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Kompendium: Biometrie

Heute sind es verräterische DNA-Spuren am Tatort, die eine eindeutige Identifizierung des Übeltäters ermöglichen. Die Vorläufer, wie die Bertillonage und die systematische Erfassung von Fingerabdrücken, sind im 19. Jahrhundert entstanden.

Kompendium: Biometrie

Während in Berlin testweise Passanten im Bahnhof an ihren Gesichtern identifiziert werden, können in China entsprechende Nutzer schon per Gesichtserkennung bezahlen. Der Aufschwung der Gesichtserkennung im Fintech-Sektor ist deutlich spürbar.

Kompendium: Biometrie

Nicht-invasive Wearables vermessen den Menschen dennoch bis unter die Haut. So werden biometrische Innovationen bis 2025 unseren Gesundheitssektor revolutionieren.

Kompendium: Biometrie

Die Agentur Tellart beschreibt glaubhafte Zukunftsszenarien. In Dubai designte sie die Zukunft der Grenzkontrolle mit smarten, biometrischen Geräten als immersives Erlebnis im Jahr 2050.

Kompendium

Vom Entsperren des eigenen Smartphones bis hin zur Gesichtserkennung auf öffentlichen Plätzen als Mittel der Personenüberwachung – die Biometrie geht heute jeden von uns etwas an. Das Erfassen und Katalogisieren eines Menschen nach seinen äußerlichen Merkmalen wird jedoch nicht nur von Staaten seit Jahrtausenden praktiziert. Hilfreich dazu ist ein Überblick zur Vermessung der Menschheit von seinen Anfängen bis hin zu den Technologien der Zukunft.

Kompendium: Biometrie

Schon die Herrscher im chinesischen Kaiserreich nutzten die Vermessung der äußeren menschlichen Merkmale und die dadurch eindeutige Identifizierung einer Person, um ihr riesiges Imperium zu regieren und zu verwalten.

Kompendium: Biometrie

Biometrie als Instrument zur Staatsverwaltung

Kompendium: Biometrie

Biometrie als Instrument zur Staatsverwaltung

Biometrie in der Antike: "Neu mögen nur die Technologien sein; die Methoden sind es jedoch keineswegs." Bild von Wolfgang Michel - Xǐ-yuān lù jí-zhèng, Gemeinfrei

Schon die Herrscher im chinesischen Kaiserreich nutzten die Vermessung der äußeren menschlichen Merkmale und die dadurch eindeutige Identifizierung einer Person, um ihr riesiges Imperium zu regieren und zu verwalten.

Die Popularität der Biometrie hat in den letzten Jahren weit über ihren angestammten Bereich der Verbrechensbekämpfung hinaus zugenommen und zwar im Bereich der sogenannten Customer Experience. Es kann einem schon ungemütlich werden, wenn heute Kameras, Sensoren oder Radare einer Person auf den Leib rücken und jede Gesichtspore tracken und vermessen. Neu mögen nur die Technologien sein; die Methoden sind es jedoch keineswegs.

Babylon – der Gesetzestext ist nur mit Handabdruck rechtsgültig

Qin Shihuangdi, der erster Kaiser der Qin-Dynastie hat bereits die Bevölkerung mittels Fingerabdrücken erfasst. Bild By Unknown – Yuan, Zhongyi. China’s terracotta army and the First Emperor’s mausoleum: the art and culture of Qin Shihuang’s underground palace Public Domain

Die Biometrie ist seit Tausenden von Jahren ein höchst effizientes Mittel zur rechtskräftigen Verifizierung von Dokumenten. In Babylon war es König Hammurapi I. (1792 bis 1750 v. Chr.), einer der bedeutendsten Könige im Alten Orient und Herrscher über die Reiche Babylon, Sumer und Akkad, der die erste Gesetzessammlung überhaupt erstellte. Der nach ihm benannte Codex Hammurapi wurde auf einer Tontafel eingraviert, die der König mit seinem rechten Handabdruck abzeichnete. Auch im Geschäftsleben waren damals schon biometrische Merkmale rechtsgültig: Im alten Babylon wurden Geschäfte mindestens seit 500 v. Chr. per Fingerabdruck besiegelt.

Im alten China – Bevölkerungsverwaltung mit Hand und Fuß

Vor etwa 2.000 Jahren galt im riesigen chinesischen Kaiserreich die Identifizierung mittels Fingerabdruck die einzige Methode, um eine Bevölkerung, in der Millionen von Menschen Analphabeten waren, im Imperium zu verwalten. Im Zeitraum von etwa 206 v. Chr. bis 589 n. Chr., zur Zeit der Qin- und der Han-Dynastie und der Periode der Sechs Dynastien, wurden Tontafeln oder Tonsiegel zur Erfassung und Verwaltung der Bevölkerung verwendet und mit Fingerabdrücken abgezeichnet. In der Qin-Dynastie nutzte man bei wichtigen Dokumenten üblicherweise ein Tonsiegel, welches mit einem Monogramm auf der einen Seite und dem Fingerabdruck auf der anderen Seite versehen war. Abdrücke von Fingern, Händen, Füßen sowie einzelne Körpermaße wurden auf Ton oder Bambus festgehalten und dokumentiert. Bei Verträgen aller Art, Urkunden, Scheidungen oder auch militärischen Berichten kamen jeweils der Fingerabdruck und eine Kombination aus weiteren Abdrücken zum Einsatz. Selbst kinderreiche Eltern nutzten die Finger- und Fußabdrücke ihrer Kinder, um sie auseinanderhalten zu können. Sogar bei der Verbrechensbekämpfung wurden Fingerabdrücke eingesetzt, wie Bambusrollen aus dieser Zeit bezeugen. Geständnisse wurden damit ebenfalls unterzeichnet.

Ob nun im Altertum per Fußabdruck oder im modernen Staat mithilfe eines biometrischen Passes – ein effizienter Staat nutzte und nutzt die äußeren Merkmale seiner Bürger zur eindeutigen Identifizierung dieser. Seit knapp 4.000 Jahren ist dies ein verlässliches Mittel im Verwaltungsapparat.

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Lucas Gutierrez
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Auf frischer Tat ertappt

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Auf frischer Tat ertappt

Im 19. Jahrhundert hat man Verbrecher anhand solcher Kategorisierungstabellen identifiziert. By Alphonse Bertillon - Alphons Bertillon: Das anthropometrische Signalement, 2. vermehrte Auflage mit einem Album, autorisierte deutsche Ausgabe von Dr. v. Sury, Bern und Leipzig, 1895

Heute sind es verräterische DNA-Spuren am Tatort, die eine eindeutige Identifizierung des Übeltäters ermöglichen. Die Vorläufer, wie die Bertillonage und die systematische Erfassung von Fingerabdrücken, sind im 19. Jahrhundert entstanden.

Ende des 19. Jahrhunderts entwickelte der Polizist und Kriminologe Alphonse Bertillon in Paris mehrere Methoden, um Verbrecher anhand von Methoden, die als Vorläufer der Biometrie gelten, zu identifizieren. So führte er mit dem sogenannten Mugshot das Polizeifoto ein, welches bis heute weltweit im Zuge der erkennungsdienstlichen Behandlung verwendet wird. Bertillon trat 1879 seinen Posten als Sachbeamter bei der Polizeipräfektur Paris an. Damals war er bestürzt über das vorherrschende Chaos: Wiederholungstäter waren nicht aktenkundig; oft existierte von ihnen nur der Name und eine Adresse, eventuell noch ein Foto. So machte sich Bertillon, der aus einer Familie von Statistikern stammte, notgedrungen in seiner Freizeit daran, die Kriminaldatenbank aufzuarbeiten und zu verbessern.

Der Erfinder des Mugshots: Alphonse Bertillon. Von Alphonse Bertillon (1853-1914) – Michel Frizot, Serge July, Christian Phéline, Jean Sagne : Identités : de Disderi au photomaton, éditions Photo Copies – Centre National de la Photographie, Paris, 1985, p.61., Gemeinfrei

Dem Straftäter auf den Leib rücken

Zwei Jahre lang entwickelte er ein anthropometrisches System, welches eine Person anhand ihrer Statur und Körpermaße katalogisierte. Bertillon stellte die These auf, dass jeder Mensch durch die Vermessung von elf äußeren Merkmalen eindeutig identifiziert werden kann. Das hatte er bei seinen Probanden, Straffällige im berüchtigten Pariser Gefängnis La Santé, herausgefunden. Dazu zählten etwa die Körpergröße, die Armlänge, die Höhe und Breite des Kopfes, die Größe der Ohren oder der Füße. Auch besondere Merkmale wie Narben, Tattoos oder Geburtsmale wurden vermerkt. Das bis dahin gänzlich neue System wurde in Andenken an ihn Bertillonage getauft. In Arthur Conan Doyles Detektivgeschichte Der Hund von Baskerville mit Sherlock Holmes von 1902 wurde Bertillon sogar als „höchster Experte Europas“ gelobt.

Was die Papillarlinien verraten

Ein Durchbruch für die Kriminologie sind die unverkennbaren Unterschiede der Papillarlinien eines jeden Fingerabdrucks. By not stated – FBI Photosimage source, Public Domain

Bald sollte die Bertillonage jedoch abgelöst werden: Ein etwas genaueres Mittel zur Personenidentifizierung war der Fingerabdruck, der ungleich weniger Aufwand und Training des Personals erforderte. Der deutsche Anthropologe Hermann Welker forschte überwiegend zu den Papillarlinien der Leistenhaut, den feinen Furchen auf der Hautoberfläche. Seine Erkenntnisse nutzte der Brite Francis Galton schließlich für seine wissenschaftliche These: Der Fingerabdruck eines Menschen ist einzigartig und bleibt sein Leben lang unverändert. Daraus entwickelte Galton, ein Cousin des Evolutionstheoretikers Charles Darwin, ein Klassifizierungsmodell mit fünf Charakteristika. Sein Fingerabdruckverfahren, die sogenannte Daktyloskopie, ist bis heute im Einsatz. Die Erkenntnisse aus seinen Veröffentlichungen zwischen 1888 und 1895 trugen dazu bei, dass der Fingerabdruck als Indiz seit 1901 auch vor einem britischen Gericht bestand hatte. Im gleichen Jahr richtete Edward Henry bei Scotland Yard das erste britische Metropolitan Police Fingerprint Bureau ein, das sich zunächst mit der Identifizierung von Wiederholungstätern befasste. Die Daktyloskopie erlebte ihren Aufstieg als allgemeingültiges Beweismittel bei der Verbrechensbekämpfung – bis heute.

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Lucas Gutierrez
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„Smile to Pay“

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„Smile to Pay“

Anhand der biometrischen Vermessung unseres Gesichts können Personen eindeutig identifiziert werden.

Während in Berlin testweise Passanten im Bahnhof an ihren Gesichtern identifiziert werden, können in China entsprechende Nutzer schon per Gesichtserkennung bezahlen. Der Aufschwung der Gesichtserkennung im Fintech-Sektor ist deutlich spürbar.

Seit Sommer 2017 werden in einem Gesichtserkennungs-Pilotprojekt der Bundespolizei Personen am Berliner Bahnhof Südkreuz getrackt. Derzeit wird überlegt, den Versuch auf andere Areale auszuweiten. Doch wenn in Deutschland bereits im Vorfeld des Projektes die Themen Überwachung, Datenansammlung und deren Gebrauch kontrovers diskutiert werden, kommt die Technologie anderorts bereits zum alltäglichen Einsatz – als kommerzielle Anwendungen bei Fintech. In China setzt der chinesische Online-Riese Alibaba in der Stadt Hangzhou ebenfalls seit letztem Sommer die Gesichtserkennungs-Technologie Face++ ein. Durch sie können Restaurantbesucher bei KPRO, dem neuen gesundheitsbewussten Konzept-Café der Fast-Food-Kette KFC, ihre Salate und Baguettes per Gesichtserkennung bezahlen. Zur Bestellung bedienen Kunden ein Touch-Screen und werden dabei von einer 3D-Kamera erfasst. Sie benötigen dafür einen Account beim Bezahlservice Alipay von Alibaba und geben zur Fertigstellung der Transaktion lediglich ihre Mobiltelefonnummer an.

„Facial recognition“ als heißes Investment

Alibaba und Baidu sind allerdings nicht die einzigen Firmen, die in die Gesichtserkennung investieren. Mittlerweile hat China die USA überholt, wenn es um Förderung von Technologien geht, die Gesichtserkennung mit Hilfe von Künstlicher Intelligenz (KI) umsetzen. Laut der Analysten von CB Insights wurden letztes Jahr 48 % des Start-up-Fundings weltweit von China bestritten, im Vergleich zu 38 % von den Vereinigten Staaten. Ein großer Anteil der chinesischen Förderung floss dabei in die Entwicklung von KI. Was in Deutschland von einigen kritisch beäugt wird, ist in China auf dem guten Weg zum Konsumentenalltag. China, einem Land, welches seit Jahrtausenden für seine effiziente Bevölkerungsverwaltung bekannt ist und die letzten Jahrzehnte auch für seinen Überwachungsstaat.

Datenschutz vs. Kundenerlebnis

Digitale Identifizierung im öffentlichen Raum ist ein kontroverses Thema. Denn Technologien wie Gesichtserkennung sorgen für eine komfortable User-Experience und werden damit zu einem attraktiven Geschäftsmodell. Aber zu welchem Preis?

Als Gesellschaft müssen wir uns fragen, ob wir bereit sind für beide Seiten der Medaille: Wollen wir einerseits diese Art der Überwachung? Wollen wir, dass unser Gesicht biometrisch vermessen und in diversen, früher oder später für Hacker anfälligen Datenbanken gesammelt wird? Wollen wir als User andererseits Erleichterungen und Komfort im Alltag und bequem mit unserem individuellen Antlitz Bestellungen aufgeben, Rechnungen bezahlen oder uns einfach einloggen? Die Konsumentenhistorie der letzten Dekade zeigt es uns: Früher oder später haben wir als User lächelnd zugunsten der Customer Experience entschieden. So schnell haben wir uns an den Komfort gewöhnt, den uns etwa die Geräte aus dem Hause Apple beschert haben bei gleichzeitiger proprietärer Hard- und Software.

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Lucas Gutierrez
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An den Adern erkannt

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An den Adern erkannt

Die Technologie wird das Live-Tracking unserer Körperdaten möglich machen.

Nicht-invasive Wearables vermessen den Menschen dennoch bis unter die Haut. So werden biometrische Innovationen bis 2025 unseren Gesundheitssektor revolutionieren.

Fingerprints, Iris-Scan, Gesichtserkennung oder Authentifizierung per Stimme sind erst der Anfang. Biometrische Technologien werden vor allem auch den Gesundheits-Sektor verändern, indem sie die körpereigenen Merkmale nicht-invasiv ermitteln. Das Schweizer Start-up Biowatch hat etwa ein smartes Armband entwickelt, welches den Nutzer anhand seiner Venenstruktur am Handgelenk eindeutig identifiziert. Dieses besteht aus einer Miniatur-Nahinfrarot-Kamera (NIR), die das Muster erfasst, ein Algorithmus gleicht dann die biometrischen Merkmale ab. Die Daten werden schließlich per Bluetooth oder Near Field Communication (NFC) an andere Geräte zur Authentifizierung weitergegeben.

Den Blutdruck per Radar aus der Ferne messen

Unaufällige Identifizierung: Die Biowatch kann Menschen anhand ihrer Venenstruktur erkennen. Bild @ Biowatch

Noch einen Schritt weiter geht das israelische Start-up sensifree. Es entwickelt RF-Sensoren, die mithilfe eines Radars die Struktur bzw. Ausdehnung der Speichenarterie (Arteria radialis) beim Pulsieren messen. Dies geschieht nicht-invasiv zur Bestimmung des systolischen und diastolischen arteriellen Blutdrucks, des mittleren arteriellen Blutdrucks sowie des Herzschlags. Das Innovative daran: Es ist nicht notwendig, dass ein Arzt alle fünf Minuten manuell einen Blutdruckmesser anlegen muss – stattdessen trackt der Sensor diese Werte kontinuierlich und viel detaillierter, während er an einen Monitor angeschlossen ist. Weitere Messdaten wie die Herzleistung und das Herzschlagvolumen sollen hinzukommen.

Der Bluthochdruck sei die „größte menschliche Seuche“, sagt Asaf Bar, Vice President Business Development und Marketing bei sensifree. Mit diesem Gerät könne man das weitverbreitete Krankheitsbild endlich effizient angehen, so Bar. Seine Firma will die Möglichkeiten der Anwendung weit über den OP-Tisch und die Ambulanz hinaus ausdehnen: Bald könnten ihm zufolge Daten von chronisch kranken Patienten zuhause oder in Pflegeanstalten ständig erfasst werden.

Das Gesundheits-Dashboard am Körper

Der sensifree-Sensor misst den Puls der Speichenarterie und kann damit den Blutdruck bestimmen. Bild © sensifree

In Zukunft werden Sensoren mehr als unsere ständigen Begleiter – smarte Wearables werden sich über unseren ganzen Körper erstrecken. Asaf Bar erklärt: „Jeder und jede von uns wird eine Art Anzug aus Sensoren tragen, der uns in Echtzeit über ein Gesundheits-Dashboard informiert, ähnlich wie das Armaturenbrett im Auto. Es wird frühzeitig mögliche unerwünschte Vorkommnisse identifizieren und dadurch die Möglichkeit zur frühzeitigen Intervention anbieten. Langfristig wird sich unsere Lebensqualität durch den Wandel von reaktiven hin zu präventiven Gesundheitssystemen immens verbessern und dabei das Gesundheitssystem finanziell entlasten.“

Wenn dieses Gesundheits-Dashboard unsere Körper millimetergenau erfasst, wird es bei jeder Abweichung Alarm schlagen. Das kann unsere Art und Weise zu leben verbessern, vielleicht sogar im Ernstfall Leben retten. Ständig die eigenen Werte vor Augen zu haben, kann allerdings auch psychischen Stress erzeugen. Vor allem, wenn die Werte auch direkt an die Krankenkasse und die Versicherung in Echtzeit übermittelt werden. Sind wir damit auf dem Weg zu einem Bonuspunkte-System für vorbildliches Verhalten, welches kleine und große Sünden mit Abzug bestraft?

Weiterlesen Design Non-Fiction – die Zukunft der Grenzkontrolle nachstellen
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Lucas Gutierrez
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Design Non-Fiction – die Zukunft der Grenzkontrolle nachstellen

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Design Non-Fiction – die Zukunft der Grenzkontrolle nachstellen

Weniger kontrolliert wird in Zukunft nicht. Jedoch werden sich die Kontrollmittel verändern.

Die Agentur Tellart beschreibt glaubhafte Zukunftsszenarien. In Dubai designte sie die Zukunft der Grenzkontrolle mit smarten, biometrischen Geräten als immersives Erlebnis im Jahr 2050.

Seit fünf Jahren arbeitet die Agentur Tellart am Museum of the Future in Dubai, welches 2019 eröffnet werden soll. Das interdisziplinäre Studio mit Büros in New York, San Francisco, Rhode Island und Amsterdam entwickelt für seine Kunden Zukunftsvisionen, die glaubhaft sind. So entstand auch die Zusammenarbeit mit dem Büro des Premierministers der Vereinigten Arabischen Emirate: In der ersten Ausstellung 2014 präsentierten sie internationalen Regierungsbeamten futuristische Ideen und Anwendungen zum Thema Governance und Bürgerschaft. Tellart designt sie als immersive Erlebnisse und stellt dar, wie sich die Zukunft anfühlen könnte. Dabei kommen auch Schauspieler zum Einsatz, die so tun, als würden sie im Jahr 2050 leben. Das Projekt ähnelt einer Art Schaukasten, nur können die Besucher darin herumspazieren.

Mögliche Pathogene im benutzten Erfrischungstuch

In der Zunkunft könnten Flughafen-Kontrollen viel entspannter, ja sogar entspannend werden. Bild © Tellart

Für die Zukunft der Grenzkontrolle am Flughafen hat das Agentur-Team ein Erlebnis entworfen, welches auch die erforderlichen Sicherheitsmaßnahmen gewährleistete: Einreisende wurden weiterhin auf Waffen, Identität  und sogar Krankheiten gescannt. Allerdings sollte der Sicherheitscheck als ein herzliche und nicht aufdringliche Sicherheitsmaßnahme empfunden werden: Ein Gastgeber begrüßt den Reisenden am Einreiseschalter wie im Hotel und teilt ihm ein parfümiertes Erfrischungstuch aus, um die Sinne anzuregen. Die Besucher laufen anschließend einen Gang entlang, werden gescannt und am Ende des Gangs werden ihre digitalen Umrisse auf eine Fläche projiziert. Ein weiterer Gastgeber nimmt ihnen das Erfrischungstuch mit einer Zange ab und legt es auf ein Instrument, das mögliche Krankheitserreger anzeigt. Das Tuch fungiert als eine Art Abstrich. Matt Cottam, Gründer und Chief Design Officer von Tellart, erklärt in seinem Büro in Amsterdam: „Wir versuchen neue, der Gesellschaft noch fremde Technologien in solche Objekte zu integrieren, die den Menschen vertraut sind. Auf eine Art ähnelt das Erfrischungstuch einem trojanischen Pferd mit dem Ziel der Etablierung ein neues Technologiekonzepts: schon ein bisschen mulmig, aber dennoch glaubhaft.“

Museum of Future Government Services 2014 from Tellart on Vimeo.

Eine Auseinandersetzung mit Technologien, bevor sie überhaupt realistisch werden

Druch die “Virtual Reality” sollen die Besucher des Museum of Future einen hautnahen Eindruck der Zukunft bekommen. Bild © Tellart

Cottam ergänzt: „Das war natürlich spekulativ, aber alles wirkte sehr echt und sollte als Inspiration dienen und Debatten entfachen.“ Mit den immersiven Ausstellungen geht es Matt Cottam darum,  die Besucher zum Nachdenken anzuregen. Sie sollen sich Gedanken darüber machen, wie unsere Entscheidungen etwa in Bezug auf biometrische Technologien heute im Nachhinein Auswirkungen auf die Zukunft haben werden.

Cottam stellt richtig fest: Lange bevor smarte Gegenstände – seien es oben genanntes Erfrischungstuch oder auch ein Gesundheits-Dashboard am eigenen Körper – überhaupt ernsthaft eine Rolle spielen werden, sollten sich Entscheidungsträger mit einer möglichen Gesetzgebung zur Zukunft der Biometrie auseinandersetzen. Dies stelle eine wertvolle Methodik für die Politik dar, in der die Entscheidungsträger meist nicht über ihre Legislaturperiode hinaus schauen wollen. Auch wenn das Jahr 2050 in ferner Zukunft zu liegen scheint: Wir müssen uns gerade heute schon Gedanken über die Vermessung unserer Körper von morgen machen. Analog zur Diskussion um die persönlichen Daten gilt: Auch wenn unsere Körperwerte wahrscheinlich irgendwann als Daten an den Meistbietenden verkauft werden: Unser Blutdruck, unser Herzklopfen und unser Fingerabdruck gehören immer noch uns. Das wird sich hoffentlich auch in Zukunft nicht ändern.

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