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Short Q

Die jungen Alten – Altern wir langsamer als unsere Vorfahren?

Eine finnische Studie fand heraus, dass die heutige Generation an alten Menschen mental und physisch wesentlich fitter ist als noch vor 30 Jahren. Woran liegt es, dass die Menschen langsamer altern?

Es ist Spätsommer, das Land ein beliebtes Ausflugsziel und meine Eltern leidenschaftliche Radfahrer. Ausgedehnte Radtouren stehen somit in meiner Familie an der Tagesordnung. Es überrascht keinen meiner Freunde, dass meine Familie bei jenen Touren an die 80 km Strecke hinter sich lassen. Was sie allerdings die Stirn runzeln lässt, ist das stolze Alter meiner Eltern: Beide sind 72 Jahre alt.

Ich erinnere mich noch an die großen Familienfeiern meiner Kindheit. An meine vergreist wirkenden Verwandten, die mit krummen Rücken stumm in der Ecke saßen und von deren Spinnenfingern ich nur ungern einen Keks in Empfang nahm. Heute fällt mir auf, dass jene ergrauten Verwandten genau dasselbe Alter hatten wie meine agilen Eltern heute. Ist 70 heute die neue 50? Ist altern nicht mehr so schlimm wie früher?

Eine finnische Studie entdeckt Unterschiede zwischen alten Menschen heute und vor 30 Jahren

Eine Gruppe finnischer Wissenschaftler versuchten darauf eine Antwort zu finden. Ihre kürzlich veröffentlichte Studie ergab, dass die heutigen älteren Menschen in Finnland deutlich höhere physische und kognitive Fähigkeiten haben als noch vor 30 Jahren. Für die Umsetzung der Studie wurden im Jahr 1990 Hunderte von Finnen im Alter von 75-80 Jahren dazu angehalten, verschiedene physische und kognitive Tests durchzuführen. Dieselben Tests wurden 2017 und 2018 wieder mit Finnen im Alter von 75 bis 80 Jahren wiederholt. Die Testgruppe aus dem Jahr 2017 und 2018 zeigte erhebliche physische und kognitive Unterschiede zu ihrer Altersgruppe vor 30 Jahren. Ihre Gehgeschwindigkeit hat sich durchschnittlich um 2.4 Sekunden verschnellert, ihr Griff hat sich bis zu 25 % verstärkt und die Fähigkeit, ihre Knie zu beugen, hat sich bis zu 47 % verbessert. Außerdem konnten die Forscher feststellen, dass sie sprachgewandter sind, ihr logisches Denken sich verbessert hat und sie über ein leistungsfähigeres Arbeitsgedächtnis verfügen. Insgesamt denken die Probanden quasi “jünger”. 

Letzten Endes bewegt uns die Studie dazu, dass wir die Art und Weise, wie wir über das Altern denken, verändern müssen. Foto: Magda Ehlers.

Die wichtigen Faktoren für ein langes, mental fittes Leben

Die Forscher stellen die Hypothese auf, dass diese verbesserten Fähigkeiten an höheren Spitzenleistungen im mittleren Alter liegen. Unter Spitzenleistungen sind gesündere körperliche und geistige Betätigungen zwischen dem 35. und 65. Lebensjahr zu verstehen, welche insgesamt in einer mentalen und physischen Verjüngung münden. Interessanterweise fanden sie ebenfalls einen Zusammenhang zwischen längerer Bildung und höheren kognitiven Fähigkeiten. Menschen, die demnach in ihrem Leben einen höheren Bildungsweg genossen haben, verfügen generell über stärkere kognitive Fähigkeiten, die im Alter langsamer abgebaut werden. Natürlich ist das Studienergebnis ausschließlich auf Finnland ausgerichtet und somit nicht weltweit repräsentativ. Es liefert allerdings Hinweise darauf, wie sich der Alterungsprozess in europäischen Ländern mit den ältesten Menschen verändert hat. Am ältesten werden in Europa übrigens Spanier mit 83 Jahren, dicht gefolgt von Italienern mit 82 Jahren. 

Im Hinblick auf unser Kompendium Bildung als Wertanlage ist Bildung also auch eine Investition in die eigene mentale Flexibilität. Zusätzlich sollte man mit einer immer älter werdenden Bevölkerung die eigene Altersvorsorge mehr denn je im Blick behalten. Was nützt uns das Glück, älter werden zu können als je zuvor, wenn eine schwache Altersvorsorge uns kein schönes “verlängertes” Leben ermöglicht. Es lohnt sich demnach, sich in jungen Jahren mit seiner Vorsorge auseinanderzusetzen und in seinen langen Lebensabend zu investieren.

Letzten Endes bewegt uns die Studie dazu, dass wir die Art und Weise, wie wir über das Altern denken, verändern müssen. Eine der Forscherinnen, Dr. Taina Rantanen, gibt uns einen bedeutenden Hinweis zum Umdenken: “Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass unser Verständnis des Älterwerdens altmodisch ist. Uns werden weitere Lebensjahre in der Mitte unseres Lebens geschenkt, nicht so sehr zum Ende hin.” Demnach befinden wir uns gerade inmitten unseres verlängerten Lebens. Es ist also keine Einladung zum Aufschieben, sondern mehr denn je eine zum “jetzt Tun”.

Mehr zum Thema längeres Leben in unserem Kompendium – Longevity.

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