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Kompendium: Business of Gaming

Es sind einige wenige Unternehmen übrig geblieben, die sich den Markt aufteilen. Spiele sind längst in jeder Branche angekommen und bieten neben Vergnügen auch einen Arbeitsplatz für viele Menschen.

Kompendium: Business of Gaming

Wir verbringen den Großteil unseres Lebens in Erfahrungssimulationen, die aus Videospielen hervorgegangen sind. Die Umwelt ist digitalisiert, doch zugleich entsteht eine neue Lust am Analogen.

Kompendium

Videospiele sind schon heute die größte Entertainment-Branche weltweit. Es werden Milliarden auf immer neuen Vertriebswegen eingenommen. Kaum eine Industrie kann und muss innovativer sein als diese. Der Weg dahin begann aber mit einem Crash und könnte in einer Welt enden, in der selbst die Umwelt zum Spiel wird.

Kompendium: Business of Gaming

In den 80er-Jahren bricht die Videospielindustrie zusammen, um direkt darauf einen Neuanfang zu schaffen. Damals werden die Grundlagen geschaffen, auf denen die Games noch heute stehen.

Kompendium: Business of Gaming

Die 2000er-Jahre sind bestimmt von Umbrüchen: Neue Marktsegmente werden erschlossen, Online-Gaming verändert alles. Und die Videospielindustrie wird zu einem milliardenschweren Blockbuster-Produzenten.

Kompendium: Business of Gaming

Immer weniger große Unternehmen besitzen immer mehr milliardenschwere Spielemarken. Konsolidierung ist der Trend der Stunde. Die Spieler*innen geben ihr Geld derweil in Abo-Modellen oder „Games as a Service“ aus.

Kompendium: Business of Gaming

Die 80er: Der Hype, der Crash und die Wiedergeburt der Videospielindustrie

Kompendium: Business of Gaming

Die 80er: Der Hype, der Crash und die Wiedergeburt der Videospielindustrie

Bild: Rob DiCaterino

 In den 80er-Jahren bricht die Videospielindustrie zusammen, um direkt darauf einen Neuanfang zu schaffen. Damals werden die Grundlagen geschaffen, auf denen die Games noch heute stehen.

Die Videospielindustrie ist auf einem Mythos gebaut, der in einer Sandgrube in der Wüste von New Mexico beginnt. Dort hat Atari 1983 um die 700.000 Exemplare des Spiels „E.T. the Extra-Terrestrial“ vergraben. Das Spiel erscheint 1982 für die Konsole Atari 2600 und ist ein gigantischer Flop. Von Kritiker*innen verrissen, von Spieler*innen ignoriert. Es soll den großen Videospiel-Crash der 80er-Jahre begründet haben, so der Mythos, und wird als mahnendes Beispiel dafür genutzt, was passieren kann, wenn der Markt von zu vielen Konsolen und zu vielen Spielen geflutet wird.

Die ersten Videospiele gab es aber schon viel früher. Bereits in den 50ern wurden simple Spiele entwickelt, die die Rechenstärke und Funktionsweise von Computern demonstrieren sollten. Rudimentäre Tennisspiele etwa, in denen Lichtpunkte hin und her bewegt wurden. Das 1972 erschienene „Pong“ basiert auf diesem Prinzip. Seit ihrer Entstehung ist die Videospielindustrie ein Innovationstreiber; eine Fusion von Technologie und Kreativität, der aus anderen Industrien hervorgeht und diese wiederum rückwirkend verändert.

Der Legende nach hat Atari 1983 in der Wüste von New Mexico ca. 700.000 Exemplare des Spiels „E.T. the Extra-Terrestrial” vergraben. Das 1982 erschienene Spiel galt im Nachhinein als eines der schlechtesten Spiele aller Zeiten und wurde zum Symbol für den großen Videospiel-Crash der 80er Jahre. Bild: taylorhatmaker

Nach dem Crash der Neuanfang

Bis die Industrie Anfang der 80er ihren Crash erlebt. Immer mehr, teils billig produzierte Konsolen, schwemmen den Markt. Atari, Coleco, Intellivision, Magnavox – etliche Geräte mit Spielen, die kaum noch innovativ programmiert werden. 1983 liegen die Einnahmen der Games-Industrie noch bei 3,2 Milliarden Dollar. Zwei Jahre später sind es nur noch 100 Millionen. Durch die Unmengen schlecht produzierter Hardware verlieren die Konsument*innen den Überblick, Spieler*innen die Lust am Zocken. Der seit Anfang der 70er-Jahre neu geschaffene Videospielmarkt kollabiert – und „E.T.“ landet in einer Sandgrube. Doch dann taucht ein japanisches Unternehmen auf dem Bildschirm auf – wortwörtlich. Nintendo veröffentlicht 1983 das Nintendo Entertainment System, kurz NES, in Japan. 1985 findet es seinen Weg in die USA, 1986 nach Europa. Begleitet wird es mit großen Werbekampagnen. In die Köpfe der Kund*innen soll dringen: Mit Nintendo spielt man anders. Über Jahre dominiert Japan den Markt, der vorher durch die USA vorangetrieben wurde.

Neben der Konsole veröffentlicht das Unternehmen allerlei Zubehör. So zum Beispiel einen Roboter, der jedoch nur mit zwei Spielen kompatibel ist. Mit Lichtsensoren kann „R.O.B.“ Signale aus dem Spiel erkennen und entsprechend reagieren. Dann bewegt er etwa Plastikllötzchen im Wohnzimmer, um den Spieler*innen auf dem Bildschirm den Weg freizumachen. Auch ein Handschuh, der „Power Glove“, findet seinen Weg in die Regale. Mit allerlei Knöpfen ausgestattet, können Spieler*innen mit ihm diverse Games steuern. In dem Kinofilm „Joy Stick Heroes“, in dem Toby McGuire 1989 sein Filmdebut hatte, wird der „Power Glove“ samt dem Spiel „Super Mario Bros. 3“ massentauglich beworben. Es ist der Beginn von Werbekampagnen zu Blockbuster-Spielen, die oft mehr kosten als die Produktion der Games selbst.

Neben der Konsole veröffentlicht Nintendo allerlei Zubehör, wie zum Beispiel den „Power Glove“: Mit allerlei Knöpfen ausgestattet, können Spieler*innen mit ihm diverse Games steuern. Bild: Evan Amos

Das NES verkaufe sich knapp 62 Millionen Mal und begründet den Videospielmarkt von heute. Seitdem hat Nintendo etliche Konsolen und Handhelds veröffentlicht. 1985 folgt Sega und wird zum direkten Konkurrenten von Nintendo. Beide Unternehmen bekriegen sich über Jahre mit teils aggressiven Werbeslogans, bis sich Sega 2001 aus dem Hardware-Markt zurückzieht und zum reinen Softwarehersteller wird. Ihre letzte Konsole, die Dreamcast, verkauft sich in zu geringer Stückzahl.

Playstation revolutioniert erneut

Damals entstehen Spielgrundlagen, die noch heute Bestand haben. Es geht nicht mehr nur darum, wer die meisten Punkte sammelt, wie etwa bei den vielen Spielhallenautomaten. Mit einem Spiel wie „The Legend of Zelda“ können vielmehr richtige Abenteuer erlebt werden – inklusive einer Geschichte und der Möglichkeit, zu speichern. Immersion steht im Mittelpunkt, das Eintauchen in ein Spiel mit eigener Welt. Trotz all des Zubehörs sind es die neuen Spielerlebnisse, die zum Kauf anregen. Anstatt sich ständig neue Konsolen anzuschaffen, stehen die Geräte für viele Jahre unter dem Fernseher und werden stets mit neuen Spielen versorgt, die auf Cartridges gespeichert und in Pappschachteln verpackt bunt prangend im Spielzeughandel angeboten werden.

In dem Kinofilm „Joy Stick Heroes“, in dem Toby McGuire 1989 sein Filmdebut hatte, wird der „Power Glove“ samt dem Spiel „Super Mario Bros. 3“ massentauglich beworben. Bild: Nintendo

1994 dringt Sony mit der Playstation auf den Markt vor. Die Konsole entsteht, weil ein Deal zwischen Nintendo und Sony bezüglich einer Konsole mit Disk-Laufwerk platzt. Die Parteien konnten sich nicht einig werden, wer die Rechte an den CD-Rom-Spielen halten sollte. Also veröffentlicht Sony kurzum eigene Hardware. Heute ist Playstation die erfolgreichste Konsolenmarke. Damals revolutionierte das Unternehmen den Markt erneut durch die massenhafte Verbreitung von CDs als Speichermedium. Vergraben wurde seither kein Spiel mehr – weitere Flops folgten aber.

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Bild: Edouard Duvernay
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2000er: Wie die Gaming-Branche die Nichtgamer erobert hat!

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2000er: Wie die Gaming-Branche die Nichtgamer erobert hat!

Bild: Amnestic Arts

Die 2000er-Jahre sind bestimmt von Umbrüchen: Neue Marktsegmente werden erschlossen, Online-Gaming verändert alles. Und die Videospielindustrie wird zu einem milliardenschweren Blockbuster-Produzenten.

Aus dem Seniorenheim in Wildau kommen verdächtige Geräusche. Bowlingkugeln rollen, Tennisbälle prallen vom Boden ab. Wildau ist eine Kleinstadt in Brandenburg, gut 10.000 Menschen wohnen hier. Wir sind weit entfernt von den Videospielzentren Tokyo, New York oder London. Im Seniorenheim aber stehen Senior*innen vorm Fernseher und halten einen Controller in der Hand. Sie holen aus, um die Bowlingkugeln zu werfen, schwingen ihre Arme, um den Tennisball zu treffen. Sie spielen „Wii Sports“.

Es ist Mitte der 2000er Jahre, die Videospielindustrie hat endgültig die Wüste und ihre vergrabenen Spiele verlassen und den Ozean gefunden. Den „Blue Ocean“, um genau zu sein. Der steht für eine Strategie, mit der Unternehmen durch innovative Konzepte neue Marktsegmente erschließen; Kund*innen ansprechen, die sich selbst wohl nie als „Gamer“ bezeichnen würden. Nach zwei weniger erfolgreichen Konsolen, dem Nintendo 64 und dem Gamecube, bringt Nintendo 2006 die Wii auf den Markt. Die Konsole setzt Bewegungssteuerung ein und findet damit ein ganz neues Publikum. Eine von den etwa 100 Millionen verkauften Konsolen steht seither im Altersheim von Wildau.

Mitte der 2000er Jahre hat die Videospielindustrie auch Marktsegmente erschlossen, die sich selbst wohl nie als “Gamer” bezeichnen würden. Besonders die Wii revolutioniert den Markt, doch die sogenannten “Casual Gamer” sind genauso schnell wieder weg, wie sie gekommen sind. Bild: Esby

Überall Spielen

Die anderen großen Hersteller folgen. Microsoft entwickelt Xbox Kinect, Sony zieht mit Playstation Move nach. Beide funktionieren durch körperliche Bewegung. Erstere verkauft sich 35 Millionen, letztere 15 Millionen Mal. Doch der Blue Ocean hat seine Tücken: Da er diejenigen zum Baden einlädt, die vom Schwimmen eigentlich nicht so viel halten, verliert er schnell seinen Reiz. Besonders die Wii revolutioniert den Markt, doch bereits nach wenigen Jahren stagnieren die Verkäufe der Games. Den meisten Käufer*innen reicht „Wii Sports“. Sie wollen keine weiteren Games kaufen, in die sie etliche Stunden stecken müssen, um weiterzukommen. Die sogenannten „Casual Gamer” bauen keine Markenbindung auf. Sie sind genauso schnell wieder weg, wie sie gekommen sind.

Stattdessen greifen sie immer öfter zum Smartphone und spielen Games wie „Angry Birds“. Das 2009 erschienene Spiel nutzt den Touchscreen der Mobilgeräte. Spieler*innen schießen mit einer Zwille Vögel ab, um so Schweine zu treffen. Das Spielprinzip ist simpel – perfekt für das Mobile Gaming gemacht. Games, die auf iOS und Android laufen, machen 2009 acht Prozent des Gaming-Umsatzes aus. 2021 sind es 59 Prozent. Die Gaming-Industrie ist immer stärker darum bemüht, Grenzen zu überwinden. Die Wii bringt Spieler*innen dazu, sich innerhalb der Wohnung zu bewegen. Mobile Gaming will Leute auf dem Weg zur Arbeit begleiten, auf Reisen oder auf dem Klo. Und ein weiterer Trend sprengt direkt Länder- und sogar Kontinentalgrenzen: das Spielen im Internet.

Games, die auf iOS und Android laufen, machen 2009 acht Prozent des Gaming-Umsatzes aus, 2021 sind es 59 Prozent. Mobile Gaming will Leute auf dem Weg zur Arbeit begleiten, auf Reisen oder auf dem Klo. Und ein weiterer Trend sprengt direkt Länder- und sogar Kontinentalgrenzen: das Spielen im Internet. Bild: Klapi

Ende 2005 veröffentlicht Microsoft die Xbox 360 und bringt damit das Online-Gaming auf eine neue Ebene. Mit dem Service Xbox Live wird das Bezahlmodell für stationäre Online-Games mainstreamfähig. Sicherlich wurde schon vorher auf Konsolen und vor allem dem PC vernetzt gespielt. Aber erst Xbox Live bietet die massiven Server und die Multiplayer-Funktionen, die nötig sind, um gigantische Online-Welten für Millionen Spieler*innen zu unterstützen. Sony zieht ein Jahr später mit dem Playstation Network nach, inklusive Playstation Plus – ein Bezahlservice, der Zugang zum Online-Gaming bringt und monatlich kostenlose Spiele anbietet. Heute hat dieser Service um die 47 Millionen Mitglieder und bringt Sony etwa dreieinhalb Milliarden Dollar jährlich ein. 2003 entsteht ebenso Steam, eine Games-Vertriebsplattform auf dem PC, die schnell zum Platzhirsch wird. Digitale Verkäufe und Online-Spiele werden zur treibenden Kraft der Games-Industrie.

2009 erscheint „Call of Duty: Modern Warfare 2“, eines der teuersten Videospiele überhaupt. Verkauft hat es sich rund 25 Millionen Mal. Noch heute ist „Call of Duty“ eine der erfolgreichsten Spielereihen und hat den Trend der Blockbuster-Games besiegelt. Bild: Screenshot Call of Duty, Acitivision

Die Blockbuster-Branche

Irgendwo, ein paar Häuser entfernt vom Seniorenheim in Wildau, sind zum Ende der 2000er-Jahre andere Geräusche zu hören: Schüsse und Explosionen. 2009 erscheint „Call of Duty: Modern Warfare 2“. Es hat etwa 50 Millionen Dollar an Entwicklungskosten verbraucht. 200 Millionen Dollar wurden für das Marketing ausgegeben. Noch heute ist es eines der teuersten Videospiele überhaupt. Verkauft hat es sich rund 25 Millionen Mal. Die Kosten konnten damit locker gedeckt werden. Noch heute ist „Call of Duty“ eine der erfolgreichsten Spielereihen und hat den Trend der Blockbuster-Games besiegelt. Es lohnt sich, in gute Games ordentlich zu investieren.

Was mit der Playstation Mitte der 90er-Jahre begann, setzt sich über die nächsten Jahrzehnte fort. Blockbuster-Games werden immer teurer, konkurrieren in Visualität und Storytelling mit dem Hollywood-Film. Gaming wird zu einer Multimilliardenindustrie, aus der Subkultur wird Mainstream. Die Branche spricht ein immer größeres und diverseres Publikum an. Vom gigantischen Publisher bis zum kleinen Indie-Studio finden viele Menschen einen Platz und eine berufliche Perspektive in dieser Branche. Das Wachstum scheint kein Ende zu finden.

Weiterlesen 2022: Die neuen Monopole in der Gaming-Branche gefährden die Innovation
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2022: Die neuen Monopole in der Gaming-Branche gefährden die Innovation

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2022: Die neuen Monopole in der Gaming-Branche gefährden die Innovation

„Games as a Service“ ist das Modell der Stunde: Spieler*innen werden Teil einer Community, messen sich in wöchentlichen Challenges und warten zusammen auf das nächste Update. Dafür müssen sie natürlich zahlen. Es sind oft kleine Beträge, sogenannte Mikrotransaktionen, die sich für die Unternehmen aber ungemein lohnen, wie im Fall des Spiels Fortnite. Bild: Sergey Galyonkin

Immer weniger große Unternehmen besitzen immer mehr milliardenschwere Spielemarken. Konsolidierung ist der Trend der Stunde. Die Spieler*innen geben ihr Geld derweil in Abo-Modellen oder „Games as a Service“ aus.

Am Pazifischen Ozean, an der Westküste der USA, liegt Santa Monica. Touristen strömen gerne in den Santa Monica Pier mit seinem Vergnügungspark und den vielen Restaurants. Nur etwa fünf Kilometer davon entfernt, aber weit weg vom Vergnügen, liegt der Hauptsitz vom Games-Publisher Activision Blizzard, besonders bekannt für die „Call of Duty“-Reihe. Das Unternehmen hat zuletzt etwa 8,8 Milliarden Dollar eingenommen. Dennoch befindet es sich in einer tiefen Krise. Seit Monaten häufen sich die Schlagzeilen: Missbrauch und toxisches Arbeitsumfeld, ein CEO, der trotz alldem Millionen an Boni macht. Das Unternehmen ist in Missgunst gefallen, der Aktienkurs rutscht ab. War die Aktie Anfang April 2021 noch 82,30 Euro wert, sind es Anfang Dezember nur noch 50,56 Euro.

Nur etwa fünf Kilometer vom berühmten Santa Monica Pier entfernt liegt der Hauptsitz vom Games-Publisher Activision Blizzard, besonders bekannt für die „Call of Duty“-Reihe. Am 18. Januar 2022 wurde der Publisher für 70 Milliarden Dollar von Microsoft aufgekauft. Bild: Elmar78

Wenige Wochen später, am 18. Januar 2022, dann das sprichwörtliche Erdbeben: Microsoft kauft den Publisher für 70 Milliarden Dollar. Einen größeren Deal hat es in der Games-Industrie nie gegeben. Noch muss das Kartellamt grünes Licht geben. Nähert sich Microsoft der Monopolstellung? Erst eineinhalb Jahre zuvor hatte Microsoft den Publisher Zenimax für 7,5 Milliarden Dollar gekauft. „The Elder Scrolls“, „Fallout“, „Starcraft“ oder eben „Call of Duty“ – Microsoft besitzt nun einige der stärksten Marken auf dem Markt.

Die Zeit der Konsolidierung

Seit Beginn der Games-Industrie haben Fusionen und Aufkäufe dazugehört. Allein der Name Activision Blizzard zeugt von zwei Unternehmen, die zu einem wurden. Doch seit einigen Jahren scheint sich diese Entwicklung zu beschleunigen. Auch, weil neue Player dazukommen: Tencent etwa. Das chinesische Unternehmen hat sein Geld mit Messenger- und Social-Diensten gemacht, zeigt seit gut fünf Jahren aber verstärktes Interesse an westlichen Videospielstudios. Es besitzt 48 Prozent von Epic Games, die mit dem Epic Games Store ein Konkurrenzprodukt zu Steam aufbauen. 100 Prozent von Riot Games gehört Tencent, die mit „League of Legends“ seit Jahren gigantischen Erfolg haben. Und auch in Deutschland kauft Tencent ein: Ein großer Teil des Berliner Studios Yager gehört dem chinesischen Unternehmen.

Nähert sich Microsoft der Monopolstellung? Mittlerweile besitzt Microsoft einige der stärksten Marken auf dem Markt, zum Beispiel „The Elder Scrolls“, „Fallout“, „Starcraft“ oder eben „Call of Duty“. Bild: Screenshot Fallout, Bethesda Softworks

Überall wird von Konsolidierung gesprochen. Immer weniger große Unternehmen besitzen immer mehr milliardenschwere Marken. Vielen Gamer missfällt dieser Trend. Sie fürchten, dass sie gezwungen werden, bestimmte Plattformen zu nutzen, weil ihre liebsten Spiele nur darauf erhältlich sind. Ebenso gibt es Sorge um die Innovationskraft der Branche: Wenn das Bestreben ist, die großen Namen zu kaufen und mit ihnen immer mehr Geld zu produzieren, wo ist dann noch Platz für neue Ideen?

Zwar ist auch der Indie-Markt so groß wie nie und bringt immer wieder innovative Impulse in die Branche, doch um das Mainstream-Publikum anzusprechen, braucht es die großen Namen. Und angesprochen wird das Publikum auf immer neuen Wegen. Die Rolle von Elektrofachgeschäft oder Versandhandeln wird geringer. Die Menschen kaufen ihre Spiele digital oder schließen ein Abo ab. Sie besitzen die Spiele nicht mehr, sondern mieten nur noch.

Spielen im Metaverse

Besonders erfolgreich macht das Microsoft. Für den Xbox Game Pass zahlen Spieler*innen einen monatlichen Betrag und haben dann Zugriff auf einen wachsenden Spielekatalog. Der Grund, wieso das Unternehmen ein „Call of Duty“ besitzen will, ist nicht, um Hardware zu verkaufen. Das hat noch die 90er und 2000er angetrieben, wird aber immer irrelevanter. Stattdessen will Microsoft Abos verkaufen. Inzwischen hat der Service 25 Millionen Mitglieder. Mit seinen vielen Aufkäufen bewegt sich Microsoft in Richtung einer Monopolstellung im Abo-Bereich. Alle hauseigenen Spiele erscheinen direkt am ersten Tag im Game Pass und laufen dort oft über Monate und Jahre.

Denn auch die Art, wie gespielt wird, verändert sich zunehmend. Ein einmal gekauftes, durchgespieltes und zur Seite gelegtes Spiel wird immer seltener. „Games as a Service“ ist das Modell der Stunde. Dabei handelt es sich oftmals, aber nicht immer, um kostenlose Spiele, die ständig erweitert werden. Spieler*innen werden Teil einer Community, sie spielen zusammen oder gegeneinander, messen sich in wöchentlichen Challenges und warten zusammen auf das nächste Update. Und sie geben beständig Geld für ihr Spiel aus. Season Pass, neue Waffe oder seltener Gegenstand – sie alle kosten Geld. Es sind oft kleine Beträge, sogenannte Mikrotransaktionen, die sich für die Unternehmen aber ungemein lohnen.

In der Pandemie ist die Videospiel-Industrie nochmal gewachsen. Sie ist inzwischen größer als das Film-Business und verändert viele andere Branchen. VR-Technologie findet etwa in der Medizin Einsatz. Games werden an Schulen eingesetzt. Und Smart Cities basieren oft auf durchdachtem Game-Design. Die Grenzen zwischen Spiel und Realität werden immer durchlässiger. All diese jahrelangen Entwicklungen im Videospielbereich bekommen nun ein neues Schlagwort verpasst, unter dem sich alle Trend zusammenfinden: Das Metaverse.

Weiterlesen Wird es in Zukunft Menschen geben, die Vollzeit innerhalb eines Computerspiels arbeiten?
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Bild: Edouard Duvernay
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Wird es in Zukunft Menschen geben, die Vollzeit innerhalb eines Computerspiels arbeiten?

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Wird es in Zukunft Menschen geben, die Vollzeit innerhalb eines Computerspiels arbeiten?

Bild: Cottonbro

Es sind einige wenige Unternehmen übrig geblieben, die sich den Markt aufteilen. Spiele sind längst in jeder Branche angekommen und bieten neben Vergnügen auch einen Arbeitsplatz für viele Menschen.

Jeden Morgen kurz nach dem Aufstehen macht Charlize ein paar Yoga-Übungen. Diese Zeit außerhalb der virtuellen Welt nimmt sie sich. In Toronto, der Stadt, in der sie zurzeit wohnt, ist es gerade wieder -20°C. Die Winter werden immer kälter und die Sommer immer wärmer. Aber in ihrem Mikro-Apartment sind es immer angenehme 25°C. Nach dem Frühstück setzt sie sich ihren PC auf, der in ihrer Brille verbaut ist, und kann mit der Arbeit beginnen.

Charlize ist Game-Maklerin. Sie arbeitet Vollzeit in einem Videospiel. In „Anno 2035”, einem ständig wachsenden Strategiespiel, hat sie sich gerade eine neue Straße gekauft. Hier will sie digitale Grundstücke in bester Lage bauen und dann wieder verkaufen. In ihrer Pause wechselt sie in ein Shooter-Game, um sich abzureagieren. Dafür muss sie die virtuelle Realität nicht verlassen, sie kann einfach ihre Brille auflassen.

In „Anno 2035”, einem ständig wachsenden Strategiespiel, hat sich Game-Maklerin Charlize gerade eine neue Straße gekauft. Hier will sie digitale Grundstücke in bester Lage bauen und dann wieder verkaufen. Bild: Ubisoft

Charlize ist nicht die einzige, die mittlerweile einen Avatar in einem Computergame hauptberuflich nutzt und dort wirtschaftliche Transaktionen steuert. Der Marktanteil an dezidierter Gaming-Hardware, etwa in Form von Konsolen, ist stark zurückgegangen. Die Menschen spielen inzwischen überall. VR- und AR-Applikationen sind alltagstauglich, werden etwa in Brillen untergebracht. Die Spiele sind große Universen mit eigenen Bewohner*innen und Regeln. „Es wird eine crossmediale Meta-Plattform geben, eine Mischung aus Amazon, Steam und Netflix – ein virtuelles Megakaufhaus“, sagt Lena Falkenhagen, die Game Design und Narrative Design an der University of Europe for Applied Sciences in Hamburg unterrichtet. Sie und ihre Studierenden machen sich ständig Gedanken darüber, wozu Videospiele heute und in der Zukunft fähig sind und sein werden.

Digital und integrativ

Die Zeit physischer Datenträger ist vorbei. Die Menschen haben Abos, können vom virtuellen  Tennisplatz zum virtuellen Schlachtfeld wechseln und mit ihrem digitalen Ausweis jedes Spiel betreten. „Die zunehmende Integrativität von Videospielen wird immer mehr Menschen Zugang zum Gamen geben“, sagt Falkenhagen. Menschen mit körperlichen Behinderungen etwa, die Controller nicht bedienen konnten, treten nun via VR-Device in das Megakaufhaus ein und finden das Spiel, das zu ihnen passt.

Es wird eine crossmediale Meta-Plattform geben, eine Mischung aus Amazon, Steam und Netflix – ein virtuelles Megakaufhaus“, sagt Lena Falkenhagen, die Game Design und Narrative Design an der University of Europe for Applied Sciences in Hamburg unterrichtet. Bild: Anje S.

Es wird immer schwieriger, den Übergang von der Gaming-Industrie zu anderen Industrien auszumachen. „Automotive Unternehmen etwa entwickeln ihre Werbung dann als Videospiel“, sagt Falkenhagen. Die Spieler*innen können über in die Kleidung eingenähte Sensoren und Motoren spüren, wie sich der Sitz anfühlt, auf dem sie sitzen. Die Motoren an den Handschuhen geben genau die Vibration des Steuerknüppels wieder, wenn sie schalten.

Virtuell Arbeiten

Für viele wie Charlize ist das Videospiel jetzt auch Arbeitsplatz. Einige verdienen in Wettbewerben ihr Krypto-Geld, treten in Rennen oder Kämpfen gegeneinander an. Millionen schauen dabei zu. Andere setzen sich in ihren virtuellen Trecker, betreten den virtuellen Besprechungsraum oder nehmen ein digitales Skalpell in die Hand, um ihre Arbeit zu verrichten. Durch etliche Schnittstellen sind die digitalen Spielwelten an die Realität angeschlossen. Bewegungen im Virtuellen werden übersetzt in der Echtwelt – egal, wo sich die Menschen gerade befinden.

Viele Menschen spezialisieren sich nicht mehr auf einen Beruf, sondern auf die Anwendung diverser Apps, die an Spiele erinnern. Der Operationsroboter schneidet ins Fleisch einer echten Person, während die Ärztin hunderte Kilometer entfernt in ihrer Wohnung sitzt. Je genauer sie die Ideallinie schneidet, desto mehr Geld verdient sie. Bild: ZahidJavali

Viele Menschen spezialisieren sich nicht mehr auf einen Beruf, sondern auf die Anwendung diverser Apps, die an Spiele erinnern. Der Trecker fährt über das Feld, während die Bäuerin auf der Terrasse sitzt. Der Operationsroboter schneidet ins Fleisch einer echten Person, während die Ärztin hunderte Kilometer entfernt in ihrer Wohnung sitzt. Je genauer sie die Ideallinie schneidet, desto mehr Geld verdient sie – den weltweiten Highscore hat sie wieder nicht geknackt.

Nach Feierabend trifft sich Charlize mit Freundinnen in einer Bar. Nach einigen Bier entscheiden sie sich, eine Runde Bowling zu spielen. Sie alle haben ihre VR-Brillen sowieso schon auf dem Kopf, sind alle Mitglied beim gleichen Abo-Anbieter. Den Zugang zur Bowlingbahn kann sie einfach über den Service abrechnen. Das Abo kann sie als freiberufliche Maklerin von der Steuer absetzen.

Weiterlesen 2050: Wenn das letzte Stück Leben ein Computerspiel wird
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2050: Wenn das letzte Stück Leben ein Computerspiel wird

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2050: Wenn das letzte Stück Leben ein Computerspiel wird

Bild: Twin Drums

Wir verbringen den Großteil unseres Lebens in Erfahrungssimulationen, die aus Videospielen hervorgegangen sind. Die Umwelt ist digitalisiert, doch zugleich entsteht eine neue Lust am Analogen.

Der Vergnügungspark am Santa Monica Pier existiert 2050 nicht mehr. Die Besucher*innen blieben aus, der Wasserpegel machte immer mehr Probleme. Und doch benutzen immer noch etliche Tourist*innen die Achterbahn, bestaunen das 1947 gebaute Pferdekarussell. Der Vergnügungspark ist einer von vielen verschollenen Orten dieser Welt geworden. Zum Glück haben Games-Studios sie vorher noch digitalisiert, genau vermessen, um sie mit Hilfe von KI erneut virtuell aufzubauen. Videospiele gibt es in der altbekannten Form nicht mehr. Jetzt sind es Erfahrungsräume.

„Es wird immer weniger notwendig sein, tatsächlich rauszugehen“, sagt Allan Cudicio, Entwickler und Gründer des Berliner Studios Twin Drums. Bild: Allan Cudicio

„Es wird immer weniger notwendig sein, tatsächlich rauszugehen“, sagt Allan Cudicio. Der Entwickler und Gründer des Berliner Studios Twin Drums arbeitet zurzeit an seinem Spiel „The Wagadu Chronicles“. Darin können die Spieler*innen eine „Afrofantasy“-Online-Welt erleben. Cudicio macht darin seine afro-europäische Herkunft zu einem Spiel. Er baut ein virtuelles Land frei von Unterdrückung und Ausgrenzung, in dem die Spieler*innen sich entfalten und miteinander interagieren können. Er glaubt, dass es in der Zukunft eine bewusste Entscheidung sein wird, Zeit in seinem Körper zu verbringen, ihn wahrzunehmen und zu bewegen. „Vielleicht wird es auch Vorschriften geben: Mindestens 30 Stunden in der Woche müssen außerhalb der virtuellen Realität verbracht werden“, sagt er.

Vergnügen und Schmerzen

Viele Wahrnehmungen entstehen jetzt durch Augmentierungen des Körpers. Chips signalisieren den Nervenzellen, dass sie gerade etwas riechen oder spüren. Die salzige Meeresluft am Santa Monica Pier steigt den Spieler*innen beim Achterbahnfahren dann tatsächlich in die Nase. „Sowas wie Schmerzen zu empfinden wird immer seltener, es sei denn, diese Erfahrungen werden in die Anwendungen reinprogrammiert.“

Allan Cudicio, Entwickler des Spiels „The Wagadu Chronicles“ baut eine virtuelle „Afrofantasy“-Welt, in der Spieler*innen sich frei von Ausgrenzung und Unterdrückung entfalten können.

Die Games-Industrie ist längst zum Technologiedienstleister für alle Industrien geworden. In der virtuellen Realität können die Menschen Filme schauen, Bücher sind zu interaktiven Erfahrungen geworden, Museen empfangen den größten Teil ihrer Besucher*innen virtuell. Die Chips im Körper simulieren diesen ganz speziellen Geruch aus Marmor und Altertum. Künstliche Intelligenz, die in Videospielen immer weiter ausdifferenziert wurde, wird zum Gesprächspartner, zur Psychologin, zum Priester.

Dennoch ist das Wachstum dieser Industrie an ein Ende gelangt. „Wir haben nun mal nicht mehr als 24 Stunden am Tag“, sagt Cudicio. Und da die Menschheit nicht mehr wächst, stagnieren die Umsätze. Ein Markt, der seit Jahrzehnten immer neue Segmente erschlossen und monetisiert hat, findet zurück zu seinen Nischen. Spiele ohne Online-Funktionen werden bei Antiquitätenhändlern präsentiert. Physische Datenträger werden unter Sammler*innen herumgereicht. Die Codes alter Computerspiele werden als NFT-Kunstwerke auf Auktionen versteigert und einige werden für die gleichen Werte gehandelt, wie Gemälde von Botticelli oder Rembrandt. Das Spiel als solches gewinnt wieder mehr an Wert, losgelöst vom Geldverdienen. Es geht um Zeitvertreib. Statt die Gewinne zu steigern, versucht die Industrie, die Kosten zu senken. Spiele, die rein von künstlicher Intelligenz erstellt werden, rücken in den Mittelpunkt.

Da es kaum noch Unterschiede zwischen virtueller und echter Welt gibt, finden immer mehr Menschen Vergnügen darin, analoge Erfahrungen wieder zu kultivieren. Einige, die mit Geld, reisen an die ungemütlichen Orte, in dem Bewusstsein, hier keine simulierten Gerüche zu riechen oder Geräusche zu hören. XBox Games Studios

Da es aber kaum noch Unterschiede zwischen virtueller und echter Welt gibt, finden immer mehr Menschen Vergnügen darin, analoge Erfahrungen wieder zu kultivieren. Einige, die mit Geld, reisen an die ungemütlichen Orte, in dem Bewusstsein, hier keine simulierten Gerüche zu riechen oder Geräusche zu hören. In die Wüste von New Mexico etwa. Auch die wurde schon komplett digitalisiert. Wechseln die Besucher*innen hier kurz in die virtuelle Welt, können sie ein Osterei der Entwickler entdecken: Aus dem Sand lugt eine Pappschachtel mit E.T. auf dem Cover.

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