materielle Monumentalität erschufen

Forscher*innen gehen davon aus, dass am Bau der Cheops-Pyramide um die 360.000 Menschen über 20 Jahre hinweg gearbeitet haben. Doch wofür? Bei einer durchschnittlichen Lebenserwartung von 30 bis 35 Jahren haben die meisten die Vollendung des Bauwerks überhaupt nicht miterleben können. Der große Antrieb dahinter war die Angst. Das altägyptische Volk glaubte, dass der Herrscher nach dem Tod weiterhin für seine Untertan*innen sorgen und mögliche (Natur-)Katastrophen verhindern würde – allerdings nur, wenn die Himmelfahrt glückte und ein Leben unter den Göttern gesichert werden konnte.

Es ist die höchste Pyramide der Welt. Die monumentale Begräbnisstätte von Gizeh, die nach dem ägyptischen König Cheops benannt ist und in der 4. Dynastie (2620 bis 2500 v. Chr.) errichtet wurde. Foto: Hedwig Storch/Wikimedia Commons

Um das zu gewährleisten, wurde die Pyramide mit einer beinahe perfekten Ausrichtung gen Norden gebaut. Um genauer zu sein, Richtung Zirkumpolarsterne. Diese Bauweise weist darauf hin, wie präzise bereits die alten Ägypter die Himmelskörper beobachteten, denn diese Sternbilder sind ganzjährig sichtbar. Zu eben diesen ewigen Sternen stieg der Pharao dem altägyptischen Glauben nach in den Himmel auf. Die Ausrichtung der Pyramide sollte dies begünstigen.

Auch die monumentale Größe von damals schätzungsweise 146,6 Metern verfolgte ein bestimmtes Ziel. Sie sollte die irdische Beachtung und Anerkennung des Lebens und Wirkens des jeweiligen Herrschers sicherstellen. Publikumswirksam, riesig, weltbekannt, voller Rätsel, und das auch noch Jahrtausende später – das muss man erst einmal schaffen. Und dieses Ego muss man erst einmal haben. Denn eben dieses Streben nach immateriellem Luxus ganz weniger bedeutete ein hartes Leben für ganz viele.

One way ticket to paradise: Grabbeigaben und Pyramidentexte

Nicht nur die geglückte Himmelfahrt sollte das ewige Leben garantieren. Den Toten wurden auch verschiedene Grabbeigaben mitgegeben: Amulette, die im Jenseits vor Bösem schützen sollten sowie Nahrung und Darstellungen von Diener*innen, die sich auch auf der anderen Seite als helfende Hände erweisen sollten. Nicht zu vergessen ist das wahrscheinlich bekannteste Totenritual: die Mumifizierung des Leichnams, sodass auch die Hülle des Menschen so unversehrt wie möglich im Jenseits ankommen konnte. Man könnte behaupten, dass da wahre Kontrollfreaks am Werk waren, die um keinen Preis zulassen wollten, dass irgendetwas schiefgehen würde. Ein hohes Investment, um das Unbekannte greifbar zu machen.

Nicht nur die geglückte Himmelfahrt sollte das ewige Leben garantieren. Den Toten wurden auch verschiedene Grabbeigaben mitgegeben. Foto: Ebajens/Pixabay

Im Gegensatz zum ewigen Leben können wir heute zumindest bestätigen: Das Ziel irdischer Bewunderung einer gesamten Kultur hat geklappt. Die Wünsche und Bedürfnisse ägyptischer Herrscher zeigen jedoch vor allem eins: dass das Bestreben nach immateriellem Luxus sehr viel mit Macht, Kontrolle und Unterdrückung zu tun hatte.

Ab der 5. Dynastie lag der Fokus der Pharaonen weniger auf monumentale Bauten, sondern vielmehr auf die Wirkung von Inschriften. König Unas, der letzte Herrscher der 5. Dynastie, setzte vor allem auf sogenannte Pyramidentexte. Dabei handelt es sich um die ältesten Totentexte der Welt: religiöse Schriften an den Innenwänden der Pyramiden in Form von Gebeten, in denen zum Beispiel Nahrungsmittel aufgezählt wurden, damit der Pharao keinen Hunger leiden würde. Aber auch verschriftlichte Jenseitsvorstellungen, wie eben das ewige Leben des Pharaos unter seinesgleichen, den Göttern am Himmel. Tief verwurzelter Glaube oder der Versuch einer Kontrolle des Unkontrollierbaren? Das kann man auslegen, wie man möchte.

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Second Life & Sims – hier kommen die ersten virtuellen Parallelwelten

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Second Life & Sims – hier kommen die ersten virtuellen Parallelwelten

Bild: Lauren/Flickr

Vorreiter der heutigen Form von virtuellem Luxus waren PC-Spiele und Online-Plattformen der frühen 2000er. Mit „Die Sims“ konnte man sich eine Parallelwelt aufbauen, bei „Second Life“ sogar Geld verdienen. Online-Möglichkeiten, die das Verständnis von Besitz veränderten.

Virtuelles Vorstadtleben wird zum virtuellen Luxus

Heiraten, Haus bauen, Baby kriegen. Im Jahr 2000 eroberte das Videospiel „Die Sims“ den Game-Markt und der Aufbau genau dieses Lebens war plötzlich virtuell möglich. Bis heute ist die gesamte Reihe mit ihren einzelnen Erweiterungen extrem erfolgreich.

Das Besondere an diesem Spiel ist, dass es im Gegensatz zu so vielen anderen ganz ohne Gewalt auskommt. Stattdessen gibt es Spieler*innen die Möglichkeit, ein geregeltes und sorgenfreies Leben für ihre Avatare aufzubauen. Das ist wohl der Reiz daran: die Kontrolle über ein Vorstadtleben, das entschleunigt und herausholt aus der eigenen Realität. Ansporn ist natürlich vor allem die Interaktion zwischen den Sims, ihre Freundschaften und Beziehungen.

Heiraten, Haus bauen, Baby kriegen. Im Jahr 2000 eroberte das Videospiel „Die Sims“ den Game-Markt und versprach die perfekte Vorstadtidylle. Bild: Miyaoka Hitchcock/ Flickr

Bare Münzen für reine Online-Güter

Mit dem Erfolg des Spiels kam die Forderung nach Spielerweiterungen und Weiterentwicklung der Avatare – zum Beispiel durch eine bestimmte Frisur oder ein Badezimmer aus Marmor. Erfahrene Spieler*innen programmierten selbst drauf los, woraus sich The Sims Resource entwickelte. Bis heute können hier Dateien zu virtuellen Klamotten, Möbelstücken, Accessoires oder auch Haustieren heruntergeladen und ins Spiel integriert werden. Die Anmeldung ist kostenlos, doch mithilfe der VIP-Mitgliedschaft werden die Künstler für ihre Entwürfe bezahlt. Und natürlich profitiert das Unternehmen selbst. 2019 machte es umgerechnet mehr als drei Millionen Euro Nettogewinn – reales Geld für rein virtuelle Güter.

Als Spieler*in für eine virtuelle Nachttischlampe oder Lidschatten Geld auszugeben, zieht eine Frage nach sich: Inwiefern kann man im Rahmen eines Online-Games überhaupt etwas besitzen? Darüber wird bezüglich einer weiteren Plattform, die 2003 online ging, immer wieder juristisch gestritten.

Die virtuelle Währung im Paralleluniversum „Second Life“  

Die Online-3D-Infrastruktur „Second Life“ steht, wie der Name vermuten lässt, für die virtuelle Idee eines zweiten Lebens. Der Unterschied zu Spielen wie „Die Sims“ ist, dass die Anmeldung und Nutzung als Basic Account kostenlos ist. Außerdem lenkt man nicht verschiedene Avatare, sondern findet sich in einem einzelnen wieder.

Die Nutzer*innen können mit anderen kommunizieren, spielen und sogar Handel betreiben. Hierfür wurden vom Unternehmen Linden Lab die spielinternen „Linden-Dollar“ erfunden, eine Währung, für die die User erst einmal Geld ausgeben müssen.

Echtes Geld für virtuelle Sneaker: Adidas verkaufte seine virtuellen Designs im online Spiel „Second Life“. Bild: Thomas Høyrup Christensen/Flickr

Wem gehört was und in welcher Welt?

Im ersten Schritt muss eine Mitgliedschaft abgeschlossen werden, die rund 10 US-Dollar im Monat kostet. Der tatsächliche Luxus liegt dann beim Landkauf, denn dieser kostet. Wer ein privates Grundstück besitzen möchte, muss dann ordentlich in die Tasche greifen. 349 US-Dollar für ein virtuelles Stück sogenannter Inseln. Immobilienmakler*innen sprossen in der Anfangszeit aus dem Boden und wurden sehr schnell reich, Käufer*innen suchten sich ihre Traumvilla aus oder arbeiteten beim Design gleich mit.

All das warf die Frage auf: Wem gehört das Produkt eigentlich? „Die Eigentümer von Linden Lab bieten dem Hersteller von Gegenständen, die sich in Second Life einfinden, nur Eigentumsrechte an der gestalterischen Idee – nicht aber an der virtuellen Existenz“, schrieb die SZ 2010. Wenn ein Urheberrecht am virtuellen Design gegeben ist, was ist es dann wert, wenn es Teil einer Software ist, an der man keinerlei Anteile besitzt?

Im Online Spiel “Second Life” können Nutzer*innen können mit anderen kommunizieren, spielen und sogar Handel betreiben. Bild: Pixabay

Was von „Second Life“ übrig bleibt

Auf den ersten Hype zogen verschiedene Unternehmen ins virtuelle Leben ein: Mercedes-Präsentationen fanden auf Marktplätzen in Second Life statt, DaimlerChrysler bot eine Testrennstrecke und  in einer Filiale, die verlinkt war mit den realen Produkten auf der Website. Auf eine lang anhaltende Erfolgskurve wartete man nach dem Hype jedoch vergeblich. Schuld daran soll unter anderem die wenig ansprechende Darstellung der virtuellen Welt sein. So zogen mit den Usern auch die Unternehmen nach und nach wieder ab. Zurück bleibt nur eine gute Idee, denn die Zahl der aktiven Accounts in „Second Life“ reduzieren sich von Jahr zu Jahr, auch wenn Linden Lab bereits vor Jahren angekündigt hat, an einer benutzerfreundlichen App zu arbeiten.

Heute hat vor allem die Modeindustrie das Potenzial von Gaming und Social Media-Plattformen erkannt. Dort tummeln sich nämlich nicht nur unbekannte Spieler*innen, sondern auch Influencer*innen, die sich virtuell, aber auch real an die jeweiligen Luxusmarken binden lassen.

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Virtuelle Modekollektionen & digitale Models: der Reiz des Unfassbaren

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Virtuelle Modekollektionen & digitale Models: der Reiz des Unfassbaren

Bild: The Fabricant

Die Fashionindustrie profitiert aus verschiedenen Gründen davon, ihre Kleidung virtuell in einer 3-D-Simulation zu produzieren und Avatare einzukleiden. Worin liegt der Reiz virtueller Kleidung für Konsument*innen? Und was bedeutet sie für unser Verständnis von Luxus und Besitz?

High Fashion für jede*n? Im Internet ist das plötzlich möglich geworden. Und zwar genau da, wo man es vielleicht am wenigsten erwartet: im Gaming.

Bereits 2019 und 2020 gab es eine Zusammenarbeit zwischen dem Luxus-Modelabel Louis Vuitton und Riot Games, dem Unternehmen, welches das Online-Game League of Legends (LoL) entwickelt. Nicolas Ghesquière, Creative Director von Louis Vuitton, kleidete die Avatare ein. High Fashion wurde plötzlich zugänglich, zumindest virtuell für die Spieler*innen von LoL. Um Fans der Kollektion an die Marke im realen Leben zu binden, entwarf LV zusätzlich eine reale Kollektion, die Bezug nahm auf die Online-Welt.

Virtueller Luxus kann zugänglicher sein als realer Luxus

Doch welchen Wert hat die simulierte 3D-Version eines Luxusartikels gegenüber dem realen? Um eine Antwort darauf zu finden, muss erst mal ein gängiges Vorurteil über Bord geworfen werden. Bei Gamern handelt es sich schon lange nicht mehr ausschließlich um pubertäre Jungs, die im Keller der Eltern sitzen, zocken und sonst nichts tun. Bereits 2019 waren weltweit über eine Milliarde aller Gamer weiblich. Außerdem sprechen die Spiele insgesamt immer mehr Menschen an, weil sie sich zu einem Allround-Entertainment entwickelt haben. Ein Teil davon ist, wie Vogue Business treffend formulierte: Fashion’s New Playground. Gamer sind also modeaffiner, als man meinen könnte.

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Digitale Mode kann die Bedürfnisse derjenigen befriedigen, die sich die haptische Variante nicht leisten können. Im Spiel ist es nun möglich, endlich auch Labels tragen und ein bisschen angeben zu können! Aber wie soll das mit einem virtuellen Shirt funktionieren, das doch viel Vorstellungskraft benötigt, um es mit dem realen Textil überhaupt in Verbindung zu bringen? Das ist der Clou. Die Textilien sehen mittlerweile fast real aus. Denn mithilfe einzigartiger Software werden heute virtuelle Stoffe täuschend echt entwickelt und dargestellt.

Make it fashion, but virtual

CLO ist so ein digitales Handwerkstool, das ermöglicht, alle Schritte im Prozess der Herstellung eines Textils umzusetzen, und das eben virtuell in einer 3D-Simulation. Für die realistische Darstellung sind zwei Komponenten wichtig. Zum einen werden die Parameter physikalischer Stoffe in einen Algorithmus übertragen, der diese übersetzt. Zum anderen können Strukturen eingescannt und auf digitale Stoffe gelegt werden. Durch die Darstellung realistischer Lichteinflüsse sieht das visuelle Produkt bei der digitalen Präsentation so real aus, dass man es anfassen möchte.

Nicht nur Designer*innen nutzen CLO für den kreativen Prozess. Auch Schnittmacher*innen nehmen Anpassungen direkt in der Software vor. Sie wird bei virtuellen Fittings eingesetzt, bis hin zu den jeweiligen Prototypen. „Die Markteinführung kann dadurch drastisch verkürzt werden, zum Beispiel, weil verschiedene Abteilungen in Echtzeit kommunizieren, die Planung optimieren und die Qualität des kreativen Prozesses steigern können“, erklärt Natalie Petzendorfer, Business Development Managerin von CLO in Deutschland. Genutzt wird die Software auch von Luxusmarken weltweit.

Ein digitaler Zwilling

Es gibt Labels, die CLO bereits nutzen, um ihre Kollaborationen mit Künstler*innen digital darzustellen, wie das schwedische Unternehmen Atacac. Auf der Website werden die Textilien an Avataren präsentiert, was Spaß macht, weil sich auch ganze Outfits zusammenstellen lassen: ein digitaler Kleiderschrank. „So lassen sich reale und virtuelle Kleidungsstücke verbinden. Mit CLO wird nicht nur ein digitales Bild hergestellt, sondern ein digitaler Zwilling, der Dateninfos beinhaltet. Diese können entlang der digitalen Lieferkette genutzt werden“, sagt Petzendorfer. Produziert wird dann nur, was tatsächlich bestellt wurde. Heißt auch: weniger Verschwendung.

Mithilfe von einzigartiger Software werden heute virtuelle Stoffe täuschend echt entwickelt und dargestellt. Bild: CLO

Einen Schritt weiter gehen Designer*innen, die am realen Endprodukt gar nicht interessiert sind, sondern ausschließlich virtuelle Kollektionen entwerfen. „Es gibt bereits digitale Supermodels online, die als Influencer*innen arbeiten und dann die jeweiligen Stücke tragen“, so Petzendorfer. Aber auch Menschen haben Interesse an rein virtueller Fashion.

Virtual Fashion wird zur geschützten Investition

Das niederländische Label The Fabricant hat 2019 mit dem Verkauf eines digitalen Couture-Kleids Schlagzeilen gemacht. Richard Ma, ein Unternehmer aus San Francisco, kaufte es für 9500 US-Dollar und schenkte es seiner Frau Mary. Nach dem Erwerb wurde es auf ihre Maße angepasst und in diverse Fotos von ihr eingebaut. Eine weitere Besonderheit: Das It-Piece wurde auf einer Blockchain verkauft, was bedeutet, dass ihm eine Identifikationsnummer zugewiesen wurde – wodurch es nicht kopiert werden kann, da es sich um ein Original handelt. High Fashion ist also doch nicht so zugänglich wie erhofft. Zumindest nicht abseits des Gamings. Und zumindest nicht, so lange sie wie Originale auf dem Kunstmarkt gehandelt wird.

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NFTs und ihr einzigartiger Sammlerwert

Immer mehr Künstler*innen setzen auf digitale Werke, die sie online verkaufen – sogenannte NFTs, non-fungible token: Nicht austauschbare Wertmarken, also Stücke, die einzigartig sind und damit auch Sammlerwert bekommen können. Diesen Token sind keine Grenzen gesetzt: Mittlerweile wird nicht nur Fashion und Schmuck verkauft, sondern auch Videoclips und Gifs.

Warum jedoch für etwas bezahlen, das online einsehbar ist? Etwas, das man einfach herunterladen kann? Auch da passt der Vergleich zum Kunstmarkt: Ein Werk von van Gogh kann immer kopiert werden, das Original gibt es allerdings nur ein einziges Mal – oh, was für ein Luxus, es zu besitzen!

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Wie der Trend “Social Token” lebenden Menschen ein Preisschild verpasst

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Wie der Trend “Social Token” lebenden Menschen ein Preisschild verpasst

Bild: Shahmaran Video/Sevdaliza

Die ersten Künstler*innen machen’s vor. Mithilfe von Social Token können Fans nun in ihre Reichweite und Reputation investieren. Das öffnet neue Türen, um sich unabhängig zu finanzieren, und schafft ein exklusives Band zwischen ihnen und den Investor*innen. Gleichzeitig wirft der Trend wichtige Kritikpunkte auf.

Wer gerade noch dabei ist, NFTs, non-fungible token, für sich zu entdecken, sollte sich bereits auf einen neuen Hype einstellen: Social Token.

Dahinter steckt die Möglichkeit, mit dem Kauf eines Tokens in eine Person oder in Netzwerke zu investieren: social eben. Das reine Handelsgut war gestern, die Person dahinter ist es morgen. Klingt abstrakt? Hier ein Beispiel – aber Achtung, ausgedacht: Brad Pitt könnte auf einer Social Token-Plattform seine Reichweite als Investition zur Verfügung stellen. Wer einen Teil von ihm kauft, bekommt bestimmte Goodies hinterhergeworfen, zum Beispiel den Zugang zu einer exklusiven Whatsapp-Gruppe mit ihm. Klingt verlockend genug, um sich das näher anzuschauen, oder?

Virtuelle Exklusivität hat ihren Preis

Die Sängerin Sevdaliza hat den Hype um Social Token bereits für sich genutzt. Ihre Kooperation mit dem Künstler Hirad Sab, die Mitte Juni auf der NFT-Plattform Terra Virtua live ging, verschleiert nicht, worum es geht: „Own a piece of Sevdaliza“, hieß es bei der Ankündigung der Zusammenarbeit. Wer ein NFT der Kollektion aus 2-D-Animationen kauft, bekommt exklusiven Zugang zu einer privaten Community rund um die Sängerin, Tickets zu allen Shows in den nächsten drei Jahren und die Möglichkeit, sich einmal im Jahr in einer Online-Session mit ihr zu connecten.

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Die Kulturanthropologin Lena Papasabbas erklärt weiter: „Die Social Token-Plattform Mintgate ermöglicht es, Links zu erstellen, auf die nur Token-Besitzer zugreifen können. Eine Musikerin kann einen Track auf Spotify veröffentlichen, auf den nur Leute zugreifen können, die das entsprechende NFT oder Social Token besitzen. Dieses Prinzip eröffnet eine gewisse Unabhängigkeit von den großen Internetplattformen.“ Eine vielversprechende Entwicklung für Künstler*innen, um sich vor Ausbeutung großer Konzerne zu schützen. Doch wie bei jedem Trend gibt es auch bei Social Token viel Kritik.

Wird mit Social Token der Wert eines Menschen antastbar?

Ein bereits umstrittenes Beispiel für Social Token ist die Plattform Bitclout, welche auf einer Blockchain läuft und hinter der kein zentrales Unternehmen steht. Es handelt sich in erster Linie um eine Social Media-Plattform, deren Optik der von Twitter sehr ähnelt. Und das nicht zufällig, denn Bitclout spiegelte 15.000 Twitter-Profile bekannter Persönlichkeiten, ohne deren Einverständnis einzuholen. Bis sich diejenigen ihr bestehendes Profil claimen – wenn sie das überhaupt wollen – können User bereits Anteile von ihnen kaufen und somit in sie investieren. Reichweite und Reputation werden also handelbar, zum Beispiel die von Elon Musk, bei dem ein Token (bei Bitclout sogenannte Coins) derzeit bei über 55.000 Dollar liegt.

„Die Wertigkeit der Tokens wird an die Popularität der Profile geknüpft. Das ist wie ein Wettbüro um die Popularität von Celebrities und Co.”, erklärt Kulturanthropologin Lena Papasabbas. Foto: Lena Papasabbas

„Die Wertigkeit der Tokens wird an die Popularität der Profile geknüpft. Das ist wie ein Wettbüro um die Popularität von Celebrities und Co. Es scheint wie eine Fusion aus Krypto- und Social Media-Welt, allerdings – aktuell – eher im Sinne eines Worst of both Worlds”, sagt Papasabbas. Doch der Wert von Menschen wird nicht erst durch Social Token antastbar. Es handelt sich vielmehr um eine Entwicklung, die aufzeigt, dass der Schutz dessen längst gefährdet und immer wieder verhandelbar scheint. „Das Prinzip der Vermarktung von Individuen, ihres Contents oder auch ihres Privatlebens gibt es ja bereits seit Anbeginn der Massenmedien. Zum Beispiel durch die Boulevardpresse und Social Media”, so die Kulturanthropologin. Wer die Vermarktung mittels Social Token selbst in die Hand nimmt, kann sich zumindest teilweise davon lösen.

What goes around comes (not) around

Kritisch ist allerdings auch die Finanzierung von Bitclout zu sehen. „Man kann die gekauften Token nicht außerhalb von Bitclout traden. Sie sind nirgends gelistet – warum nicht?“, merkt Papasabbas an. Das heißt fürs Erste: Ein Handel auf der Plattform ist möglich, das Geld bleibt jedoch dort und kann im schlimmsten Fall komplett verloren gehen. Warum Leute trotzdem Token kaufen, kann man nur erahnen. Ein Grund könnte sein, dass bekannte Namen wie Alexis Ohanian, Mitbegründer von Reddit, die Plattform mitfinanzierte. So bekam Bitclout eine Art Verifizierung aus der Krypto- und Investmentwelt. Und weil sich diese wahnsinnig schnell entwickelt, will man beim Start eines neuen Hypes von Anfang an ein Stück vom Kuchen. Ein Großes natürlich, das sich später auszahlt.

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Social Token sind eine komplexe Angelegenheit. Sie können problematische Dynamiken verstärken, eben weil Personen mit hoher Reichweite mehr Gewinne erzielen können: „Das ist schlecht für Diversität, Pluralisierung und eine heterogene Content-Landschaft“, so Lena Papasabbas. Zum anderen gibt es jedoch auch einen positiven Ausblick: „Eine schlau angelegte Social-Token-Ökonomie könnte die Notwendigkeit von Werbung in sozialen Medien und sogar die Existenz der großen, zentral organisierten Plattformen, die sich an ihren Creators und Usern bereichern, infrage stellen.“

Auch wenn es sich noch um eine experimentelle Sache handelt, so verändern Social Token unser Verständnis von Investments, denn wo kein erfolgversprechender Content mehr kreiert wird, verschwindet auch der Wert eines Tokens.

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Virtuelles Alltag: Wenn Berührungen zum Luxusgut werden

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Virtuelles Alltag: Wenn Berührungen zum Luxusgut werden

Bild: Alexander Krivitskiy/Unsplash

2090 spielt sich das Leben hauptsächlich in der virtuellen Parallelwelt One ab. Mittendrin Ayla, die als Investment-Beraterin immer auf der Suche nach vielversprechenden Token-Ideen ist. Dann erhält sie den Pitch, körperliche Erfahrungen im realen Leben als Luxusgut zu tokenisieren. Ayla fragt sich, was Luxus für sie überhaupt bedeutet und ob die Technologie, mit der sie aufgewachsen ist, ihn abbilden kann.

Es ist sieben Uhr, als Ayla ihre Joggingschuhe schnürt. Jeden Morgen geht sie laufen, am Abend macht sie eine halbe Stunde Yoga. Die Bewegung ist ihr wichtig, da sie den Rest des Tages in der virtuellen Welt One verbringt.

Die virtuelle Plattform One stillt viele Bedürfnisse, aber nicht alle

Ayla ist achtundzwanzig. Vor zehn Jahren launchte die Plattform mit einer noch nie dagewesenen Bandbreite an Möglichkeiten, die sich über die Jahre hinweg weiterentwickelte: Die Avatare sind mittels 3-D-Scanning detaillierte Abbildungen des eigenen Körpers, der auf realistische Weise altert. Gleichzeitig kann man alle Körperteile individuell modellieren und ständig verändern. Ganze Länder und Städte wurden gespiegelt, selbst Gerüche werden aufgrund eines riesigen Archivs gespeicherter Daten seit Kurzem übertragen. Nach Feierabend durch ein Lavendelfeld radeln? Check. Falten in Sekundenschnelle retuschieren? Check again. Einzig an der erfahrbaren Haptik wird noch gearbeitet, das heißt: Man kann Dinge bereits spüren, zum Beispiel einen Windhauch im Gesicht. Dieser ist dann jedoch geplant, einprogrammiert und gesteuert. Noch funktioniert es nicht, spontane Berührungen spürbar zu machen: von der Umarmung bis zum Sex.

Noch sind spontane Berührungen wie Umarmungen in der virtuellen Parallelwelt One nicht spürbar – körperliche Erfahrungen werden zum Luxusgut, an das man erst einmal erinnert werden muss. Foto: Thiago Barletta/Unsplash

Nachdem Ayla ihre Brille aufgesetzt hat, die ihre Netzhaut scannt und ihr damit den Zutritt zu One verschafft, befindet sie sich in ihrem Apartment in London. Tatsächlich sitzt Ayla in einem Haus auf dem schwäbischen Land, doch ihr virtuelles Leben hat sie in die britische Stadt verlegt – dort, wo sie schon immer leben wollte, es sich aber in der Realität nie leisten konnte. Dann fährt sie mit der Metro zur Arbeit, einem Unternehmen, das darauf spezialisiert ist, vielversprechende Start-ups im Bereich der Tokenisierung zu fördern.

Funktioniert der Werbe-Leitspruch „Sex sells” in einer Welt ohne Sex?

An diesem Tag erhält sie einen Pitch von Claire, einer 36-jährigen Programmiererin, mit dem Claim: „What is real luxury anyway?”

Ausgangslage für ihre Idee ist, dass noch unklar sei, wann einzigartige körperliche Erfahrungen in One umgesetzt werden können. Deshalb möchte sie diese in der realen Welt verwurzelten Erlebnisse tokenisieren. Indem sie aufzeigt, wie exklusiv sie geworden sind. Ihre Gründe sind zum einen die rasant ansteigenden mentalen Probleme in One aufgrund der fehlenden körperlichen Nähe. Zum anderen die zurückgehende Geburtenrate in der realen Welt. Beide Punkte hat Claire mit mehreren Statistiken belegt.

„Sex sells“, denkt Ayla beim Lesen, ertappt sich aber bei der Frage, ob dieser alte Werbespruch überhaupt noch stimmt – schließlich kann man auf One Sex haben, allerdings spürt man nichts, weshalb viele, die sie kennt, asexuell leben.

„Sex sells“ – stimmt dieser alte Werbespruch überhaupt noch in einer Welt, in der man nichts spürt? Bild: Charles Deluvio

Sie liest weiter. Es soll zwei Werbekampagnen geben: Eine zielt auf Sex ab, die andere auf freundschaftliche und familiäre Nähe. Wer in „Your body/your buddy“, so der Name des Start-ups, in den Kauf eines Tokens investiert, bekommt körperliche Erlebnisse dazu. Mithilfe der gesammelten Daten der Avatare werden Menschen, die den Sex-Token gekauft haben, im echten Leben einander vermittelt – andere, die zum Beispiel in den Hug-Token investiert haben, können jemanden umarmen, den sie seit Jahren vermissen. Ein Reaktivieren körperlicher Erfahrungen, an die sie erst einmal erinnert werden müssen.

Der Wert von Luxus wird neu definiert

Ayla ist skeptisch. „Back to the roots“ ist ein Trend, den sie für instabil hält, schließlich kennt die Technologie kein Zurück. Gleichzeitig empfindet sie ihre morgendlichen Joggingrunden als wahren Luxus, weil sie dabei ihren Körper spürt. Die Hitze, den Schweiß und auch den Moment, in dem sie beinahe aufgibt, die Muskeln zucken und sie dann doch noch einmal Gas gibt. Wann wird die Technologie das abbilden können?

Wann wird die Technologie spontane Gefühle und Berührungen abbilden können? Foto: Vinicius Amano/Unsplash

Auf ihrem Brillen-Screen ploppt der Avatar ihrer Schwester Maja auf, die in Frankfurt wohnt, Ayla jedoch seit Jahren nur noch in One trifft. Maja wurde von ihrem Freund verlassen, sie weint und fühlt sich alleine. Während des Gesprächs denkt sich Ayla, wie gerne sie ihre Schwester wirklich in den Arm nehmen und an sich drücken würde. Etwas, das sie in One tun, allerdings noch nicht spüren kann. Sie bucht einen Zug nach Frankfurt, danach macht sie ein Kennenlerngespräch mit Claire aus.

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